Wieviele Stunden werden für Schultag angerechnet

Liebe Experten,

Auszubildende A, volljährig und im 2. Ausbildungsjahr, Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel, hat eine 40h Woche, einen 8h Tag, 1x frei am Werktag und einmal die Woche Schule.

Ihre Schulzeit, immer mittwochs, beträgt 8h - 14:50 (davon 0,5h Pause)

Arbeitgeber AG ist der Auffassung, dass Schultage generell mit 5h angerechnet werden, sodass Auszubildende A jede Woche 3 Minusstunden aufbaut.

Ist dies korrekt, einen Schultag mit 5h anzurechnen, wenn die Schulzeit von 8h bis 14:50 dauert?

Darf ein Arbeitgeber sich das nach belieben aussuchen, wie er die Schulzeit anrechnet?

Hallo,

entscheidend ist, wann die Arbeitszeit im Betrieb begonnen hätte. Öffnet das Ladenlokal um 10.00 Uhr und beginnt die Ausbildung sonst um 9.50 Uhr, dann sind es 5 h. Fahrtzeiten zählen auch mit, aber dazu ist hier nichts angegeben.

Denn zu bezahlen ist nur die Zeit, die deckungsgleich mit der durch die Schule entfallende Arbeitszeit ist.

Liegt da noch eine Mittagspause von 30 Minuten im Betrieb, würde auch ein Arbeitsbeginn im Betrieb von 9.20 Uhr ausreichen, damit 5 h passen.

„Generell“ im Sinne von unabhängig von der Arbeitszeit im Betrieb und Eintreffen im Betrieb nach der Schule geht nicht.

VG
EK

Hallo,

und vielen dank für die rasche antwort.

der Betrieb öffnet um 9:30 und schließt um 20h.

die schulzeit der auszubildenden geht von 8h - 14:50h

bedeutet das, dass erst ab 9:30h (ladenöffnung) die stunden gerechnet werden?!

viele Grüße

Hallo,

wenn die Arbeit sonst (an Tagen ohne Berufsschule) pünktlich mit Öffnung beginnt, ja.

Gibt es Schichtsysteme, z.B. Mittwoch 11-20 Uhr, zählt Berufsschule am Mittwoch erst ab 11 Uhr mit.

9.30 Uhr Arbeitsbeginn ohne BS und BS bis 14.50 Uhr plus 20 Minuten Fahrtweg von der BS zum Betrieb und Pause von 13.00 Uhr bis 13.30 Uhr im Betrieb ergibt:

5 h 10 Minuten anrechnungsfähige Arbeitszeit.

Kehrt der Azubi nicht in den Betrieb zurück, sind es 4 h 50 Minuten. Dann entstehen erst Minusstunden.

VG
EK

Rückfrage - zur Verständnis

Hallo [EK],

in deinem Beispiel (Mittwoch Schichtbetrieb bis 20 Uhr) wäre es dann so, dass der (berufschulpflichtige) Azubi um

08:00 Uhr in die Schule geht, und um
20:00 Uhr Feierabend hat …

Bei 1 Stunde Pause wären das ja 11 Stunden Arbeitszeit oder???

LG MrMOON

Hallo,

entscheidend ist, wann die Arbeitszeit im Betrieb begonnen hätte. Öffnet das Ladenlokal um 10.00 Uhr und beginnt die Ausbildung sonst um 9.50 Uhr, dann sind es 5 h. Fahrtzeiten zählen auch mit, aber dazu ist hier nichts angegeben.

Denn zu bezahlen ist nur die Zeit, die deckungsgleich mit der durch die Schule entfallende Arbeitszeit ist.

Wir reden hier von der Situation im Deutschland des Jahres 2012?
Dort ist ja buchstäblich alles in irgendeiner Form geregelt und entsprechend zu Papier gebracht worden. Gerne in Form von Gesetzen, Verordnungen, die dann auch noch in jeder erdenklichen Form von Richtern schon mal ausgelegt worden sind.
Da wird es doch sicher einen Link zu geben.
Das BAG hatte mit der hier vorgebrachten Identität von Berufsschulzeit und betrieblicher Ausbildungszeit doch nicht die Deckungsgleichheit im Sinne einer exakten Übereinstimmung von Beginn und Ende abgestellt, sondern vielmehr die Formel Berfusschulzeit = Arbeitszeit gemeint. Bei einer Berufsschulzeit von 08:00 bis 14:00 Uhr wären also immer 6 h anzurechnen, vollkommen unabhängig wann die Berufsschule und die betriebliche Ausbildung beginnen und enden.
Der Azubi befindet sich doch bei einem früheren Beginn der Berufsschule als der üblichen „Arbeitszeit“ nicht im luftleeren Raum? Jedenfalls kann ich mir aus § 15 und 19 BBiG keinen anderen Reim machen. In § 19 steht, dass dem Azubi auch für die Zeit der Freistellung (§15) die Vergütung zu zahlen ist. Und nach §15 ist die Zeit der Freistellung u.a. der Besuch der Berufsschule. Kein Wort davon, dass das irgendwie identisch oder Deckungsgleich sein müsste. Für die Berufsschulzeit besteht Anspruch auf Vergütung, also sind diese Stunden Arbeitszeit. Und wenn der Azubi dann noch anschließend zum Betrieb muss, zählt auch die dafür notwendige Fahrzeit dazu. Lediglich die Fahrzeit zur Berufsschule am Morgen zählt dann bei Volljährigen nicht zur anrechenbaren Zeit. Es sei denn sie Fahren vom Betrieb zur Berufsschule. Es kommt also wie immer sehr auf die Details an.

Grüße

Hallo,

nein, Schule ist keine Arbeitszeit.

VG
EK

Hallo,

nein, das hat das BAG nicht so gemeint, wie Du meinst.

Es sagt klipp und klar, dass bei Volljährigen Berufsschulzeiten außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit nicht mitzählen.

Freistellung eines Auszubildenden für die Zeit des Berufsschulunterrichts

  1. Nach § 7 S. 1 BBiG ist der Auszubildende für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freizustellen. Gem. § § 12 Absatz I Nr. 1 BBiG ist die Vergütung dem Auszubildenden auch für die Zeit der Freistellung fortzuzahlen. Hieraus folgt bei Überschneidungen von Zeiten des Besuchs der Berufsschule und betrieblicher Ausbildung, dass der Besuch des Berufsschulunterrichts der betrieblichen Ausbildung vorgeht. Dies bedeutet zugleich die Ersetzung der Ausbildungspflicht, so dass eine Nachholung der so ausfallenden betrieblichen Ausbildungszeiten von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist.

  2. Die Freistellung von der betrieblichen Ausbildung umfasst notwendigerweise auch die Zeiträume, in denen der Auszubildende zwar nicht am Berufsschulunterricht teilnehmen muss, aber wegen des Schulbesuchs aus tatsächlichen Gründen gehindert ist, im Ausbildungsbetrieb an der betrieblichen Ausbildung teilzunehmen. Dies betrifft insbesondere die Zeiten des notwendigen Verbleibs an der Berufsschule während der unterrichtsfreien Zeit und die notwendigen Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb.

3. Seit dem Außer-Kraft-Treten von § 9 JArbSchG zum 1. 3. 1997 fehlt es an einer Anrechnungsregelung, so dass die Summe der Berufsschulzeiten und der betrieblichen Ausbildungszeiten kalenderwöchentlich größer als die regelmäßige tarifliche wöchentliche Ausbildungszeit sein kann.

BAG, Beschluß vom 26. 3. 2001 - 5 AZR 413/99 (LAG Hamm Urteil 24. 2. 1999 9 Sa 1273/98)

Bestätigt durch:

BAG, Urteil v. 13.2.2003 AZ: 6 AZR 537/01

  1. Ist die regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit durch Tarifvertrag geregelt, können die Betriebsparteien die Ausbildungszeit nicht durch Betriebsvereinbarung verlängern. Eine solche Regelung ist wegen Verstoßes gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam.

2. Für volljährige Auszubildende kann die Summe der Berufsschulzeit und der betrieblichen Ausbildungszeiten kalenderwöchentlich größer sein als die regelmäßige tarifliche Wochenausbildungszeit.

VG
EK

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EK hat recht !
Sorry ElBuffo,

aber es ist in der Tat für volljährige Azubis so nach wie vor geltende Rechtslage, wie es EK unter Zitierung der BAG-Urteile von 2001/2003 beschrieben hat.
So sieht es zB auch aktuell der „Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht - ErfK“, 12. Aufl. 2012, § 15 BBiG, Rn 2:
„Überschreitet die Unterrichtsdauer die Zeit der für diesen Tag vorgesehenen betriebl. Ausbildung, ist die für den Schulbesuch zusätzl. aufgewendete Zeit bei Volljährigen nicht auf die wöchentl. Arbeitszeit anrechenbar… Dieses Ergebnis ist systematisch zwingend, auch wenn es auf einem gesetzgeberischen Versehen bezügl. der Auswirkungen der Streichung der Anrechnungsbestimmungen in § 9 II JArbSchG aF beruhen dürfte…“

Und Zeit, die nicht angerechnet werden muß, muß auch grundsätzlich nicht bezahlt werden.

&Tschüß
Wolfgang

Hallo,

nein, das hat das BAG nicht so gemeint, wie Du meinst.
Es sagt klipp und klar, dass bei Volljährigen Berufsschulzeiten außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit nicht mitzählen.

Alles klar. Ich hatte die Ausführungen so verstanden, dass es hier um die wöchentliche Arbeitszeit geht.

Grüße