Wildgänse

Hallo zusammen!

Hier flog gerade ein Riesenschwarm Gänse (?) in mehreren Formationen über die Stadt hinweg.
Sie wären völlig unbemerkt geblieben, wenn sie ihren Flug nicht mit laustarken Schreien durchgeführt hätten.

Meine Frage dazu: warum schreien die Vögel?
Der Flug nach Süden ist mit Sicherheit anstrengend genug - warum dann auch noch Energie verschwenden, um sich zu unterhalten?
Die Vögel sehen sich doch, oder orientieren sich die Tiere auch durch die „Sprache“?

völlig verwirrte Grüsse
Ulli

Hallo

Ich wohne an einem großen Fluss mit Naturschutzgebiet, wo sich immer riesige Ansammlungen von Gänsen bilden.

Die „Ziehen“ das ganze Jahr. Und zwar immer von Schlafplatz zu Futterplatz und zurück. Und dabei erzählen sie sich wohl den Tagestratsch :wink:

Ich schätze, wenn sie wirklich Ziehen, dann schnattern sie nur am Anfang und Ende so heftig, zwischendurch sind sie auch sicherlich mal leise.

Grüße

Laralinda

Hi Laralinda!

Die „Ziehen“ das ganze Jahr. Und zwar immer von Schlafplatz zu
Futterplatz und zurück. Und dabei erzählen sie sich wohl den
Tagestratsch :wink:

Ich schätze, wenn sie wirklich Ziehen, dann schnattern sie nur
am Anfang und Ende so heftig, zwischendurch sind sie auch
sicherlich mal leise.

Ich war ein wenig verwundert, da es so viele waren.
Die Flugrichtung war recht genau nach Süden, und da sie sonst hier nicht „ziehen“ befürchte ich, dass sie sich im Kalender ein wenig vertan hatten.

… aber vielleicht haben sie auch genau darüber diskutiert!

Neugierige bin ich noch immer :smile:

Danke und viele Grüsse
Ulli

Hallo Ulli,

die haben sich sicher nicht vertan, die nordsee-gänse sind schon über alle berge, aber die skandinavischen und sibirischen fanden es im zwischenquartier in norddeutschland bis jetzt noch kuschlig warm und ziehen erst jetzt weiter richtung süden (und da zugvögel zu jeder tageszeit fliegen, kann es passieren, das du jahrelang keinen zug mitbekommst, obwohl sie jedes jahr über deinen ort ziehen, oder halt 3 km weiter weg und da siehst du dann eh nichts)

ja und sehen tut man als gans immer nur die schwanzspitze des vordervogels, die ganz gruppe bleibt mit dem geschnatter beisammen (und wenn du mit einer lockpfeife schnatterst, kannst du den ganzen schwarm ziemlich irritieren und angeblich zur landung bringen, ruhig dahinfliegende schwärme habe ich noch nie erlebt, allerdings ist es auch immer das geschnatter, das mic auf sie aufmerksam macht…)

gruss, Sama

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Meine Frage dazu: warum schreien die Vögel?
Der Flug nach Süden ist mit Sicherheit anstrengend genug -
warum dann auch noch Energie verschwenden, um sich zu
unterhalten?
Die Vögel sehen sich doch, oder orientieren sich die Tiere
auch durch die „Sprache“?

Hallo Ulli,
Rufe im Schwarm (nicht nur Gänse) haben folgende Funktionen:

  • Anzeige von Phasen der Ortsveränderung
  • Entdeckung von Nahrungsquellen
  • Stimmfühlung während des Zuges
    Letzteres ist das, was dir bei den Gänsen auffällt. Das sind Soziallaute, die die Schwarmbildung unterstützen bzw. dessen Zusammenhalt festigen.
    Das vorher angebrachte „Anfeuern“ ist Unfug. Das ist eine vermenschlichte Sichtweise, die du in der ornithologischen Fachliteratur nicht finden wirst. Deshalb mussten zur Begründung auch diese zweifelhaften Links herhalten.
    Falls Gänse aus irgendeinem Grund mal einzeln fliegen, geben sie dieselben Laute von sich. Da feuern die auch keinen Führungsvogel an, sondern suchen Bindung zu einem Schwarm.
    Grüße
    Ulf

'tschuldigung, peinlich :frowning:
Hallo Ulf und Ulli,
nehm alles (von wegen *anfeuern*) zurück, habe es schon gelöscht… tut mir leid, wollte helfen und fand das beim googlen…
Gruß Finjen
mit Kopp unterm Arm…

Hallo Ulf!

Rufe im Schwarm (nicht nur Gänse) haben folgende Funktionen:

  • Anzeige von Phasen der Ortsveränderung
  • Entdeckung von Nahrungsquellen
  • Stimmfühlung während des Zuges

Das kann ich nachvollziehen. Ich war nur überrascht, über den Lärm, und dachte daran, was das Geschrei doch für Energie benötigt. Aber es scheint wohl notwendig zu sein, damit der Schwarm zusammenbleibt.
Besten Dank!
Ulli

Hallo Sama!

die haben sich sicher nicht vertan, die nordsee-gänse sind
schon über alle berge, aber die skandinavischen und
sibirischen fanden es im zwischenquartier in norddeutschland
bis jetzt noch kuschlig warm und ziehen erst jetzt weiter
richtung süden

Besten Dank für Deine Antwort.
So gesehen war es ja auch bisher noch nicht wirklich kalt.
Also doch eine vernünftige Entscheidung der Tiere.

Danke
Ulli

Bei großen Gänseschwärmen im mitteleuropäischen Binnenland kommen 3 Arten in Frage: Die auch bei uns brütende Graugans und die aus Nordsibirien stammenden Bläss- und Saatgänse. Die Rufe der Graugans sind das typische kraftvolle Gänsegequarke - sie ist ja auch der Vorfahr unser Hausgans. Wirklich riesige Schwärme bildet sie aber bei uns eher nicht. Ich habe wohl noch nie mehr als ein paar Hundert beisammen gesehen.
Die Rufe von Saat- und Bläßgans sind einander ähnlich und deutlich höher und „feiner“ als die der Graugans. Saatgänse rufen allerdings im Flug erheblich weniger als Blässgänse und bildet ebenfalls meist nicht so große Schwärme. Sehr wahrscheinlich hast du also Blässgänse gesehen - oft bilden die Arten auch gemischte Gruppen. Die Norddeutsche Tiefebene ist ein normales Überwinterungsgebiet dieser Tierarten - es kann, es muss aber kein Durchzug gewesen sein. Frost macht ihnen nicht viel aus, solange der Schnee nicht so hoch auf den Äckern und Wiesen steht, dass sie nicht mehr an ihre Äsung heran kommen.

Ich vermute, dass ein wichtiger Grund für die anhaltenden Rufe ziehender Gänse die lebenslange Ehe der Paare und die lange Bindung der Jungtiere zu ihren Eltern ist. Da die Tiere sich an ihren Stimmen individuell erkennen können, versuchen sie vermutlich durch die Rufe den Familienverband zusammen zu halten. So ist das jedenfalls bei den Kranichen. Die verschiedenen Entenarten habe dagegen keine Ehebindung und die Jungtiere verlassen frühzeitig die Mutter - und tatsächlich rufen sie nicht beim Zug.

Wie schon angedeutet rufen Saatgänse erheblich weniger als Blässgänse. Ich habe meinen großen Zweifel, dass man dafür einen wirklich plausiblen biologischen/ökologischen/evolutionären Grund findet. Warum haben Stockerpel einen grünen und Tafelerpel eine rotbraunen Kopf? - Das sind letztlich „Launen der Natur“.

Ich war nur überrascht, über den Lärm, und dachte
daran, was das Geschrei doch für Energie benötigt.

Diese Verbindung von Energiehaushalt und Tierökologie/Evolution taucht immer wieder bei Hintergrund-Kommentaren in Tierfilmen auf. Ich weiss wirklich nicht woher diese Redakteure das haben!!! Bis jetzt habe ich kein Biologiebuch gefunden, dass ein solches Schema vertritt oder lehrt!
Die meisten (nicht alle!) Tiere leben den größten Teil oder ihr gesamtes Leben in einem großen Überschuss an Nahrungenergie. Den größten Teil des Tages verbringen zum Beispiel unsere Wildvögel (darunter auch unsere Wildgänse) mit Schlafen, Dösen (neuerdings - etwas wichtigtuerisch - als „Komfortverhalten“ bezeichnet), Singen, Herumsegeln und Nachbarschaftstreitigkeiten. Die meisten Wildtiere müssen nur wenige Stunden des Tages mit Nahrungssuche oder -aufnahme verbringen. An ein paar Tagen oder Wochen im Jahr kann das auch mal anders sein, zum Beispiel wenn das Wetter sehr ungünstig ist, wenn große Junge gefüttert werden oder wenn eine sehr lange, nahrungslose Zugstrecke zurückgelegt werden muss.
Wildgänse fressen bei uns zumeist Getreide- und Rapskeimlinge und die sind auf Ackerflächen in schier unbegrenzter Menge vorhanden.

Schöne Grüße, Eckhard

2 Like

Hallo Eckhard!

vielen Dank für Deine umfassende Antwort.
*rotwerd* habe ich Kraniche gesehen und gehört???
Keine Ahnung…

Ich vermute, dass ein wichtiger Grund für die anhaltenden Rufe
ziehender Gänse die lebenslange Ehe der Paare und die lange
Bindung der Jungtiere zu ihren Eltern ist.

Das ist eine plausible Erklärung!
Irgendwie macht das Sinn!

Diese Verbindung von Energiehaushalt und
Tierökologie/Evolution taucht immer wieder bei
Hintergrund-Kommentaren in Tierfilmen auf.

Hmmm… eigentlich kam ich darauf, nachdem ich einen langen lauten Abend hinter mir hatte - und dabei gemerkt habe, wie anstrengend lautes sprechen/rufen doch im Grunde ist.

Die meisten Wildtiere müssen nur
wenige Stunden des Tages mit Nahrungssuche oder -aufnahme
verbringen. An ein paar Tagen oder Wochen im Jahr kann das
auch mal anders sein, zum Beispiel wenn das Wetter sehr
ungünstig ist, wenn große Junge gefüttert werden oder wenn
eine sehr lange, nahrungslose Zugstrecke zurückgelegt werden
muss.

Na ja… das war ja mein Gedanke. Beim Einkaufsbummel rede ich ja auch recht gerne - beim Marathon geht das dann doch sehr an die Energie…

Ich danke Dir jedenfalls für Deinen aufschlussreichen Beitrag!!

Besten Dank
Ulli

Hallo Ulli,

wegen Kranich, horch doch einfach mal hier rein:

http://www.vogelstimmen-wehr.de/

Kraniche schreien deutlich anders als Gänse.
Möglich ist natürlich alles.

Eine Gänseart, die in den letzten Jahrzehnten bei uns heimisch und immer häufiger geworden ist, ist die Kanadagans.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kanadagans

Am Niederrhein findet man zur Zeit meist mehr Kanadagänse als alle anderen.
Kanadagänse blöken meiner Meinung nach lauter als alle anderen Arten, auch wenn sie nur zu zweit sind.

Zum Grund des Schreiens hat Ulf ja schon ne Menge gesagt.
Allerdings bin ich nicht so sicher, ob sie sich nicht doch irgendwie anfeuern?

Das „Anfeuern“ beim Menschen, etwa bei einer Sportveranstaltung, ist eine sehr ursprüngliche Lautäußerung und keinesfalls nur kulturell zu verstehen. Sie hat deutliche Anklänge an Kriegsgeschrei, oder ähnliches.

Bei Krähenschwärmen dient das dauernde Rufen hauptsächlich der Verständigung. Die einen rufen, in menschliche Sprache übersetzt, „ich will landen“, die anderen, „ich will weiter fliegen“.
Ruft eine deutliche Mehrheit, dass sie landen wollen, landet der ganze Schwarm.
Anders wäre der Schwarm auch gar nicht zusammen zu halten.

Gruß, Nemo.