Artikel-Nachtrag
[MOD: Da die Schließung des Threads und der Artikel von „Filmblut“ sich überschnitten haben, und er schon ein halbes Referat verfasst hat, füge ich den Beitrag ausnahmsweise mal nach ]
Das ist übrigens auch mein Lieblingsthema mit meiner Freundin. Bei ihr stößt zB die Obi-Werbung auf wenig Verständniss. Auch in anderen Bereichen, wenn es um Skandale geht, versuche ich ihr zu schildern, dass das reine Öffentlichkeitsarbeit ist.
Interessant dabei ist, wie wehement sie dabei den -aus sicht des Managements des jeweiligen Skandalkünstlers- „positiven“ Effekt, bzw. Wirkungsgrad bestreitet. Gefällt eben den wenigsten, wenn man manipulativ überlistet wurde, das gesteht sich niemand gern ein. Harsch heisst es dann: „Eine Amy Winehouse sei doch völlig fertig und sowas sollte aus der Medienlandschaft entfernt werden!“. Aber der Skandal hat lediglich den Effekt, den Künstler bekannt zu machen. Und zwar auf möglichst effektiver, breit angelegter und kostengünstiger Weise.
Dabei macht sich das Management den Vorteil zunutze, dass es genügend „Nachrichtenmagazine“ (zB „Taff“, „Explosiv“ etc.) gibt, die von der möglichst aufreibend gestalteten Berichterstattung leben und dankbar sind, wenn es verschwommene Videofragmente aus schlecht beleuchteten Nachtszenen gibt, wo eine torkelnde Sängerin halbentblößt lallend und schimpfend auf Stöckelschuhen den gestrigen Tag auf dem Trottoire sucht. Harmlose Interviews über das neue Album und anstehende Tournees locken ja niemanden hinter dem Ofen hervor. Bestenfalls nur Fans, und die wissen ja eh bescheid. Nein, es ist viel wirksamer, wenn man Ausschnitte aus abgebrochenen Konzerten sieht. Sowas mal live erleben, dafür zahlen einige Geld. Die Show hört schon lange nicht mehr auf, wenn der Vorhang fällt.
Effekt: Bekanntheit. Denn Zuschauer sieht das (und wer sowas sieht, interessiert sich für das danebenbenehmen von „Stars“) und fühlt sich gut, weil er/sie sieht, dass da jemand, der es „geschafft hat“, sich völlig daneben benimmt und schlechter verhält, als man selbst. Man hat etwas, worüber man sich auslassen und drauf rumhaken kann, wo doch alle Vorgesetzten auf einem selber rumhaken. Im Idealfall wird sogar das Helfersyndrom beim Betrachter angeregt und man empfindet mitleid mit einer wildfremden Person. Psychologie.
Verkauft eine Amy Winehouse deshalb mehr Platten?
Nun, angenommen, sie würde keine Skandale liefern. Dann müsste ja das Talent zum singen alleine reichen, um sie bekannt zu machen. Die wenigsten haben mal zB was von Torun Eriksen gehört, aber zu völlig talentfreien Regenbogenpressenkanonenfutter gibt es reichlich Diskussionsstoff. Und daran merkt man, was wirklich interessiert. Nämlich das, was penetrant über stark frequentierte Kanäle zu uns dringt.
WAS hat das mit der Hornbach-Werbung zu schaffen?
Eine Menge: Es verstört, ist seltsam, fällt aus dem üblichen Schmu heraus und darüberhinaus fällt es auf. Ob nun negativ oder positiv ist dabei völlig zweitrangig (was viele nicht wahrhaben wollen). Fakt ist, dass es keine schlechte Werbung gibt, ausser die, die niemand bemerkt.
Nun regt sich der eine Nachbar über den Werbespot auf. Darauf merkt ein anderer an, dass er dort letztens eine neue Regenrinne für sein Haus gekauft hat, die viel billiger und vom Material besser war, als die von Toom oder was. Prompt ist das Thema nicht die Werbung, sondern Hornbach und die dortige Ware.
Und hier wurde nun sogar der Ärger über diesen Werbespot soweit Luft gemacht, dass es sogar einen Link zum Werbespot auf YT gibt, was in mir den Verdacht erregt, das eine weitere Stufe der Öffentlichkeitsarbeit beschritten wurde: Das virale Marketing, auch Guerilla-Marketing genannt.