Hallo zusammen,
ich stecke gerade in einer für mich schwierigen Situation und bin wegen meiner widersprüchlichen Empfindungen ziemlich durcheinander. Ich hoffe, dass mir hier vielleicht jemand ein paar Denkanstöße geben kann.
Zur Situation: Ich bin Anfang 40 und bereits seit über 20 Jahren mit meinem Mann zusammen. Wir haben zwei Kinder, 6 und 8 Jahre. Mit meiner Ehe steht es seit Jahren nicht zum Besten. Mein Mann und ich haben in den letzten sechs Jahren durchschnittlich 1 x jährlich miteinander geschlafen – in dieser Beziehung haben wir uns total voneinander entfern. Das ging zunächst von ihm aus aber mittlerweile will ich auch nicht mehr. Ich wollte einfach irgendwann nicht mehr zurückgewiesen werden und habe meine „Bemühungen“ eingestellt und von ihm kommt in dieser Richtung nichts. Wir haben angestoßen durch mich auch bereits versucht unsere Probleme in einer Paartherapie zu lösen – das ist leider gescheitert. Letztlich leben wir nebeneinander her und ich denke seit einem Jahr ernsthaft über eine Trennung nach und habe das auch schon angesprochen und mehrfach diskutiert. Mein Mann will mich und meine Beweggründe aber einfach nicht verstehen. Für ihn geht es uns gut – natürlich haben wir Stress, aber nur weil es nicht so läuft im Bett und auch so schmeißt man doch eine so lange Beziehung nicht weg (außerdem ist Sex sowieso überbewertet…usw.) – schon gar nicht mit Kindern. Außerdem würde alles vom organisatorischen her nur viel stressiger wenn wir uns trennen würden (von Gefühlen hat er dabei nicht gesprochen – ich bin mir noch nicht mal mehr sicher ob er überhaupt noch welche für mich hat).
Ich stimme zu, dass wir ein gutes Team sind, die nach Außen hin alles haben was sich viele wünschen, aber ich fühle mich mit ihm so leer. Unsere Ansichten über Urlaub und Unternehmungen driften immer mehr auseinander und da er sich verweigert machen wir es so wie er will und bleiben zu Hause. Ich habe allmählich das Gefühl wie eine Pflanze die nicht gegossen wird einzugehen. Ich fühle mich von ihm regelrecht ausgebremst. Klar haben wir Kinder und uns etwas gemeinsam aufgebaut, aber soll es das gewesen sein? Wenn ich eine Trennung will dann muss ich die nicht einvernehmlich durchziehen und ihn quasi rausschmeißen. Er ist der Vater meiner Kinder und das will ich so nicht. Deshalb habe ich es bisher nicht getan. So, das ist die Situation im meiner Ehe.
Parallel dazu habe ich sein etwas über einem Jahr eine Affäre mit einem Kollegen. Diese haben wir nach langem zögern begonnen und mittlerweile hat sich herausgestellt, dass er sich mit seiner Frau in einer ähnlichen Situation befindet. Wir haben also beide ineinander etwas gefunden, was uns beim Ehepartner gefehlt hat. Das ist aber nicht alles. Wir verstehen uns auf geradezu unheimliche Art. Ich bin durchaus pragmatisch und eher nicht romantisch und bevor ich ihn kennen gelernt habe, habe ich solche Geschichten für hormonbeeinflusstes geblubbere gehalten. Aber wir passen einfach wie der Topf auf den Deckel, verstehen und blind und müssen einander nicht viel erklären. Es ist so einfach mit ihm. All das was ich sonst immer mühsam erklären musste oder gar rechtfertigem musste versteht er. Unsere Einstellung zu Werten, Beziehung und ja auch zu Sex sind gleich. Nach vielen Gesprächen sind wir uns einig, das wir wenn wir uns früher (vor den Kindern, er hat auch zwei) kennen gelernt hätten jetzt zusammen wären und unsere Partner verlassen hätten.
Jetzt haben wir aber beide Verantwortung für eine Familie und das mach die Sache schwierig bis unmöglich. Unsere Ehepartner wissen beide nichts von der Affäre. Mir wird die Situation langsam zu viel. Dieses ganze hin und her, der permanente Versuch meine Gefühle in den Griff zu bekommen – es ist einfach zu schmerzlich und anstrengend geworden. Ich bekomme den Wechsel zwischen Nähe und der Distanz die es braucht einfach nicht hin. Deshalb wollte ich die Affäre jetzt beenden und bin dabei bei meinem „Affärenmann“ auf komplettes Unverständnis gestoßen. Eigentlich war ich mir meiner Entscheidung sicher und wollte sie ihm mitteilen, jetzt hat er mich aber ins Grübeln gebracht. Er meint, das wir etwas so besonderes haben das wir dumm wären es aufzugeben. Uns beiden fehlt etwas was wir einander geben könnten. Wir hätten quasi ein Luxusproblem. Ich soll die Sache doch von der positiven Seite sehen und mich auf das freuen was wir haben und nicht auf das was wir nicht haben. Die Trennung von seiner Frau hat er auch schon erwogen und wieder verworfen weil er das den Kindern nicht antun möchte. Ich respektiere das und stelle die Entscheidung auch nicht in Frage. Allerdings frage ich mich schon ob das jetzt in dieser Intensität so weiter gehen soll und wie lange ich das noch aushalte. Außerdem steigt mit der Zeit auch noch die Gefahr dass wir auffliegen. All diese Argumente blendet er aus und aufgeben möchte er mich auch nicht.
Im Grunde finde ich das beide Männer die gleiche Einstellung haben: mein Ehemann sieht die Beziehung von der pragmatischen Seite und meine Affäre auch. Der eine will den Spaß und blendet die emotionalen Probleme aus die es verursacht jemandem so nah zu sein und den Alltag nicht mit ihm zu erleben.
Der andere will den Status Quo erhalten und blendet aus, das uns eigentlich außer den Kindern und dem Haus nichts mehr verbindet.
Ich stehe dazwischen bin unzufrieden und unglücklich und frage mich ob ich einfach nur undankbar bin und tatsächlich zuviel will. Ich bin durchaus bereit an mir zu arbeiten und die Argumente beider Männer haben auch was Wahres an sich, aber meine Gefühle sagen mir was anderes. So wie ich das sehe habe ich die Wahl zwischen zwei Alternativen: entweder ich akzeptiere die Situation und versuche damit zu Recht zu kommen und ziehe mir das Beste aus beiden Welten oder ich gehe aufs Ganze und trenne mich von beiden Männern, weil keiner von beiden mir das gibt was ich brauche. Dabei stelle ich mir aber schon auch die kritische Frage ob es „Alles“ überhaupt langfristig in einer Beziehung gibt. Will ich einfach zuviel und sollte nicht lieber an mir arbeiten und mich mit dem zufrieden geben was ich habe? Wie seht ihr das?
Liebe Grüße,
Jil