Wird ein Lokführer bei folgendem Szenario betrieblich, intern bestraft?

Wird ein Lokführer eigentlich bestraft, wenn er Zwangsgebremst wird. Zum Beispiel in einem Bahnhof falsch gebremst (Bremskurve) und mit 2000er, 1000er und 500er Magnet ausgebremst.

Klar,Fehler können passieren, die haben einen Anspruchsvollen Job und ich respektiere es auch, aber interessieren Tuts mich schon.

Ich danke Euch schon mal für die vielen ausführlichen Antworten. Danke.

Hallo,

grundsätzlich wird eine Zwangsbremsung arbeitsrechtlich bewertet, wenn sie der Führer eines Schienenfahrzeugs zu verantworten hat.

Bei der Festsetzung des Mittels (Nachschulung, einfache Ermahnung, Abmahnung, Kündigung) kommt es dann auf die Einzelfallumstände an.

&Tschüß
Wolfgang

Servus,

vor wenigen Tagen begann der Strafgerichtsprozess gegen einen Lokführer, dessen Taurus von der Indusi bei Überfahren eines Hauptsignals, das auf „Halt“ stand, zwangsgebremst worden war, und der dann per Befehlstaste weiterfuhr, ohne mit dem Fahrdienstleiter Kontakt aufzunehmen. Der Taurus hat dann ein paar Momente später im Mannheimer Bahnhof per Flankenfahrt einen Eurocity auf die Hörner genommen; zum Glück ist außer dem Sachschaden kaum etwas passiert, weil sich in dem Wagen, den die Güterzuglok direkt traf und umwarf, niemand aufhielt - es war ein heißer Tag und die Klimatisierung dieses Wagens war kaputt.

Wie genau die Anklage lautet - könnte wohl § 315a StGB sein - weiß ich nicht. Interessant bei der Geschichte, dass vom Fahrdienstleiter (der angeblich am Stellpult einen Schock erlitt) niemand etwas will, obwohl der Güterzug auf dem Weg von Dortmund nach Ungarn gar nicht an dieser Stelle in dieser Richtung hätte fahren können, wenn sein Fahrweg richtig gestellt worden wäre - ich vermute, dass der Lokführer, ein Schnellangelernter von einem privaten Schienenverkehrsunternehmen, völlig verwirrt dadurch war, dass er sich unvermittelt hinter MA-Friedrichsfeld auf einer ihm unbekannten Strecke befand. Dass man ein Hauptsignal nicht ernst nimmt, wird dadurch freilich nicht entschuldigt.

Schöne Grüße

MM

Na spricht ja nicht dagegen, dass sowas in Zukunft ohne Menschen auskommt ;o)
Denn auch mit Nichtschnellangelernten von staatlichen Schineenverkehrsunternehmen sind solche Unfälle immer wieder passiert, zumal es ja auch nicht an der Schnellanlernung gelegen hat und dem Lokführer dieser Bahnhof bekannt war.
Dass vom Fahrdienstleiter niemand etwas will, ist relativ leicht nachvollziehbar. Der Lokführer ist automatisch gebremst worden und hätte sich dann bei ihm melden müssen. Außerdem war der Fahrweg richtig gestellt und es wurden noch weitere Signale ignoriert. Schnell runterflitzen und den Zug perHemmschuh anhalten, wird man vom Fahrdienstleiter nicht verlangen können.
Der Fahrweg war anders gestellt, weil der eigentliche blockiert war. Und da begann das Drama wahrscheinlich. Auf dem anderen bzw. Gegengleis gelten auch die Signale links. Nur im Bahnhof ist das dann nicht so. Der hat sich aber offenbar weiter an dem links orientiert, was eben für den anderen Zug galt. Falscher Fehler bzw. die berühmte Ausnahme von der Ausnahme.
Alles noch nicht so wild, wenn der dann nicht ohne Rücksprache mit dem Fahrdienstleiter wieder losgefahren wäre.
Will sagen, der Fahrdienstleiter kann hier nix für. Die Frage wird sein, wie der Lokführer drauf war. Vielleicht übermüdet oder auch so nicht mehr körperlich topfit. Sicher wird in der Verhandlung auch auf den Tisch, ob und wie oft schon „meldepflichtige“ Fehler vorgekommen sind.
Das soll auch keine Entschuldigung sein, sondern nur eine Erklärung.
Jedenfalls hat es zur Kündigung geführt, was letztlich daran liegen wird, dass er hier mehrere kapitale Fehler gemacht hat.

Grüße

Naja, aber das werden wir wohl kaum noch erleben. Feste H-Bahn-Strecken OK, aber variable Züge…

Um mal die eigentliche Frage zu beantworten:
Es kommt auf die Umstände an. Einen Automatismus gibt es nicht.
Eine 1000Hz Beeinflussung mit anschließender Zwangsbremsung bleibt für den Tf im allgemeinen ohne weitere Folgen. Anders wäre es, wenn zB festgestellt wird, daß dem TF solche Bremsungen häufiger passieren. Dann kann es sein, daß mal einer bei Ihm nachfragt, was los ist. Im Extremfall evtl Untersuchung beim Psychologen, ob er der Arbeitsbelasung gewachsen ist oder so.
Bei 500Hz Beeinflussungen gilt ähnliches.
Bei 2000Hz Beeinflussungen wird auch beim ersten Mal nachgefragt, warum es dazu kam. Kann der Tf eine plausible Erklärung abliefern, (zB Fehlfunktion des Gleismagneten) passiert auch nichts weiter.
Im allgemeinen sollte ein Tf eben deswegen bei jeder Zwangsbremsung durch PDS Beeinflussung eine entsprechende Meldung direkt abgeben. Dann wissen die Betreffenden schon vor Auswertung der Fahrtenschreiber Aufzeichnung Bescheid was war, und müssen nicht weiter nachfragen.

Im Zweifelsfall kommt es also auf die Tat des Tf an, ud nicht auf die Beeinflussung die Aufgezeichnet wurde.

Im weiter oben aufgeführten Fall, ist also nicht die Aufzeichnung der 2000Hz Beeinflussung das Problem für den Tf sondern die Tatsache, daß er:
1.) Ein Halt Zeigendes Signal überfahren hat, und 2.) anschließend auch noch kurzerhand die Zwangsbremsung aufgehoben hat, und weitergefahren ist, ohne Rücksprache mit dem FDL zu halten.

Servus,

noja - wenn man sich den aktuellen Zustand der LZB so anschaut, spricht allerdings einiges dafür, dass dieses Thema auf der langen Liste archivierter Wunschzettel landen wird, so wie die automatische Mittelpufferkupplung europaweit im Güterverkehr, die Schlafwagenverbindung Edinburgh - Marseille, Elektrifizierung und Beschleunigung auf 140 km/h aller RE-Linien usw. usw.

Völliger Unsinn - inzwischen habe ich den Unfallbericht auch gelesen; wenn die von nicht allzu reißerischen und nicht allzu verlogenen Medien wie z.B. dem MaMo seinerzeit veröffentlichte Behauptung, es habe sich um einen Containerpendel von Dortmund auf dem Weg nach Ungarn gehandelt, zugetroffen hätte, hätte es eben für Lok Richtung MA Hbf aus Richtung MA Rennplatz nur zwei Erklärungen gegeben: Entweder eine vollkommen blödsinnige Umleitung über Schifferstadt - Germerheim oder einen falsch gestellten Fahrweg.

Das hier:

stimmt nicht so recht: Die östliche Einführung der Riedbahn über MA-Käfertal - MA-Rennplatz - MA Hbf Ost vegetiert schon seit (meines Wissens etwa zehn) Jahren eingleisig formal als „Baustrecke“ vor sich hin, nachdem der Fernverkehr seit 1985 über die neu gebaute westliche Einführung läuft. Was eigentlich als Provisorium gedacht ist, die Gegengleis-Signalisierung auf der linken Seite, ist dort Dauerzustand, eine Folge des Mehdornschen Konzeptes „Instandhaltung ist was für Weicheier und kostet bloß Geld - richtige Männer fahren, bis es kracht.“ In dem Unfallbericht wird erwähnt, dass der Lokführer über die Verbindungskurve hinaus bis MA Hbf konsequent auf alle Signale links des Gleises, auf dem er unterwegs war, reagierte. In der Tat sind die Betriebsbahnhöfe MA-Rennbahn und MA-Hbf optisch nicht zu erkennen - wenn man dort aus Richtung MA-Friedrichsfeld, MA Rbf oder MA-Käfertal einfährt, sieht das aus, als gehöre alles bereits zum Weichenfeld von MA Hbf. Lediglich an der Kilometrierung wäre für den Tf zu erkennen gewesen, wo die Gegengleis-Signalisierung aufhört.

Insofern trifft hier den Fdl natürlich keine Mitschuld, wohl aber das EBA, das den höchst riskanten Betrieb zwischen MA-Waldhof und MA-Rennplatz mit Gegengleis-Signalisierung jahrelang duldet und die DB Netz nicht vor die klare Alternative „Strecke in Ordnung bringen oder zumachen“ stellt.

Schöne Grüße

MM

Die Signalisierung im Gegengleis ist immer links.

Gruß T

Das kann jedem passieren. Ernst wird es nur, wenn ein haltzeigendes Signal (Hauptsignal oder Sperrsignal) unzulässig überfahren wurde. Der Delinquent muß dann einige Zeit im Werk arbeiten, z. B. WCs absaugen und so :wink:

Nach einer PZB-Zwbr ist zwingend der Fahrdienst zu kontakten, um die Ursache zu klären und obiges auszuschließen. Dann darf man weiterfahren, ggf. mit schriftlichem Befehl. Außerdem muß i. A. betriebsintern eine Meldekarte ausgefüllt werden, damit man bei der routinemäßigen Auswertung der PZB-Daten den Vorfall besser zuordnen kann. Diese Daten werden übrigens auch stichprobenartig vom Eisenbahnverkehrsverhinderungs - ääh, Eisenbahnbundesamt überprüft, welches ggf. auch Strafen verhängen kann.

Der angesprochene Vorfall in Mannheim wäre trotz fehlender Ortskenntnis und Übermüdung des Lokführers, der ein haltzeigendes Zwischensignal überfuhr, nicht passiert, wenn der Lokführer sich wie vorgeschrieben beim Fahrdienst gemeldet hätte, statt einfach weiterzufahren.

Gruß T

Servus,

ja sicher - aber auf diesem Abschnitt kann der Tf leicht glauben, er befände sich nicht auf dem Gegengleis, sondern auf einer eingleisigen Strecke, weil das in seiner Fahrtrichtung rechts liegende Gleis über weite Strecken völlig mit allen möglichen Pflanzen überwuchert ist. Die Stelle in MA-Rennplatz, von der an die Signale wieder stehen, wo sie hingehören, ist nicht weiter auffallend. Der Tf des Taurus sah die Signale für den EC auf der von ihm aus gesehen linken Seite und kriegte sie nicht mit den Zwangsbremsungen zusammen, die beim Überfahren der Signale rechts ausgelöst wurden, die ihm eigentlich galten.

Warum er in diesem vermeintlichen Chaos aus Signalisierung und Indusi nicht den FdL angerufen hat, konnte er später auch nicht erklären. Dass der katastrophale Zustand der Strecke, die sozusagen in „Dauer-Falschfahrt“ betrieben wird, ein ganz überflüssiges Risiko erzeugt, wenn Züge von der Schrottverbindung ummittelbar auf die sehr dicht und „von allem gleichzeitig“ befahrene Strecke MA-Rennplatz - MA Hbf kommen, spielte aber bei dem Unglück sicher eine Rolle. DB Netz bringt hier nicht einmal die Mittel auf, die Strecke konsequent auf ein Gleis zurückzubauen und dann eben auch die Signale so zu stellen, wie es sich gehört.

Schöne Grüße

MM

Ja, so macht das ganze Sinn.

So weit, so schlecht. Hätte er allerdings wie vorgeschrieben nach der Zwangsbremsung den Fdl angefunkt, wäre nichts weiter passiert (außer daß der Notfallmanager gekommen wäre und ihn erstmal aus dem Verkehr gezogen hätte).

Dieser Vorfall muß übrigens seitdem auf Anordnung des EBA im Regelmäßigen Fortbildungsunterricht behandelt werden. Es gibt halt leider immer wieder Kollegen, die nach einer Zwangsbremsung diese auflösen und weiterfahren.

Gruß T