Wirtschaftsleistung in Deutschland 1900/2000

In einem fachbeitrag zum thema demografie, der mir vorliegt, steht drin, die wirtschaftsleistung in Deutschland sei 2000 um ein vielfaches größer gewesen als 1900. Kann man dieses verhältnis ungefähr quantifizieren? Wobei ich mich gleich frage, an welchem maßstab man das überhaupt vergleichen kann. Sinnvoll wäre so etwas wie das bruttoinlandsprodukt pro kopf, inflationsbereinigt.

Oder wäre es sinnvoller, eine eher symbolische teilgröße zu vergleichen, z.b. die stahlproduktion pro kopf oder die im jeweiligen jahr hinzugebauten gebäudeflächen pro kopf? Falls ja - woher nehmen?

Mit freundlichen grüßen
Jens J. Korff M.A., historiker

Hallo,

ich halte es für ausgeschlossen, hier direkte monetäre Vergleiche anzustellen. Auch die Produktion taugt kaum. Weder ist die Währung dieselbe geblieben, so dass man über einen Inflationsausgleich zurückrechnen könnte, noch sind die damals produzierten Güter dieselben wie heute.

Ich möchte aber z. B. behaupten, dass die jährlich fertiggestellte Wohnfläche im Kaiserreich um 1900 um ein Vielfaches höher war als in unserer Zeit. Mark Twain damals: „Berlin ist neu, die neueste Stadt die mir je untergekommen ist. Der Großteil Berlins sieht aus, als wäre er letzte Woche gebaut worden. Selbst Chicago würde altersgrau daneben aussehen.“

Gleiches Missverhältnis gilt natürlich für die Produktion von Waffen, den Neubau von Eisenbahnstrecken und vieles mehr. Das deutsche Reich um 1900 war zweifelsfrei der technisch-wissenschaftlich modernste und wirtschaftlich wohlhabendste Staat seiner Zeit.

Wenn man irgendwelche Vergleiche anstellen kann, dann allenfalls mit anderen Staaten - damals und heute. Das heutige Deutschland dürfte dem Kaiserreich bei der Untersuchungsmethode allerdings nicht annähernd das Wasser reichen können…

Gruß

smalbop

Hallo,

das halte ich schlichtweg für „Wahlkampf-Propanganda“…

Das Wachstum im Jahre 1900 dürfte bei weitem über dem des Jahres 2000
gelegen haben…
Man denke nur an die ganzen aufstrebenden Industrien…
Verkehr…usw.

Vielleicht ist es sinnvoll zu fragen, wieviel Gold mit dem erwirtschafteten Mehrwert gekauft werden könnte (ohne zu beachten, dass bei tatsächlichem Kauf der Goldwert enorm sinken würde). Gold ist relativ unabhängig von wirtschaftlichen Hoch- und Tiefflügen, daher vielleicht ein Gradmesser.

Die theoretischen Goldkaufmassen von 1900 und 2000 lassen sich vergleichen.
Nur so ein Vorschlag.

Gruß Puntila

Es geht nicht um das Wirtschaftswachstum, sondern um die Wirtschaftsleistung.

Gruß

Hallo an alle,

mögliche Vergleiche betreffen auch die Kaufkraft. Wie lange musste ein Arbeiter/Handwerker/Angestellter/Beamter… arbeiten, um sich

  • ein Stück Brot
  • ein Klavier
  • ein Haus
    kaufen zu können.

Gruß,
Andreas

Ja, das erscheint mir als ein zumindest grob brauchbarer maßstab.
Wo aber finde ich überhaupt angaben über dad damalige BIP und über den damaligen goldpreis?

Ich möchte aber z. B. behaupten, dass die jährlich
fertiggestellte Wohnfläche im Kaiserreich um 1900 um ein
Vielfaches höher war als in unserer Zeit. Mark Twain damals:
"Berlin ist neu,

Ein interessanter aspekt! Dass es um ein vielfaches mehr war als heute, glaube ich zwar nicht, aber mehr als heute war es wahrscheinlich. Immerhin wuchs die deutsche bevölkerung damals auch noch rapide an.

Wenn man irgendwelche Vergleiche anstellen kann, dann
allenfalls mit anderen Staaten - damals und heute. Das heutige
Deutschland dürfte dem Kaiserreich bei der
Untersuchungsmethode allerdings nicht annähernd das Wasser
reichen können…

Für die exportleistung scheint das allerdings nicht zu gelten.
Immerhin galt Deutschland 2007 noch als exportweltmeister, hat also mehr exportiert als Usa, obwohl Usa über dreimal so viele einwohner hat. Außerdem gibt es inzwischen viel mehr akteure auf dem weltmarkt als damals; von daher müssen die anteile aller traditionellen industrieländer am welthandel eigentlich tendenziell sinken, ohne dass das etwas über nachlassende wirtschaftsleistung aussagen würde.

Mit anderen worten: Ein historischer vergleich internationaler rangordnungen könnte ebenfalls ein verzerrtes bild liefern.

Gruß von Jens

Also.

10 Goldmark hatten den Gegenwert von 3,5 Gramm Gold, da dies der Goldanteil in der Münze war.
Das Papiergeld für den alltäglichen Gebrauch war nichts anderes als eine Art Leihschein, den man jeder wieder gegen Goldmark umtauschen konnte. Für den blauen 100 Mark Schein hätte man bei der Reichbank in Berlin also 35 Gramm Gold ausgezahlt bekommen.

Auf den aktuellen(1; 23.07.09, 12:47 Uhr) Goldwert umgerechnet entpsrechen 100 Reichsmark einer gegenwärtige Kaufkraft von 35*30,67USD=1073,45USD.

(1)http://www.finanzen.net/rohstoffe/goldpreis

Stellt sich allerdings für das weitere vorgehen eine Frage:

BIP? Gibt es keine genauen Zahlen drüber.
Wertschöpfung allgemein? Hab ich auch keine Zahlen gefunden.

Vielleicht wäre es wirklich am besten wir würden uns einen bereinigten statistischen Warenkorb basteln mit so dingern wie Bier, Brot, Fleisch, Eiern, Schuhen, Hosen. (natürlich auch bereinigt in dem sinne, dass viele dieser Güter heute billiger herzustellen sind, was ja nicht ein PLus an wirtschaftsleistung bedeutet)

Gruß

Betasator

Hallo,

hier noch ein interessanter Beitrag zum Thema Kaiserreich bis 1913 mit vielen statistischen Angaben:

http://www.geschichte.tu-darmstadt.de/fileadmin/gesc…

Übrigens gibt es doch eine Konstante durch alle geschichtlichen Umbrüche, und das ist der Baupreisindex für Wohngebäude, der 1913 zu 100% = 1 RM gesetzt wurde und bis in unsere Zeit für die Berechnung/Fortschreibung z. B. der Wohngebäudeversicherungsprämien verwendet wurde.

Demnach verfünfzehnfachte sich der Baupreis von 1913 bis 2005. Da sich die Durchschnittslöhne aber mehr als verfünfzehnfachten, wurde das Bauen deutlich billiger. Oder umgekehrt: Früher wurde mehr Wohnfläche zu einem relativ zu den Löhnen viel höheren Preis hergestellt. Damit war die Wirtschaftsleistung (in Kaufkraft gemessen) im Wohnbaugewerbe damals um ein Mehrfaches höher als heute.

Gruß

smalbop

Ich bin aber auch kein Volkswirt, das ist nur „ins Unreine gedacht“…

Ja, das erscheint mir als ein zumindest grob brauchbarer
maßstab.
Wo aber finde ich überhaupt angaben über dad damalige BIP und
über den damaligen goldpreis?

Keine Ahnung. Vielleicht in den Archiven des Bundesfinanz- oder Wirtschaftsministeriums. Da dürfte allerdings in jedem Fall schwer dran zu kommen sein, wenn es nicht gerade um eine Dissertation oder ähnliches geht.

Gruß

Versuch es mal da:

http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/