Hallo Christian,
kann ich verstehen. Mein Tonfall war nicht angemessen und das
tut mir leid.
Das ehrt Dich sehr!
Generelle Behauptungen über ein
Fachgebiet bzw. Millionen von Studenten bzw. hunderte von
Hochschulen müssen an sich schon unzutreffend sein, weil
niemand alle diese Studenten und Hochschulen kennen kann, erst
recht nicht, wenn jemand nach eigenem Bekunden fachfremd ist
bzw. das betreffende Fach nicht studiert (hat).
Nein, das ist noch immer ein Missverständnis (ich habe es ja in meinem „Nachtrag“ an Wolfgang erklärt)
Es geht nicht darum alle Hochschulen zu kennen, aber jedes Wissensgebiet (also nicht nur die VWL) hat bestimmte Disziplin-Grenzen, die es aus wissenschaftstheoretischer Sicht zu bestimmen gilt;
wenn ich dann also eine wissenschaftstheoretische These vertrete, dann bin ich 1) qualifiziert dazu, und 2) ist es kein Rundumschlag gegen eine Disziplin, sondern die konkrete Benennung von Problemlagen, der sich diese Disziplin ausgesetzt sieht.
So ein Blödsinn; „homo-oeconomicus“ und „Pareto-Optimum“ sind
klar definierte termini technici der Ökonomie; wenn Du darin
keinen Sinn findest, dann bist Du schon selbst schuld.
In diesen Annahmen sehe ich durchaus einen Sinn, allerdings
nur dann, wenn man sich des Umstandes, daß sie eine Annahme
sind, bewußt ist und bei der Betrachtung auch bewußt bleibt.
Meine zugegebenermaßen kurz und platt und unfreundlich
formulierte Kritik richtete sich darauf, daß die VWL sich
durchaus des Umstandes, daß die Annahmen eben nicht ständig
und vollumfänglich zutrifft,
Die homo-oeconomicus-Annahme, also das alle Menschen rationale Nutzen-Maximierer mit natürlichen Bedürfnissen wären, wird als „Fiktion“ betrachtet (weil empirisch ja nicht bestimmbar), die man aber aus methodischen Gründen brauchen würde.
das Pareto-Optimum, also die Definierung des Optimums (damit den Bezugspunkt einer ökonomischen Analyse!) als denjenigen Grenzwert, durch dessen Verbesserung automatisch ein anderer schlechter gestellt würde, ist ja auch eine Grundhaltung der Methode selbst.
diese beiden methodischen Annahmen stellen die Grenzen der Methode dar, und bestimmen damit, über was ökonomisch gesprochen wird und über was nicht.
bewußt ist und Wege und Lösungen
sucht, diesen Umstand zu berücksichtigen u.a. durch Beleihung
anderer Fachgebiete.
Nein, das geschieht im Rahmen der VWL oder standard textbook economics nicht, weil es die „Methode“ grundsätzlich verändern würde.
Mit dem „homo oeconomicus“ können alle anthropologischen und psychologischen Problematisierungen methodisch ausgeblendet werden, damit aber solche Fragen wie die, ob nicht etwa ein großer Teil des Mangels im gleichen Prozess erzeugt wird, mit dem er behoben wird (die anthropologisch-psychologisch berechtigte Frage nach „künstlichen Bedürfnissen“).
Dieser Frage muss sich die VWL nicht stellen, sie kann dank der homo oeconomicus-Annahme, dass die Wirtschaftssubjekte schon wüssten, was sie täten, einfach davon ausgehen, dass sich nun mal Angebot und Nachfrage zu treffen hätten, und kann so mit Modellen rechnen, wann dies am effizientesten geschehen kann.
Das ist nun keineswegs verwerflich, aber es stellt nun mal den blinden Fleck, die Grenzen, dieser Methode dar.
Das Pareto-Optimum wird gebraucht, um alle Gerechtigkeits- und Befriedigungsfragen aus der VWL herauszuhalten:
durch das Pareto-Optimum lassen sich Modelle erstellen, die mathematifizierbare Optimierungsprobleme darstellen, also die Frage: wie kann man etwa die Allokation von XY so optimieren, dass der insgesamte Output größer wird, ohne dass sich die Stellung der Wirtschaftssubjekte verändert, also ohne dass einer besser, damit notwendig der andere schlechter gestellt wird.
Diese Annahme ist vernünftig, weil nur durch sie es ermöglicht wird, Mathematifizierbarkeit und Quantifizierbarkeit von „Output“ zu leisten;
vor dem Pareto-Optimum gab es in der Ökonomie die utilitaristische Optimierungsaufgabe: „größtmöglicher Nutzen für die größtmögliche Zahl“;
dies lässt sich aber weder messen noch berechnen, weil man dann einfach in die Rechnung einfliesen lassen müsste, dass sich der Gesamtnutzen nicht nur durch höhere Effizienz, sondern genauso durch Umverteilung erhöhen liese, weil z.B. der im Überfluss Lebende aus den gleichen Gütern einen geringeren Gebrauchsnutzen ziehen kann, als der Verhungernde.
Wie gesagt, die VWL muss sich davon enthalten (muss davon abstrahieren), weil diese „Gebrauchsnutzen“ 1) nicht leicht quantifizierbar sind, und 2) weil die Quantifizierbarkeit eine Frage wäre, die soziologische, biologische, psychologische, etc. Betrachtungsweisen erfordern würde, damit aber die Grenzen der VWL sprengen würde.
Vom Pareto-Optimum, wie vom homo oec. kann die VWL gar nicht abrücken, weil dies ihre Disziplingrenzen komplett sprengen würde; dies ist wiederum nicht verwerflich, aber es muss als solches benannt sein.
Natürlich setzt sich die VWL damit selbst auseinander, deshalb der sog. „Becker-turn“ (benannt nach G.S. Becker, der Nobelpreisträger):
Becker hat aufgehört, die VWL bzw. die Ökonomie als eine Wissenschaft hinsichtlich eines bestimmten „Objektbereichs“, also bestimmter Vorgänge zu betrachten, sondern rein über ihre Methode: rational choice. Das heißt, Becker würde sagen: „Ökonomie ist alles das, was ich mit meiner Methode erfassen kann“.
Diese Lösung ist sehr elegant, und hat auch beschert, dass es nun auch einen soziologischen rational choice (also in gewisser Weise ein „ökonomische“ Soziologie) gibt, einen medientheoretischen, einen kriminologischen, etc.
Das Problem ist aber, dass die ganze VWL immer noch glaubt, über „das Ökonomische“ zu sprechen, und nicht ihrer wissenschaftstheoretischen Legtimation nach, über „das, was die Methode erfassen kann“.
Und wenn ich sage „immer noch glaubt“, dann weiß dies selbstverständlich jeder VWL-Wissenschaftler, aber die organisatorischen Konsequenzen sind nicht gezogen:
Lehrstühle für Ökonomie gibt es in Europa immer noch eben nur für VWLer (rational choice-Vertreter), nicht für Vertreter anderer Methoden;
auf dieser organisatorischen Ebene ist der Becker-turn also noch nicht vollzogen, obwohl er auf wissenschaftlicher Ebene bereits selbstverständlich ist.
(in den USA gibt es meines Wissens Lehrstühle am Rande der Ökonomie, z.B. als „Ökonomiegeschichte“, die von nicht-rational-choice-Vertretern besetzt sind, z.B. Wallerstein an der Binghamton University)
Das gleiche wie für die Lehrstühle gilt für die Beraterposten in der Politik (weil da halt nur Professoren zum Zug kommen); und damit wären wir am Ausgangspunkt unserer Diskussion.
Nach dieser langen Rede dürfte Dir klar geworden sein, was ich ursprünglich mit der „Verschließung“ gemeint habe (ich glaube, kürzer kann man es nicht darlegen 
Nun ja, daß nicht die ganze Welt aus Monopolen besteht, ist
m.E. ein Zeichen dafür, daß in der idealisierten Denkwelt ein
Denkfehler enthalten ist. Im übrigen ging es zumindest mir
auch um den zweiten Teil der Angelegenheit, daß nämlich
Monopole in anderen Wirtschaftssystemen durchaus vorkommen
bzw. sogar gewollt sind.
Nach dem Ordoliberalismus (der sich selbst Neo-Liberalismus nennt), tendiert ein Wirtschaftssystem, in das nicht streng mit staatlicher Ordnungspolitik (darum „ordo“) eingegriffen wird, zu Monopolisierungen (nach Eucken hätte dies das 19. Jhdt. auch gezeigt);
darum lehnen diese Vertreter den „Liberalismus“ ab, sondern fordern eben den um staatliche Ordnungspolitik ergänzten Liberalismus, also Neo-Liberalismus.
Für alle marxistischen Ökonomen führt ein unregulierter Kapitalismus ebenfalls zu Monopolisierungen, ein regulierter allmählich aber auch („Kapitalkonzentration“).
Wem man nun Glauben schenkt, ist wieder eine andere Frage, um dies es hier ja nicht.
Daher ist die richtige Frage nicht,
was können wir an unserem Wirtschaftssystem ändern, damit es
keine Monopole gibt, sondern was die Ursache der Monopole ist.
Ich glaube, dass es verschiedene Ursachen für Monopolstellungen gibt, dass aber natürlich die Unternehmen nach Monopolstellungen streben, ist klar, und dass es eben deshalb immer wieder dort Monopolisierungen geben wird, wo sie damit durchkommen, oder wo die die Anwender der Kartellrechte zu langsam sind, oder wo es für einen Staat unter Umständen sogar sinnvoll ist, im globalen Wettbewerb Monopolisierungen zuzulassen, dürfte auch klar sein.
Im konkreten Fall liegt es einfach daran, daß Energie
leitungsgebunden ist und die Errichtung der Leitungsysteme im
Verhältnis zum Wert zur transportierten „Ware“ ausgesprochen
teuer ist. Das ist aber keine Spezialität unseres
Wirtschaftssystems.
Das hängt eben davon ab, in welchen engen oder weiten Grenzen Du „unser Wirtschaftssystem“ siehst;
klar ist: in der liberalistischen Konzeption des Kapitalismus im 19. Jhdt. wäre die Energiewirtschaft ein gigantisches Monopol, weil damals gar niemand auf die Idee kam, da staatlich-regulierend einzugreifen.
klar ist auch: in einer Zentralplanwirtschaft stellt sich die Frage gar nicht, weil entweder die ganze Wirtschaft ein einziges riesiges Monopol ist, oder es eben keine Monopole geben kann (je nach Betrachtungsweise).
Ich glaube, es ist doch kein Problem einzuräumen, dass Unternehmen in einem „kapitalistischen“ System ganz „natürlich“ aus vernünftigem Eigeninteresse, nach Marktmachtstellungen streben, weil da eben die höchsten Profite zu machen sind. Das allein spricht ja keineswegs gegen das „System“ selbst.
Viele Grüße (wenn Du es bis hier runter überhaupt geschafft hast 
franz