Wissenswert! (Stichwort: Musikkultur)

Hallo!

Heitige Zeitungen bringen die neuesten statistischen Daten über den musikalischen Geschmack von heute:

http://www.welt.de/data/2005/11/26/808834.html

In der Süddeutschen auch, nur kein Link möglich.

Aus diesen Daten kann man beruflich sowie kulturwissenschaftlich viel schliessen…

Gruß

P.S. Im Wissen, dass dies keine Frage ist! *g*

hier kommt die frage
aber aber… war das wirklich jemals anders? oder meinen wir elfenbeinturmbewohner nur, daß es jemals anders sein sollte?

10% opernliebhaber sind wesentlich mehr als ich erwartet hätte. und sicherlich mehr, als vor 50, 100 oder 200 jahren.

kultur ist und bleibt eine verhältnismäßig enge nische, die sich manchmal unnötigerweise gegen die unterhaltung abzugrenzen versucht… sie ist viel erfolgreicher, wenn sie sich mit jener verbindet.

noch eine
Hallo gyuri,

teils-teils.

aber aber… war das wirklich jemals anders?

Ja. Die Altersstruktur und das Eliten/Masse-Verhältnis haben sich offensichtlich geändert.

oder meinen wir
elfenbeinturmbewohner nur, daß es jemals anders sein sollte?

Das wäre die Gegenfrage, denn ich habe deine Implikation nicht gemeint und nicht mal angedeutet. Ein Musiker sollte sein Publikum suchen und finden. Diese Daten können behilflich sein.

10% opernliebhaber sind wesentlich mehr als ich erwartet
hätte. und sicherlich mehr, als vor 50, 100 oder 200 jahren.

Das ist richtig, die Tendenz ist aber nicht eine weitere Steigerung, sondern eine Reduzierung zugunsten des Musicals z.B.

kultur ist und bleibt eine verhältnismäßig enge nische, die
sich manchmal unnötigerweise gegen die unterhaltung
abzugrenzen versucht… sie ist viel erfolgreicher, wenn sie
sich mit jener verbindet.

Das ist noch eine Gegenfrage, nach dem Selbstverständnis eines Künstlers. Hier gibt es viele unterschiedliche Strategien, die heutzutage aneinander bekämpfen. Und wie gesagt, die Daten können helfen, den eigenen Platz auf dem realen Markt zu bestimmen.

Gruß :smile:

Ja. Die Altersstruktur und das Eliten/Masse-Verhältnis haben
sich offensichtlich geändert.

offensichtlich? ich seh das nicht so offen, vielleicht weil ich an die 20 jahre jünger bin, aber ich freue mich über konkrete angaben aus der vergangenheit.

Das wäre die Gegenfrage, denn ich habe deine Implikation nicht
gemeint und nicht mal angedeutet.

nein, ich habe sie angedeutet :wink: bevor es jemand anders tut.

Ein Musiker sollte sein Publikum suchen und finden.
Diese Daten können behilflich sein.

da hast du sicherlich recht. ich wollte keinesfalls deine entscheidung, diesen link hier zu posten, kritisieren, nur fragen aufwerfen, die andere vielleicht anders beantworten würden.

Das ist richtig, die Tendenz ist aber nicht eine weitere
Steigerung, sondern eine Reduzierung zugunsten des Musicals
z.B.

vor dem musical gab es die operette, davor singspiele für die breite und verhältnismäßig ungebildete masse, von denen heute nur noch zb. die beggar’s opera als spitze des eisbergs bekannt ist…
es ist für den laien eine relativ unbekannte tatsache, daß vieles von dem, was wir heutzutage als hochkultur verehren, zb. die walzer der strauß-dynastie, in erster linie als leichte kost oder unterhaltung für die breite masse gedacht war - und damit dem entspricht, worüber du und ich heutzutage vielleicht die nase rümpfen (klassik-pop-crossover und dergleichen). wir sollten da aber doch bewußt differenzieren können… wir wissen ja auch, welche opern von mozart bei welchem publikum wirklich erfolgreich waren - wenn wir sie alle in einen topf werfen, ist das sozusagen eine gefälschte statistik.

1 Like

Hallo gyuri!

Ja. Die Altersstruktur und das Eliten/Masse-Verhältnis haben
sich offensichtlich geändert.

offensichtlich? ich seh das nicht so offen, vielleicht weil
ich an die 20 jahre jünger bin, aber ich freue mich über
konkrete angaben aus der vergangenheit.

Ich will dich mit meinen Erinnerungen eines alten gebrechlichen Musikers, der kaum mehr sehen und hören kann, nicht belästigen :smile:

Aus der Statistik allerdings, von der die Rede ist, kann man sehen, dass heute mehr und überwiegend ältere Menschen Kulturkonsumenten sind, das ist ein entscheidender Unterschied. Auch neu ist es, dass Eliten es nicht mehr für selbstverständlich halten, zur Kunst im breiten Sinne des Wortes zu stehen. Diese zwei Punkte scheinen mir wichtig zu sein.

Das wäre die Gegenfrage, denn ich habe deine Implikation nicht
gemeint und nicht mal angedeutet.

nein, ich habe sie angedeutet :wink: bevor es jemand anders tut.

Fein.

Ein Musiker sollte sein Publikum suchen und finden.
Diese Daten können behilflich sein.

da hast du sicherlich recht. ich wollte keinesfalls deine
entscheidung, diesen link hier zu posten, kritisieren, nur
fragen aufwerfen, die andere vielleicht anders beantworten
würden.

So habe ich auch dich verstanden, alles ok. :smile:

Das ist richtig, die Tendenz ist aber nicht eine weitere
Steigerung, sondern eine Reduzierung zugunsten des Musicals
z.B.

vor dem musical gab es die operette, davor singspiele für die
breite und verhältnismäßig ungebildete masse, von denen heute
nur noch zb. die beggar’s opera als spitze des eisbergs
bekannt ist…
es ist für den laien eine relativ unbekannte tatsache, daß
vieles von dem, was wir heutzutage als hochkultur verehren,
zb. die walzer der strauß-dynastie, in erster linie als
leichte kost oder unterhaltung für die breite masse gedacht
war - und damit dem entspricht, worüber du und ich heutzutage
vielleicht die nase rümpfen (klassik-pop-crossover und
dergleichen). wir sollten da aber doch bewußt differenzieren
können… wir wissen ja auch, welche opern von mozart bei
welchem publikum wirklich erfolgreich waren - wenn wir sie
alle in einen topf werfen, ist das sozusagen eine gefälschte
statistik.

Grundsätzlich ja, stimmig. Nur meinte ich (vielleicht war es undeutlich) etwas anderes: Die Kurve der Steigerung der Zahlen (mehr Publikum interessiert sich für die klassische Musik) hat ihren Zenit überschritten. Die besprochene Statistik scheint es zu beweisen. Die Zahlen werden noch eine Weile weiter steigern, nicht aber aus den jungen, sondern aus den älteren Menschen rekrutiert. Es würde mich freuen, wenn du (oder jemand anderer) diese These widerlegen würde. :smile:

Gruß

Ich will dich mit meinen Erinnerungen eines alten
gebrechlichen Musikers, der kaum mehr sehen und hören kann,
nicht belästigen :smile:

8-p
du weißt ganz genau, was ich meine… ich habe erst seit höchstens 15 jahren meine augen für solche dinge offen, du mindestens doppelt so lang, wenn ich mich nicht irre…

Aus der Statistik allerdings, von der die Rede ist, kann man
sehen, dass heute mehr und überwiegend ältere Menschen
Kulturkonsumenten sind, das ist ein entscheidender
Unterschied.

es gibt ja auch mehr ältere menschen… die bevölkerungsstruktur ändert sich… ist es nicht eindeutig, daß dadurch auch der anteil älterer menschen am kulturkonsum steigen muß?
es gibt ja auch wesentlich mehr verfügbare musik als noch vor 10 jahren… und da das wachstum im bereich der popmusik jenes der klassik bei weitem übersteigt, muß auch der anteil der klassik statistisch zurückgehen…
außerdem sollten wir nicht vergessen, daß jüngere menschen sehr wohl noch potentielle konsumenten klassischer musik sind, während verhältnismäßig wenig ältere menschen offen für neues sind… auch das spielt eine große rolle in der statistik.

So habe ich auch dich verstanden, alles ok. :smile:

gut gut :wink:

Grundsätzlich ja, stimmig. Nur meinte ich (vielleicht war es
undeutlich) etwas anderes: Die Kurve der Steigerung der Zahlen
(mehr Publikum interessiert sich für die klassische Musik) hat
ihren Zenit überschritten. Die besprochene Statistik scheint
es zu beweisen.

daher wäre es interessant, eine wirklich detaillierte statistik zu sehen, die den relativen anteil beispielsweise der opernbesucher an der gesamtbevölkerung seit sagen wir 200 jahren zeigt. ich behaupte, die entwicklung ist tendenziell eher steigend, ein eventueller rückgang minimal. aber ich lasse mich gern eines besseren belehren.

Die Zahlen werden noch eine Weile weiter
steigern, nicht aber aus den jungen, sondern aus den älteren
Menschen rekrutiert.

das wiederum steht noch nicht geschrieben… daran können wir alle noch was ändern. daher finde ich es wichtig, eine differenzierte diskussion zu führen (in der klassik nicht gleich klassik ist bzw. in der nicht alles, was älter als 50 jahre alt ist, den gleichen kulturellen wert aufgeklebt bekommt), aber musik in erster linie als musik zu sehen. ich jedenfalls sehe zwischen beethoven und eminem mehr gemeinsamkeiten als unterschiede, und wenn man das entsprechend vermittelt (was ich als angehender musiklehrer zum ziel habe), kommt die botschaft auch an.

Es würde mich freuen, wenn du (oder
jemand anderer) diese These widerlegen würde. :smile:

unter meinem direkten einfluß sind einige meiner freunde schon zu schulzeiten zu klassikhörern geworden, ich erinnere mich noch lebhaft an englische lautenlieder aus diversen autokassettendecks. die geschmäcker sind verschieden, aber „klassische musik“ ist ein derart weites feld, daß jeder irgendwas darin finden kann. wer meint, die jugend könne nicht mit einfachsten mitteln auch zum klassikkonsum eingeladen oder motiviert werden, scheint davon aber nicht wirklich überzeugt zu sein…

Hallo gyuri,

was wollten wir noch diskutieren? :smile:

es gibt ja auch wesentlich mehr verfügbare musik als noch vor
10 jahren…

Ich befürchte, das Meiste davon ist Schrott, in der „ernsten“ Musik der letzten 10 Jahre kann ich nichts nennen, was für die Ewigkeit bleiben wird.

außerdem sollten wir nicht vergessen, daß jüngere menschen
sehr wohl noch potentielle konsumenten klassischer musik sind,
während verhältnismäßig wenig ältere menschen offen für neues
sind…

Hier gehst du von der Statistik weg in den Bereich der Wahrscheinlichkeit. Meiner Meinung nach ist es anders - jüngere Menschen von heute sind keine gewonnenen Konsumente der klassichen Musik, und ältere Menschen sind für das Neue gut zu gewinnen.

Die Zahlen werden noch eine Weile weiter
steigern, nicht aber aus den jungen, sondern aus den älteren
Menschen rekrutiert.

das wiederum steht noch nicht geschrieben… daran können wir
alle noch was ändern. daher finde ich es wichtig, eine
differenzierte diskussion zu führen (in der klassik nicht
gleich klassik ist bzw. in der nicht alles, was älter als 50
jahre alt ist, den gleichen kulturellen wert aufgeklebt
bekommt), aber musik in erster linie als musik zu sehen. ich
jedenfalls sehe zwischen beethoven und eminem mehr
gemeinsamkeiten als unterschiede, und wenn man das
entsprechend vermittelt (was ich als angehender musiklehrer
zum ziel habe), kommt die botschaft auch an.

Hier beginnt es für mich problematisch zu werden. Klar, ist der Begriff der Musik breiter geworden, die Neue Musik zu vermitteln ist trotzdem nach wie vor eine aktuelle und schwierige Aufgabe. Wenn du allerdings Eminem in die Nähe von Beethoven ziehst, dann hast du noch eine Generation der Kinder für die Musikerziehung kaputtverspielt. Die Botschaft um Eminem kommt sehr schnell an, die um Beethoven versinkt. Das sind (nicht nur meine) Erfahrungswerte und ein der Hintergründe für das rücklaufende Interesse der jüngeren Menschen an der klassischen Musik.

unter meinem direkten einfluß sind einige meiner freunde schon
zu schulzeiten zu klassikhörern geworden, ich erinnere mich
noch lebhaft an englische lautenlieder aus diversen
autokassettendecks. die geschmäcker sind verschieden, aber
„klassische musik“ ist ein derart weites feld, daß jeder
irgendwas darin finden kann. wer meint, die jugend könne nicht
mit einfachsten mitteln auch zum klassikkonsum eingeladen oder
motiviert werden, scheint davon aber nicht wirklich überzeugt
zu sein…

Auch hier bringst du ein gutes Beispiel, wie es funktioniert und immer funktionierte: Durch die Weiterleitung der gelebten Tradition. So ist es richtig, so sollte es auch laufen. Aktuell ist aber dein Beispiel eine Ausnahme.

Gruß :smile:

Ich befürchte, das Meiste davon ist Schrott, in der „ernsten“
Musik der letzten 10 Jahre kann ich nichts nennen, was für die
Ewigkeit bleiben wird.

da wiederum kommt es sehr stark darauf an, was du als „ernste“ musik bezeichnest. der trend geht klar in richtung multimedialität, also beispielsweise filmmusik, aber die scores von zb. michael nyman oder yann tiersen haben auch ohne die jeweiligen filme sowohl eine große wirkung als auch einen hohen musikalischen anspruch (wenn auch manchmal mit einfachsten mitteln - aber da sind sie in guter gesellschaft).
ich halte es für unklug, „ernste“ musik auf die weise abzugrenzen, die du zu vertreten scheinst. auch im bereich jazz/pop/rock gibt es sehr anspruchsvolle werke, die ich qualitativ nicht hinter die klassikgrößen stellen würde. aber das ist eine frage des blickwinkels - nur leider ergeben die statistiken je nach blickwinkel ganz unterschiedliche ergebnisse.

Hier gehst du von der Statistik weg in den Bereich der
Wahrscheinlichkeit. Meiner Meinung nach ist es anders -
jüngere Menschen von heute sind keine gewonnenen Konsumente
der klassichen Musik, und ältere Menschen sind für das Neue
gut zu gewinnen.

ich habe nicht geschrieben, junge menschen seien gewonnen konsumenten, sondern potentielle konsumenten - sie zu gewinnen ist die aufgabe, die man sich stecken sollte, anstatt den guten alten zeiten nachzuweinen.
und nein, ältere menschen sind für das neue nicht leicht zu gewinnen. ich halte es für wesentlich leichter, eine schulklasse für (nicht einmal wirklich neue) sachen wie zwölftonmusik oder minimal music (ganz zu schweigen von jazz, pop oder rock) zu interessieren, als eine gruppe 50-jähriger.

Hier beginnt es für mich problematisch zu werden. Klar, ist
der Begriff der Musik breiter geworden, die Neue Musik zu
vermitteln ist trotzdem nach wie vor eine aktuelle und
schwierige Aufgabe.

wenn du „Neue Musik“ schreibst, meinst du doch die „ernste“ musik der jetzten jahrzehnte, von der du das meiste für schrott hältst? wieso sollte man denn so etwas vermitteln?
im gegensatz zu dir sehe ich musik als musik, ob alt, klassisch, neu, rock oder pop. ich vermittle MUSIK. ich zeige die gemeinsamkeiten auf, eröffne horizonte, erlaube bekanntschaften mit musik, die man ohne mich vielleicht nie oder nicht so bald kennengelernt hätte, lasse mich wiederum mit ebensolchen dingen bekanntmachen, um meinen eigenen horizont zu erweitern und um schließlich meine erweiterten horizonte wieder für andere zu öffnen… das findest du problematisch? den wert der musik muß jeder für sich selbst finden und erkennen, ich kann ihm dazu nur hilfestellungen geben.

Wenn du allerdings Eminem in die Nähe von
Beethoven ziehst, dann hast du noch eine Generation der Kinder
für die Musikerziehung kaputtverspielt. Die Botschaft um
Eminem kommt sehr schnell an, die um Beethoven versinkt.

ich stelle nicht eminem in die nähe von beethoven, sondern zeige die gemeinsamkeiten auf. du müßtest dich wahrscheinlich auch nicht besonders anstrengen, um eine a4-seite mit gemeinsamkeiten vollzuschreiben… und selbst dann wird dich eine schulklasse mit erkenntnissen überraschen, die dir nicht aufgefallen wären - sofern du ihnen die möglichkeit dazu gibst.
keine frage, eminem und beethoven haben ganz unterschiedliche musikgeschichtliche, musikästhetische, musiktheoretische, musiksoziologische usw. relevanz, aber die gemeinsamkeiten sind vorhanden und zahlreich. und über diese gemeinsamkeiten kann es gelingen, jemandem, die bisher nur eminem gehört hat, auch andere arten von musik näherzubringen. vielleicht sind von eminem bis beethoven einige zwischenschritte notwendig, aber das ist kein problem, sondern eher eine zusätzliche bereicherung.

Das sind (nicht nur meine) Erfahrungswerte und ein der
Hintergründe für das rücklaufende Interesse der jüngeren
Menschen an der klassischen Musik.

nicht das interesse der jungen menschen an der klassischen musik ist rückläufig, sondern die möglichkeiten, sich ernsthaft damit zu befassen, ohne daß jemand oberlehrerhaft daherkommt und ihnen wertvorstellungen oder kanons aufzwingen will.

Auch hier bringst du ein gutes Beispiel, wie es funktioniert
und immer funktionierte: Durch die Weiterleitung der gelebten
Tradition. So ist es richtig, so sollte es auch laufen.
Aktuell ist aber dein Beispiel eine Ausnahme.

mein beispiel ist eine ausnahme, weil ich eine ausnahme bin. aber mein beispiel ist ein beweis dafür, daß es möglich ist, jedem neue horizonte und hörerlebnisse zu schenken. versuchs mal, anstatt dich darüber zu beklagen, daß es so ist, wei es ist (denn daran ist nicht die jugend schuld, sondern jene, die sich jetzt darüber beklagen).

Ich will dich mit meinen Erinnerungen eines alten
gebrechlichen Musikers, der kaum mehr sehen und hören kann,
nicht belästigen :smile:

Hallo peet,
Haben wir hier endlich den Genius Bachs und Beethovens in einer Person?
Grüße
oranier

Wissenswert?
Hallo Peet,

eurer Diskussion unten kann ich nur bedingt folgen, u.a., weil ich deine umstandslose Unterscheidung von „Eliten“ und Massen elitär finde und weil ich keinen Begriff davon habe, wer oder was „Eminem“ sein könnte.

Im Gegensatz zu dir habve ich aber eine Frage, nämlich was du an diesem lausigen Artikel, der nahezu keinen einzigen konsistenten Gedankengang enthält, eigentlich für wissens- oder bedenkenswert hältst.

Der Artikel und offenbar die besprochene „Untersuchung“ sind durchsetzt vom Grundfehler soziologisch und philosophisch nicht gebildeter Demoskopen, nämlich dass sie keinen Begriff von der Differenz zwischen Sein und Bewusstsein haben.

So ist es objektiv für die Frage, welchen Bildungswert die Teilhabe an Kulturveranstaltungen hat, völlig unerheblich, welcher Prozentsatz der Bevölkerung der Auffassung ist, die Teilhabe an Kulturveranstaltungen habe einen Bildungswert.

Und wer genau sind eigentlich „Gebildete mit hohem Einkommen (jenseits von 4000 Euro netto im Monat)“, die Kultur für die Bildung nicht so wichtig finden? Könnten das z.B. Schrotthändler mit Fachhochschulreife sein?

Wer Weiterbildung anstrebt, geht zur Volkshochschule und nicht ins Konzert. Dahin geht man selbstverständlich der Unterhaltung, sprich: des ästhetischen Genusses wegen, was ein- und nicht ausschließt, dass beiher das ästhetische (Urteils-) Vermögen weitergebildet wird. Wovon die Franzosen z.B. keine Ahnung haben, denn „die Aussicht, von der Kultur möglichst gut unterhalten zu werden“ charakterisiert heutzutage das Deutschtum (!).

Dass die Alten nicht recht eigentlich zum Volkskörper gehören, schwante uns ja vielleicht schon. Hier wird es offenbar: Durch ihren Kulturkonsum wird die Statistik nur „geschönt“, will sagen: die „eigentliche“ Bevölkerung hat einen anderen Bezug zur Kultur.

Was soll jemand, der von den „Daten“ Seriosität und Verlässlichkeit erwartet, z.B. mit der Information anfangen, dass zwei Drittel nie eine Veranstaltung mit bildender Kunst besucht haben, jedoch nur 17 Prozent niemals in einer Ausstellung waren?

Der Satz schließlich, Deutschland sei ein Land geworden, „in dem man für die Kultur nicht mehr in den Krieg zieht“ ist an Dämlichkeit nun wirklich nicht mehr zu überbieten.
Wäre das Gegenteil jemals der Fall gewesen, man müsste allerdings am Bildungwert der Kultur zweifeln.

Grüße
oranier

Klar!
Hallo oranier,

ehrlich gesagt, habe ich nicht so ganz kapiert, was du fragen wolltest. Warum es für dich nicht wissenswert ist oder warum du eine launige Darstellung der ernsthaften statistischen Untersuchung nicht verstanden hast?

Wenn dem so sei, dann sind es die Fragen über deine persönlichen Vorlieben und bisherigen Kenntnisse. Um sie zu beantworten, müsste ich dich näher kennen. Deine Fragen zum Text zeugen von großem Bedarf an der Weiterbildung. Die Rolle der Eliten in der Kunstgeschichte, der subjektive und objektive Wert der klassischen Musik im Bildungskanon der heutigen Gesellschaft, die Vermögen-, Interessen- und Altersstruktur des Musikpublikums, die Rolle der Unterhaltung bei der Wahrnehmung der klassischen Musik, die Fähigkeit, Ironie zu interpretieren, das sind Diskussionsthemen, die du stellst. Jedes wäre eines Seminars wert. Leider haben die meisten Universitäten und Volkshochschulen kein Geld mehr für solche Veranstaltungen.

Was mich betrifft, so arbeite ich seit Jahrzehnten mit Musikstudenten aller Stufen und Musiklaien (geschweige denn mit Profis), und bin froh, dass meine persönlichen Erfahrungen mit drei Gruppen in dieser Untersuchung gespiegelt werden. Unabhängig davon mag es den einen oder den anderen interessieren. Was jeder damit anfangen kann, ist allerdings jedem überlassen. Grob gesagt, das ist eine kostenlose Berufsorientierung. Man kann es so oder anders interpretieren. Aber auch verdammen oder ignorieren, das ist auch eine Möglichkeit. :smile:

Gruß

Salut Oranier,

eurer Diskussion unten kann ich nur bedingt folgen, u.a., weil
ich deine umstandslose Unterscheidung von „Eliten“ und Massen
elitär finde
und weil ich keinen Begriff davon habe, wer oder
was „Eminem“ sein könnte.

…was nicht peets Schuld ist!
Wenn man heutezutage an einer Diskussion über Musikrezeption teilnimmt und das nicht weiß, kann man einfach fragen. Eminem ist ein Hip-Hop-Star aus den USA, nähere Infos auf Nachfrage.

Der Artikel und offenbar die besprochene „Untersuchung“ sind
durchsetzt vom Grundfehler soziologisch und philosophisch
nicht gebildeter Demoskopen, nämlich dass sie keinen Begriff
von der Differenz zwischen Sein und Bewusstsein haben.

Der Artikel ist nicht sauber in der Deutung der Zahlen, das stimmt, daneben ist mir die Grundmessage und der schlechte Stil auch unsympathisch. Das heißt aber nicht unbedingt, dass die Untersuchung selbst methodische Fehler hat. Im Artikel steht meines Erachtens nichts, was diesen Schluss nahe legt.

So ist es objektiv für die Frage, welchen Bildungswert die
Teilhabe an Kulturveranstaltungen hat, völlig unerheblich,
welcher Prozentsatz der Bevölkerung der Auffassung ist, die
Teilhabe an Kulturveranstaltungen habe einen Bildungswert.

Das steht da auch nicht. Der Artikel beschäftigt sich nicht mit dem Bildungswert von Kunst sondern mit dem Verhältnis der Bevölkerung zu Kunst, im Grunde also mit Kunstrezeption. Dafür ist die Zahl von Bedeutung.

Und wer genau sind eigentlich „Gebildete mit hohem Einkommen
(jenseits von 4000 Euro netto im Monat)“, die Kultur für die
Bildung nicht so wichtig finden? Könnten das z.B.
Schrotthändler mit Fachhochschulreife sein?

Das könnte sein, ist aber in der Regel nicht so. Jeder, der regelmäßig ins Konzert geht, kann das bestätigen.

Wer Weiterbildung anstrebt, geht zur Volkshochschule und nicht
ins Konzert.

Sorry, aber das ist Unsinn. Die primäre Auseinandersetzung mit Kunst ist ein viel wichtigerer Bestandteil der künstlerischen Bildung als alles, was eine Volkshochschule einem vermitteln kann.

Dahin geht man selbstverständlich der
Unterhaltung, sprich: des ästhetischen Genusses wegen, was
ein- und nicht ausschließt, dass beiher das ästhetische
(Urteils-) Vermögen weitergebildet wird.

Unterhaltung und ästhetischen Genuss gleichzusetzen ist alles andere als „selbstverständlich“. Ich persönlich finde auch, dass Konzerte unterhaltsam sein sollten, es sehen aber nun mal ca. 40% der Bevölkerung anders. Das ist doch eine interessante Information, wenn ich auch völlig andere Schlüsse daraus ziehe als der zugegebenermaßen ein wenig oberlehrerhafte Artikel.

Wovon die Franzosen
z.B. keine Ahnung haben, denn „die Aussicht, von der Kultur
möglichst gut unterhalten zu werden“ charakterisiert
heutzutage das Deutschtum (!).

Ich gebe zu, dieser Absatz des Artikels ist ziemlich idiotisch.

Was soll jemand, der von den „Daten“ Seriosität und
Verlässlichkeit erwartet, z.B. mit der Information anfangen,
dass zwei Drittel nie eine Veranstaltung mit bildender Kunst
besucht haben, jedoch nur 17 Prozent niemals in einer
Ausstellung waren?

Ich vermute, es ist gemeint, dass 2/3 WEDER jemals in der Oper, Operette, etc. waren, aber 83% noch nie eine Ausstellung besucht haben. Wie gesagt, schlechter Stil.

Der Satz schließlich, Deutschland sei ein Land geworden, „in
dem man für die Kultur nicht mehr in den Krieg zieht“ ist an
Dämlichkeit nun wirklich nicht mehr zu überbieten.
Wäre das Gegenteil jemals der Fall gewesen, man müsste
allerdings am Bildungwert der Kultur zweifeln.

Völlig einverstanden, das ist tatsächlich geradezu monströs blöd. Aber ich glaube, peet fand nicht so sehr den Artikel gut als die darin enthaltenen Zahlen interessant.
lg
F.

1 Like

Hi peet,
ich glaube, dass die Zahlen interessant sind, allerdings verleiten sie auch zu einem Fehlschluss: dass sich das Verhältnis der Menschen zu Musik in ihrem Konsumverhalten ausdrücken lässt. Du schreibst ja selbst:

Ich befürchte, das Meiste davon ist Schrott, in der „ernsten“
Musik der letzten 10 Jahre kann ich nichts nennen, was für die
Ewigkeit bleiben wird.

Wenn ganz furchtbar viele Menschen sich diesen Schrott ständig antun würden, würden sie in der Statistik gut aussehen, in Wirklichkeit aber wahrscheinlich weniger Sinn für Kunst haben, als Menschen, die z.B. gerne Porgy and Bess hören (fällt ja unter Musical).
Ich glaube, dass der beste Weg , Menschen zur klassischen Musik zu bringen, der ist, sie grundsätzlich dazu zu bringen, sich mit Musik differenziert auseinander zu setzen, egal mit welcher. In einem früheren posting schriebst Du mal über killing me softly von den Fugees:

…Offene Form, Fragmente, Brüche etc. Das Spiel mit den
Erwartungen des Zuhörers ist etwas ganz feines, ich glaube, in
diesem Fall funktioniert das ganz gut. Es entsteht ein Sog durch
den nicht gestillten Wunsch, die Melodie endlich zu Ende und
in voller Ausprägung hinzubekommen. Hier ist „weniger“
das künstlerische Element, etwa nach dem Motto: Wir sind
kleine Künstler, können auch nicht viel, wir machen nur
so als ob, dürfen wir, Sir? Mister? Es ist ein bisschen
dreckig, aber Sie wollen doch nicht gleich weg, Mister?..

Wenn man jemanden dazu bringt, das alles aktiv wahrzunehmen, ist das doch schon der halbe Weg; ihn dann noch für Beethoven zu begeistern, ist nicht mehr so schwer.

Wenn du allerdings Eminem in die Nähe von
Beethoven ziehst, dann hast du noch eine Generation der Kinder
für die Musikerziehung kaputtverspielt.

Glaube ich nicht, denn es kommt ja gerade darauf an, WIE man Eminem hört.

Auch hier bringst du ein gutes Beispiel, wie es funktioniert
und immer funktionierte: Durch die Weiterleitung der gelebten
Tradition. So ist es richtig, so sollte es auch laufen.

Ja, da bin ich mir halt nicht so sicher.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die unmittelbare Konfrontation eines Menschen, der wenig musikalische Erfahrung hat, mit der Tradition der klassischen Musik eher zu einer Abwehrhaltung führt als wenn man den Einstieg über Musik sucht, die demjenigen vertraut ist.

Und by the way: Mein Tonsatz-Professor hat uns an der Musikhochschule die chromatische Modulation mit Sting-Songs erklärt, die Beispiele sind mir bis heute ins Hirn eingebrannt.
lg
F.

Vermittlung der Klassik
Hallo Fredun,

danke für deine ausgewogene Meinung :smile:
Ich antworte nicht auf alles. Beim Bedarf kannst du gerne nachfragen.

Ich glaube, dass der beste Weg , Menschen zur klassischen
Musik zu bringen, der ist, sie grundsätzlich dazu zu bringen,
sich mit Musik differenziert auseinander zu setzen, egal mit
welcher.

Sehr gut gesagt, das differenzierende Zuhören, die aktive, mitdenkende Wahrnehmung wird von der gesamten Kunst gefördert und erwartet. Man kann dazu Menschen bringen, sie dafür gewinnen, aber… Tja, es kommt immer ein „aber“ :smile: Aber nur welche, die es wollen. D.h. die, die in ihrer unmittelbaren Umgebung deren Wertschätzung erleben. Sie können es möglicherweise nicht oder können es nicht verbalisieren, sie wollen es, weil es für sie, warum auch immer, wichtig ist.

In dieser Beiderseitigkeit funktioniert es immer gut. Die Daten stellen uns vor der bekannten Frage, ist diese kunstfreundliche Umgebung noch da? Schrumpft sie? Wie schnell? Gleichmäßig durch alle Schichten und Altersstufen?

Wenn man jemanden dazu bringt, das alles aktiv wahrzunehmen,
ist das doch schon der halbe Weg; ihn dann noch für Beethoven
zu begeistern, ist nicht mehr so schwer.

Diese Folgerung ist nicht unbedingt eindeutig. Von Fugees oder Eminem führt kein Weg zu Beethoven, umgekehrt ja, aber nicht so. Das zu erklären, würde den Thread sprengen. Wenn aber tatsächlich mehrere Interessenten diese Frage stellen, dann kann man mal versuchen. :smile:

Wenn du allerdings Eminem in die Nähe von
Beethoven ziehst, dann hast du noch eine Generation der Kinder
für die Musikerziehung kaputtverspielt.

Glaube ich nicht, denn es kommt ja gerade darauf an, WIE man
Eminem hört.

Hier geht es aber nicht vom erzogenen Hören, sondern von der Erziehung des Hörens. Ich sehe darin den entscheidenden Unterschied. Fange ich bei Beethoven oder bei Eminem an, bekomme ich zwei verschiedene Kulturen.

Auch hier bringst du ein gutes Beispiel, wie es funktioniert
und immer funktionierte: Durch die Weiterleitung der gelebten
Tradition. So ist es richtig, so sollte es auch laufen.

Ja, da bin ich mir halt nicht so sicher.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die unmittelbare
Konfrontation eines Menschen, der wenig musikalische Erfahrung
hat, mit der Tradition der klassischen Musik eher zu einer
Abwehrhaltung führt als wenn man den Einstieg über Musik
sucht, die demjenigen vertraut ist.

Wie gesagt, die Beiderseitigkeit impliziert den Wunsch des Rezipienten, sonst kann man nicht erzwingen. :smile:

Und by the way: Mein Tonsatz-Professor hat uns an der
Musikhochschule die chromatische Modulation mit Sting-Songs
erklärt, die Beispiele sind mir bis heute ins Hirn
eingebrannt.

Feine Sache! :smile:

Gruß