Wittgenstein Tractatus

Hi die Philosophen,
ich hab’ den Tractatus verliehen w-w-w (wer-weiß-wohin) und werde gerade beim Hören eines der vielen Glorias, die Vivaldi geschrieben hat (ja, ja, ich bin hier richtig, muss nicht ins Klassik-Brett), in dem glücklichen Schwellen, Überlaufen und Fließen der Töne an ein Gedicht erinnert, das in diesem Buch ziemlich am Anfang einen Brunnen beschreibt, dessen Wasser sich von der obersten Schale in die nächst darunter liegende Schale usf. ergießt.
Meine Fragen dazu:

  1. Ist das ein Gedicht von Wittgenstein selbst und wenn nicht - wen zitiert er da?
  2. Wo kann ich, ohne mir das Buch nochmal kaufen zu müssen, den Text dieses Gedichtes finden.
    und
  3. Was wollte Wittgenstein mit diesem Bild bezüglich seiner Thesen sagen?
    Schon jetzt herzlichen Dank,
    Anja

Hallo Anja,

zu (1) und (2): ists dieser vielleicht?

http://www.dl.ket.org/german3/listen/packet14/brunne…

(die Schülerfragen unten eínfach weglassen, dafür gibts die Lesung mit Sound)

dieses ist jetzt spekulativ, weil ich den Tractatus doof finde und deswegen auch nicht kscheit erinnere.

Eine schöne Nacht „noch“

wünscht

MM

Hallo!

Meines Wissens wird dieses Gedicht nicht von Wittgenstein in Tractatus zitiert, sondern von Heidegger in seiner berühmten Schrift Der Ursprung des Kunstwerkes. Heidegger versucht anhand dieses Beispiels (noch berühmter ist das Beispiel mit einem Gemälde von van Gogh mit einem Paar Bauernschue) seine zentrale These – das Wesen der Kunst ist das Sich-ins-Werk-Setzen der Wahrheit – zu verdeutlichen. In diesem Gedicht ist nach Heidegger nicht ein konkreter Brunner oder „das allgemeine Wesen“ eines römischen Brunnens wiedergegeben, sondern es geschieht die Eröffnung dessen, was ein Brunner in Wahrheit „ist“. Hier tritt ein Seiendes in die Unverborgenheit seines Seins, in das Licht seines Seins – es „geschieht“ also die Wahrheit, die Erschlossenheit des Seins (aletheia). Was Heidegger darunter genau versteht und warum er hier im Unterschied zu seinem Hauptwerk Sein und Zeit die Wahrheit mit der Kunst zusammenbringt, bedarf natürlich einer längeren Erörterung.

Mit Gruß,
JC

Hi J.C.,

Meines Wissens wird dieses Gedicht nicht von Wittgenstein in
Tractatus zitiert,

Doch, da bin ich 100%ig sicher…

sondern von Heidegger in seiner berühmten
Schrift Der Ursprung des Kunstwerkes.

…denn den Tractatus habe ich gelesen, den Heidegger dagegen nicht. Allerdings ist dies ein Buchtipp, der für mich (als Künstlerin) Gold wert ist, ich werde es gleich bestellen…
M.May hat das „richtige“ Gedicht gefunden. Vielleicht schreibe ich später noch was dazu.
Herzlichen Dank!
Anja

Hallo!

Doch, da bin ich 100%ig sicher…

Ist aber im Tractatus nirgendwo zu finden… Auf jeden Fall nicht im Text der Suhrkamp-Werkausgabe. – Im Prinzip könnte Wittgenstein im Tractatus ein Gedicht behandeln, und zwar als Beispiel für das „Mystische“: Unter den Bereich des Mystischen fallen nach Tractatus sowohl die Ethik als auch die Ästhetik. Ihre Sätze wären im Gegensatz zu den die Wirklichkeit abbildenden „Elementarsätzen“ im gewissen Sinne „sinnlos“. Sie wären logisch nicht zu begründen und könnten weder bewiesen noch widerlegt werden – „wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen“. Die an den Tractatus anknüpfenden logischen Positivisten des Wiener Kreises haben sich m.W. im Gegensatz zu Wittgenstein für das „Mystische“ bzw. für den Bereich des Ethischen und Ästhetischen weniger interessiert.

Der römische Brunnen von Conrad Ferdinand Meyer steht aber in Heideggers Schrift S. 23 (Bd. 5 der Gesamtausgabe).

Mit Gruß,
JC