Wo sind die eigentlich alle?

Das mag jetzt eine dumme Frage sein, aber ich weiß das wirklich nicht…

Immer wieder höre, lese und ich erlebe ich, dass Restaurants klagen, sie hätten nach Corona kein Personal mehr, die seien „alle weg“. Okay, sehe ich ein, das sind schlecht bezahlte Jobs, die Leute wurden in der Corona-Zeit nicht gebraucht und entlassen. Analoges hört man aktuell von Flughäfen: ähnliche Situation, niedrig qualifiziertes Personal, schlecht bezahlt, mit Corona entlassen „alle weg“

Das verstehe ich (wenn ich’s auch nicht gut heiße, aber das ist ne andere Diskussion). Nur: woher kommen jetzt diese riesigen Anlaufschwierigkeiten? Wo sind alle diese niedrig qualifizierten, schlecht bezahlten Leute untergekommen? Haben die sich während Corona alle zielstrebig online fortgebildet und arbeiten nun in gut qualifizierten und bezahlten Jobs?

Ja, arbeiten inzwischen als Ingenieure bei Airbus

2 Like

Die haben sich zu einem großen Teil andere Jobs gesucht, die oft auch nur angelernt und nicht besser bezahlt sind, aber wo sie nun erstmal untergekommen sind - es gibt wenig Anreiz, wieder zurück zu wechseln. Insbesondere, wenn noch nicht einmal sicher ist, dass wir mit Corona wirklich durch sind. Wenn ich inzwischen einen anscheinend Corona-resitenten Job habe, warum in einen Job zurück, der bei der nächsten Welle/Pandemie wieder auf der Kippe steht?
Und mancher hat auch gemerkt, dass es angenehmere Tätigkeiten gibt, als sich im Gastro- oder Securitybereich schlecht behandeln zu lassen.

Während der Pandemie haben Paket- und Lieferdienste Aufschwung genommen, damit einhergehend generell Lagerwirtschaft. Das hat viele Arbeitsmöglichkeiten mit niedrigen Einstiegshürden geschaffen.

12 Like

Ja, das habe ich soweit schon verstanden. Und die zahlreichen Lieferdienste samt Logistik dahinter hatte ich tatsächlich nicht aufm Schirm. Und vermutlich - das fiel mir eben ein - machen ein paar davon inzwischen vielleicht auch Corona-Security (das ist aber ja aktuell auch aufm absteigenden Ast).

Aber die anderen, die in dem Artikel erwähnt wurden, kann ich nicht recht nachvollziehen:

  • Gebäudereinigung: warum brauchte man da sooo viele zusätzliche Leute? Zumindest bei mir in der Arbeit wurde wegen Home-Office das Putzpersonal reduziert
  • Hausmeister: auch da, in den Betrieben geht doch eher weniger als mehr kaputt, wenn viele von zuhause aus arbeiten? Warum brauche ich mehr davon?
  • Autohandel: Häh? Haben wir in der Krise alle plötzlich wie die wilden Autos gekauft? Ist mir da was entgangen?
  • [Auto] Instandhaltung: Hmm, sind das diese „gib mir 200 Euro, isch komm und putz Dein Auto“-Leute? Das klingt mir jetzt weder besonders lukrativ noch treffe ich die an allen Ecken

Denn nochmal, hey, wir reden hier von abertausenden Bedienungen, Küchenhelfern, Vorfeldarbeitern, Flughafen-Security. Die anderen im Artikel genannten Berufsgruppen scheinen mir eher in die Rubrik „Fachkräftemangel“ zu fallen - und den hatten wir ja vorher auch schon.

1 Like

Hallo,

in vielen Fällen lag es wohl an der Perspektivlosigkeit, d.h. niemand hat den Leuten gesagt, wann es wieder losgeht und in welchem Rahmen. Anhand eines Beispiels: auf den Nordseeinseln arbeiten im Sommer viele Menschen aus Osteuropa im Service, die im Winter z.B. in den Alpen arbeiten. Da hat unser Ultralang-Micky Maus-Lockdown von November 2020 bis Mai 2021 nicht sehr geholfen. Die Leute haben sich im Anschluss an die Wintersaison umorientiert (bspw. Mittelmeer) und kommen so schnell nicht wieder.

Anderes Beispiel: es fehlen zwei „Generationen“ Studienanfänger in der Gastronomie (Wintersemester 2020 und 2021). Anfänger könnte man im Herbst wieder bekommen, aber es fehlen eben die erfahreneren aus den letzten beiden Jahren.

Nur mal zwei Ansätze aus der Hüfte.

Gruß
C.

1 Like

Hi Jana Böhmer,
kann es nicht sein, dass die ehemaligen Mitarbeiter keinen Bock mehr haben ausgebeutet zu werden und sich nicht mehr bewerben? Jobcenter dürfen aktuell keine Kunden sanktionieren.
War nicht neulich in Beitrag im Social Media, dass es in D-Land 600.000 Pflegekräfte gibt, die arbeiten könnten und würden, wenn die Bedingungen besser wären?
Hat Deutschland nicht schon öfter so gemacht, das anstelle den Lohn zu erhöhen, arme Migranten dazu gedrängt werden, in Kurzarbeit sich von Firmen ausbeuten zu lassen?
Hast du mal Lieferfahrer, Reinigungskräfte oder Supermarkt Mitarbeiter auf das Namenschild gesehen? Das sind sehr viel öfter Migranten als in einem Bürogebäude.
Die Menschen und deren Ausbildung wird nicht anerkannt und dann dürfen sie in dem gelernten Beruf nicht arbeiten und man beklagt sich über mangelnde Motivation bei der Integration.
LG Ingomar

1 Like

Servus,

das hier

halte ich - zumindest in dieser allgemeinen Formulierung - für ein Gerücht. Hast Du dafür konkrete Belege?

Unabhängig davon geht es bei Jobcentern nur um Empfänger von ALG II, die Frage bezieht sich aber genauso auf Empfänger von ALG I und auf Arbeitnehmer, die in der Zwischenzeit anderswo „untergekommen“ sind und jetzt in ihre angestammte Tätigkeit zurückkommen könnten.

Inwiefern es sich um Ausbeutung handelt, wenn ein Flughafenmitarbeiter zum TVöD-F beschäftigt wird, sei jetzt mal dahingestellt. Wenn Du die klassische Definition des Begriffs (= diejenige des Autors, der ihn eingeführt hat) zugrunde legst, gibt es keinerlei Lohnarbeit ohne Ausbeutung, d.h. bei der vorliegenden Frage spielt sie keine Rolle.

Schöne Grüße

MM

Sorry Aprilfisch,

aber hierbei

machst Du es Dir zu einfach.
Denn nahezu alle Beschäftigten im Vorfeld, bei Verladung und Sicherheitskontrolle unterliegen nicht mehr diesem TV (und teilweise überhaupt keinem TV), weil auch diese Beschäftigten nach klassischer neoliberaler Theorie seit 20 Jahren nur noch als Kostenfaktoren gesehen wurden, die austauschbar waren und zum Zwecke der Kostensenkung ausgegründet wurden oder gleich ganz an Subunternehmer „verschoben“ wurden. Das war an nahezu allen deutschen Verkehrsflughäfen die Regel.
Dort, wo Ver.di in zT harten Kämpfen in den letzten Jahren Tarifverträge erzwungen oder bestehende TVen deutlich verbessert hat, sind die Probleme auch deutlich geringer.
So loben sich in Stuttgart Flughafen GmbH und alle „Dienstleister“ gerade gegenseitig deswegen, weil es wohl innerhalb der TOP 10 der Verkehrsflughäfen in STR die geringsten Flugausfälle wegen fehlendem Flughafenpersonal gibt - eben weil das Personal in den o.a. Bereichen nicht während der Pandemie scharenweise die Flucht ergriffen hat.
Dabei wird dann schamvoll verschwiegen, daß man nach den (idR überdurchschnittlichen) Tarifabschlüssen der letzten Jahre gerne mal den Untergang des zivilen Luftverkehrs in STR an die Wand gemalt hat.

&tschüß
Wolfgang

3 Like

Ja, ich sehe schon, dass auch an dieser Stelle die Tarife bröckeln - beiläufig auch die aktuelle Situation dafür verwendet wird, zuvor mühselig und zäh zurückgedrängte Leiharbeiterketten wieder salonfähig zu machen; ich glaube noch nicht recht daran, dass das „nur eine bis November befristete Notlösung“ ist, sondern dass da noch mehr (oder eigentlich noch weniger, wenn man von der Entlohnung spricht) kommen wird.

Mir geht es um das recht pauschale Reden von „Ausbeutung“ - ungefähr so, als wären die Arbeitsbedingungen bei DPD, Hermes und Konsorten (oder wo auch immer jemand „untergekommen“ ist) besonders komfortabel. Ob es besonders viele Arbeitnehmer sind, die jetzt objektiv bessere Jobs gefunden haben, nachdem sie in den genannten Branchen „abgebaut“ worden sind, mag ich nicht einschätzen.

Schöne Grüße

MM

1 Like

Hartz-IV-Sanktionen: Bundestag beschließt Gesetz – „Wer fleißig ist, ist künftig der Dumme“ (merkur.de)

Servus,

jetzt hab ich mal die Arbeit für Dich gemacht. Den Propagandascheiß, den Du zitierst, kannst Du Dir auf den Abort hängen - bereits die Überschrift verursacht Würgereiz.

Nicht ausgesetzt sind die Sanktionen gem. § 32 SGB II - bis 2023. Ausgesetzt sind die Sanktionen gem. § 31 - 31b SGB II.

So, und jetzt bist Du wieder dran: Deine These, die Aussetzung eines Teils der Sanktionen für die Empfänger von ALG II sei Ursache für den Personalmangel in der Gastronomie und beim Bodenpersonal von Flughäfen impliziert folgendes:

(1) In der Gastronomie und beim Bodenpersonal auf Flughäfen wurden bisher Arbeitskräfte im wesentlichen aus Empfängern von ALG II rekrutiert.
(2) Empfänger von ALG II streben in der Regel keine Beschäftigung an, so dass die Sanktionen gem. §§ 31 - 31b SGB II ein wesentliches und wirksames Mittel sind, sie in Arbeitsverhältnisse zu bringen.

Beides ist falsch und wird auch nicht besser, egal wie heftig man nach einer ordentlichen Stärkung der gequälten Leber den Seidel auf den Tisch knallt.

Und die Zahl der Empfänger von ALG II ist - oh Wunder! - auch in den Jahren 2020 und 2021 weiterhin kontinuierlich zurückgegangen:

Heiße Empfehlung: Lies doch mal ne richtige Zeitung. Es gibt nicht mehr viele davon.

Schöne Grüße

MM

Dieses Thema wurde automatisch 30 Tage nach der letzten Antwort geschlossen. Es sind keine neuen Nachrichten mehr erlaubt.