Wo sind die Krankenkassenbeiträge?

Politik Finanz- & Wirtschaftspolitik
#1

Hallo,

heute habe ich in unserem „Provinzblatt“ gelesen, dass die Bundesregierung mit der Türkei, Kroatien, Mazedonien, Rest-Yugoslawien, Bosnien-Herzogewina und 8 weiteren Ländern vereinbart hat, dass Familienangehörige von in Deutschland lebenden Ausländern kostenfrei bei deutschen Krankenkassen mitversichert sind, auch wenn diese in Ihrem Heimatland leben?!? Während bei uns nur Ehegatten und Kinder zur mitversicherten Familie zählen, gehören in den Balkanländer auch die Eltern dazu, gegebenfalls Zweitfrau samt Kindern. Das bedeutet Millionenbeträge für die deutsche Kassen. Aber bei uns entbrennt eine Diskussion ob ein 85-jähriger ein Hüftgelenk bekommt oder nicht.Da kann man doch nur noch den Kopf schütteln.
Gruß
Helmut

#2

Hi Heli,

nun ja, wenn die Republikaner meinen…(da stammt doch der Text, fast wörtlich, her, oder?)

Tatsache ist, dass es seit 1964(!) genanntes Sozialversicherungsabkommen mit genannten Ländern gibt. Die (aktuelle) Bundesregierung hat mit diesem Thema auch nicht das Geringste zu tun.

Tatsächlich besagt das türkische Sozialrecht, dass auch die Eltern eines Beitragszahlers mitversicher sind, insofern diese unterhaltsbedürftig sind und in der Türkei selbst nicht krankenversichert sind. Für Für andere Länder gilt diese Regelung nicht. Meines Wissens nach ist in keinem der Länder eine „Zweitfrau“ zulässig, das ist pure (dumm-rechte) Polemik.

Tatsache ist auch, dass seitens der Krankenkassen je Versichertenfamilie und Monat 17,70 € an die entsprechenden Empfängerländer überwiesen werden, womit sämtliche Ansprüche abgegolten sind. Und sollten die im Falle der Türkei mitversicherten Eltern nach Deutschland kommen, gilt deutsches Sozialrecht - die Mitversicherung erlischt. Insgesamt werden so pro Jahr ca. 10 Mio. € ausbezahlt - bei einer Gesamtleistungssumme der deutschen Krankenkassen v. ca. 138 Mrd. € pro Jahr nichtmal mehr Peanuts.

Gruß
Feanor

#3

Hallo,

wieder einmal interessant, wie man ein und denselben Sachverhalt unterschiedlich darstellen kann :smile:

Vielen Dank, jedenfalls für die fundierten Informationen.

Ciao
Kaj

#4

Hi Heli,

nun ja, wenn die Republikaner meinen…(da stammt doch der
Text, fast wörtlich, her, oder?)

Hi,

ursprünglich kam der Bericht aus dem Focus und wurde dann weiter übernommen. Wieso wird man eigentlich immer sofort in den „Republikanertopf“ geworfen?

Gruß
Heli

#5

Hi,

weil - der Stuttgarter Zeitung v. 12.08. folgend - das von dir formulierte Posting quasi wörtlich auf einem Flugblatt der BW-Republikaner zu finden ist, dass z.Zt. großflächig verteilt wird. Der Text wird in der Zeitung zitiert.

Bei derart exakten Übereinstimmungen der Formulierung werde ich halt stutzig. In übrigen dachte ich, du hättest das aus eurem Regionalblatt? Jetzt doch der Focus? Ich halte den Focus zwar für nicht wirklich lesenswert, aber derartig schlecht recherchierten Stuss schreiben die normalerweise nicht.

Gruß
Feanor

#6

hallo!

nur als information zum zweiten teil:
der gewinn an lebensqualität für einen/eine 85jährige durch eine
hüftprothese ist sehr sehr gering;
man überlegt sich schon lange (unabhängig von kostenfragen) ob solche
risikoreichen op`s durchgeführt werden sollen.

das risiko bei der op zu sterben oder einen schlaganfall, etc. zu
erleiden ist sehr hoch und steht in keinem verhältnis zum zu
erwartenden ergebnis.
und wenn der patient dann trotz neuer hüfte im rollstuhl sitzt wird
es eben noch teurer und die op hat lebensqualität vernichtet statt
sie zu schaffen.

das nur zur „de-emotionalisierung“ der ganzen vorschläge. (wobei das
aber in politischen diskussionen ja eh unwichtig ist)

tschüss

matthias

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#7

ich halt stutzig. In übrigen dachte ich, du hättest das aus
eurem Regionalblatt? Jetzt doch der Focus? Ich halte den Focus
zwar für nicht wirklich lesenswert, aber derartig schlecht
recherchierten Stuss schreiben die normalerweise nicht.

Hi,

der Artikel ist wirklich, wie ich geschrieben habe, heute direkt aus dem Regionalblatt entnommen. Er wurde aber, soweit ich mich erinnern kann, schon früher, wesentlich detaillierter, aufgrund von Berichten der Rürup Kommission im Focus behandelt. Mal schaun, vielleicht finde ich den Artikel noch.

Aber im Grunde werden doch keine Unwahrheiten verbreitet. Und wenn die 10 Millionen (soweit die Zahl stimmt) Peanuts sind??!! na ja, die Deutsche Bank lässt grüßen.

Gruß
Helmut

#8

Hallo,

Aber im Grunde werden doch keine Unwahrheiten verbreitet. Und
wenn die 10 Millionen (soweit die Zahl stimmt) Peanuts
sind??!! na ja, die Deutsche Bank lässt grüßen.

Peanuts hin oder her: Für 10 Millionen eine Gesetzesänderung zu lancieren und dabei viel Porcellan zu zerschlagen, dürfte sich wohl nicht wirklich rechnen. Da gibt es Stellen, an denen sich mit weniger Aufwand und weniger Ärger größere Beträge einsparen ließe.

Gruß,
Christian

#9

Hi,

der Artikel ist wirklich,

Na gut, lassen wir das. Ist nicht wirklich wichtig.

Aber im Grunde werden doch keine Unwahrheiten verbreitet.

Meines Erachtens ist das Schüren ausländerfeindlicher Vorurteile unterste Schublade.

Und wenn die 10 Millionen (soweit die Zahl stimmt) Peanuts
sind??!! na ja, die Deutsche Bank lässt grüßen.

Wirf mal deinen Taschenrechner an: es geht hier um 0,007% der Gesamtsumme aller ausbezahlten Leistungen eines Jahres aller Krankenkassen. Um wieviel Euro könnten durch die Einsparung dieser Leistung deine KV-Beiträge gesenkt werden? Bei mir geht es um 2 Cent. Wow, das haut rein…

Aber wenn schon, dann fangen wir bitte gleich richtig zu sparen an. Weg mit der Mitversicherung, und zwar für alle. Dann muss ich wenigstens nicht mehr die kostenlose KV anderer Leute Ehepartner und Kinder mitfinanzieren.

Wie Christian schon schrieb: es gibt mit Sicherheit viel Einsparpotential bei den Krankenkassen. Die (Teil-)Schuld für die Misere der Sozialversicherungen auf „böse Ausländer“ abschieben zu wollen, ist schäbig. An der Plünderung der Sozialkassen sind schon zum guten Teil wir selbst (bzw. die Generation vor uns) schuld.

Gruß
Feanor