Wo sind die Mitarbeiter der Stasi geblieben?

Wo sind eigentlich die knapp 90,000 hauptberuflichen Mitarbeiter des MfS und die knapp 200,000 nebenberuflichen IM geblieben? Einige tausend hauptberufliche MfS Mitarbeiter sind ja bei den unterschiedlichsten deutschen Landes- und Bundesbehörden untergekrochen. Die sind sogar bei den Arbeitsämtern. Jedenfalls nach den Namenslisten die so im Web rumschwirren.

Bei der Nazi Gestapo war das ja noch erklärbar. Die sind einfach wieder auf den Mars geflogen, wo sie ursprünglich auch einmal herkamen. Wo ist bitte aber der Rest der Stasi geblieben? Sind die etwa in Rente geschickt worden? Das würde teilweise die desolate Lage der Rentversicherung erklären.

Oder sind die jetzt auch auf dem Mars? Vieleicht kennt ja jemand die Lösung.

cu Felix

Wo sind eigentlich die knapp 90,000 hauptberuflichen
Mitarbeiter des MfS und die knapp 200,000 nebenberuflichen IM
geblieben?

In Bautzen gab es zwei Stasigefängnisse eines davon - mitten in der Stadt gelegen, war zu DDR-Zeiten nicht als solches zu erkennen. Heute ist dieses Gebäude zu einer Gedenkstätte ausgebaut. Es werden Führungen veranstaltet. Bei einer solchen Führung darf offiziell nicht gesagt werden, dass die damaligen Gefängnisswärter heute wieder im Justizvollzug tätig sind. Es darf auch nicht gesagt werden, dass einer der Ärzte, der für die Gefangenen zuständig war und offensichtlich ziemlich schikanös war, heute noch praktizieren darf.

Gruß
Stefan

Wo sind eigentlich die knapp 90,000 hauptberuflichen
Mitarbeiter des MfS und die knapp 200,000 nebenberuflichen IM
geblieben? Einige tausend hauptberufliche MfS Mitarbeiter sind
ja bei den unterschiedlichsten deutschen Landes- und
Bundesbehörden untergekrochen. Die sind sogar bei den
Arbeitsämtern. Jedenfalls nach den Namenslisten die so im Web
rumschwirren.

Also, mich wundert Deine Frage: Natürlich gibt’s die noch überall in der Gesellschaft. Und sie arbeiten ganz normal, hatten doch schliesslich gute berufliche Fähigkeiten (ha, ha)! Die können sich schliesslich nicht alle in Luft auflösen! Die Nazi-Mitarbeiter sind doch auch alle untergekommen. Es gibt hinreichend viele und berühmte Beispiele: Globke, Marinerichter, Pastoren (siehe DIE ZEIT-Artikel vor einigen Monaten), … nein - lieber keine weiteren Namen - die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Adenauer hat mal gesagt, „man könne nicht ein ganzes Volk vom weiteren Leben ausschliessen“ (sinngemäß). Übrigens gab’s auch in der so genannten antifaschistischen DDR alte Nazis!

Sind die etwa in Rente geschickt worden?

Ganz sicher zum (großen?) Teil! Waren doch viele Beamte dabei.
Um wieder auf die Nazis zu kommen: Die Witwe von Roland Freissler, dem berühmt-berüchtigten Chef des Volksgerichtshofs, hat bis vor kurzem Rente bekommen! Wir haben eben keine Sippenhaftung mehr! Vielleicht hat sie ja auch mäßigend auf ihren Mann eingewirkt …
Gruss, Stucki

Hallo Stucki,

es dreht sich nicht um eine moralische Be- oder Aburteilung. „Die Unfähigkeit zu trauern“ der Deutschen und ganz allgemein der Menschen ist mir nicht fremd. Die deutsche Geschichte ist mir auch bekannt.

Konkretes Beispiel: Ich habe eine Liste von ehemaligen Stasi Juristen gelesen. Tolles Ding. Alles drauf mit Datum und Titel der „Promotion“, Dienstgrad, und Geburtsdatum.

Ausschnitt:

Zur wirtschaftlichen Störtätigkeit des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems Westdeutschlands gegen die führenden Industriezweige der DDR.
Autor Werner G., Oberst, Einheit HA Kader / Schulung.

Die verbrecherischen Grenzüberschreitungen Jugendlicher und Heranwachsender in ihren Erscheinungsformen sowie in ihrer sozialen und psychischen Determiniertheit.
Autor Walter S., Oberstleutnant, Einheit JHS.

Man stelle es sich vor, dieser Dr. Walter S. wäre jetzt an einer Jugendstrafkammer beschäftigt. Was keinesfall unmöglich wäre. Seine Promotion zeigt, er kennt sich aus mit Jugendlichen.

Mit Absicht habe ich die Nachnahmen nicht erwähnt. Obwohl, wenn ich diese Titel so lese, bekomme ich einen ganz „dicken“ Hals vor Wut. Vieleicht schreibe ich mal ne HP wo dann die ganze Liste drauf ist.

Egal. Da sind ca. viertausend Namen (auch Frauen) drauf. Diese Menge von „praktizierenden“ Juristen gab es wohl in der ganzen DDR nicht. Als Änwälte haben sich im jetzigen „Grossdeutschland“ ungefähr sechzig Juristen niedergelassen. Lt. Auskunft von befreundeten Juristen. Einer arbeitet bei der Hamburger U-Bahn als Reinigungskraft. Der brachte mich erst auf die Idee. Wo ist aber der Rest geblieben? Ich bin halt neugierig.

cu felix

Für wesentlich interessanter halte ich die Frage, wieso eigentlich die Debatte sich nur um die IMs dreht und niemand fragt nach (a) den offiziellen Stasi-Mitarbeitern im Osten und (b) dem Stasi-Spitzeln im Westen???
Wieso kümmert sich die Regierung eigentlich nicht um die Beschaffung der Klarnamen-Datei der West-Spitzel des MfS von der CIA (die sie bekanntlich vom KGB erworben hat, wohin sie ein hoher Funktionär des MfS scheinbar gerettet hatte)???
Nach Angaben der Gauck-Behörde waren an einer einzigen westdeutschen Uni 90 Mitarbeiter des Mfs tätig, darunter 9 Professoren - soviel weiss man durch die aufgefundenen Decknamen-Dateien. Mit Hilfe der Klarnamen-Datei könnte man herausfinden, wer das war. Und: Man könnte auch endlich herausfinden, wer im SPD-Präsidium jahrelang für das MfS spioniert hat (die Berichte über die Präsidiumssitzungen waren nämlich in Ost-Berlin schneller bekannt als im Westen an die Unterbezirke verbreitet).
Mein Tip: Oskar Lafontaine. Als die Amis genug von dem selbsternannten Wirtschaftsexperten mit „Ansichten wie aus einer Kolchose“ [so der damalige US-Wirtschaftsminister über Lafontaine] hatten dürfte ein kleiner dezenter Hinweis genügt haben, um Lafontaine, bekanntlich zeitlebens ein großer Freund der DDR, aus dem Amt zu kippen.
Das einseitige Rumhacken auf den Ost-MfSlern vertieft die deutsche Spaltung und gibt den „Ossis“ das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein!
frank

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Wieso kümmert sich die Regierung eigentlich nicht um die
Beschaffung der Klarnamen-Datei der West-Spitzel des MfS von
der CIA … ?

Welche Regierung? Die jetzige oder die unter Kohl? Natürlich waren acht Jahre zu wenig, das Problem anzugehen oder gar zu lösen … Oder gab’s da auch für die CDU/CSU Probleme, die man doch lieber „aussitzen“ wollte?

Natürlich hast Du recht! Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das alles viel einfacher ist, als die Meisten es sich vorstellen. Die Leute sind noch da und die meisten arbeiten ganz normal - Punkt, aus, Feierabend! Einige auch, die 'nen Haufen Dreck an den Füßen haben. Auch ich kriege da einen „dicken Hals“. Was die Juristen dabei angeht, sage ich nichts dazu …
Manchmal meine ich, da sollte man wirklich mal groß aufräumen. Dann denke ich aber, was das für eine Stimmung in der Gesellschaft erzeugen würde. Die Ossi-Wessi-Spannungen würden noch um ein Vielfaches steigen! Nach dem Ende der Franco-Diktatur in Spanien hat man meines Wissens hauptsächlich aus diesem Grund vom „großen Aufräumen“ abgesehen.
Gruss, Stucki

Keine Ahnung, ich kenne ja keine.

Aber einige Vermutungen habe ich doch dazu:
Zumindest die höheren Dienstgrade dürfen mittlerweile im Rentenalter sein und Rente beziehen. Schließlich ist das Ganze nun schon wieder 10 Jahre her. Ein Teil, daß sind die, die damals 40 - 50 waren, ist arbeitslos oder in ABM. Wer heute über 50 ist und im Osten wohnt, gilt als schwervermittelbar, wenn er nicht gerade einen sehr gefragten Beruf hat.

Sehr viele ehemalige Staatsangestellte (Beamte gab es in der DDR nicht) und sicher auch Stasileute sind nach der Wende Versicherungsvertreter, Inmobilienmakler oder ähnliches geworden. Versicherungen, Bausparkassen, Vertriebsorganisationen und alle, die Vertreter für irgend etwas brauchen nehmen ja so ziemlich jeden, der lesen und kann. Zumindest das konnten die Leute von er Stasi ja fließend.

Ein paar, die wirklich über fundierte Studienabschlüsse oder Fachkenntnisse verfügten (waren ja nicht alles Idioten, sonst hätten sie nicht so lange ein ganzes Volk in Schach halten können) sind bei reno,ierten Unternehmen untergekommen. Die private Wirtschaft hat nicht überprüft, wo die Leute herkamen.

Einige wenige Wendehälse sind einfach im Dienst geblieben. Sie galten als Spezialisten und gehorchen heute genau so brav ihren Weisungen wie früher. Denken war ja nicht angesagt, sondern Befehle ausführen. Das im heutigen Beamtenapperat auch nicht anders, wer brav gehorcht, wird befördert.

Und nicht zuletzt hat die wirklichen Spitzenkönner und Insider der BND oder der CIA abgeschöpft und sicher auch wohl behütet. Die Spitzenleute wußten schlichtweg zu viel, um sie frei rum laufen zu lassen.

Im Übrigen: Die Masse der Stasileute waren relativ harmlos. Sie haben ihren Weisungen gehorcht und sind durch nichts aufgefallen. Ihre Arbeit war gesetzlich genauso gedeckt, wie heute die Arbeit anderer Dienste. Insofern finde ich es hirnrissig, wenn der Hausmann beim MfS bestraft werden soll, während z.B die Parteifunktionäre bis zur Bezirksleitung hin oder Mitarbeiter Inneres der ehemaligen Räte der Kreise und Bezirke straffrei bleiben. Dabei saßen die Schreibtischtäter dort. Die Kreis- oder Bezirksleitung der Partei hat gefordert und die Mitarbeiter der Stasi sind gelaufen. Die waren viel zu feige, etwas ohne Befehl zu tun.

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