Wo spricht man in Deutschland heute noch reines Hochdeutsch?

Servus,

das ist mit Verlaub ein großer Unsinn.

Selbstverständlich ist Mönsterlänner Platt ein Dialekt, und selbstverständlich erkennt man nicht nur den Klang, sondern auch Vokabular und Grammatik dieses Dialekts, wenn ein Münsterländer Standarddeutsch spricht - was im ganzen niederdeutschen Sprachraum verbreiteter versucht wird, weil die angestammten lokalen Dialekte dort eine schlechte Reputation als „Dienstbotensprache“ haben oder hatten.

Eine Hochburg der hochdeutschen Sprache gibt es im niederdeutschen Sprachraum nicht, weil die hochdeutschen Dialekte die mittel- und oberdeutschen sind.

Die viel behauptete Hochburg des Standarddeutschen in Hannover ist eine pure Erfindung, wie Dir leicht auffallen wird, wenn Du mal hinfährst und hinhörst. Richtig ist allerdings, dass das lokale Platt in Hannover besonders eifrig auszumerzen versucht wurde, weil die Hohenzollern nach der Annexion des Königreichs Hannover daran interessiert waren, schnell vergessen zu lassen, dass es bis 1866 noch ein Königreich der Welfen gegeben hatte, gegen die das Haus Hohenzollern aus Parvenüs bestand.

Schöne Grüße

MM

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Habs vor kurzem gehört. Würde mich interresieren, ob das überhaupt noch gesprochen wird

Servus,

wie das hannöversche Platt gesprochen wurde, bevor seine bereits von städtischem Bürgertum und Verwaltungsbeamten dezimierten Reste von den siegreichen Preußen vollends ausgerottet wurden, kann man bereits in Langenhagen, spätestens aber in Fuhrberg hören. Im heutigen hannöverschen Standarddeutsch sind Reste des angestammten Platt u.a. am getrennt gesprochenen s-t auch im Anlaut, an der Aussprache der Diphtonge ei und eu und an dem vokalischen „r“ im Ablaut ("Beag für Berg, Zweag für Zwerg, Möan für Möhren, höan für hören) zu erkennen.

Das klôre ô der braunschweiger Klinterklöter hab ich auch entlang der Weender Straße und der Oberen Karspüle vernommen, auch wenn Göttingen selber wegen der akademischen Zuwanderung kaum mehr von Chöttinger Szültenbürgern bewohnt wird. Auch dort sind die Grenzen der Dialekte nicht strikt, und dort am Rand des Niederdeutschen zu den hochdeutschen Dialekten gibt es schon viele Ähnlichkeiten zum Westthüringischen, das über die Lutherbibel wesentliches zur Einheitssprache beitrug.

Die Überzeugung, selbst keinen Dialekt zu sprechen, ist beläufig typisch für den niederdeutschen Sprachraum, wo vor allem vor ihrer folkoloristischen Renaissance ab den 1980er Jahren Platt und Missingsch als Knechts- und Dienstbotensprachen verpönt waren, so dass jeder, der etwas auf sich hielt, gut daran tat, zu glauben, er spräche „ohne Dialekt“.

Unter uns Göttinger Studentlein, von denen wegen der zentralen Lage der Stadt oft jeder an einer Tischrunde aus irgendeiner andren Ecke Deutschlands stammte, waren deutsche Dialekte ein häufiges Gesprächsthema. Sehr gerne erinnere ich mich daran (ich habe es noch im Ohr), wie die stolze Tochter eines Kuhfürsten aus dem Wangerland sprach: „Asso ik finde dat sköjn, dat man bai uns nech höat wo wia wechkomm!“

In diesem Sinne

MM

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Hallo,
die Hochburg der hochdeutschen Sprache ist soweit ich weiß Hannover. Wir im Münsterland reden aber auch ohne Dialekt und haben wie ich finde so gut wie keine „komischen“ Wörter :smiley:

Isch find Dialekt is was Scheenes, isch wollt isch hett aa oaner. :slight_smile:

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Servus,

wie kommst Du auf die mit Verlaub bizarre Idee, irgendwann in der Vergangenheit sei verbreitet Hochdeutsch (im landläufigen Sinn) gesprochen worden?

Hochdeutsch im Sinn von Standarddeutsch wurde und wird nirgendwo in Deutschland außerhalb von Bühne und Radio gesprochen.

Hochdeutsch im sprachwissenschaftlichen Sinn wird in gut 2/3 des deutschen Sprachraums gesprochen, nämlich überall südlich der Benrather Linie („maken / machen“).

Schöne Grüße

MM

Hallo!

Das ist ganz sicher ein Märchen. Man kann nach wenigen Sätzen sogar unterscheiden, ob jemand aus der Bocholder Gegend oder eher aus Ibbenbüren kommt. Nach Jahren mit einer aus Coesfeld stammenden lieben Freundin ist die Sprachmelodie eingebrannt und unverkennbar. Für Münsterländer gilt wie für Menschen aus Ba-Wü: Wir können alles. Außer Hochdeutsch.

Aber was ist überhaupt Hochdeutsch? Reines Schriftdeutsch ohne Färbung wird m. W. nirgends gesprochen. Bestimmt melden sich gleich noch Leute aus Frankfurt, Dresden, Berlin und Hamburg mit der Überzeugung, man könne ihre Herkunft an der Sprache nicht erkennen.

Gruß
Wolfgang

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Moin!

Das ist so leider nicht richtig. Im südniedersächsischen Raum um Göttingen herum wird tatsächlich kein Dialekt gesprochen. Das kann ich so sagen, weil ich in dieser Gegend aufgewachsen bin und leider keine Ahnung habe, wie es ist, wenn man einen Dialekt sprechen kann - was ich sehr bedaure.

Hannöversch ist kein ausgeprägter Dialekt, hat aber saane besonneren Züge.

Gruß, Fo

„Reines Hochdeutsch“ ist ein Konstrukt, keine natürlich gewachsene Sprache. Die Mundarten/Dialekte sind die gesprochenen Sprachen, auf das Hochdeutsche hat man sich nach langen Prozessen geeinigt. Jacob und Wilhelm Grmm waren daran maßgeblich mit ihrer Arbeit an einem Wörterbuch beteiligt! Es ist ein Ideal das zur Völkerverständigung zur zur verinhetlich führen sollte.

LG

ja, did sag ick och imma. :smile: