Hallo.
Nachdem der Dominikanerpater Lorini 1615 Galilei bei der römischen Inquisition angezeigt hatte, fällte diese am am 24.2.1616 folgendes Urteil über zwei von Galilei vertretene Thesen:
„In betreff des ersten Satzes: ‚Die Sonne ist im Zentrum der Welt und gänzlich unbeweglich in örtlicher Bewegung’ erklären sie alle [die Qualifikatoren der Inquisition], diese Behauptung sei töricht und absurd in der Philosophie und formell ketzerisch, insofern sie den Äußerungen der Heiligen Schrift an vielen Stellen nach dem Wortlaut und nach der übereinstimmenden Auslegung und Auffassung der heiligen Väter und der theologischen Doktoren ausdrücklich widerspricht. In betreff des zweiten Satzes: ‚Die Erde ist nicht Zentrum der Welt und nicht unbeweglich, sondern bewegt sich in bezug auf sich selbst auch in täglicher Bewegung’ erklären alle: für die Behauptung gelte dieselbe Zensur in der Philosophie und was die theologische Wahrheit betrifft, so sei sie zum mindesten irrtümlich im Glauben“
(vgl. E. Wohlwill, Galilei und sein Kampf für die copernicanische Lehre, Leipzig 1909 - Anmerkungung von mir)
Die „Äußerungen der Heiligen Schrift an vielen Stellen“ wurden also nicht im Einzelnen angegeben. In Frage kämen:
2Kön 20,8-11
„Jesaja sprach: Dies Zeichen wirst du vom HERRN haben, daß der HERR tun wird, was er zugesagt hat: Soll der Schatten an der Sonnenuhr zehn Striche vorwärts gehen oder zehn Striche zurückgehen? Hiskia sprach: Es ist leicht, daß der Schatten zehn Striche vorwärts gehe. Das will ich nicht, sondern daß er zehn Striche zurückgehe. Da rief der Prophet Jesaja den HERRN an, und der Herr ließ den Schatten an der Sonnenuhr des Ahas zehn Striche zurückgehen, die er vorwärts gegangen war.“
(vgl. auch 2 Chron 32,24 und 31)
Habakuk 3,10f
„… die Berge sahen dich, und ihnen ward bange. Der Wasserstrom fuhr dahin, die Tiefe ließ sich hören. Ihren Aufgang vergaß die Sonne, und der Mond stand still; beim Glänzen deiner Pfeile verblassen sie, beim Leuchten deines blitzenden Speeres“
Koh 1,4f
„Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt; die Erde aber bleibt immer bestehen. Die Sonne geht auf und geht unter und läuft an ihren Ort, daß sie dort wieder aufgehe.“
(Bibelzitate nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984)
… und natürlich die von Fritz schon genannte Stelle Josua 10,12f. Vor allem diese Stelle galt als biblisches „Argument“ gegen das kopernikanische System. So war Kepler bereits 1609 (in seiner Astronomia Nova) darauf eingegangen:
„Gott hat aber aus den Worten Josuas leicht verstanden, was er wollte, und gewährte ihm seine Bitte, indem er die Bewegung der Erde anhielt, so dass es Josua schien, die Sonne stehe still.“
Nun - das nennt man auf einen Schelm anderthalben setzen … 
Freundliche Grüße,
Ralf