Wo wurde bei politischen Reden im 3.Reich gelogen?

Hallo Leute,

Ich muss nächste Woche ein Vortrag über ,Demagogie, politische Reden im 3.Reich’’ halten.
Dazu möchte ich die Sportpalastrede im Jahre 1943 von Goebbels und eine weitere von Hitler (weiß noch nicht welche) analysieren. Es ist mir bekannt, dass es ein inhaltliches Merkmal der Sportpalastrede war, das Publikum bewusst anzulügen. An welchen Stellen genau gelogen wurden weiß ich jedoch nicht. Deswegen wollte ich euch nun um Rat fragen, wo denn genau Goebbels (wenn möglich auch Hitler) gelogen hatte.

Vielen Dank schon mal im Voraus =).
Viele Grüße, Andi.

Hallo Leut
Andy, auch im Geschichtsbrett werden keine Hausaufgaben gemacht.
Um das von dir genannte Ziel zu erreichen, muss man sich die ganze Rede anhören, die Behauptungen notieren und mit der historischen Warheit vergleichen.
Ich glaube nicht, dass du das von uns erledigen lassen willst?!
Also, dein Vorgehen ist schon ganz schön dreist.

Rochus

Lies die Rede selber.

Hallo!

Einer der berühmtesten Lügner des Dritten Reichs war der Reichsjägermeister Hermann Meier.

Michael

PS: Wenn Du meinen Witz verstanden hast, hast Du auch wieder etwas gelernt. Ich meine das ernst.

„Wenn auch nur ein feindliches Flugzeug unser Reichsgebiet überfliegt, will ich Meier heißen!“ …Danke erstmal für deine Hilfe, aber witzig war das nicht wirklich…

Hallo,

ich fände es schwieriger, Stellen zu finden, wo im 3.Reich NICHT gelogen wurde.

Gruß
Lawrence

ich fände es schwieriger, Stellen zu finden, wo im 3.Reich
NICHT gelogen wurde.

Ich finde es am schwierigsten, zu definieren, was eine Lüge ist.

Wenn Goebbels den Leuten Anfang 1943 den Endsieg verspricht, ist das aus heutiger Sicht ein nicht gehaltenes Versprechen. Aber war es zu dem Zeitpunkt, als Goebbels es aussprach, eine Lüge? Oder einfach nur die Fehleinschätzung eines militärischen Laien - wenn auch eine zu den Propagandazwecken passende?

Gruß
smalbop

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Demagogie ist nicht nur Lüge
Hallo Andi,

Ich muss nächste Woche ein Vortrag über ,Demagogie,
politische Reden im 3.Reich’’ halten.

Im Gegensatz (oder Erweiterung) zu deiner Anfrage „wo wurde gelogen?“, solltest Du bedenken, daß Demagogie nicht einfach nur heisst, jemand lügt. Demagogie ist ja ein viel weiterer Begriff. Ohne sich jetzt über jedes Detail streiten zu wollen, aber diese Definition von Martin Morlock trifft es ganz gut:
„Demagogie betreibt, wer bei günstiger Gelegenheit öffentlich für ein politisches Ziel wirbt, indem er der Masse schmeichelt, an ihre Gefühle, Instinkte und Vorurteile appelliert, ferner sich der Hetze und Lüge schuldig macht, Wahres übertrieben oder grob vereinfacht darstellt, die Sache, die er durchsetzen will, für die Sache aller Gutgesinnten ausgibt, und die Art und Weise, wie er sie durchsetzt oder durchzusetzen vorschlägt, als die einzig mögliche hinstellt.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Demagogie
Wenn Du denn Rest schon bedacht und untersucht hast, ist es ja gut, aber Demagogie nur auf Lüge reduzieren, scheint mir zu wenig zu sein.

Viele Grüße
Marvin

Hallo

Aber war es zu dem Zeitpunkt, als Goebbels es aussprach, eine Lüge?

Ich glaube irgendwie ja. Ich bin mittlerweile ziemlich überzeugt davon, dass die schon sehr lange vor Kriegsende (ca. seit Stalingrad) wussten, dass es mit ihrem Endsieg nicht unbedingt klappen wird, und dass sie aber weitergemacht haben, weil sie persönlich im Falle eines verlorenen Krieges oder Kapitulation nichts zu verlieren hatten. Es war eh klar, dass sie sich dann umbringen. Und der Rest der Nation war ihnen halt nicht ganz so wichtig.

Viele Grüße

Aber war es zu dem Zeitpunkt, als Goebbels es aussprach, eine Lüge?

Ich glaube irgendwie ja. Ich bin mittlerweile ziemlich
überzeugt davon, dass die schon sehr lange vor Kriegsende (ca.
seit Stalingrad)

Die Goebbels-Rede im Sportpalast war praktisch direkt nach der Schlacht von Stalingrad. Und Stalingrad mag eine schwere Niederlage gewesen sein, kriegsentscheidend war sie nicht, da kamen später noch schlimmere. Sie war aber das erste deutlich sichtbare Ergebnis eines strategischen Problems in der deutschen Kriegsführung. Von daher war vermutlich keinem „wesentlich vorher“ klar, dass der Krieg schlecht ausgehen würde. Ob Goebbels das damals auch klar war, sei dahingestellt. Seine Zuhörer jedenfalls waren von seinen Versprechungen begeistert, und ich kann es ihnen nicht mal verdenken. Russland hatte man schon im ersten Weltkrieg mit einer vergleichsweise schwachen Ostarmee im Griff gehabt, das ist heute weitgehend durch die spätere Niederlage im Westen und noch mehr durch den völligen Zusammenbruch 1945 aus dem deutschen Bewusstsein verdrängt, war aber damals vielen „Volksgenossen“ durchaus präsent.

Gruß
smalbop

Hallo

Und Stalingrad mag eine schwere Niederlage gewesen sein, kriegsentscheidend war sie nicht, da kamen später noch schlimmere.

Ich bin überhaupt kein Militärexperte, ich habe aber schon öfters gelesen, dass diese Niederlage wohl ziemlich kriegsentscheidend war, auch wenn es später noch schlimmere gab. Jedenfalls habe ich schon mal die Äußerung irgendeines Historikers vernommen, dass bei Hitler möglicherweise damals der Glaube an den Endsieg brüchig wurde.

Sie war aber das erste deutlich sichtbare Ergebnis eines strategischen Problems in der deutschen Kriegsführung. Von daher war vermutlich keinem „wesentlich vorher“ klar, dass der Krieg schlecht ausgehen würde.

Erstens habe ich nicht geschrieben, dass ihnen klar war, dass der krieg schlecht ausgehen, sondern dass es mit ihrem Endsieg nicht unbedingt klappen wird. Damit meinte ich, dass damals vielleicht erste Zweifel aufkamen.

Zweitens meinte ich mit „wesentlich vorher“ nicht unbedingt genau diesen Zeitpunkt. Wann dieser Zeitpunkt war, das ist ja auch egal (ok, für den UP nicht), zumal man das ja sowieso nicht feststellen kann, aber irgendwann bis Mai 45 müssen ja wohl bei dem einen oder anderen im Führerbunker diese Zweifel aufgekommen sein.

Sie sind aber von offizieller Seite meines Wissens niemals geäußert worden. Erst kurz vor seinem Selbstmord hat Hitler doch gesagt, dass der Krieg verloren sei (ich weiß das aus dem Film, aber ich denke, dass das durch seine ehem. Sekretärin verbürgt ist). Und dass ihm, Himmler und Goebbels dieser Gedanke wirklich erst dann gekommen ist, das scheint ja nun nicht gerade sehr wahrscheinlich. - Also, gelogen hinsichtlich des Endsieges haben sie auf jeden Fall, es fragt sich nur, wann das anfing.

Russland hatte man schon im ersten Weltkrieg mit einer vergleichsweise schwachen Ostarmee im Griff gehabt

Nach meinem Wissen ist Russland (d. h. Lenin) sehr früh aus dem Krieg ausgeschieden, wobei es die Vermutung gibt, dass es einen Handel zwischen Deutschland und Lenin gab.
Stimmt das nicht? Oder meinst du eine Zeit vor dem Ausscheiden Russlands aus dem Krieg?

Viele Grüße

Hallo

Und Stalingrad mag eine schwere Niederlage gewesen sein, kriegsentscheidend war sie nicht, da kamen später noch schlimmere.

Ich bin überhaupt kein Militärexperte, ich habe aber schon
öfters gelesen, dass diese Niederlage wohl ziemlich
kriegsentscheidend war, auch wenn es später noch schlimmere
gab. Jedenfalls habe ich schon mal die Äußerung irgendeines
Historikers vernommen, dass bei Hitler möglicherweise damals
der Glaube an den Endsieg brüchig wurde.

Und ich habe die sehr schlüssig begründete Äußerung von Sebastian Haffner im Ohr, dass Hitler den Krieg schon im Herbst 1941 für verloren hielt. Und trotzdem hätte Hitler noch 1943 einen Waffenstillstand zu Vorkriegsbedingungen von Stalin haben können, wenn er gewollt hätte. Denn die Russen hatten auch keine Lust, nochmal zehn Millionen Soldaten zu verlieren, und eine die sowjetischen Kriegsanstrengungen unterstützende Invasion der Westalliierten war nach der katastrophal gescheiterten Operation Jubilee in weite Ferne gerückt.

Aber es geht hier ja nicht um das, was Hitler insgeheim glaubte, sondern um das, was Goebbels glaubte.

Sie war aber das erste deutlich sichtbare Ergebnis eines strategischen Problems in der deutschen Kriegsführung. Von daher war vermutlich keinem „wesentlich vorher“ klar, dass der Krieg schlecht ausgehen würde.

Erstens habe ich nicht geschrieben, dass ihnen klar war, dass
der krieg schlecht ausgehen, sondern dass es mit ihrem Endsieg
nicht unbedingt klappen wird. Damit meinte ich, dass damals
vielleicht erste Zweifel aufkamen.

Zweifel sind noch kein Grund, jemanden der Lüge zu zeihen, wenn er trotzdem seinen Willen zum Ausdruck bringt, dass man das Glück erzwingen soll und die Zuhörer mitzureißen versucht. Goebbels hat in seiner Sportpalastrede jedenfalls ausdrücklich betont, dass er die militärische Lage Deutschlands für ernst hält.

Zweitens meinte ich mit „wesentlich vorher“ nicht unbedingt
genau diesen Zeitpunkt. Wann dieser Zeitpunkt war, das ist ja
auch egal (ok, für den UP nicht), zumal man das ja sowieso
nicht feststellen kann, aber irgendwann bis Mai 45 müssen ja
wohl bei dem einen oder anderen im Führerbunker diese Zweifel
aufgekommen sein.

Was wäre denn die Konsequenz gewesen für den einen oder anderen im Führerbunker, wenn er sich dieser Einsicht gestellt hätte? Von Hitler und Goebbels wissen wir es. Ihre Einsicht kam allerdings entweder sehr spät (Goebbels) oder sie weigerten sich, die persönlichen Konsequenzen früher zu ziehen (Hitler).

Sie sind aber von offizieller Seite meines Wissens niemals
geäußert worden. Erst kurz vor seinem Selbstmord hat Hitler
doch gesagt, dass der Krieg verloren sei (ich weiß das aus dem
Film, aber ich denke, dass das durch seine ehem. Sekretärin
verbürgt ist). Und dass ihm, Himmler und Goebbels dieser
Gedanke wirklich erst dann gekommen ist, das scheint ja nun
nicht gerade sehr wahrscheinlich. - Also, gelogen
hinsichtlich des Endsieges haben sie auf jeden Fall, es fragt
sich nur, wann das anfing.

Es gab angesichts des Technologievorsprungs der Deutschen bei der Entwicklung konventioneller Waffen die durchaus nicht unbegründete Hoffnung („Wunderwaffenglaube“) vieler, dass man den Alliierten wenn schon nicht an Zahl und Material, so doch an Qualität hinreichend überlegen sein würde. Mit deutschen Entwicklungen wie Mittelstreckenraketen, Düsenantrieben, akustischen Torpedos, Sturmgewehren wäre, richtig (und vor allem rechtzeitig) eingesetzt, ein günstigerer Kriegsverlauf durchaus in Reichweite gewesen. (Von der den Amerikanern erst durch aus Deutschland emigrierte Wissenschaftler entwickelten Atombombe wollen wir nicht reden.)

Russland hatte man schon im ersten Weltkrieg mit einer vergleichsweise schwachen Ostarmee im Griff gehabt

Nach meinem Wissen ist Russland (d. h. Lenin) sehr früh aus
dem Krieg ausgeschieden, wobei es die Vermutung gibt, dass es
einen Handel zwischen Deutschland und Lenin gab.
Stimmt das nicht? Oder meinst du eine Zeit vor dem Ausscheiden
Russlands aus dem Krieg?

Zunächst bildete sich in Russland nach der Revolution im Februar 1917 eine bürgerliche Regierung, die den Krieg weiterführte. Nach der Novemberrevolution wollte Lenin Frieden erreichen und die deutschen Friedensbedingungen umschiffen, indem er einfach ignorierte, dass noch Krieg geführt wurde. Netter Versuch, würde man heute dazu sagen. Daraufhin marschierten die Deutschen nämlich fast so weit nach Osten wie auch 1941, so dass Sowjetrussland sich schließlich auf den Diktatfrieden von Brest-Litowsk einlassen musste. (Die deutsche Besetzung der Ukraine, des Baltikums und Weißrusslands war übrigens ein Grund für die deutsche Niederlage im Westen, wo diese Truppen damals die Entscheidung hätten bringen können.)

Gruß
smalbop

Hallo

Aber es geht hier ja nicht um das, was Hitler insgeheim glaubte, sondern um das, was Goebbels glaubte.

Ob die sich nicht mal ausgetauscht haben?
Goebbels hat ja ausführlich Tagebücher geschrieben, da müsste man es eigentlich nachlesen können …

Zweifel sind noch kein Grund, jemanden der Lüge zu zeihen, wenn er trotzdem seinen Willen zum Ausdruck bringt, dass man das Glück erzwingen soll und die Zuhörer mitzureißen versucht.

Jetzt habe ich nur wegen dir doch diese Rede (auszugsweise) und den Wikipedia-Artikel dazu gelesen. :smile:

Ich habe eher den Ausdruck, dass Goebbels versucht, den Zuhörern einzureden, dass der Krieg praktisch unverlierbar sei, wenn sie nur fest genug an den Endsieg glauben und sich zu 100 % für den Krieg einsetzen.

Der Wiki-Artikel vertritt übrigens die Ansicht, dass Goebbels zu dem Zeitpunkt eher nicht mehr an den Endsieg glaubt, und beruft sich dabei auf diesen Spiegel-Artikel: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46209381.html
Allerdings steht da leider nicht drin, woher sie ihre Erkenntnisse darüber haben, was Goebbels hinterher im privaten Kreis gesagt haben soll.

aber irgendwann bis Mai 45 müssen ja wohl bei dem einen oder anderen im Führerbunker diese Zweifel aufgekommen sein.

Was wäre denn die Konsequenz gewesen für den einen oder anderen im Führerbunker, wenn er sich dieser Einsicht gestellt hätte? Von Hitler und Goebbels wissen wir es. Ihre Einsicht kam allerdings entweder sehr spät (Goebbels) oder sie weigerten sich, die persönlichen Konsequenzen früher zu ziehen (Hitler).

Mit denen im Führerbunker meinte ich eigentlich in erster Linie Hitler, die anderen hatten ja vermutlich keine Möglichkeit, den Krieg vorher zu beenden.

Na ja, und die Konsequenz als nationalistischer Führer hätte natürlich ein wesentlich frühere Kapitulation oder noch früher vielleicht ein Friedensvertrag o.ä. sein müssen, jedenfalls, wenn man voraussetzt, dass ein Nationalist das tut, was der Nation am nützlichsten ist, und nicht seine ganze Nation verheizt, nur um noch ein bis vier Jahre länger seine persönliche Untergangsparty feiern zu können.

Viele Grüße

Hallo

Aber es geht hier ja nicht um das, was Hitler insgeheim glaubte, sondern um das, was Goebbels glaubte.

Ob die sich nicht mal ausgetauscht haben?

Mit Sicherheit, aber fraglich ist schon, ob Hitler dabei wesentlich vor 1945 Klartext geredet hat. Und was Goebbels davon glaubte bzw. ebenfalls meinte, steht nochmal auf einem anderen Blatt.

Zweifel sind noch kein Grund, jemanden der Lüge zu zeihen, wenn er trotzdem seinen Willen zum Ausdruck bringt, dass man das Glück erzwingen soll und die Zuhörer mitzureißen versucht.

Jetzt habe ich nur wegen dir doch diese Rede (auszugsweise)
und den Wikipedia-Artikel dazu gelesen. :smile:

Ich habe eher den Ausdruck, dass Goebbels versucht, den
Zuhörern einzureden, dass der Krieg praktisch unverlierbar
sei, wenn sie nur fest genug an den Endsieg glauben und sich
zu 100 % für den Krieg einsetzen.

Aber das ist bis dahin ja auch nichts anderes, als was jeder Agitator jedes kriegführenden Landes der Bevölkerung zu suggerieren versucht. Und die Statistik lehrt, dass 50 % aller Kriegsagitatoren mit ihren Prognosen recht behalten, nämlich die, die auf der Seite der späteren Sieger tätig sind.

Der Wiki-Artikel vertritt übrigens die Ansicht, dass Goebbels
zu dem Zeitpunkt eher nicht mehr an den Endsieg glaubt, und
beruft sich dabei auf diesen Spiegel-Artikel:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46209381.html
Allerdings steht da leider nicht drin, woher sie ihre
Erkenntnisse darüber haben, was Goebbels hinterher im privaten
Kreis gesagt haben soll.

Er hat sich ja nicht über den Wahrheitsgehalt seiner eigenen Rede negativ geäußert, sondern sich über die beliebige Beeinflussbarkeit der Masse belustigt. Hätte Goebbels an dem Tag begründet, warum der Krieg sofort beendet werden muss, hätten sie genauso laut gejubelt. Das war es wohl, was er meinte.

aber irgendwann bis Mai 45 müssen ja wohl bei dem einen oder anderen im Führerbunker diese Zweifel aufgekommen sein.

Was wäre denn die Konsequenz gewesen für den einen oder anderen im Führerbunker, wenn er sich dieser Einsicht gestellt hätte? Von Hitler und Goebbels wissen wir es. Ihre Einsicht kam allerdings entweder sehr spät (Goebbels) oder sie weigerten sich, die persönlichen Konsequenzen früher zu ziehen (Hitler).

Mit denen im Führerbunker meinte ich eigentlich in erster
Linie Hitler, die anderen hatten ja vermutlich keine
Möglichkeit, den Krieg vorher zu beenden.

Na ja, und die Konsequenz als nationalistischer Führer hätte
natürlich ein wesentlich frühere Kapitulation oder noch früher
vielleicht ein Friedensvertrag o.ä. sein müssen, jedenfalls,
wenn man voraussetzt, dass ein Nationalist das tut, was der
Nation am nützlichsten ist, und nicht seine ganze Nation
verheizt, nur um noch ein bis vier Jahre länger seine
persönliche Untergangsparty feiern zu können.

Die politische Überzeugung von Adolf Hitler ist nicht sauber schubladisierbar, dafür ist sie zu abstrus. Aber mit Untergangsparty triffst du den Sachverhalt wohl recht präzise.

Und er konnte sich dazu halt eines Volks bedienen, was alles das, was es anpackt, perfekt zu erledigen trachtet, im guten wie im schlechten. Das machte den Nazismus (etwa im Gegensatz zum Faschismus) ja historisch so monströs: Nicht die ideologische Theorie, sondern ihre konsequente Umsetzung. Wären wir Italiener, hätten sich die Züge auf dem Weg nach Auschwitz gegenseitig blockiert und den Panzern wäre nach 30 km Offensive der Sprit und die Munition ausgegangen: Nicht aus Opposition, nicht aus Menschenliebe, noch nicht mal aus Desinteresse, sondern aus Unfähigkeit. Hitler wurde die maßgebliche historische Gestalt, die er ist, weil er in Deutschland an die Macht kam und nicht in Polen oder Ungarn, was ansonsten ebenso leicht möglich gewesen wäre. Vielleicht gab es dort sogar mal eine Art Hitler, dessen „Talente“ in der dortigen Umgebung aber zwangsläufig und von der Geschichtsschreibung weitgehend „unentdeckt“ verkümmern mussten. Doch ich schweife vom Thema Goebbels ab…

s.

Lügen, Wahrheit, Propaganda
Hallo Andi,

Deine Frage ist ein schönes Beispiel für die Notwenidig, wissenschaftlichen Texten eine saubere Definition voran zu schicken.
Ich würde in diesem Zusammenhang ganz klar unterscheiden.

Hinweise über die Art der Lüge im Subtext findest Du bei Haffners Geschichte eines Deutschen, die die Stimmung der „Machtergreifung“ gut erfasst. Und dann natürlich in Orwells 1984, das die Sprache des Totalitarismus aufs Korn nimmt.

Goebbels Sportpalastrede ist für Lüge eigentlich ein schlechtes Beispiel, denn er setzte sich damals in der Führung damit durch, dem Volk die Wahrheit zu sagen (Himmler wollte sie verschweigen), dass nämlich die Wehrmacht in Stalingrad eine furchtbare Niederlage erlitten hatte. Aber genuau mit dieser Wahrheit wurde sie ein durchschlagender propagandistischer Erfolg.

Über den Gesamtzusammenhang, und was eigentlich mit Totaler Krieg gemeint war, schreibt Speer in seinen Erinnerungen recht erhellend.

Gruß
Andreas

Hallo,

vor allem hat Goebbels weder das Volk noch die Bevölkerung befragt, sondern eine handverlesene Zuhörerschaft, bei der er sich der richtigen Reaktion sicher sein konnte.

Gruß
Lawrence

Hallo Andi,

ich muss Marvin Recht geben, was er über das Thema Demagogie schreibt.

Nichtsdestowenigertrotz gibt es in der Rede von Goebbels eine zentrale „Lüge“: Er verwendet viel Zeit mit dem Punkt den Zuhörern im Saal und denjenigen an den Radios zu erläutern, dass im Sportpalast eine „repräsentative Stichprobe“ des deutschen Volkes sitze. Bei Goebbels hört sich das dann so an:

„Ich habe heute zu dieser Versammlung nun einen Ausschnitt des deutschen Volkes im besten Sinne des Wortes eingeladen. Vor mir sitzen reihenweise deutsche Verwundete von der Ostfront, Bein- und Armamputierte, mit zerschossenen Gliedern, Kriegsblinde, die mit ihren Rote-Kreuz-Schwestern gekommen sind, Männer in der Blüte ihrer Jahre, die vor sich ihre Krücken stehen haben. Dazwischen zähle ich an die fünfzig Träger des Eichenlaubes und des Ritterkreuzes, eine glänzende Abordnung unserer kämpfenden Front. Hinter ihnen erhebt sich ein Block von Rüstungsarbeitern und -arbeiterinnen aus den Berliner Panzerwerken. Wieder hinter ihnen sitzen Männer aus der Parteiorganisation, Soldaten aus der kämpfenden Wehrmacht, Ärzte, Wissenschaftler, Künstler, Ingenieure und Architekten, Lehrer, Beamte und Angestellte aus den Ämtern und Büros, eine stolze Vertreterschaft unseres geistigen Lebens in all seinen Schichtungen, dem das Reich gerade jetzt im Kriege Wunder der Erfindung und des menschlichen Genies verdankt. Über das ganze Rund des Sportpalastes verteilt sehe ich Tausende von deutschen Frauen. Die Jugend ist hier vertreten und das Greisenalter. Kein Stand, kein Beruf und kein Lebensjahr blieb bei der Einladung unberücksichtigt. Ich kann also mit Fug und Recht sagen: Was hier vor mir sitz, ist ein Ausschnitt aus dem ganzen deutschen Volk an der Front und in der Heimat. Stimmt das? Ja oder nein!“

Bekannt ist aber, dass es sich bei den Zuhörern um zum großen Teil um regimetreue Parteigenossen handelte. Ergo ist die Zuhörerschaft entgegen Goebbels behauptung nicht „repräsentativ“ für das deutsche Volk.

Den Kunstgriff den Goebbels betreibt liegt darin, seine Forderungen nach dem „totalen Krieg“ (Formuliert in zehn Fragen „an das [ganze] deutsche Volk“) von einer selektierte Zuhörerschaft legitimieren zu lassen.

Analysen zur Goebbelsrede im Sportpalast findest Du übrigens auch bei google.

Grüße.
TAndrija