Woher genau stammt das Schelling-Zitat "Im Menschen schlägt die Natur die Augen auf ..."?

Der vollständige Satz wird meist so zitiert: „Im Menschen schlägt die Natur die Augen auf und erkennt sich selbst.“ Oder auch: „Die Natur schlägt im Menschen …“. An all meinen Fundstellen ist Friedrich W. Schelling als Urheber angegeben, aber nie eine genauere Quelle.

Nein, genau weiß ich’s nicht, aber hiernach
http://joachimstiller.de/download/philosophie_schelling.pdf

Könnte man es auf
„Von der Weltseele“
oder
„Erster Entwurf eines Systems der Natuphilosophie“
einschränken.

Gruß

Schwierig, danach zu suchen. Denn dein Zitat ist nur eine von zahlreichen Varianten, in denen Schelling sich ausdrückt. Teils in systematischer, teils in poetischer, metaphorischer Sprache. Es ist nämlich die Grundidee seiner gesamten Naturphilosophie und zugleich seiner sogenannten „Identitätsphilosophie“ und sogar anteilig seiner späten Philosophie der Offenbarung.

Ohne jetzt eine der Varianten auf die Schnelle im wörtlichen Zitat zu finden, möchte ich vermuten, dass deine Variante so nicht wörtlich vorkommt. Denn nicht „der Mensch“, sondern „der Geist des Menschen“ ist bei Schelling das „Auge“ der Natur … Er stellt sich dabei - aufbauend auf Spinoza - dem Fichteschen Idealismus entgegen, der genau das Gegenteil aussagt.

Ohne wörtliches Zitat, aber dem Inhalt nach:
„Im Geist (des Menschen) schaut die Natur sich selber an“
„Im Geist des Menschen erkennt sich die Natur in ihrer Freiheit“
„Der Geist des Menschen ist das Auge der Natur, durch welches sie sich selbst anschaut“
„… durch welches sie sich in ihrer Freiheit erkennt“
„… durch welches sie ihre Freiheit erkennt“ usw.

Zu suchen wäre in den frühen Abhandlungen zur Naturphilosophie bis zu denen zur Identitätsphilosophie:
1797 Ideen zu einer Philosophie der Natur
1799 Erster Entwurf zu einem System der Naturphilosophie
1799 Einleitung zu seinem Entwurf eines Systems der Naturphilosophie
1798 Von der Weltseele
1801 Darstellung meines Systems der Philosophie [Anm.: Das ist die Einführung in die „Identitätsphilosophie“]
1801 Über den wahren Begriff der Naturphilosophie und die richtige Art ihre Probleme
aufzulösen
1809 Clara – Über den Zusammenhang der Natur mit der Geisterwelt

Und vorsichtshalber sollten die Suchworte lediglich sein „Geist Auge Natur“ oder „Geist Mensch Auge Natur“, um von der speziellen Formulierung unabhängig zu sein.

addendum

addendum

Die von dir zitierte Wendung könnte btw auch, wenn überhaupt original von Schelling, aus einem Briefwechsel kommen. Zum Beispiel ein früher Briefwechsel mit Hegel. Dazu hab ich aber leider aktuell keinen Zugriff.

Dem Inhalt nach findet sich der im Zitat ausgedrückte Gedanke - auch nur als Beispiel - in

System des transzendentalen Idealismus, Einleitung §1

Die vollendete Theorie der Natur würde diejenige sein, kraft welcher die
ganze Natur sich in eine Intelligenz auflöste. – Die toten und
bewußtlosen Produkte der Natur sind nur mißlungene Versuche der Natur
sich selbst zu reflektieren, die sogenannte tote Natur aber überhaupt
eine unreife Intelligenz, daher in ihren Phänomen noch bewußtlos schon
der intelligente Charakter durchblickt. – Das höchste Ziel, sich selbst
ganz Objekt zu werden, erreicht die Natur erst durch die höchste und
letzte Reflexion, welche nichts anderes als der Mensch, oder,
allgemeiner, das ist, was wir Vernunft nennen, durch welche zuerst die
Natur vollständig in sich selbst zurückkehrt, und wodurch offenbar wird,
daß die Natur ursprünglich identisch ist mit dem, was in uns als
Intelligentes und Bewußtes erkannt wird.

Ja, es sieht wohl nach allem, was Du recherchiert hast, ganz danach aus, als komme die umlaufende Variante bei Schelling in diesem Wortlaut nicht vor. Sie ist dann wohl eher die popularisierende Essenz seiner Gedanken zum Verhältnis von Natur und menschlicher Vernunft. Popularisierend, weil man sich mit dem Menschsein leichter identifiziert als mit der Rationalität. Auch etwa die ungenaue, aber verbreitetste Apologie-Verdeutschung „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ hat ja etwas Eingängigeres als die getreuere Version mit „nicht“. Und damit dürften Beispiele dieser Art bei weitem nicht erschöpft sein …

Herzlichen Dank für das zeitaufwändige Sichten!

Vielen Dank für den Link, der mir schon ein bisschen weiter hilft.