Woher kommt der Name Schlenstedt?

Liebe Experten,
schon lange befasse ich mich mit Ahnenforschung und versuche u.a. die Bedeutung meines Mädchennamens Schlenstedt herauszubekommen. Meine Familie stammt aus den neuen Bundesländern (Großteil aus Riestedt, ältester bekannter Vorfahre Martin Schlenstedt aus Magdeburg um 1704). Es gibt einen Ort Schlanstedt mit einer Burg, vielleicht kommt der Name daher? Es existiert aber auch die Vermutung, dass der Name von „Schlehen“ und „Stätte“, also Ort, an dem es viele Schlehen gibt, kommt. Wer weiß mehr???
Vielen Dank im voraus! Inge

Hallo Inge,

du scheinst hier schon hervorragende Vorarbeit geleistet zu haben.

Was zuerst auffällt ist die Endung „-stedt“, die eindeutig auf eine Örtlichkeit in Altsachsen hinweist.
Das Suffix -stedt beziehungsweise -städt als Bestandteil von Ortsnamen stammt von Wohnstätte (bewohnter Platz) ab. Diese Orte waren meist altdeutsche Gründungen. Besonders häufig kommt es im sächsischen Siedlungsraum von der Nordsee im Norden über Sachsen-Anhalt bis ins Thüringer Becken im Süden vor, wobei nördlich und östlich von Erfurt in den ehemals preußischen Gebieten -stedt verbreiteter ist, während in den südlich und westlich der Stadt gelegenen ehemals ernestinisch-sächsischen Gebieten -städt häufiger vertreten ist. Die so bezeichneten Orte sind meist sehr alt und entstanden in der ersten Besiedlungswelle des mitteldeutschen Raums zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert.
Helmstedt, Wolmirstedt, Dingelstedt, Henstedt-Ulzburg, Riestedt.
Südlich dieses Gebiets fehlen Ortsnamen auf -stedt fast vollständig.

Entsprechendes ergibt auch die Suche nach der Namensverteilung:

http://www.verwandt.de/karten/relativ/schlenstedt.html

Viele Schlenstedts im Kyffhäuser, Mansfelder Land und Sangerhausen.
Riestedt liegt im Kreis Sangerhausen.

Aber keine Schlenstedts im Kreis Harz (Halberstadt, Wernigerode, Quedlinburg). Genau dort liegt aber die von dir genannte Burg Schlanstedt.

http://www.verwandt.de/karten/relativ/schlanstedt.html

Diese Karte bringt die Aufklärung. Die Schlanstedts kommen oft daher, wo auch die Burg Schlanstedt liegt.

Schlan oder Schlen?
Vokale sind bei der Ortsnamenbestimmung oftmals beliebig austauschbar.

Die Herkunft aus dieser Gegend um das östliche Harzvorland ist also sehr wahrscheinlich.
Als die Familiennamen entstanden kamen Zuwanderer meist maximal aus 20 Km Entfernung. Ziemlich alle Familiennamen, die aus Örtlichkeiten hervorgehen, stammen aus der unmittelbaren Umgebung des Entstehungsgebietes.

In Nord- un Ostdeutschland werden Familiennamen nach Ortsnamen gebildet indem der Ortsname als Familienname erhalten bleibt oder, seltener, die Endung „-mann“ angehängt wird.
Im Süden wird dagegen die Endung „-er“ angehängt.
Im Niederländischen verweisen die vielen Namen mit „van“ oft auf Herkunftsbezeichnungen

Zur Schlehe:

Dies wäre eine Möglichkeit.
Die Schlehe heißt althochdeutsch slêha, mittelhochdeutsch slêhe.
Das fehlende „ch“ darf nicht verwundern. Dies wurde in der weiteren deutschen Sprachentwicklung durch Lautverschiebungen und Verdumpfungen eingefügt.
Im Englischen, das großteils auf Altsächsisch zurückgeht haben sich die Formen ohne „ch“ bis heute erhalten (Sleigh = Schlitten).

Wikipedia bringt im Stichwort Schlanstedt Schlamm als Erklärung:
by Slammstedt is sump und kot
do fand de grave sinen dod;
up ören höhen wasst gut brod

Ähnlich wie beim elsässischen Selestat/Schlettstadt ließe sich aber auch das Althochdeutsche „slfite“ (Moor, Sumpf, Ried) in Erwägung ziehen. Dieses käme dem Schlamm ziemlich nahe.

Ausgehend von Schlanstedt wäre auch ein Ursprung aus Slango, Schlange, geschlängelt, ein gewundenes Gelände möglich.

Stedt hat sich zu unserer Stätte entwichelt.
Stedi war der Landeplatz, das Gestade. Steden heißt, etwas in Sicherheit bringen. Und die ersten Siedler fanden ja an diesem Ort ihren Landeplatz, ihr Gestade, fühlten sich dort sicher. Oder wie eingangs schon erwähnt die (sichere) Wohnstätte.

Gruß
Lawrence

Hallo Lawrence,
vielen lieben Dank für die superschnelle Antwort. Es sieht wohl in der Tat so aus, als ob der Name von dem Ort Schlanstedt kommt und dieser Ort/die Burg wiederum seinen Namen durch das Bruch (Moor, Morast)= Schlamm hat, denn in der Chronik der Burg Schlanstedt steht, dass ein Garf von Regenstein im Jahr 934 bei einem Ritt durch das Bruch umkam und seine Frau daraufhin erst eine Kapelle und dann eine Burg dort erbauen ließ.
Naja, Schlehen wären mir ja etwas lieber gewesen *grins*, aber so macht das ganze wirklich Sinn, oder? Auch Magdeburg ist nur 50 km weit weg und der älteste bekannte Schlenstedt soll ja aus einem Dorf südlich von Magdeburg kommen.
Also nochmals vielen herzlichen Dank für das (wohl letzte) Puzzelstückchen.
Wenn Du Lust hast… ich stellt da gleich noch eine Frage ins Forum…

Gruß Inge

Hallo Inge,

Lawrence hat Dir ja schon in exzellenter Manier geantwortet. Dazu habe ich nur noch ein paar kleine marginale Ergänzungen.

Es gibt
einen Ort Schlanstedt mit einer Burg, vielleicht kommt der
Name daher? Es existiert aber auch die Vermutung, dass der
Name von „Schlehen“ und „Stätte“, also Ort, an dem es viele
Schlehen gibt, kommt. Wer weiß mehr???

Was zuerst auffällt ist die Endung „-stedt“, die eindeutig auf eine
Örtlichkeit in Altsachsen hinweist.

Besonders häufig kommt es im sächsischen Siedlungsraum von der
Nordsee im Norden über Sachsen-Anhalt bis ins Thüringer Becken im
Süden vor, wobei nördlich und östlich von Erfurt in den ehemals
preußischen Gebieten -stedt verbreiteter ist, während in den südlich
und westlich der Stadt gelegenen ehemals ernestinisch-sächsischen
Gebieten -städt häufiger vertreten ist.

Die Schreibung wurde erst in recht junger Zeit **festgelegt, so dass die heutige Schreibung lediglich dem heutigen Zungenschlag nachempfunden ist. Ist der Laut eher ein „ä“ (aus z.B. „Hände“) oder eher ein „e“ (wie z.B. im Wort „Meer“). Die Ursache ist aber, wie Lawrence richtig schreibt, die gleiche und daher dürfen beide Schreibweisen auch nicht getrennt betrachtet oder gar auseinandersepariert werden. Zu dem Ä-E-Laut komme ich später nochmals.

Die so bezeichneten Orte sind meist sehr alt und entstanden in der
ersten Besiedlungswelle des mitteldeutschen Raums zwischen dem 8. und
11. Jahrhundert.

ich persönlich bin sogar überzeugt, dass die Bezeichnungen noch älter sind. Aber beweisen kann ich das nicht.

Südlich dieses Gebiets fehlen Ortsnamen auf -stedt fast vollständig.

Was man so natürlich in dieser Absolutheit auch nicht sagen kann. Man denke nur an Eichstädt im Herzen von Bayern oder Höchstädt an der Donau, und etliche kleinere Orte mehr, vom Alpenrand über den Bayerischen Wald bis hin ins Fichtelgebirge.

Wobei auch hier muss ich Lawrence insoweit zustimmen, als dass die Tendenz natürlich stimmt. In allen anderen Regionen sind die „-stätt/dt“-Orte sehr viel seltener.

Entsprechendes ergibt auch die Suche nach der Namensverteilung:

http://www.verwandt.de/karten/relativ

Viele Schlenstedts im Kyffhäuser, Mansfelder Land und Sangerhausen.
Riestedt liegt im Kreis Sangerhausen.

Aber keine Schlenstedts im Kreis Harz (Halberstadt, Wernigerode,
Quedlinburg). Genau dort liegt aber die von dir genannte Burg
Schlanstedt.

http://www.verwandt.de/karten/relativ

Diese Karte bringt die Aufklärung. Die Schlanstedts kommen oft daher,
wo auch die Burg Schlanstedt liegt.

Bringt sie das wirklich? Ich muss gestehen, ich weiß nicht so recht, was ich von den beiden Namensverteilungskarten halten soll. Meine Unsicherheit wird um so deutlicher, wenn man von der „relativen“ Verteilung auf die „absolute“ Verteilung wechselt. Da wirken dann auf einmal beide Schreibvarianten Schlan- bzw. Schlen- gar nicht mehr soooo eindeutig.

Schlan oder Schlen?
Vokale sind bei der Ortsnamenbestimmung oftmals beliebig austauschbar.

das ist zweifelsfrei richtig. Dennoch gibt es auch hier ein paar Regeln, die beachtenswert sind und möglicherweise doch auf andere Ergebnisse führen könnten (nicht müssen!).

Da fällt mir formal mal der „a“-Laut im Ortsnamen mit anschließendem „n“ auf. Da muss ich sofort an das niederländische Wort „slaan“ denken: dieses heißt auf deutsch „schlagen“. Sogar in süddeutschen Dialekten sagt man bis heute „Der hod mi gschlon(g)“, wobei das Schluss-g je nach Ortsdialekt gesprochen oder weg gelassen werden kann. Was ich damit zeigen will, ist, dass der Wortteil „Schlan-“ eine mögliche Dehnung aufweisen kann, welche seine Ursache in einer Verschleifung z.B. eines intervokalen „g“ haben könnte. Hier spreche ich auf eine Dehnung in der heutigen Aussprache dieses Wortteils an.

Lege ich jedoch einen alten Dehnlaut „a:“ zugrunde, so entwickelte sich dieser regelgerecht (oft unter dem Zwischenschritt eines Diphthongs = Doppelselbstlautes wie z.B. -au- ) zu einem Umlaut weiter. Somit wäre aus einem alten langen „a:“ ein heutiges schriftsprachliches „ä“ geworden, welches mit gerundeten Lippen gesprochen wird. In manchen Regionen werden jedoch in der Mundart die entrundeten Varianten bevorzugt, so wäre es in diesem Fall ein „e“ (welches ja mit breiten = entrundeten Lippen gebildet wird). Mit dieser Variante sind wir genau bei dem gesuchten Familiennamen Schlenstedt. Wobei übrigens für das „e“ in „-stedt“ haargenau das Gleiche gilt: mittelniederdeutsch ist die Wortform „sta:d“ (übrigens anders als im mittelhochdeutschen, wo die Form „stad“ (also ohne Länge) ist. Dieses lange „a:“ wurde durch die Lautverschiebung zum „ä“ und entrundet zum „e“. Daher diese Häufung der Schreibweise von entsprechenden Ortsnamen im niederdeutschen Bereich. Dort wo gerundet wird, erscheinen eben überwiegend die „-städt“. Ganz grob gesagt, finden sich die „-stedt“ nördlich der Benrather Linie, welches den niederdeutschen vom hochdeutschen Sprachraum abtrennt und welche grob von Dünkirchen/Frankreich - Brüssel/Belgien - Aachen - Düsseldorf-Benrath (dort wird der Rhein gequert!) - Hagen/Westf. - Kassel - Wittenberg - Frankfurt/Oder - Posen/Polen verläuft. Die „-städt“-Orte sind jedoch zumeist in der Mitte Deutschlands, aber eben südlich dieser Linie beheimatet. Ganz grob in den Bundesländern Hessen, Thüringen, südl. Sachsen-Anhalt, westliches Sachsen, nördliches Bayern.
Somit ist das „e“ in Schlenstedt in Kombination mit dem „e“ in „Schlenstedt“ ein deutlicher Hinweis auf das niederdeutsche Sprachgebiet und geht bestens aus formalen Aspekten zusammen.
Jetzt habe ich auf der Homepage von Schlanstedt zwar alte Schreibweisen gefunden, aber nicht, ob es sich dabei um ein langes „a“ handelt oder eben nicht. Allerdings gehe ich von einem alten langen „a:“ aus.

Allerdings hat auch eine moderne Dehnform „Scha:n-“ mit einer (denkbaren) Ursache in einer verdunkelten Form von „schlagen“ (Substantiv: Schlacht) einen alten Dehnlaut, wie sich unschwer im Wort „Schlägerei“ nachvollziehen lässt: ahd: „slahan“, mhd „sla:n“. Die ursprüngliche Bedeutung ist übrigens „töten“ (Quelle: Pfeiffer, Stw „schlagen“). Also kann auch dieses „slahan“ über den entrundeten Umlaut „ä“ zu einem „e“ geworden sein (übrigens findet sich hier der von mir oben erwähnte Zwischenschritt mit dem Diphthong in der Präteritum-Form: mhd. sluog = nhd. schlu:g). Spricht etwas gegen diese Schlagen-Variante? Ja. Nämlich die Entrundungsregion. Ich habe eben geschrieben, dass in der Mitte Deutschlands, aber südlich der Benrather Linie, im Dialekt zumeist gerundet wird (also Form „ä“ und nicht „e“).

Und hier komme ich wieder auf die Karten mit der Namensverteilung zu sprechen: für mich stellt es sich so dar, dass der Name in verschiedenen Regionen sich aus unterschiedlichen Quellen ergeben haben dürfte. Eine Ursache ist mit Sicherheit das von Dir erwähnte Schlanstedt.

Da die Familiennamen trotz der heutigen großen Mobilität immer noch erstaunlich standorttreu sind, gibt es die Regel, dass von dort, wo die Familie um 1900 gelebt hat, der Familienname in aller Regel selten weiter als 100 km entfernt entstanden ist. Aus diesem Grund muss man insbesondere bei den Namensvorkommen in Sachsen und Brandenburg/MV an eine Bedeutung mit slawischem Ursprung denken, während für die hessischen und niederrheinischen Namensvorkommen an Begriffe aus den dortigen Dialekten gedacht werden muss, welche für Flurnamen Verwendung fanden. Denn - und hier muss ich Lawrence ein klein wenig korrigieren - handelt es sich bei dem althochdeutschen „stat“ um das Basiswort, aus dem im mhd. „stad“, im mnd. „stede“ und im nhd. „Stadt“ UND „Statt“ UND „Stätte“ UND „Staat“ (u.a.m.) geworden ist. Und diese Begriffe bezeichnen nicht zwangsläufig eine Siedlung, sondern sogar in ihrem Ursprung eher einen Flurnamen, das heißt eine Charakterisierung der Landschaft. So fällt mir beispielsweise die Häufung im Ruhrgebiet auf (Variante mit „a“) und hier könnte ich mir angesichts des dortigen Dialektes denken, dass mit einer „Slaanstet“ eine „Stätte an der geschlagen wird“ (= Bergbau betrieben wird) gemeint sein könnte.

Die Herkunft aus dieser Gegend um das östliche Harzvorland ist also
sehr wahrscheinlich.

kleine Ergänzung: für die Familien, die um 1900 in einem Radius von 100 km gelebt haben.

Hier ist in Verbindung mit den Namensvorkommen wieder auf die Häufung im Ruhrgebiet hinzuweisen: In alter Zeit gab es im Harz ebenfalls viel Bergbau. Der Harz-Bergbau ist sogar älter als der im Ruhrgebiet. Somit könnte ich mir diese „Stätte an der Stein gebrochen wird“ durchaus auch für Namensvorkommen aus der Umgebung des Harzes vorstellen.

Übrigens war in der Zeit der Entstehung der Familiennamen DAS Hochtechnologiezentrum für Bergbau in Oberschlesien. Die Fachleute von dort wurden scharenweise in den beginnenden Bergbau ins Ruhrgebiet geholt, weshalb sich dort ziemlich viele slawische Familiennamen finden (z.B. Littbarski, Podollski, Schimanski etc.). Es wurden dort Kohle und Erze abgebaut, somit die gleichen Produkte wie im Ruhrgebiet.
Aber das war nicht alles. Es gab (und gibt) auch in Oberschlesien Salzbergwerke.

http://saltchamber.com/ch/salz/sl-ein-dorf-in-der-wo…

Und diese wiederum finden sich auch in der Harz-Region. Z.B. Salzgitter.

Das wären zwar alles ganz nette Zusammenhänge, wenn …

ja wenn da die slawische Sprache nicht wäre: Und siehe da: auf tschechisch heißt salzig „slany“ - was für ein Zufall! Oder auch nicht?

Es gibt eine Regel, die besagt, dass zusammengesetzte Begriffe (z.B. Schlan + Stedt) entweder
A) beide aus der gleichen Sprache sind und dass dann der eine Wortteil das Grundwort (sprachwissenschaftlich „Kopf“ genannt) näher bestimmt (sprachwissenschaftlich „Spezifikator“ genannt). Beispiel: Kopfbegriff ist „Türe“, welcher durch den Spezifikator „Balkon“ oder „Auto“ näher definiert wird. Ergebnis: Balkontüre, Autotüre.
B)dass beide Wortteile aus unterschiedlichen Sprachen stammen und dass dann der Kopf der jüngeren Sprache entnommen ist und der Spezifikator ein Relikt aus einer älteren Sprache ist, wobei dann beide Begriffe inhaltlich das Gleiche oder zumindest etwas ähnliches aussagen. Ein relativ bekanntes Beispiel ist der oberbayerische Fluss „Loisach“, welcher sich aus „lois“ + „ach“ zusammensetzt. Bekannt ist, dass „-ach“ sich aus lateinisch „aqua“ = Wasser entwickelt hat. Der Wortteil „lois“ ist ein Relikt aus dem Keltischen. Leider ist das Keltische ausgestorben und nur noch über die Nachfolgesprachen Irisch, Schottisch, Manx greifbar. Und im Irischen gibt es ein Wort „lois“. Und das heißt … genau: Wasser! Somit ist die Übersetzung für Loisach eigentlich „Wasser-Wasser“. Man bezeichnet so etwas sprachwissenschaftlich als Tautologie. Diese kommt bei Orts- und Flurnamen sogar recht häufig vor.

Also: Für Schlan + Stedt müssten wir somit
A) nach „stedt“ im slawischen suchen, sofern wir davon ausgehen, dass es sich um eine nähere Beschreibung handelt (Balkontüre-Autotüre)
oder
B) in verschiedenen Sprachen suchen, wenn wir annehmen, dass es sich um eine Tautologie handelt.

Wir haben ja schon mit „slany“ slawisch „salzig“ gefunden.

Gemäß der Grammatik im Deutschen kommt der Kopf immer als letztes.
gemäß der Tautologieregeln ist der Kopf immer aus der jüngeren Sprache.
Daher müsste man für
A) mit dem Kopf „-stedt“ im Slawischen einen allgemeineren Begriff finden, der durch „salzig“ näher gekennzeichnet wird
ODER
B) man müsste mit dem Kopf „-stedt“ in einer jüngeren Sprache als Slawisch einen Begriff finden, der „salzig“ bedeutet.

Dass die theoretische Möglichkeit B) ausscheidet, dürfte klar sein: die slawische Sprache ist eine Gegenwartssprache, somit kann ich keine jüngere Sprache finden. Somit scheidet eine Tautologie aus.

bleibt A): man suche ein Wort im Slawischen, welches im Deutschen zu „stedt“ verändert worden sein könnte und welches durch den Begriff „salzig“ näher bezeichnet wird. Und ich werde in einem Wort „stat“ fündig. Dieses bedeutet: „Staat, Bezirk, Gebiet“.
damit ergibt „slany“ + „stat“ eine sinnvolle Bezeichnung für eine Bodenbesonderheit: salziges Gebiet.

Daher setze ich mal als andere Namensursache den Herkunftsnamen für einen Fremden, der aus einem Gebiet kommt mit Salzvorkommen. Denkbar wäre auch ein Herkunftsname für einen Einheimischen, der an einer salzigen Stelle wohnt. Doch sind die Salzvorkommen in der Regel größerer Dimension (z.B. von Gorleben bis Salzgitter und noch weiter oder das gesamte Salzkammergut + die südöstlichste Ecke Oberbayerns mit Bad Reichenhall etc.), so dass ich eher an eine Herkunftsbezeichnung für einen Fremden - vielleicht sogar einen indirekten Berufsnamen (Salzbergbau-Arbeiter) mir denken könnte.

Als die Familiennamen entstanden kamen Zuwanderer meist maximal aus
20 Km Entfernung. Ziemlich alle Familiennamen, die aus Örtlichkeiten
hervorgehen, stammen aus der unmittelbaren Umgebung des
Entstehungsgebietes.

Zur Verdeutlichung dieser richtigen Aussage: Die 100-km-Regel bezieht sich auf die Distanz zwischen dem Ort des Namensursprungs und dem Wohnort um 1900, diese hier genannte 20-km-Regel bezieht sich auf die Kenntnis der lokalen Örtlichkeit durch die Bevölkerung, die zur Zeit der Namensentstehung lebte: Nur innerhalb von ca. 20 km war eine Örtlichkeit (z.B. sumpfiges Tal; weil Du den Sumpf angesprochen hattest) der einheimischen Bevölkerung bekannt und konnte somit zur Unterscheidung dienen. Und Namen sind letztlich immer aus Gründen der Unterscheidung vergeben worden. Somit handelt es sich um zwei sich nicht widersprechende Regeln.

Zur Schlehe:

Dies wäre eine

Ergänzung: theoretische

Möglichkeit.
Die Schlehe heißt althochdeutsch slêha, mittelhochdeutsch slêhe.
Das fehlende „ch“ darf nicht verwundern. Dies wurde in der weiteren
deutschen Sprachentwicklung durch Lautverschiebungen und
Verdumpfungen eingefügt.
Im Englischen, das großteils auf Altsächsisch zurückgeht haben sich
die Formen ohne „ch“ bis heute erhalten (Sleigh = Schlitten).

Ich sage ganz offen, dass ich an den Ursprung in „Schlehe“ nicht glaube. Zwar finden sich durchaus Baumnamen in unseren Familiennamen (Birkner, Aichner, Lind(n)er etc.), jedoch handelt es sich bei all diesen Baum-Namen um richtige Bäume, nicht jedoch um Sträucher (was die Schlehe ist). Und selbst bei den Bäumen wurden nur besonders markante Bäume zur Namensvergabe (= Unterscheidungskennzeichen) genutzt.

Wikipedia bringt im Stichwort Schlanstedt Schlamm als Erklärung:
by Slammstedt is sump und kot
do fand de grave sinen dod;
up ören höhen wasst gut brod

Ähnlich wie beim elsässischen Selestat/Schlettstadt ließe sich aber
auch das Althochdeutsche „slfite“ (Moor, Sumpf, Ried) in Erwägung
ziehen. Dieses käme dem Schlamm ziemlich nahe.

Für den Ortsnamen ist diese Bedeutung sicher auch in die engere Betrachtung zu nehmen. Allerdings geht es uns ja hier vorrangig um den Familiennamen, was natürlich auf das Gleiche unter der Annahme hinausläuft, dass der Familienname nach der Ortschaft Schlanstedt bezeichnet ist.

Ausgehend von Schlanstedt wäre auch ein Ursprung aus Slango,
Schlange, geschlängelt, ein gewundenes Gelände möglich.

auch das ist denkbar.

Stedt hat sich zu unserer Stätte entwichelt.
Stedi war der Landeplatz, das Gestade. Steden heißt, etwas in
Sicherheit bringen. Und die ersten Siedler fanden ja an diesem Ort
ihren Landeplatz, ihr Gestade, fühlten sich dort sicher. Oder wie
eingangs schon erwähnt die (sichere) Wohnstätte.

nicht nur, wie ich schon geschrieben habe.

Du siehst, ganz so einfach und eindeutig ist das alles nicht, mit der Erklärung der Namen.

Hoffentlich habe ich Dich nicht verwirrt und es war halbwegs verständlich formuliert.

Gute Nacht wünscht

Alexander**

Hallo Alexander!
Naja, etwas verwirrt hast Du mich jetzt schon! Es sind je sehr viele Informationen für ein Hobbyforscherhirn, das sich gerade mit der Sprache/Namesentstehung noch nicht so viel befasst hat. Das muß ich erst einmal in Ruhe für mich aufarbeiteten, damit ich auch alles verstehe. Fest steht, dass meine Vorfahren früher nicht Schlenstedt, sondern Schlanstedt hießen (sogar wohl noch bis ca. 1850. Sind aber auch für mich jetzt neue Erkenntnisse (Schlenstedt wurde von vielen „Aufschreibern“ in der Familie wohl auch auf die Vorfahren „zurückübertragen“, weil wir eben heute so heißen). Möglich auch, dass es mal so und mal so geschrieben wurde, weil man es ja mit dem Schreiben zu früheren Zeiten auch nicht so genau nahm.
Für Deine Mühe und die schnelle ausführliche Expertenantwort möchte ich Dir aber in jedem Falle ganz herzlich danken. Es ist unglaublich, was ihr, Lawrence und Du, so alles herausbekommen habt und wieviel Arbeit ihr euch damit macht!
Ganz lG Inge

Hallo Inge,

Naja, etwas verwirrt hast Du mich jetzt schon! Es sind je sehr
viele Informationen für ein Hobbyforscherhirn, das sich gerade
mit der Sprache/Namesentstehung noch nicht so viel befasst
hat.

das hatte ich fast befürchtet.

Das muß ich erst einmal in Ruhe für mich aufarbeiteten,
damit ich auch alles verstehe. #

Kein Thema, lass Dir Zeit. Den Namen gibt es jetzt 400 Jahre oder mehr, da kommt es auf 14 Tage mehr auch nicht mehr an.

Fest steht, dass meine
Vorfahren früher nicht Schlenstedt, sondern Schlanstedt hießen
(sogar wohl noch bis ca. 1850.

Letztlich macht die SchreibWEISE keinen großen Unterschied. Wie Lawrence schon schrieb, sind die Vokale oft gegeneinander ausgetauscht worden, was zumeist nur auf dialektale Ursachen zurückzuführen ist.
Bedeutend ist allerdings bei der A-Variante, ob eben dieses „a“ gedehnt oder kurz (im Dialekt) gesprochen wird. Also „Schlaaan-“ oder „Schlann-“. Ich traue mich fast wetten, dass es die gedehnte Variante „Schlaaan-“ ist. Darauf baut letztlich die Erklärung sowohl von Lawrence als auch von mir auf.

Sind aber auch für mich jetzt
neue Erkenntnisse (Schlenstedt wurde von vielen
„Aufschreibern“ in der Familie wohl auch auf die Vorfahren
„zurückübertragen“, weil wir eben heute so heißen).

Solche Verschlimmbesserungen gibt es häufig. Sowohl bei Familiennamen als auch bei Ortsnamen:
Beispiel: eine Familie aus dem Niederdeutschen heißt „Pattfoet“ (gesprochen: Plattfuut; Sinn: Plattfuß). Ein übereifriger Beamter hat bei der Ersteintragung diesen Namen unbedingt geglaubt „verhochdeutschen“ zu müssen. Daher heißt die Familie bis heute „Platzfuß“ (tatsächlich real vorgekommen, wird gerne in der Fachliteratur zitiert. Beispiel für einen verunstalteten Ortsnamen: Mörlbach bei Starnberg/Oberbayern: alt: Mörlbeck (mit kurz gesprochenem „e“; wäre es ein lang gesprochenes „e“ - also -beeek, dann wäre der -bach richtig!). Bei der Erstkartierung „verhochdeutschte“ der Beamte das „-beck“ zu (seiner Meinung nach richtigem) „-bach“. Bedacht hatte er aber nicht, dass im Dialekt ein „-beck“ von „-bichel“ kommt (= -bühl = kleiner Hügel; sprachverwandt mit „Pickel“). Hätte er Mörlbach gekannt, so hätte er gewusst, dass der Ort auf einer kleinen Anhöhe liegt und weit und breit kein Bach zu finden ist.

Möglich
auch, dass es mal so und mal so geschrieben wurde, weil man es
ja mit dem Schreiben zu früheren Zeiten auch nicht so genau
nahm.

ja, man schrieb so, wie man es hörte bzw. glaubte zu hören.

Für Deine Mühe und die schnelle ausführliche Expertenantwort
möchte ich Dir aber in jedem Falle ganz herzlich danken. Es
ist unglaublich, was ihr, Lawrence und Du, so alles
herausbekommen habt und wieviel Arbeit ihr euch damit macht!

gern geschehen. Uns beiden macht so was halt einfach Spass (= bayerisch für Spaß. Denn im Hochdeutschen wird es bekanntlich Spaaaß ausgesprochen, im Bayerischen aber „Spassssss“ - um den Beitrag mit der „Mauß“ aus dem Deutschbrett aufzugreifen.)

Ach noch etwas will ich hiermit nachholen, was ich bei meinem langen Beitrag über Schlenstedt vergessen hatte:

Früher war die Sprachgrenze zwischen dem „Deutschen“ (was es ja in dieser Form noch gar nicht gab!") und dem slawischen Sprachgebiet deutlich weiter westlich als heute. Heute liegt sie an der Oder-Neisse-Linie, aber im 8. Jahrhundert nach Christus verlief die Grenze etwa entlang einer Linie Kiel - Hamburg - Erfurt - Forchheim (Forch- ist übrigens das alte Wort für „Grenze“!!!) - Regensburg (Regen ist übrigens nicht nur der Fluss, der bei Regensburg in die Donau mündet, sondern gleichzeitig die deutsche Form des slawischen Wortes „reka“. Und dieses Wort heißt … ?? - richtig: „Fluss“!), womit ich wieder an das Herrschergeschlecht von Schlanstedt der Grafen von Regen stein anschließen kann. Welche Zufälle es doch gibt, nicht wahr?..

Und eben durch die Lage der damaligen Sprachgrenze (auf welcher Schlanstedt fast genau liegt!), wird eben eine Erklärung aus der slawischen Sprache sogar ziemlich wahrscheinlich.

Ach ja, noch was: ich habe in meinen Wörterbüchern zu (deutschen) Familiennamen nach „Steschulat“ gesucht, aber rein überhaupt nichts gefunden. Allerdings habe ich einen wer-weiss-was’ler aus dem Deutschbrett (sein Name: Immo; sein Nick: Volkietis) auf Deinen Artikel hier hingewiesen, denn er ist litauischer Muttersprachler. Vielleicht antwortet er, oder Du schreibst ihn direkt an. Er weiß auch enorm viel über Sprache und Sprachgeschichte, ich habe vor seinem Wissen große Achtung.

So, das war der „Nachschlag“.

Sei herzlich gegrüßt

Alexander

Hallo Inge,

Deine Frage ist zwar schon ein paar Tage alt, aber ich weiß erst seit ein paar Wochen, dass sehr wahrscheinlich der Fleischer Paul Schlenstedt geb. um 1890 in Riestedt mein Uropa ist.

Ich würde mich gern mit mit dir austauschen.

mfg

Uwe
uwe(at)viol-online.de

Hallöchen
Mein Dad stammte such aus Riestedt aber wüsste nicht das man eine Verwandtschaft miteinander hat.
Er wohnte damals am Schlag 51 oder auch meine Oma Gertrud Lange danach übernahm Harry Schlenstedt das Haus. Gibt es da irgendwie ein Zusammenhang?

Glg Kati