Woher weiß das Immunsystem was gefährlich ist?

Hallo,
es gibt ja für den Körper gefähliche und ungefährliche Fremdkörper/Stoffe in der Blutbahn. Wie erkennt nun aber der Körper das?
Es heißt dazu, dass das Immunsystem tolerant dagegen wird. Also Körpereigene Zellen und Stoffe werden über die Rückkopplung mit den Genen toleriert. Es gibt aber auch Medikamente oder Bakterien im Darm oder einfach nur Pollen, die dem Körper also nützlich sind bzw. komplett ungefährlich. Um zu erkennen, dass sowas nützlich bzw. ungefährlich für den Körper ist, braucht es doch auch irgendeine Rückkopplung, die dem Immunsystem meldet, dass dieser Stoff ungefährlich ist.
Aber wie funktioniert das?

Danke

Hallo

So eine ähnliche Frage wurde schonmal früher gestellt. http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Aber für alle, die sich das nicht durchlesen wollen:

es gibt ja für den Körper gefähliche und ungefährliche
Fremdkörper/Stoffe in der Blutbahn. Wie erkennt nun aber der
Körper das?
Es heißt dazu, dass das Immunsystem tolerant dagegen wird.
Also Körpereigene Zellen und Stoffe werden über die
Rückkopplung mit den Genen toleriert. Es gibt aber auch
Medikamente oder Bakterien im Darm oder einfach nur Pollen,
die dem Körper also nützlich sind bzw. komplett ungefährlich.
Um zu erkennen, dass sowas nützlich bzw. ungefährlich für den
Körper ist, braucht es doch auch irgendeine Rückkopplung, die
dem Immunsystem meldet, dass dieser Stoff ungefährlich ist.
Aber wie funktioniert das?

Gegen körpereigene Substanzen (und Zellen) wird das Immunsystem in den ersten Monaten tolerant - durch schlichte Selektion. In dieser Zeit kann man auch eine Immuntoleranz gegen andere Stoffe aufbauen. (Auf diese Weise kann man eventuell auch Allergien vorbeugen.)
Später gibt es einfach keine Rezeptoren z.B. gegen Medikamente und diese werden auch nicht mehr gebildet - sonst würde man ja selbst gegen Antibiotika immun.

Im Prinzip „erkennt“ das Immunsystem nur, ob ein Antigen passt oder nicht. Ob die Substanz jetzt gefährlich oder ungefährlich ist spielt dabei keine Rolle (z.B. kann eine Blutspende des falschen Spanders den Empfänger erst recht töten).

Gegen körpereigene Substanzen (und Zellen) wird das
Immunsystem in den ersten Monaten tolerant - durch schlichte
Selektion. In dieser Zeit kann man auch eine Immuntoleranz
gegen andere Stoffe aufbauen. (Auf diese Weise kann man
eventuell auch Allergien vorbeugen.)

Und warum wird dann noch jemand geimpft wenn er schon 20 Jahre ist. Ich meine der Körper kann sich doch das ganze Leben an Krankheiten anpassen und immun gegen etwas werden.

Ist der Punkt nicht einfach der, dass alles, was in der Blutbahn ist bekämpft wird, also auch Medikamente, und so Darmbakterien einfach nicht in die Blutbahn kommen und deshalb das Immunsystem nicht stört, wenn diese im Darm ihre Arbeit verrichten?

Die Pollen gelangen bei Menschen, die Heuschnupfen haben, halt auch irgendwie in die Blutbahn und lösen dort Immunantworten aus, oder?

Gegen körpereigene Substanzen (und Zellen) wird das
Immunsystem in den ersten Monaten tolerant - durch schlichte
Selektion. In dieser Zeit kann man auch eine Immuntoleranz
gegen andere Stoffe aufbauen. (Auf diese Weise kann man
eventuell auch Allergien vorbeugen.)

Der Prozess der Selbsttoleranz in dieser Zeit wird durch den Thymus und die Milz geleistet.
Udo Becker

Im Prinzip „erkennt“ das Immunsystem nur, ob ein Antigen passt
oder nicht. Ob die Substanz jetzt gefährlich oder ungefährlich
ist spielt dabei keine Rolle (z.B. kann eine Blutspende des
falschen Spanders den Empfänger erst recht töten).

Später gibt es einfach keine Rezeptoren z.B. gegen Medikamente
und diese werden auch nicht mehr gebildet

Das steht m.E. aber im Widerspruch zur Tatsache, dass auch später noch Imunitäten gegen Krankheitserreger (das führt dann zur Resistenz), Fremstoffe wie Pollen (das führt dann zu Allergien) und sogar gegen körpereigene Stoffe (das führt dann zu Autoimmun-Erkrankungen) ausgebildet werden können.

Hallo Tim:

Und warum wird dann noch jemand geimpft wenn er schon 20 Jahre
ist. Ich meine der Körper kann sich doch das ganze Leben an
Krankheiten anpassen und immun gegen etwas werden.

Richtig! Der Impfstoff muss so gestaltet werden, dass er die Bildung von B-Gedächtniszellen anregt, wodurch die Reaktionszeit auf den für die Impfung spezifischen Erreger viel kürzer wird, wodurch der Krankheitsverlauf viel milder abläuft.

Ist der Punkt nicht einfach der, dass alles, was in der
Blutbahn ist bekämpft wird, also auch Medikamente, und so
Darmbakterien einfach nicht in die Blutbahn kommen und deshalb
das Immunsystem nicht stört, wenn diese im Darm ihre Arbeit
verrichten?

Nein. In der Blutbahn und im Gewebe wird bekämpft was nicht die richtigen MHC1- und MHC2-Oberflächenrezeptoren in Kombination mit den CD8- und CD4-Rezeptoren hat. Bekämpft wird was unbekannte Glykoproteine auf der Zelloberfläche hat. Was als Monozyten aus dem Blut in die Gewebe einwandert, wandelt sich zu Makrophagen, diese zerstören ins Gewebe einwandernde Bakterien (Thema Darmbakterien!) etc.

Die Pollen gelangen bei Menschen, die Heuschnupfen haben, halt
auch irgendwie in die Blutbahn und lösen dort Immunantworten
aus, oder?

Heuschnupfen ist eine Pollenallergie. Anstatt TH1-Zellen zu aktivieren, die ihrerseits Makrophagen aktivieren die die unerwünschten Pollen als fremd wahrnehmen und zerstören, werden TH2-Zellen aktiviert, die B-Gedächtniszellen (bei der Erstkontamination gebildet) zur Ausschüttung von Antikörpern anregen. Diese Antikörper lösen eine Rötung und Entzündung des betroffenen Gewebes aus (= allergische Reaktion). Studiere mal den Wikipedia-Artikel „Immunsystem“ den ich dir vor 5 Tagen hier empfohlen habe.
Gruss. Paul

Gegen körpereigene Substanzen (und Zellen) wird das
Immunsystem in den ersten Monaten tolerant - durch schlichte
Selektion. In dieser Zeit kann man auch eine Immuntoleranz
gegen andere Stoffe aufbauen. (Auf diese Weise kann man
eventuell auch Allergien vorbeugen.)

Und warum wird dann noch jemand geimpft wenn er schon 20 Jahre
ist. Ich meine der Körper kann sich doch das ganze Leben an
Krankheiten anpassen und immun gegen etwas werden.

Wir sprachen von Toleranzinduktion gegen die körpereigenen Strukturen in der frühkindlichen Phase. Das hat auch mit der Überschwemmung der Antigenrezeptoren durch körpereigene Strukturen zu tun, einfach weil die Antigene im Überschuss anwesend sind. Entscheidend ist das Zeitfenster. Danach wird alles das mit Rezeptoren reagiert als fremd angesehen. Auch der Impfstoff.
Udo Becker

Tach,

also die ganze Frage, was ist Selbst, was ist Fremd wird bei der
Bildung der Immun-Zellen geprüft. Nach einem (beinahe) reinen
Zufallsprinzip werden neue Antikörper/Zellen generiert. Sobald dieser
neue Antikörper gegen den eigenen Organismus gerichtet wäre, wird die
Zelle gar nicht erst „freigelassen“ sondern eliminiert. Auf diese
Weise werden verschiedenste Varianten gebildet, um auf neue Erreger
vorbereitet zu sein.
Und bei dieser Prüfung kann es zu Fehlern kommen, dann entsteht eine
Auto-Immunerkrankung.

CU
Lalle

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Nein. In der Blutbahn und im Gewebe wird bekämpft was nicht
die richtigen MHC1- und MHC2-Oberflächenrezeptoren in
Kombination mit den CD8- und CD4-Rezeptoren hat. Bekämpft wird
was unbekannte Glykoproteine auf der Zelloberfläche hat. Was
als Monozyten aus dem Blut in die Gewebe einwandert, wandelt
sich zu Makrophagen, diese zerstören ins Gewebe einwandernde
Bakterien (Thema Darmbakterien!) etc.

Ich meinte mit Darmbakterien die Darmflora. Diese wird ja komsischerweise nicht bekämpft. Haben diese Bakterien einen speziellen Rezeptor? Es gibt ja aber auch Bakterien in Magen und Darm, die Toxine produzieren. Wie kommt denn das Immunsystem an diese ran? Diese sind ja nicht in der Blutbahn, aber können das saure Mileau im Magen überstehen und würden in einem fort Gifte in den Körper bringen.
Wie ist das Immunsystem gegen solche Bakterien gerüstet?

Heuschnupfen ist eine Pollenallergie. Anstatt TH1-Zellen zu
aktivieren, die ihrerseits Makrophagen aktivieren die die
unerwünschten Pollen als fremd wahrnehmen und zerstören,
werden TH2-Zellen aktiviert, die B-Gedächtniszellen (bei der
Erstkontamination gebildet) zur Ausschüttung von Antikörpern
anregen. Diese Antikörper lösen eine Rötung und Entzündung des
betroffenen Gewebes aus (= allergische Reaktion).

Also die Fresszellen lösen bei Heuschnupfen zu früh ein Signal aus, dass sie es nicht alleine schaffen den Fremdkörper los zu werden und damit liegt also die Reizschwelle zu weit unten um die nächste Stufe der Abwehr einzuschalten, stimmts?

Studiere malden Wikipedia-Artikel „Immunsystem“ den ich dir vor 5 :Tagen hier empfohlen habe.

Hab ich jetzt

Danke für den Tipp

Ich meinte mit Darmbakterien die Darmflora. Diese wird ja
komsischerweise nicht bekämpft. Haben diese Bakterien einen
speziellen Rezeptor? Es gibt ja aber auch Bakterien in Magen
und Darm, die Toxine produzieren. Wie kommt denn das
Immunsystem an diese ran? Diese sind ja nicht in der Blutbahn,
aber können das saure Mileau im Magen überstehen und würden in
einem fort Gifte in den Körper bringen.
Wie ist das Immunsystem gegen solche Bakterien gerüstet?

Entweder ist das Immunsystem tolerant gegen diese Bakterien (s. Selektion im Kleinkindalter) oder durch den praktisch ständigen Befall von den immer gleichen Bakterien ist das Immunsystem eigentlich immer in Alarmbereitschaft und fertigt die Erreger schnell ab. Außerdem besetzen verschiedene Bakterien im Darm eigentlich alle Lebensräume. Wenn jetzt weitere (bis dahin nicht angesiedelte oder schädliche) Bakterien dazukommen, können diese sich nicht niederlassen sondern werden gleich im Darm bekämpft.