Wohnrecht auszahlen, auf Pflichtteil anrechnen?

Hallo liebe Experten,

kurz zur Vorgeschichte meines aktuellen Problems.

vor 15 Jahren ist mein Bruder nach einigen persönlichen Schwierigkeiten wieder ins das Haus meiner Mutter eingezogen. er bewohnte das Erdgeschoß, meine Mutter den 1. und 2. Stock.
In dieser Wohnung ist keine Heizung und außer Waschbecken keine Bademöglichkeit (es steht eine Badewanne darin mit einem Boiler, den man über eine - mittlerweile defekte- Ölpumpe aufheizte, ist also nicht nutzbar)
Mein Bruder ist Alkoholiker und hat diese - eh schon sehr alte - Wohnung in einen recht schlechten Zustand gebracht.
Er hat Strom von meiner Mutter angezapft, was sie duldete, hat nie irgendwelche Nebenkosten bezahlt und wurde von meiner Mutter durchgefüttert.
Hartz4 hat er immer mal wieder bekommen, kam dann seinen Verpflichtungen nicht nach, weil er dauerbetrunken war, wurde dann gesperrt, war dann zwangsweise nüchtern bis die Sperrung aufgehoben war und dann ging alles wieder von vorne los.

Soweit die Vergangenheit.

Meine Mutter ist nun im März verstorben, hat mich als Alleinerbin eingesetzt, damit mein Bruder das Haus nicht „versaufen“ kann und meinem Bruder testamentarisch ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt, mit der Auflage, seine Unkosten selbst zu tragen und anteilig Grundsteuer usw mitzutragen, damit er nicht auf der Straße sitzt.

Ich kann das Haus nicht halten und möchte es verkaufen. Es ist an sich schon nicht sehr viel wert (hat zwar ein großes Grundstück, aber nur wenig davon nutzbar, ist renovierungsbedürftig und hat eine veraltete Heizung drin, das dürfte nicht viel mehr als 60 000 Euro wert ein), aber mit meinem Bruder als Wohnberechtigten werde ich das Haus wohl nicht losbekomen.

Das Strom anzapfen habe ich unterbunden, er hat also keinen Strom in seiner Wohnung, kann somit auch nur mit einem fahrbaren Gasöfelchen heizen. Das Wasser, welches leider nicht separat für jede Wohnung abstellbar ist, kann ich aktuell noch nicht abstellen, da ich - solange ich die Wohnung meiner Mutter noch nicht leergeräumt habe - da noch Wasser benötige.

Bislang war er einverstanden, aus der Wohnung auszuziehen, da diese ja eh in schlechtem Zustand ist und ich so einen höheren Verkaufswert erzielen kann und somit auch sein Pflichtteil höher ausfällt.
Nun war er bei einem Anwalt, der ihm erzählt hat, sein Wohnrecht wäre 70 000 Euro wert (laut seinem Anwalt würde die fiktive Miete einer ihm größenmässig zustehenden Wohnung als Grundlage zur Berechnung herangezogen werden, laut meiner Anwältin die fiktive Miete seiner aktuellen heruntergekommenen Wohnung).
Er will nun sein Wohnrecht ausbezahlt bekommen + seinen ihm zustehenden Pflichtteil, dann würde er aus der Wohnung rausgehen.

Meine Fragen sind nun:

  1. welche Berechnung des Wohnrechtes stimmt?
  2. würde das Wohnrecht auf sein Pflichtteil angerechnet?
  3. Kann er auf eine Auszahlung seines Wohnrechtes bestehen? (wenn ich das machen muss, bleibt mir persönlich vermutlich kein Cent übrig)
  4. Welche Möglichkeiten habe ich, wenn er seiner Verpflichtung, seinen Anteil an den anfallenden Kosten zu tragen, nicht nachkommt?

Sorry für den Roman und die vielen Fragen. Ich bin gerade echt verzweifelt, weil ich selbst nur ein kleines Gehalt habe, alleinerziehend mit 2 Kindern bin und nun auch die Unkosten des Hauses zu tragen habe. Ich hab gerade etwas Zukunftsängste.

Vielleicht kann mir ja einer der Experten ein wenig weiterhelfen.

Vielen Dank schon mal im Voraus

Hallo!

zu Fragen 1 und 2 hast Du doch mit deiner Anwältin eine Fachfrau. Wenn nicht sie, wer sollte sonst rechtlich korrekt antworten ?

Zu Frage 3)

Nein, kann er nicht.
Was er machen könnte (hat er es denn gemacht, 6 Wochen Frist ab Todestag ?) wäre Erbausschlagung( hier also Verzicht auf Wohnrecht) und dann kann er das Pflichtteil in bar verlangen.

Zu 4)

Da kann man das machen, was jeder Gläubiger machen muss, Privatklage bzw. Mahnbescheid, Pfändung = hier also vermutlich fruchtlos.

An der Grundsteuer bleibt die Eigentümerin voll hängen. Und an sonstigen an das Grundstück gekoppelten Dingen, wie etwa Müll, Straßenreinigung usw.
Und ob man Wasser sperren lassen kann ?
Person kann rechtlich gar keinen eigenen Wasserliefervertrag bekommen (ist ans Grundstück gekoppelt). Kann sein, es könnte sogar der Wasserzugang erzwungen werden.

Noch einmal ein Wort zur Berechnung des Pflichtteils oder überhaupt der Erbauseinandersetzung.
Es zählt der Wert des Hauses am Todestag. Und da ist ein Wohnrecht wertmindernd enthalten.

MfG
duck313

Vielen Dank schon mal für deine rasche Antwort.
Bezüglich 1: Meine Anwältin erzählt was anderes als sein Anwalt, deswegen meine Frage. Ich hatte bislang auch nur ein Beratungsgespräch, mehr nicht.

Zu 3. Diese Frist ist schon abgelaufen, ich gehe davon aus, dass er sein Erbe (das Wohnrecht) angenommen hat.
Das heisst, er kann seinen Pflichtteil nicht zusätzlich verlangen?

Zu 4. Aktuell bezieht er grade mal wieder kein Geld, lebt teilweise aus Mülltonnen. In den letzte Jahren hat er in sämtlichen örtlichen Supermärkten gestohlen und überall Hausverbot.
Sollte er aber über kurz oder lang wieder Geld vom Arbeitsamt bekommen, kann ich mich bezüglich der Kosten ans Arbeitsamt wenden?

Eine Frage noch zur Wertminderung durch Wohnrecht. Was ist, wenn der Wert des Wohnrechts den Gesamtwert des Hauses „auffrisst“ oder gar übersteigt?

Vielen Dank nochmal

LG

Nicole

Ich bin grad im Testament über eine Formulierung gestolpert, mir der ich bislang nichts anfangen konnte und die anscheinend auch meine beratende Anwältin nicht registriert hat.
Das Vermächtnis (Wohnrecht) erfolgt als Vorabvermächtnis ohne Anrechnung auf den Erbteil.

Das bedeutet wohl, dass ich richtig die A-karte habe und meine Anwältin mich falsch beraten hat. Wenn ich die Bedeutung dieser Formulierung vorher gekannt hätte, hätte ich das Erbe sicher abgelehnt.