Wurde im Mittelalter auch gepredigt?

Hallo!

Gab es im MA auch eine landessprachliche Predigt, die in der Kirche stattfand? oder gab es Predigten grundsätzlich nur von Mönchen unter freiem Himmel o.ä.?

meines Wissens gab es Bestrebungen, z.B. von Seiten der Kapuziner, verstärkt in der Landessprache zu predigen, aber wurde das in die Messe eingebunden, oder war es getrennt davon?

Angela

Meister Eckhart
Hi Angela,

Der Dominikaner Meister Eckart hatte 1314 als Betreuer der elsässischen Frauenklöster und 1322 als Leiter des Studium generale in Köln als erster begonnen, deutsch zu predigen.

Diese Predigten gehören zu den Highlights der sog. „Deutschen Mystik“.

Auf ihn gehen auch einige deutsche Begriffe für philosophische Termini zurück, z.B. „Wirklichkeit“

Tach Angela,

es hängt durchaus davon ab, welchen Teil des Mittelalters Du meinst: Natürlich haben die iro-schottischen Mönche - Bonifatius, Willibrord und wie sie alle heißen - in der Landessprache gepredigt. Anders wäre Mission ja gar nicht möglich gewesen.
Die Verordnungen der karolingischen Herrscher schärfen immer wieder die Notwendigkeit der volkssprachlichen Predigt ein, wobei es sich allerdings vor allem um die nacherzählung der biblischen Geschichten gehandelt haben dürfte.
Es gibt Musterpredigten und Predigtlehrbücher, deren Zahl gegen das Ende des Mittelalters zunimmt.
Im 11. und 12, Jhdt wird die Schilderung des Jüngsten Gerichts mit seinen Schrecken und Qualen geradezu Mode. Die Kreuzzugspredigten z.B. des Bernhard von Clairveaux und anderer wurden natürlich in der Volkssprache gehalten.
Seit dem 14. Jhdt werden in den Predigten die Schäden der Kirche immer mehr herausgestellt; die Predigt wird also ein Moto der Reformbewegung.
In Oberdeutschland entsteht neben der Messe die Form des „Prädikantengottesdienstes“, auf welche die Form und die Liturgie der heutigen Gottesdienste in der württembergischen Landeskirche zurückgeht.

Gruß - Rolf

Grundsätzlich war der mittelalterliche Gottesdienst auf die Eucharistiefeier ausgerichtet: Der Empfang des Sakraments sollte das Seelenheil sichern. Dazu war eine Predigt nicht erforderlich. Die Predigt zielte dagegen auf die religiöse Erziehung, später auf die Buße ab und konnte auch ohne Gottesdienst gehalten werden.

Zwar hatte schon 801 Kaiser Karl der Große die Predigt in der Landessprache an Sonn- und Feiertagen vorgeschrieben, um sein Volk christlich erziehen zu lassen, aber der Erfolg war eher null: Die Kirche legte darauf keinen Wert, außerdem konnten viele Pfarrer noch gar nicht lesen und schreiben. Was es gab waren Bischofspredigten - aber auf Lateinisch und nur gelegentlich (der Bischof konnte nicht überall sein).

Die Mönchspredigten wurden zwar in der Landessprache gehalten und gehörten fest zum kirchlichen Leben, aber sie fanden nicht unbedingt im Gottesdienst statt. In ihnen ging es v.a. um Buße und Umkehr. Die Predigten der Mystiker drehten sich im 14. Jhd. um den Gottesfunken im Menschen, waren jedoch im Wesentlichen auf die Klöster beschränkt.

Es gab also landessprachliche Predigten im Gottesdienst, aber nicht generell und vor allem nicht mit dem Stellenwert, den die Predigt heute hat.

Hilft das weiter?

Gruß, Martinus…

Hallo!

Gab es im MA auch eine landessprachliche Predigt, die in der
Kirche stattfand? oder gab es Predigten grundsätzlich nur von
Mönchen unter freiem Himmel o.ä.?

Ab dem 13. Jahrhundert machten es sich die neugegründeten Bettelorden zur Aufgabe, zum einfachen Volk in den Landessprachen zu predigen. Das waren die Franziskaner, Dominikaner, Kapuziener und andere. Dazu errichteten sie ihre Kirchen mitten in den Städten: einfache Hallenkirchen, speziell auf’s Predigen ausgerichtet, in der Regel ohne Kirchturm, stattdessen einem Dachreiter mit Glöckchen. Diese Kirchen gibt es vielerorts noch heute, mögicherweise durch einen Gönner in der Barockzeit prächtig herausgeputzt.

Um die Kirchen waren die Friedhöfe angeordnet und der ganze Bezirk mit einer Mauer umgegeben. Die Wände der Kirchen und die Friedhofsmauern boten große Flächen um Malereien anzubringen. Die Mönche nützten das für „gemalte Predigten“, u.a. waren Darstellungen von Totentänzen ab dem 15. Jahrhundert sehr beliebt (einer der bekanntesten war der Basler Totentanz auf der Friedhofsmauer zur Dominikanerkirche mit lebensgroßen Figuren).

Wolfgang D.