Guten Tag,
vor 7 Monaten hatte ich am 6er rechts oben eine
Wurzelbehandlung (nach meinem Verständnis wurden also die
Nerven des Zahnes entfernt, richtig?).
Richtig, aber nur die halbe Wahrheit!
Servus Sui,
nach Möglichkeit sollte alles organische, einschließlich Bakterien und ihrer Toxine, aus dem Zahninneren entfernt worden sein. Statt dessen sollte ein dichtes-, reizloses Material die Hohlräume ausfüllen. Damit Du Dir eine Vorstellung machst, wie diese Hohlräume ausschauen können (nämlich nicht wie eine konische-, glattwandige Plastikröhre) schau doch einen Moment da nach: (etwas nach unten scrollen, dann tauchen die Zahnschnitte auf)
http://www.doctorspiller.com/tooth_anatomy.htm
Jetzt erinnere Dich an die langen, spitzen, nadelartigen Kanalinstrumente, die in Deinen Zahn gesteckt wurden, um ihn auszufeilen. Dabei kommt es dann schon vor, daß Gewebe in irgendwelchen Verzweigungen und ‚toten Armen‘ liegenbleibt. Zusammen mit den Bakterien, die damals schon drin waren.
Vor 3 Wochen nun
entzündete sich die äußere Wurzel des Zahnes.
Frage 1: Was ist denn da jetzt entzündet? Nervenreste oder die
Zahnwurzel als solche, also das große weiße Ding?
Die ‚Nervenreste‘ sind jetzt Ursuppe mit Bakterieneinlage. Diese ‚Suppe‘ will jetzt aus der Wurzel raus in den Körper. Deine Körperabwehr wird dafür bezahlt, daß sie auf sowas losgeht. Wie? Blut hintransportieren, mit allem, was man für eine Entzündung braucht. Die nächste Bastion sind die feinen Blutgefäße zwischen Wurzel (hart!) und Knochen (auch hart). Die erweitern sich jetzt, drücken den Zahn etwas aus seinem Fach - Aufbeißschmerz! Hier hilft dann eine Antibiose - aber nur für die Bakterien, die schon in der Zahnumgebung sind. In der Wurzel erreicht man keine ausreichende Konzentration.
Die Resektion soll jetzt jenen Teil der Wurzel, wo die meisten Verzweigungen sind (‚apikales Delta‘), und wo die Kanalinstrumente das meiste übriggelassen haben, einfach eliminieren. Ob die Trennstelle richtig gewählt ist, ob ein dicker Seitenkanal voller Bakterien übrigbleibt? Keiner weiß es.
Momentan liegt eine Antibiotika-Drainage im Zahnfleisch, um
die akute Entzündung rauszubekommen. Meine Zahnchirurgin rät
mir, den Zahn zu ziehen. Auf meine Frage, ob man nicht eine
Wurzelspitzenresektion machen könnte, antwortete sie, dass ein
6er oberer Backenzahn so verästelte Spitzen hätte, dass
spätestens dann in 2 Jahren der Zahn sowieso gezogen werden
müsste, weil die Probleme weitergingen.
Da hat sie nicht unrecht Dieser Zahn hat sicher drei Wurzeln, hat in 60% aller Fälle einen vierten (meist übersehenen) Wurzelkanal. Eine von den Wurzelspitzen liegt Richtung Gaumen. Wenn man ‚ehrlich‘ resezieren will, muß mann ALLE Wurzeln resezieren, sonst kann dasselbe ja in Kürze bei der nächsten Wurzel passieren. Also nicht nur da, wo jetzt die Drainage liegt, sondern am Gaumen auch. Also: nochmal einspritzen, schneiden, resezieren, nähen)
Hat jemand von Euch:
a) Fachwissen, ob die Wurzelspitzenresektionen an 6ern
wirklich so eine kurze Überlebensdauer haben?
die Zahlen, die ich kenne, schwanken sehr. Heute, wo man bei der Resektion den Wurzelkanal noch einmal von hinten (retrograde Wurzelfüllung) dicht verschließt, gehen die Erfolge gut über 90%. Voraussetzung: Erfahrung, arbeiten am Operationsmikroskop, Zeit. (Zeit heißt hier auch Geld - ‚auf Kasse‘ macht das niemand)
b) eigene Erfahrungen mit wurzelspitzenresektionierten
Oberkieferbackenzähnen?
nur bei jenen PatientInnen, die (von mir überwiesen) von guten Leuten behandelt worden sind. Da waren die Ergebnisse schon respektabel.
Außerdem kann ich mir folgendes nicht so ganz vorstellen:
Schaut man sich Bilder von 6er Backenzähnen an, dann sieht man
3 große Wurzeln. Was ist denn daran verästelt?
Hast Du ja jetzt gesehen.
Danke für Eure Antworten.
BTW: Wenn Du am Ammersee mal nach Westen rüber ‚kitest‘, kannst Du Dir das Ammerdelta von weitem anschauen. Der Resektionschnitt müßte irgendwo bei Raisting liegen . Wenn Du jetzt immer noch reseziert werden willst, kann ich Dir per PM schon Namen in München sagen.
Kai