XY ätzt auf Twitter, XY ätzt gegen YZ

Hallo!

Dieses „XY ätzt auf Twitter“, „XY ätzt gegen YZ“ ist mir früher immer nur in Boulevardzeitungen und bei „nebensächlichen“ Themen (Sport, Klatsch usw.) aufgefallen.
Heute kommt mir das regelmäßig auch bei politischen Themen, und auch in seriösen Medien unter.

Hab ich das vorher nur nicht wahrgenommen oder hat da tatsächlich eine Veränderung stattgefunden?

In Richtung off topic: Wie verträgt sich das eigentlich mit journalistischem Anspruch? Ich meine, es ja an sich ein extremes Unding, da die subjektive Bewertung einer Aussage gleich mitzuliefern, wenn nicht gerade ein Kommentar verfasst wird. Oder ist „ätzt“ mittlerweile ein halbwegs deskriptiver Begriff geworden, nur ich habs nicht mitbekommen?

Gruß
F.

Seitdem man selbst in der Tagesschau solche Sätze hört:
„Dabei ist das Haus in die Luft geflogen.“
weiß ich, dass es mit dem

nicht mehr weit her ist.

Grüße
Dirk

Die hiesige Zeitung zitiert als Quelle Facebook, Twitter und die BILD.

Ich habe sie inzwischen abbestellt, sowas brauche ich nicht…

Bufo

Sprache lebt. Ob es immer das richtige ist, die allgemein verständliche Sprache zu nutzen, ich weiß nicht…

Allerdings würde ‚Der Herrscher der weiten Lande jenseits des Ozeans emberte despektierlich über die Pläne eines Motordroschken-Manufakten‘ auch komisch klingen

Genauso, wie Menschen evakuiert werden.
Oder hier: https://www.sport1.de/internationaler-fussball/la-liga/2018/11/gerard-pique-vom-fc-barcelona-bestraft-nach-fahrt-ohne-fuehrerschein
Originalzitat WDR: Er akzeptiert die Strafe.
Gut, dass er das gemacht hat. Nicht auszudenken, was der Richter gemacht hätte, hätte er nein gesagt.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich damit umgehen soll. Bin ich ein Erbsenzähler, Ewiggestriger, Besserwisser? Oder ist es mir wichtig, dass mit der Sprache vernünftig umgegangen wird?

Soon

2 „Gefällt mir“

Ich sage nur ‚Vielen Dank für Ihr Verständnis‘

1 „Gefällt mir“

Ein Klassiker…absolut lesenswert!

Mich nervt auch immer wenn „ein Auto mit einem LKW“ zusammenstieß.
Das Pendant zum LKW ist ja wohl PKW, oder?

Hallo

Ohne jetzt ätzen zu wollen würde ich sagen: Ja.

Das Verb ätzen (ein Intensivum zu äsen) hat ja zwei Bedeutungen: a) „füttern“, b) „beißen“.

Von der Bedeutung „ätzen = beißen“ abgeleitet wurde das Adjektiv „ätzend“ bereits in der Chemie des 19. Jhdts für eine Eigenschaft von Säuren und Basen. Der metaphorische Ausdruck „beißender Spott“ und „giftige Bemerkung“ (engl. „vitriolic remark“) ist seit ich weiß nicht wann im Sprachgebrauch. Von daher ist die Überleitung zu „ätzen“ synonym zu „sich sarkastisch äußern“, „gegen jmd giften, Gift sprühen“, „gegen jmd hetzen“ absolut nichts Neues.

Bereits seit den 1950ern ist der → Erikativ * ätz * im deutschen Sprachraum bekannt (obgleich Erika Fuchs diese deutsche infinite Verbform als solche nicht erfunden hat). Das Adjektiv „ätzend“ gehört mindestens seitdem zum umgangssprachlichen Vokabular, und zwar als Synonym zum Spektrum zwischen „langweilig“ und „unerträglich“.

Gruß
Metapher

Nunja, da sind wir, glaube ich, schon wieder im Bereich der Fachsprache. Und damit haben es unsere Journalistendarsteller oft schwer. Wissen sie oft selber nicht, wovon sie schreiben bzw. schreiben lassen. Was meinst du, wie oft in D täglich vorgefertigte Pressemitteilungen veröffentlicht werden, weil viele Tageszeitungen sparen müssen und sich keinen Lektor (der seinen Beruf ernst nimmt) mehr leisten können.

Soon

Ja, das stimmt natürlich.

Das ist genau der Punkt.
Wenn „ätzt“ exakt ausdrückt „sprach despektierlich“, dann hat der Begriff auf jeden Fall Sinn und Berechtigung auch in den Qualitätsmedien.

Für mein Empfinden drückt er aber nichts Festes oder Besonderes aus, sondern einfach nur die Bewertung des Artikelverfassers, über das, was da einer gesagt hat.

Gruß
F.

Oder Lkw übersah Fahrradfahrer… In doppelter Hinsicht der reine Hohn. Ist man einmal auf die üblichen Fehler der Journallie geeicht, findet man in sehr, sehr vielen Artikeln etwas in der Art

Gut.
Danke für die klare Aussage, das wollte ich ja wissen.

[quote]Bereits seit den 1950ern ist der → [Erikativ][1]

  • ätz * im deutschen Sprachraum bekannt (obgleich Erika Fuchs diese deutsche infinite Verbform als solche nicht erfunden hat). Das Adjektiv „ätzend“ gehört mindestens seitdem zum umgangssprachlichen Vokabular, und zwar als Synonym zum Spektrum zwischen „langweilig“ und „unerträglich“.

[/quote]

Das Adjektiv „ätzend“ kannte ich natürlich.
Ich hab auch das „ätzen“ an sich gekannt, aber ich hatte es mit der Yellow Press und mit seichten Themen assoziiert gehabt.

Gruß
F.