Zahlungsverkehr vor 120 Jahren in Deutschland als Ausländer

Moin,
zur Zeit sehe ich einen Spielfilm, der 1904 in Norddeutschland spielt (Das Rätsel der Sandbank). Zu einem großen Teil an der Nordseeküste inkl. der Insel. Zwei Briten segeln da rum, sind aber oft an Land. Kaufen Proviant ein, geben Telegramme auf, zahlen Kanalgebühren, wohnen auch mal im Hotel.
Wie hat man das damals ganz praktisch mit dem Bezahlen gemacht? Zuhause in England einen Haufen Pfund bei seiner Bank in Mark gewechselt und den Batzen dann die ganze Zeit rumgeschleppt? Oder gab es zumindest für reiche Leute zB im Falle des Hotels noch andere Möglichkeiten zu bezahlen, vielleicht per Scheck oder so? Auch gab es auf so kleinen Inseln wie Norderney sicherlich keine Bank. Konnte man damals Geldgeschäfte auch schon bei der Post erledigen?

Weiß das jemand? :slight_smile:

Mit Dank und Grüßen,
J~

Hallo,
also ich habe Zeiten erlebt, wo es keine Einheitswährung wie den Euro gab und auch keine Kredit-, Debit- oder EC-Karten. Das war nicht 1904, aber in den 70er Jahren. Da war es ganz normal, vor Antritt einer Reise Geld einzutauschen. Da musste man schon überlegen, wie kalkuliert man das, gibt es vor Ort Umtauschmöglichkeiten (weil billiger) oder was braucht man für die erste Zeit auf jeden Fall. Vermutlich hat man das 1904 nicht viel anders gemacht. :money_with_wings:

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Moin,

Ja, es gab damals Geldbriefträger; https://de.m.wikipedia.org/wiki/Geldbriefträger

GeschichteBearbeiten

1868 gab es in mehreren Orten bereits eine Zustellung bis 50 Talern zusammen mit dem Ablieferungsschein. Die Geldzustellung wurde 1872 einheitlich geregelt. Es konnten nun im Ortszustellbereich bis zu 500 Talern abgetragen werden, wenn nicht beim Postamt eine Abholungserklärung vorlag. Gleichzeitig galt die Zustellung auch für Postanweisungen. Ab 1874 konnte das Postamt die Summe herabsetzen. Im Laufe der Jahre wurden die Höchstbeträge immer wieder erhöht, einen Höhepunkt gab es in der Zeit der Inflation. Ein Zustellgeld für Geldsendungen wurde mit dem 1. Oktober 1919 abgeschafft. Mit der Einrichtung des Postscheckdienstes im Jahre 1909 nahm der Umfang der direkten Geldzustellung stetig ab.[1]

Die waren sogar bewaffnet.

-Luno

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Auch Moin,

Reiseschecks gab es ab 1874:

Bei Urlauben hatte ich zur Bargeldbeschaffung immer Euroschecks dabei. Die galten sowohl im Inland als auch in bestimmten europäischen Ländern. 1969 z.B. war ich das erstemal in Italien.

Gruß

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Servus,

die Postanweisung konnte man auch an sich selbst ausstellen, und das damit angewiesene Geld brauchte nicht mit einem Geldbriefträger zugestellt zu werden, es konnte auch bei der Post am Schalter abgeholt werden. Die Post beschäftigte als Träger hoheitlicher Aufgaben Beamte, die die Identität von Mr. John Doe verifizieren konnten, wenn der mit seinem Reisepass am Schalter stand („Postident“ ist ein kleines Restchen davon).

Ein anderes kleines Restchen dieser Form der Geldübermittlung ist die schnellste und teuerste Form der Postanweisung, die telegraphische Postanweisung: Überweisungen werden bis heute im anglophonen Bereich „wire“ genannt.

Übrigens funktionierte die Post in ihren fünf Sparten Brief, Paket, Geldverkehr, Telephon und Telegraph international durch alle kriegerischen Aktionen des zwanzigsten Jahrhunderts immer, mit Ausnahme des 15. und 16. Novembers 1923, wo Auszahlungen von Anweisungen aus Deutschland im Ausland nicht ausgeführt werden konnten, weil die Währungsreform zur Verminderung von Spekulationsgeschäften bis zum letzten Tag so gut geheim gehalten worden war, dass es schlicht noch keine postamtlichen Wechselkurse gab…

Schöne Grüße

MM

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Ganz im ernst? Du willst 1904 nicht mit den 1970ern vergleichen, wo es bereits europaweit akzeptiere Eurocheques gab und eine flächenmäßig dichte Versorgung mit Banken? Auch ein Postsparbuch gab es da schon mit der Möglichkeit im Ausland Geld abzuheben. Und telefonieren konnten die Banken da auch miteinander.

J~

Ach sieh an was es alles gab :slight_smile: Naja, meine Protagonisten sind ja laufend unterwegs und konnten sich das Geld eher nicht liefern lassen, aber immerhin andere Leute konnten das :slight_smile:

VG
J~

Auch das ist interessant. 1874 ist ja wirklich früh. Hätte diese Idee eher ins letzte Jahrhundert verortet, sogar eher erst in die Mitte. Euroschecks kamen ja erst deutlich später. Da war das besondere, dass es auch eine Einlösegarantie ohne entsprechende Deckung gab. Damit wurden die so wertvoll wie Bargeld.

VG
J~

Das ist auch sehr interessant. Immerhin einem der Protagonisten (Carruthers) würde ich zutrauen sowas gemacht haben zu können.

Ein anderes kleines Restchen dieser Form der Geldübermittlung ist die schnellste und teuerste Form der Postanweisung, die telegraphische Postanweisung: Überweisungen werden bis heute im anglophonen Bereich „wire“ genannt.

Auch das würde ich ihm zutrauen. Kosten scheinen bei ihm keine Rolle gespielt zu haben und er hat mehrfach telegrafiert.

Übrigens funktionierte die Post in ihren fünf Sparten Brief, Paket, Geldverkehr, Telephon und Telegraph international durch alle kriegerischen Aktionen des zwanzigsten Jahrhunderts immer, mit Ausnahme des 15. und 16. Novembers 1923, wo Auszahlungen von Anweisungen aus Deutschland im Ausland nicht ausgeführt werden konnten, weil die Währungsreform zur Verminderung von Spekulationsgeschäften bis zum letzten Tag so gut geheim gehalten worden war, dass es schlicht noch keine postamtlichen Wechselkurse gab…

irre :wink:

VG!
J~

Ein Möglichkeit, sich anderwärts mit Geld zu versorgen, war auch der Wechsel.

Hallo,

ich kann Dir die Frage konkret für diesen Sachverhalt auch nicht beantworten, aber Möglichkeiten gab es schon.

  1. Zu der Zeit war Kurantgeld in Gebrauch, d.h. Geld, das seinen Wert durch den Materialwert erlangte. Somit wäre es kein Problem gewesen, den Materialwert britischer Silber- und Goldmünzen zu bestimmen und das dann in deutsche Münzen umzurechnen.
  2. Zu der Zeit gab es schon telegrafische Verbindungen. Ob die schon für Geldanweisungen für Privatleute genutzt wurden, weiß ich nicht.
  3. Gerade neulich hörte ich eine sehr konkrete Schilderung darüber, wie zu der Zeit bspw. Urlaubsreisen auf den ostfriesischen Inseln aussahen. Man reiste mit dem halben Hausstand, war teilweise wochenlang unterwegs und hoffte dann darauf, dass man auf der entsprechenden Inseln einen Einheimischen fand, der ein Zimmer zu vermieten hatte (bzw. dass es dort schon ein Hotel gab). Schwer vorstellbar, dass man neben Töpfen, Tellern und Bettdecken nicht auch noch reichlich Bargeld transportierte. Insofern werden auch die Herren aus Britannien reichlich Bargeld dabei gehabt haben (zum Tausch siehe 1.).
  4. Der bargeldlose Auslandszahlungsverkehr wurde vor rd. 900 Jahren erfunden. 1118 – 1312: Die Templer – Bargeldlos ins Heilige Land - WELT

Gruß
C.

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