Mich wundert es sehr, dass eine (kassenärztlich zugelassene)
Zahnarztpraxis überhaupt keine Amalgam-Füllungen anbietet.
Alle offiziellen Stellungnahmen, die ich im Internet gefunden
habe, einschließlich der des Robert-Koch-Instituts und des
Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sagen
ganz klar, dass Amalgam von der Haltbarkeit her besser sei und
dass es keine Hinweise darauf gäbe, dass Amalgamfüllungen zu
gesundheitlichen Schäden führen, deshalb wollte ich mir eben
auch eine Amalgamfüllung machen lassen.
Servus Anja,
Du wunderst Dich mit Recht. Nicht so sehr über den amalgamverweigernden Zahnarzt, wohl aber über die Institution, die sein Verhalten reguliert. Der Zahnarzt als Freiberufler kann innerhalb seiner ‚Therapiefreiheit‘ seine Art der Behandlung frei wählen. Es trifft rechtlich durchaus zu, dass er die Amalgamfüllung nicht anbieten muss. Als Vertragszahnarzt unterliegt er zusätzlich noch den Richtlinien, die der Gemeinsame Bewertungsauschuss (GBa) beschließt. Diese Richtlinien haben früher als plastisches Füllungsmaterial im Seitenzahnbereich „in der Regel“ das Amalgam vorgesehen. Das ist heute nicht mehr so:
Heute heißt es:
„4. Es sollen nur anerkannte und erprobte plastische Füllungsmaterialien gemäß ihrer medizinischen Indikation verwendet werden. Die aktuellen Gebrauchs- und Fach-
informationen und Aufbereitungsmonographien sollen berücksichtigt werden.“
Diese allgemeinen Formulierungen lassen große Freiheit bei der Materialwahl. Dahinter stehen nicht etwa bessere werkstoffkundliche Erkenntnisse, dahinter stehen zwei verschiedene Bündel von Ursachen:
Das eine ist die wissensunbelastete esoterische, vorurteilsbasierte Pseudoinformiertheit, die man bei Laien wie Zahnmedizinern gleichermaßen antrifft, wenn es um das Amalgam geht. Die Zahnärzteschaft hatte es einfach satt, gerade in Sachen Amalgamfüllung als geldgierig und profitorientiert hingestellt zu werden, wo jeder Fachmensch weiß, dass diese Therapieform ein betriebswirtschaftliches Draufzahlgeschäft ist. Die resultierende Haltung war: „Wenn die Leute bereit sind, für Mist mehr zu bezahlen, sollen sie damit glücklich werden.“ Den Standesführern der Kassenzahnärzte ist vorzuwerfen, dass sie diesen Trend durch Schweigen und Zulassen gefördert haben. Schlau wie sie waren, haben sie wenigstens dafür gesorgt, dass die - in Sachen Haltbarkeit bisher nicht konkorrenzfähige - Composite-füllung in ihren verschiedenen Formen mit Kostenzuschlägen an die Kassenpatienten verkauft werden darf. Das war gleichzeitig ein Systembruch im sogenannten Sachleistungsprinzip (aber das ist ein anderes Thema).
Hier treffen also in einer marktwirtschaftlich orientierten Situation zwei interessierte Markteilnehmer aufeinander. Die Zahnärzte bekommen ordentlich Geld für ein Produkt, das die Patienten anderen Produkten vorziehen. Das Regulativ ist der Preis. Noch Fragen?
Eine der Fragen könnte sein: ist das konkurrierende Produkt nach objektiven Kriterien auch gleichwertig?
Dazu müsste man prospektive Studien über längere Zeiträume machen.Das kostet Zeit=Geld.
Wer ist daran interessiert, diesen Aufwand zu treiben? Die Krankenkassen? Die müssen ihre Bauchtanzkurse finanzieren.
Die Dentalindustrie? Innovationen lassen sich immer gewinnbringender vermarkten als alte Hüte.
Die Zahnärzteschaft? Siehe oben.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich schon sehr lange keine
Füllungen gebraucht habe und daher nicht weiß, wie der Stand
der Dinge ist. Ist das mittlerweile Usus? Bieten das
tatsächlich viele Praxen nicht an?
Ja
Unterscheidet sich die
Haltbarkeit moderner Kunststofffüllungen tatsächlich stark :von der Haltbarkeit von Amalgamfüllungen?
Ja. Soviel man weiß (auch, weil eine ordentliche, werkstoffgerecht gelegte Kunstofffüllung gar nicht so einfach zu machen ist) halten die Amalgamfüllungen länger. Sie sind halt aber leider
greislich
giftich und überhaupt nicht
zeitgeistich 
Gruß
Kai Müller