Hallo zusammen,
vielleicht erstmal zur Vorgeschichte: vor etwa 12 Jahren auf der Uni haben wir von Dingen wie CAM und sowas gelernt - die Systeme steckten damals noch in den Kinderschuhen, in der Praxis waren Zeichenbretter noch nicht unüblich und CAD am Computer war doch eine teilweise aufwendige Sache, letzten Endes vermeine ich mich an „elektronische Zeichenbretter“ zu erinnern.
So - inzwischen sind 12 Jahre ins Land gegangen, CAD-Systeme können Dinge, von denen die Zeichenbrett-Konstrukteure von damals nur träumen können. Bauteile können von allen Seiten in Echtzeit angeschaut werden, Bewegungen werden simuliert, finite Elemente Berechnungen sind Alltag etc. Alles so, wie man sich das seinerzeit in seinen kühnsten Träumen gewünscht hätte.
Die Welt könnte also perfekt sein (gewisse Kleinigkeiten bleiben natürlich noch als Wunsch, aber so im Grossen und Ganzen halt…). Aber jetzt kommt’s: nach elegantester Konstruktion mit kompliziertest simulierten Bewegungen und finiten Elementen, die quasi in Echtzeit berechnet wurden muss ich nach alter Väter Sitte Zeichnungen machen. Schön mit Drauf- und Seitenansicht, Schnitten, Details und allem was dazu gehört. Zum Teil mit Krücken automatisiert, aber letzten Endes ziemlich viel Handarbeit.
Und hier stosse ich mich: Warum sind diese Zeichnungen noch notwendig? Denn ich (und zumindest von meinen Kollegen noch ein paar *fg*) würde mir wünschen, dass ich mein Modell (mit kluger Bemassung sowie allen zusätzlichen Angaben in Bezug auf Oberflächen, Tolllleranzen etc.) als „irgendwas-Format“ zu meinem Lieferanten schicke und er das Modell einliest, das Programm daraus erstellt wird, entsprechend Material und Werkzeuge definiert werden und wuuusch das Teil draus wird.
Stattdessen mache ich mühevoll die Zeichnung, drucke dieselbe aus, schicke sie per Post an den Lieferanten (okay, das könnte ich per Mail tun, hier sprechen andere Gründe dagegen), woraufhin der sich hinsetzt, die gleiche Arbeit rückwärts macht und aus der Zeichnung wieder ein für seine Maschine lesbares Modell erzeugt. Und das kann’s doch echt nicht sein, oder? Ganz davon abgesehen, dass dabei natürlich Fehler passieren (Masze vergessen, Zahlendreher etc.) ist das meiner Meinung nach doppelte Arbeit.
Klar, ich weiss, dass es Firmen gibt, die das können und machen. Aber warum nicht die kleine bis mittelgrosse Werkstatt hier im Lande? Warum kriegen die Leute schon einen panischen Blick, wenn man nur das Modell als exe-File (für die Insider: E-Drawings) schickt, wo man alle Masse rausmessen kann? Nur für ein Angebot, nichtmal zum fertigen!
Ist das übergrosses Traditionsbewusstsein („an die Maschine gehört eine schwarzweiss-Zeichnung“)? Wären entsprechende Maschinen unfassbar teuer (aber innerhalb von 12 Jahren sollte doch ein Maschinengenerationswechsel Standard sein, täte ich denken)? Scheitert’s am entsprechenden Dateiformat? Oben schrieb ich ja bewusst vom „irgendwas-Format“ - das jedoch fände ich im Jahr des Herrn 2006 ein ziemliches Armutszeugnis. Oder wo ist das Problem?
Achja, wir reden hier vom klassischem Maschinenbau - nicht von irgendwelchem Prototypenbau mit Teilen aus Kunstharz 
*wink*
Petzi

