Zeitangaben mit 'lange'? bzw. unbestimmte Mehrzahl

Liebe Sprachkundigen,

ich sitze hier an meiner Abschlussarbeit und kriege die einfachsten Formulierungen nicht mehr hin, obwohl ich normalerweise ein recht gutes Sprachgefühl habe. Es ist wie mit diesen Wörtern, die sich plötzlich ganz komisch anfühlen, wenn man sie zu oft hintereinander sagt.

2 Probleme, bei denen ich um Hilfe bitte:

  1. Ich bin mir unsicher bezüglich der richtigen Angabe von Zeitdauern. Bsp: „Die Behandlung wurde täglich 6 h lang durchgeführt und dauerte insgesamt 10 Tage.“ Ist das „lang“ richtig/falsch/notwendig/optional? Sollte ich besser „wurde täglich über eine Dauer von 6 h durchgeführt“ schreiben? Solche Angaben über Zeitdauern kommen halt sehr oft vor, da möchte ich etwas abwechseln (daher auch die Passiv-Konstruktion, die mir normalerweise nicht wirklich gefällt).

  2. Ich habe Schwierigkeiten mit dem unbestimmten Artikel. Mehrzahl. Ihr seht mein Problem: dass es diesen leider nicht gibt.
    Nun habe ich hier den Satz:„Daneben widmete er sich der Untersuchung der Reaktion der Pflanzen auf verschiedene Stimuli (…)“.

Ich würde „Pflanzen“ gerne unbestimmt lassen, und dabei kommt mir in den Sinn, „Reaktion von Pflanzen“ zu schreiben. Ist das denn überhaupt korrekt? „der Pflanzen Reaktion“ kommt mir etwas altertümlich vor … meine Kreation klingt aber irgendwie „denglisch“, oder? (Habe viel englische Literatur in Verwendung, die anfangs ziemlich auf Stil meiner Exzerpte abfärbte.) Solche Stellen begegnen mir leider auch häufiger in meiner Arbeit, weshalb ich in der Formulierung etwas abwechseln möchte.

Freue mich über Hilfreiches,
Gruß
Mariedl

Hallo Mariedl,

nur ein paar schnelle Anregungen:

  1. Ich bin mir unsicher bezüglich der richtigen Angabe von
    Zeitdauern. Bsp: „Die Behandlung wurde täglich 6 h lang
    durchgeführt und dauerte insgesamt 10 Tage.“ Ist das „lang“
    richtig/falsch/notwendig/optional?

Meines Erachtens ist ›lang‹ hier richtig und empfehlenswert; ich würde es nicht weglassen. Allerdings würde ich ›sechs Stunden lang‹ statt ›6 h lang‹ schreiben. Bei deiner Alternative – da kannst du in der Tat gut abwechseln – würde ich ›täglich über sechs Stunden‹ dem von dir vorgeschlagenen ›täglich über eine Dauer von sechs Stunden‹ vorziehen. Im Grunde fügt weder das ›lang‹ noch die ›Dauer‹ inhaltlich viel hinzu, wenn schon von Stunden die Rede ist, aber auf Letzteres könnte ich eher verzichten als auf Ersteres.

Nun habe ich hier den Satz:„Daneben widmete er sich der
Untersuchung der Reaktion der Pflanzen auf verschiedene Stimuli (…)“.
Ich würde „Pflanzen“ gerne unbestimmt lassen, und dabei kommt
mir in den Sinn, „Reaktion von Pflanzen“ zu schreiben. Ist das
denn überhaupt korrekt?

Ja, ›die Reaktion von Pflanzen‹ ist prima. ›Der Pflanzen Reaktion‹ ist übrigens nicht nur altertümlich, sondern auch immer noch definit – damit löst du dein Problem nicht. Allerdings ist dein Satz ohnehin ein klassisches Beispiel für den Nominalstil, der so gefürchtet ist, dass er einen eigenen Wikipedia-Artikel hat :wink: Zu den Vorteilen des Nominalstils gehöre eine »Erhöhung informationeller Dichte«, lese ich. Ob das auch bei diesem Satz zutrifft, den ich wie folgt fassen würde, musst du entscheiden: ›Daneben untersuchte er, wie Pflanzen auf verschiedene Stimuli reagieren‹. Es ist in jedem Fall kein Fehler, gelegentlich mal in Richtung Verb zu denken, wenn sich längere Substantivketten à la ›die Untersuchung der Reaktion von Pflanzen auf Stimuli‹ ergeben.

Viel Erfolg bei der Abschlussarbeit!

Gruß
Christopher

Hallo Christopher,

Meines Erachtens ist ›lang‹ hier richtig und empfehlenswert;
ich würde es nicht weglassen. Allerdings würde ich ›sechs
Stunden lang‹ statt ›6 h lang‹ schreiben. Bei deiner
Alternative – da kannst du in der Tat gut
abwechseln – würde ich ›täglich über sechs Stunden‹ dem
von dir vorgeschlagenen ›täglich über eine Dauer von sechs
Stunden‹ vorziehen. Im Grunde fügt weder das ›lang‹ noch die
›Dauer‹ inhaltlich viel hinzu, wenn schon von Stunden die Rede
ist, aber auf Letzteres könnte ich eher verzichten als auf
Ersteres.

Vielen Dank. Auf so eine Antwort hatte ich gehofft. Und richtig, ich werde im Text von „sechs Stunden“ und nicht „6 h“ schreiben :smile:

Ja, ›die Reaktion von Pflanzen‹ ist prima.

Da bin ich erleichtert!

ist übrigens nicht nur altertümlich, sondern auch
immer noch definit – damit löst du dein Problem nicht.

Allerdings … wieso ist mir das nicht aufgefallen?

Allerdings ist dein Satz ohnehin ein klassisches Beispiel für
den Nominalstil. (…) Zu den Vorteilen des
Nominalstils gehöre eine »Erhöhung informationeller Dichte«,
lese ich.

Gutes Beispiel :wink:
Danke aber jedenfalls für den Hinweis, der sehr gut ist (und den ich selbst ja auch ganz gerne als Tipp gebe - aber es stimmt wohl, was gesagt wird, beim eigenen Text ist man da wohl etwas blind). Ich finde den Nominalstil ja herrlich verkorkst, allerdings geht er mir - gerade in wissenschaftlichen Texten - etwas auf die Nerven. Lässt sich halt nicht immer vermeiden, besonders, wenn man wiederholt ähnliche Informationen präsentieren muss.

Liebe Grüße und danke nochmal für die Anregungen!
Mariedl

Viel Erfolg bei der Abschlussarbeit!

Danke, das 130-Seiten-Ding ist beinahe fertig!

Gruß
Christopher

Vielen Dank. Auf so eine Antwort hatte ich gehofft. Und
richtig, ich werde im Text von „sechs Stunden“ und nicht „6 h“
schreiben :smile:

Hallo,
Erlaube mir kurz die Einmischung. ^^
Es gab früher mal diese Faustregel, Zahlen bis 10 (z.T. bis 12) auszuschreiben und den Rest in Ziffern. Aber das ist heute – vor allem in wissenschaftlicher Literatur – nicht mehr der Fall. Es kommt ein bisschen drauf an, was du genau schreibst. Wenn du viel mit Zahlen hantierst und diese wichtig sind, also vielleicht auch auf einen Blick gefunden werden sollen, ist es zu empfehlen, die Zahlen als Ziffern zu schreiben. Wenn du z.B. mehrere Pflanzen mit verschiedenen Chemikalien behandelst, und das über verschiedene Zeiträume hinweg, dann hast du vielleicht Stichproben nach 6 Stunden, nach 12 Stunden, nach 24 Stunden und nach 48 Stunden. Nur so als Beispiel. Hier sechs, zwölf aber 24 und 48 (nach der alten Faustregel) zu schreiben, wäre inkonsistent und dem Textverständnis möglicherweise sogar abträglich. Genauso wenn du verschiedene Mengen angibst, die wichtig sind. Oder eben andere Zahlen. Wenn du eine statistische Auswertung machst und darüber schreibst, dann schreibst du im Text natürlich auch nicht, dass zwei Prozent der Pflanzen keine Reaktion gezeigt haben, während 47 % eingegangen sind, sondern du bleibst konsequent und schreibst auch 2 %.

Aber wenn du eigentlich etwas anderes untersuchst und es gar nicht so wichtig ist, dass da irgendwas sechs Stunden lang gewirkt hat, oder wenn du gar keinen Vergleich mit anderen Zeiten anstellst, dann kannst du ruhig die Zahlen ausschreiben.

Viele Grüße,

  • André
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Hallo,

danke auch dir. Ich habe es jetzt so gemacht, dass ich in eher narrativen Stellen „sechs Stunden“ schreibe; in den langweiligeren Abschnitten, wo primär die Daten gegenübergestellt werden, verwende ich die Schreibweise „6 h“.

Wenn’s nicht passt, wird sich der Professor hoffentlich dazu äußern.

Viele Grüße,
Mariedl