Zeitfenster - Permafrost in Sibirien und Grönland

Hat Jemand eine Ahnung –oder kann man sich irgendwo im Netz informieren, wann der kritische Punkt erreicht wird, wo die Perma-Frostböden in Sibirien und Grönland in der Atmosphäre ihr Unheil anrichten. Ich denke das alles ist irgendwo schon im laufen- aber erst im Anfangszustand- denke ich. Irgendwann wird es dann mächtig Stress geben – was gibt es da für Zeitfenster?

Hi ordoban!

Wie Du schon richtig sagst, ist ein erhöhtes Entweichen von Methan und (weniger bedeutsam) Kohlenstoffdioxid bereits gemessen worden in sibirischen Permafrostregionen im Sommer. Aber Prognosen betreffend vermittelten die Paper die ich las mir eher den Eindruck von „Nichts Genaues weiß man noch nicht“.
Allenfalls las ich Abschätzungen, dass auch in Zukunft der Erwärmungsantrieb durch Methan aus Permafrostgebieten wahrscheinlich nicht über jenen aus einem Fünftel der menschengemachten Emissionen steigen wird. Permafrost-Methanfreisetzung ist aber längst nicht das einzige mögliche Feedback.
20% wären schon sehr viel - es ist aber auch wohl eher eine obere Abschätzung :confused: Entschlossene Reduktionen unserer Emissionen würden natürlich die absolute Höhe dieses Feedbacks reduzieren.

LG, Wizzy

Aber Prognosen betreffend vermittelten die Paper die ich las
mir eher den Eindruck von „Nichts Genaues weiß man noch
nicht“.

Das liegt insbesondere an den derzeit noch extrem ungenauen Messungen. Direkt kann man die Emission nur lokal messen und da genügt es häufig schon ein paar Meter weiter zu gehen und schon sehen die Werte ganz anders aus. Diese Inhomogenitäten kann man zwar wegbügeln, indem man weit genug über dem Boden misst, aber so erhält man nur indirekte Werde, die bereits durch Atmosphärenchemie und diverse Transportprozesse beeinflusst wurden. Die Ermittlung flächendeckender und zuverlässiger Daten ist extrem aufwändig und meines Wissens fängt man damit jetzt erst richtig an.

In den Permafrost-Böden müssten 1,5 bis 2 Billionen Tonnen organisches Kohlenstoff lagern die dann als Methan in die Atmosphäre gelangen. Das wären 3-mal soviel CO2 wie gerade dort oben vorhanden sind. Die Frage der Beschleunigung ist schwer zu errechnen weil die Wechselwirkungen der Potenzierung und Beschleunigung im Teufelskreis zeitlich schwer abzuschätzen ist. Aber unsere Meere und Biosysteme nehmen doch auch CO2 auf. Kann diese Aufnahme sinken? So viele Vulkanausbrüche haben wir zurzeit auch nicht. Das müsste man doch ungefähr errechnen können in vielen Jahren oder Jahrzehnten der kritische Punkt erreicht ist.

Aber unsere Meere und Biosysteme nehmen doch
auch CO2 auf. Kann diese Aufnahme sinken?

Die CO2-Aufnahme der Meere scheint in gleichem Maße zu steigen wie die antropogene CO2-Emission. Die Biosysteme sind leider keine so zuverlässigen CO2-Senken. Sie können sich bei schnellen Klimaänderungen sogar in Quellen verwandeln.

Hallo,

Hat Jemand eine Ahnung –oder kann man sich irgendwo im Netz
informieren, wann der kritische Punkt erreicht wird, wo die
Perma-Frostböden in Sibirien und Grönland in der Atmosphäre
ihr Unheil anrichten.

Da es sich hierbei um einen aktuellen Forschungsgegenstand mit hoher Dynamik handelt, findet sich das meiste Wissen dazu in der Primärliteratur der entsprechenden peer-reviewten Fachmagazine. Da es hier aber eine Vielzahl an Arbeiten gibt, mit Teils sehr unterschiedlichen Annahmen, Methodiken und zugrunde gelegten Szenarien, ist es für einen Laien fast unmöglich, sich daraus einen repräsentativen Überblick über den aktuellen Kenntnisstand zu verschaffen.
Man ist also auf gute Sekundärliteratur oder Meta-Studien angewiesen, die jedoch weit seltener sind und meist in größeren zeitlichen Abständen folgen, so dass oft neuere Erkenntnisse nicht mehr enthalten sind. Das Standardwerk hierzu wäre eigentlich der IPCC-Bericht, nur ist der letzte Bericht (AR4) schon fast 6 Jahre alt und die darin enthaltene Literatur aufgrund des Redaktionsschlusses noch mal mindestens 1-2 Jahre älter. Seither hat sich jedoch sehr viel auf diesem Gebiet getan, so dass dir das vermutlich nicht viel weiter helfen wird (in der Tat steht auch gar nicht so viel drin im AR4, weil man damals eben noch nicht viel wusste.

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Abschätzungen und der kommende IPCC-Bericht (AR5) wird in Kapitel 6 der Arbeitsgruppe 1 detailiert darauf eingehen, allerdings muss man sich für die finale Fassung noch bis September 2013 gedulden. Es kursieren jedoch im Netz Entwurfsfassungen (Google: AR5 second order draft), die zwar sicher noch überarbeitet werden, aber zumindest eine erste Ahnung geben.

So heißt es dort, dass es derzeit noch keine Belege dafür gibt, dass tauender Permafrost aktuell einen nennenswerten Anteil am Anstieg der Treibhausgase hat. Für CO2 ist die Arktis sogar derzeit eine Kohlenstoff-Senke, für Methan eine geringe Quelle, jedoch vorrangig von saisonal auftauenden Feuchtgebieten.
Mit zunehmender Erwärmung wird jedoch erwartet, dass die Emissionen jedoch deutlich zunehmen werden, jedoch ist die Bandbreite der Abschätzung ziemlich groß. Mit einer mittelmäßigen Übereinstimmung geht man jedoch davon aus, dass die kumulativen Methan- und CO2-Emissionen aus auftauenden Permafrost auch in „High-Emission-Szenarios“ unter 200 Petagramm CO2-Äquivalente bis zum Jahr 2100 bleiben werden. Dies entspräche etwa knapp einem CO-Anstieg von rund 100 ppm.
Das ist also durchaus eine Menge, aber auch nicht katastrophal. Bei den „High-Emission-Szenarien“ würde das etwa 20% der anthropogenen Emissionen entsprechen.

vg,
d.