zeitgemäß bearbeitet?

Liebe Bücher- und Verlagskenner,

was für eine Art der Bearbeitung muss man sich vorstellen, wenn in einem Buch vorne drinsteht:

Aus dem Englischen übersetzt und zeitgemäß bearbeitet von Hertha Lorenz.?

Das steht in:

Lewis Wallace, Ben Hur,

herausgegeben vom

1986 by Neuer Kaiser Verlag - Buch und Welt,
Hans Kaiser, Klagenfurt

Gruß Fritz

Servus Fritz!

was für eine Art der Bearbeitung muss man sich vorstellen,
wenn in einem Buch vorne drinsteht:
Aus dem Englischen übersetzt und zeitgemäß bearbeitet
von Hertha Lorenz.
?

Das steht in Lewis Wallace, Ben Hur,

Das Buch wurde vor mehr als 100 Jahren geschrieben und die deutsche Sprache hat sich in dieser Zeit auch verändert. Da wird man halt einmal ein wenig nachgebessert haben.

Helene,
nicht Bücherkenner, aber -liebhaber!
(Was ist die Definition für ‚Bücherkenner‘ ? :smile:) )

Also, Helene,

diese Antwort

Das Buch wurde vor mehr als 100 Jahren geschrieben und die deutsche Sprache hat sich in dieser Zeit auch verändert. Da wird man halt einmal ein wenig nachgebessert haben.

stellt mich nicht so recht zufrieden. Der englische Text ist hundert Jahre alt und vor hundert Jahren hat man vielleicht andere deutsche Wörter bei manchen englische benutzt.
Vielleicht hat man damals einen Fluch oder ein Four-Letter-Word weniger drastisch übersetzt als heute.

Aber das ist doch keine Bearbeitung.

Fritz

(Was ist die Definition für ‚Bücherkenner‘ ? :smile:) )

Das weiß ich auch nicht so genau. Halt einer, der schnell weiß, von welchem Buch die Rede ist, wenn von einem Buch die Rede ist. :wink:

was für eine Art der Bearbeitung muss man sich vorstellen,
wenn in einem Buch vorne drinsteht:

Aus dem Englischen übersetzt und zeitgemäß bearbeitet
von Hertha Lorenz.
?

Hallo Fritz,
da werden Befürchtungen wach und schlimme Erinnerungen an „pädagogisch wertvolle“ Bücher, die ich als Kind gelegentlich von wohlmeinenden Verwandten geschenkt bekam. Da stand dann allerdings etwas unverblümter drin „gekürzt und für die Jugend bearbeitet“. Man kann sich vorstellen, was man mit solch kriminellem Tatvorsatz etwa aus Cervantes’ ‚Don Qijote‘ oder aus Bulwer-Lyttons ‚Die letzten Tage von Pompeji‘ machen kann. Das war blanker literarischer Rufmord an Leuten, die sich dagegen nicht mehr gerichtlich zur Wehr setzen konnten.

Ich kann mich natürlich irren - aber ich habe den Verdacht, dass ‚zeitgemäße Bearbeitung‘ ein Euphemismus für eine actionfilm-drehbuchkompatible Verhunzung ist.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo, Raff,

da werden Befürchtungen wach und schlimme Erinnerungen an
„pädagogisch wertvolle“ Bücher

Ich dachte auch an Karl May, der von dem nach ihm benannten Verlag schamlos „bearbeitet“ wurde.

Ich kann mich natürlich irren - aber ich habe den Verdacht,
dass ‚zeitgemäße Bearbeitung‘ ein Euphemismus für eine
actionfilm-drehbuchkompatible Verhunzung ist.

Also dann muss ich drauf achten, ob Szenen, die es im Buch nicht gab, die aber im Film gut wirkten, nun auch im Buch erscheinen, und dazu muss ich auch noch das Original und eine ältere Übersetzung lesen.

Arno Schmidt hat Recht: Lesen ist schrecklich!

Danke und Gruß Fritz

Hallo Fritz,

was für eine Art der Bearbeitung muss man sich vorstellen,
wenn in einem Buch vorne drinsteht:

Aus dem Englischen übersetzt und zeitgemäß bearbeitet
von Hertha Lorenz.
?

Das steht in:

Lewis Wallace, Ben Hur,

herausgegeben vom

1986 by Neuer Kaiser Verlag - Buch und Welt,
Hans Kaiser, Klagenfurt

in jeder Generation ändert sich das Sprachgefühl und die Lebenseinstellung. Deshalb müsste theoretisch auch jedes fremdsprachige Buch in jeder Generation neu für Leser übersetzt werden.

Zweitens gab es im 19. Jahrhundert keine verbindliche Übereinkunft unter Übersetzern und Verlegern, Bücher wort- und sinngetreu, oder noch besser: vollständig zu übersetzen. Heute ist das etwas anders, deshalb findest Du in Büchern des 20. Jahrhunderts immer den Hinweis „vollständige“ bzw. „geringfügig gekürzte“ Übersetzung „Jugendausgabe“.

Du müsstest natürlich diese neue Übersetzung für Buch und Welt am besten mit dem Original und der alten Übersetzung vergleichen. Möglich, dass Dir die neue besser zusagt.

viele grüße
geli

Aus dem Englischen übersetzt und zeitgemäß bearbeitet
von Hertha Lorenz.
?

Fritz, ich habe schon Sachen, ‚ältere Bücher‘, die ich auf Deutsch kannte, auf English original gelesen - und mich erschrocken, wie veraltet und fremd die Sprache klang! War richtig enttäuscht, denn es war ja das ORIGINAL. Aber tatsächlich, das Originalwerk wird nicht verändert (ok, ausser bei ‚richtig alten‘ Werken, wie zb die Schreibweise bei Shakespeare, Goethe etc). Aber die fremdsprachlichen Übersetzungen werden doch öfters mal angepasst. So gibt es halt Bücher ‚in neuer Übersetzung‘, und wohl solche, die nicht neu übersetzt wurden, sondern nur ein bisschen verändert wurden.

Zugegeben - es gibt auch Werke, die inhaltlich ein bisschen zuviel verändert werden, gekürzt etc etc… , quasi, um sie an ein vermeintliches oder wirkliches verändertes Leserverhalten anzupassen.

Gruss, Isabel

Hallo Fritz

da werden Befürchtungen wach und schlimme Erinnerungen an
„pädagogisch wertvolle“ Bücher

Ich dachte auch an Karl May, der von dem nach ihm benannten
Verlag schamlos „bearbeitet“ wurde.

Bei Karl May sind ja nun teils auch die Orignialtexte wieder zugänglich (z. B. von „Unter Geiern“ bei Reclam). Neben vielen „pädagogisch wertvollen“ Änderungen, die ich reichlich überflüssig finde, sind mir vor allem die Änderungen aufgefallen, die Mays Rassismus (gegen Schwarze, Juden, etc.) abmildern oder verstecken sollen. Ähnliches könnte ich mir durchaus auch bei Ben Hur und anderen Büchern aus dem 19. Jahrhundert vorstellen, kann aber zu Ben Hur jetzt konkret nichts sagen. Das wäre aber jedenfalls auch eine Spur, nach der Du suchen könntest.
Bei solchen Kürzungen bin ich sorgar schon im Zweifel, ob ich sie nicht ganz o.k. finde, wenn das Buch nicht ausdrücklich als Studienausgabe o.Ä. ausgewiesen ist.

Grüße
Lessing

Hallo, Lessing,

nicht nur teils

Bei Karl May sind ja nun teils auch die Orignialtexte wieder
zugänglich (z. B. von „Unter Geiern“ bei Reclam).

Beim Olms-Verlag gibt es sogar Reprints der Münchmeier-Romane und bei Haffmanns ist der Text der ersten 33 Bände der Fehsenfeldausgabe, der ersten Buchausgabe, zu kriegen und im Netz gibt es:

http://karlmay.leo.org/kmg/primlit/index.htm

Die „Bearbeitungen der KMV“ bezogen sich auf Fremdwörter - wo heute „kundschaften“ steht, heißt es bei May stets „rekognoszieren“ -, auf „Sexszenen“ - wobei es sich um nach heutigem Verstädnis völlig harmlose „wogende Busen“ und „tiefstes Negligee“ handelte -, es wurden geografische Passagen gekürzt, freundliche Beschreibungen von Juden getilgt und die Juden „verjudet“ - also ganz anders als du sagtest - und all dies geschah mit Wissen und Zustimmung der zweiten Frau Mays.

Fritz

Hallo,

ich stelle mir das ähnlich vor wie die neue Übersetzung von „Der Herr der Ringe“. Hier ein Essay zum Thema:

http://www.herren-des-westens.de/hdr_infos/essay_kre…

Gruß,

Myriam

Hallo, Myriam,

solche Neuübersetzungen sind bisweilen dringend nötig.

So haben mir russische Muttersprachler versichert, dass die Übersetzung von Dostojewskijs „Verbrechen und Strafe“ (früher fälschlich: Schuld und Sühne) von Swetlana Geier dem Original überhaupt erst nahe kommt.

Und ein wichtiges Element sei dabei die Annäherung an die „Straßensprache“.

Bei der angesprochenen Ben Hur-Übersetzung ist mir bisher „Jehova“ statt „Jahwe“ und die Schreibung „Judah“ aufgestoßen. Aber das steht wohl so bei Wallace.

Wenn solche Sachen in der Übersetzung geändert worden wären, hätte ich nichts gegen eine „Bearbeitung“.

Gruß und Dank für den Link.

Fritz

Ich besitze übrigens beide Fassungen und das Original von Tolkien.

PS
Gerade eben fällt mir ein Buch von meiner Mutter, dass ich in meiner Jugend gelesen habe, ein. Ü aus dem Englischen - und da stand irgendwo tatsächlich ‚es regnete Katzen und Hunde‘.

Gruss, iz.