Hallo,
Ein Jugendlicher soll ab 2013 1 x wöchentlich Zeitungen für je 10 Euro verteilen und dieses 50 x im Jahr machen.
Er macht es aber aus Versehen 52 x.
Wird er dann rückwirkend beitragspflichtig zur Rentenversicherung auf Basis des fiktiven Mindestverdienstes von monatlich 175 EUR von denen er in Wahrheit mtl. nur maximal etwas über 40 EUR verdiente?
UND: zahlt er daher für die Differenz der Vergangenheit dann auch noch die vollen Rentenbeiträge alleine nach, weil die jetzt (nach 52 x austragen) beantragte Befreiung nur für die Zukunft gilt?
Bleibt dann vom Verdienst der Vergangenheit überhaupt noch etwas für ihn übrig???
Danke für fachkundige Auskunft.
JohBa
Hallo,
Ein Jugendlicher soll ab 2013 1 x wöchentlich Zeitungen für je
10 Euro verteilen und dieses 50 x im Jahr machen.
Er macht es aber aus Versehen 52 x.
Aus Versehen, aha.
Wird er dann rückwirkend beitragspflichtig zur
Rentenversicherung auf Basis des fiktiven Mindestverdienstes
von monatlich 175 EUR von denen er in Wahrheit mtl. nur
maximal etwas über 40 EUR verdiente?
Kommt drauf an.
Erst einmal wäre es wichtig zu wissen, was ursprünglich beabsichtigt war. Ich vermute, die Beschäftigung sollte eine kurzfristige werden mit einem Rahmenarbeitsvertrag der über ein Jahr ging und 50 Arbeitstage beinhaltete. Jetzt ist die große Frage für das weitere Vorgehen, ob diese Vereinbarung in sich korrekt war, also ob die vertraglichen Vereinbarungen ordnungsgemäß abgeschlossen wurden.
Gibt es einen derartigen Vertrag nicht, dann sagen zumindest die Geringfügigkeitsrichtlinien, dass es bei wiederholter Beschäftigung von ein und demselben Arbeitgeber unschädlich ist, wenn die 50 Arbeitstage nicht überschritten werden. Das ist aber ein heißes Eisen, so bald die Zeitgrenzen überschritten werden (für mich persönlich aber auch schon davor). Weil es muss der Nachweis geführt werden, dass die Beschäftigung auf die gesetzlichen Zeitgrenzen tatsächlich befristet war. Ohne etwas schriftliches ist das relativ schwierig und bietet eine hervorragende Grundlage zum Streiten.
Nach meiner Erfahrung hat es sich im Zeitungsgewerbe mittlerweile rumgesprochen, was man machen muss, um die Austräger ordnungsgemäß als Kurzfristige führen zu können, von daher sehe ich in den meisten Fällen tatsächlich schriftliche Rahmenarbeitsverträge.
Falls ja, dann muss man noch wissen, ab welchem Zeitpunkt erkennbar war, dass die Zeitgrenzen überschritten werden bzw. wurden. Im besten Fall werden es nur die zwei Überschreitungstage sein.
Sollte es aber Probleme bei der Nachweisführung geben oder sonst irgend etwas nicht ganz koscher sein, wäre im schlimmsten Fall die gesamte Beschäftigung keine kurzfristige mehr und wäre vermutlich eine geringfügige Beschäftigung.
Aber das hängt alles vom Einzelfall ab, also was es für Unterlagen gibt und unter Umständen können sogar die Meldungen an die Minijob-Zentrale ausschlaggebend sein.
UND: zahlt er daher für die Differenz der Vergangenheit dann
auch noch die vollen Rentenbeiträge alleine nach, weil die
jetzt (nach 52 x austragen) beantragte Befreiung nur für die
Zukunft gilt?
Wie gesagt, kommt erst einmal drauf an, was für die Vergangenheit passiert. Und wann überhaupt die „Vergangenheit“ beginnt. Diese Befreiungsgeschichte gilt erst seit 01.01. diesen Jahres.
Als Hintergrund: Bis 31.12.2012 war es so, dass geringfügige Beschäftigungen von Hause aus „versicherungsfrei“ waren, d.h. der Arbeitgeber hat 15 % Pauschalbeiträge abgeführt und der Arbeitnehmer konnte freiwillig erklären, ob er noch die übrigen 4,6 % drauf zahlt und Pflichtbeiträge dadurch erwirbt.
Das wurde zum 01.01. ins Gegenteil verkehrt. Von Hause aus fallen jetzt Pflichtbeiträge an, also incl. Zuzahlung des Arbeitnemers von 3,9 % und davon kann er sich befreien lassen.
Und jetzt noch ein großes ABER: Wer eine alte geringfügige Beschäftigung hat, also bis 31.12.2012 aufgenommen, für den bleibt es weiterhin bei der Anwendung des alten Rechts. D.h. er rutscht erst einmal nicht in dieses neue Recht mit den Pflichtbeiträgen hinein.
Und hier tut sich für mich eine sehr spannende Frage auf: Was passiert mit einer falsch beurteilten kurzfristigen Beschäftigung die über den Jahreswechsel hinaus geht? Tatsächlich ist es wegen der Fehlbeurteilung eine geringfügige Beschäftigung, aber welches Recht wendet man nun an, neu oder alt? Ich denke man müsste das dann so lösen, dass man schaut ab wann die Beurteilung falsch war. War sie schon in 2012 falsch, dann läge hier mE schon in 2012 eine geringfügige Beschäftigung vor mit der Folge, dass diese auch über den Jahreswechsel bestehen bleibt und weiterhin das Altrecht anzuwenden wäre.
Aber jetzt zur Befreiung.
Zumindest nach außen gegenüber der Krankenkasse ist Beitragsschuldner der Beiträge der Arbeitgeber, d.h. er muss erst einmal zahlen. Aber im Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer hat er einen Anspruch auf die von ihm zu tragenden Beitragsanteile, d.h. heißt hier konkret die 3,8 %. Die darf er dem Arbeitnehmer grundsätzlich vom Lohn abziehen, aber für die Vergangenheit per se erst einmal nur von den letzten drei Abrechnungen. Hat der Arbeitnehmer aber beispielsweise falsche Angaben gemacht, dann darf er auch noch länger diesen Anteil einbehalten. Es ist also für die Vergangenheit über die drei Abrechnungen hinaus eine Verschuldensfrage. Liegt der Fehler beim Arbeitgeber, hat er Pecht gehabt. Liegt er beim Arbeitnehmer, dann muss er zahlen.
Und jetzt noch ein Aspekt um das ganze noch kurioser zu machen. Man kann in diesen Fällen, in welchen die Befreiung verspätet abgegeben wird auch prüfen, ob man nicht eine sog. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand machen kann. Bleiben wir mal beim konkreten Beispiel. Der Arbeitgeber hat falsch beurteilt, d.h. er ist irrtümlich von einer kurzfristigen Beschäftigung ausgegangen. Dadurch kam man erst gar nicht zu dem Punkt zu entscheiden, ob man nun eine Befreiung haben will oder nicht. In der Rückschau könnte man dieses Recht dem Arbeitnehmer aber noch einräumen, d.h. man tut so, als wäre man in der Vergangenheit. Man geht quasi zurück auf Anfang. Aber das ist auch wieder einzelfallabhängig.
Bleibt dann vom Verdienst der Vergangenheit überhaupt noch
etwas für ihn übrig???
Wie geagt, kommt ganz darauf an wie der Fall nun ausgeht.
LG
S_E