Zeitungsüberschriften

Hi,

es fällt mir schwer zu beschreiben was ich meine; darum zitiere ich einfach mal zu Beginn ein paar typische Überschriften aus Tageszeitungen:
„Der neue Hauptbahnhof kommt gut an“
„Die Automobilbranche beschleunigt 2006“
„Modehäuser müssen sich diesen Winter warm anziehen“

Ihr seht wohl worum es geht. Recht plumpe Bezüge zwischen der Aussage des Textes und bestehenden Floskeln. Und jedes mal wenn ich sowas lese frage ich mich kurz ob das ein Gag, witzig oder Ernst sein soll.

Wie geht es euch, wenn ihr sowas lest? Mich schreckt das eher ab und macht mich garnicht neugierig den Artikel zu lesen. Wünschen Leser heute solche „lustigen“ Zeitungen oder merken sie es am Ende überhaupt nicht?

Viele Grüße,
J~

>>frage ich mich kurz ob das ein Gag, witzig oder Ernst sein soll.
Kann natürlich alles sein. Du sprichst von plumen Floskeln…wie hättest du die Titel denn am liebsten? Knapp und Sachlich? Uebertrieben und marktschreierisch?

Das Image oder die Seriosität haben sicher einen grossen Einfluss (zB Bild oder FAZ).
Stell dir einfach mal vor, DU müsstest für jeden Artikel einen Titel schreiben…
Für mich sollte ein Titel grundsätzlich eine Art Extrakt des Artikels sein, möglichst emotionslos und sachlich.

es fällt mir schwer zu beschreiben was ich meine; darum
zitiere ich einfach mal zu Beginn ein paar typische
Überschriften aus Tageszeitungen:
„Der neue Hauptbahnhof kommt gut an“
„Die Automobilbranche beschleunigt 2006“
„Modehäuser müssen sich diesen Winter warm anziehen“
Ihr seht wohl worum es geht. Recht plumpe Bezüge zwischen der
Aussage des Textes und bestehenden Floskeln. Und jedes mal
wenn ich sowas lese frage ich mich kurz ob das ein Gag, witzig
oder Ernst sein soll.

Wie geht es euch, wenn ihr sowas lest? Mich schreckt das eher
ab und macht mich garnicht neugierig den Artikel zu lesen.
Wünschen Leser heute solche „lustigen“ Zeitungen oder merken
sie es am Ende überhaupt nicht?

Viele Grüße,
J~

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Wünschen Leser heute solche „lustigen“ Zeitungen oder merken
sie es am Ende überhaupt nicht?

‚Hi‘ auch an Euch!

Wollte erst 'n halben Roman schreiben; lasse aber doch nur 'ne kurze Meinung hier:

Immer mehr verfestigt sich meine Überzeugung derart, dass es ihnen am Ende so reicht, weil sie so daran gewöhnt sind…

Ob es ihnen am Ende egal ist, oder sie es aus ‚Einsicht‘ annehmen, kann ich nicht definitiv beantworten.
Ob sie sich nämlich wollend daran gewöhnt haben oder man ihnen das Gewöhnenwollen ‚abgenommen‘ hat, bleibt noch ein Geheimnis.

Nachdenklich grüßen wollend!
Spacer

„Der neue Hauptbahnhof kommt gut an“
„Die Automobilbranche beschleunigt 2006“
„Modehäuser müssen sich diesen Winter warm anziehen“

Man kann nicht alles lesen. Deswegen sind eindeutige Überschriften ganz nützlich.
Schönen Feiertag
Spencer
PS: Am 1. Mai hat es sich bald ausgefeiert (Überschrift)
Der 1. Mai soll gestrichen werden.

Guten Tag, James,
hübsche Beispiele, die Du hier bringst.

Natürlich wird hier mit gängigen Floskeln gespielt. Es geht schließlich bei einer Überschrift darum, den Leser zum Lesen des Artikels zu verführen, bei den großbuchstabigen Überschriften wohl auch gar darum, den Kaufreiz auszulösen. Und da haben derartige Assoziationen eben einen hohen Wiedererkennungs- und Aufmerksamkeitswert.

Wir dürfen ja nicht vergessen, dass hinter diesen Überschriften ein Kampf um verkaufte Exemplare tobt und zwischen den Journalisten um die eigene Position. Da wird schon einmal tief in die Kiste mit den Klischees gegriffen und Wortspiele bis zum Flachwitz ausgereizt.

Dem Leser nützt das Ganze nur in zweiter Linie. Er sieht in der Überschrift nur ein Schlaglicht, hört in marktschreierischer Art nur einen Aspekt einer Meldung.

Diese Überschriften sind also für den Leser das, was der Wurm an der Angel für den Fisch ist. Der Haken daran ist dann eben die mit dem Artikel verbundene Botschaft, die der Leser schlucken und sich zu eigen machen soll.

Dazu gehört ja auch die Überlegung, welche Nachrichten überhaupt den Weg in die Zeitung finden. Die alte Geschichte also, warum „Hund beißt Mann“ keine Meldung ist, wogegen „Mann beißt Hund“ immer eine Nachricht ist, warum über die Tausende friedlicher Bürger kein Wort verloren wird, wohl aber über die Handvoll, die eben unfriedlich sind.

Das zwangsläufig insgesamt schiefe Bild unserer Gesellschaft wird dadurch vermittelt, die irrationale Angst vieler Leute gefördert, Verbrechen und Gewalttaten seien „Normalität“.

Grüße
Eckard

hallo J, ich weiß, was du meinst. und mir dreht’s auch jedesmal den magen rum,
wenn ich so billige formulierungen lesen oder hören muss. es ist plump und
schlecht getextet. fertig. man kann bei headlineformulierungen durchaus auch auf
intelligente wortwahl kommen. das hat nix mit der knäppe des textes zu tun.

es grüßt beipflichtend
cachoo

Der 1. Mai soll gestrichen werden.

Ist das wahr?
Wie wird er gestrichen?
Grün ??

Hi J~,

Ihr seht wohl worum es geht. Recht plumpe Bezüge zwischen der
Aussage des Textes und bestehenden Floskeln.

Für mich sind das Assoziationen, die ich insofern gut finde, weil sie von jedem sofort verstanden werden.

Und jedes mal
wenn ich sowas lese frage ich mich kurz ob das ein Gag, witzig
oder Ernst sein soll.

Im besten Falle alles zusammen.

Wie geht es euch, wenn ihr sowas lest?

Ich schmunzle

Mich schreckt das eher ab und macht mich garnicht neugierig den Artikel zu lesen.

Wenn die ‚Modehaus‘-Headline im Wirtschaftsteil steht (was zu vermuten ist), lese ich sie sowieso nicht - weil mich der Wirtschaftsteil nicht sonderlich interessiert…

Ansonsten war ich von jeher von guten, skurrilen, metaphernreichen, poetischen oder sonstigen Überschriften fasziniert (das Feuilleton der ZEIT ist ein Überschriften-Eldorado für mich …). Und das so sehr, dass ich einige Zeit die Überschriften ausgeschnitten, gesammelt, und manchmal mit den Überschriften als Titel kleine Schreib-Übungen gemacht habe.

z.B.

„Das Lächeln im Kühlschrank“
„Die Frau beim Grübeln auf eigene Faust“
„Kleines Stolpern aber kein Sturz“
„Frau mit Kuh im Grünen“

Wünschen Leser heute solche „lustigen“ Zeitungen oder merken
sie es am Ende überhaupt nicht?

‚Lustige Zeitungen‘ ???Weiß ja nicht, ob FAZ und Handelsblatt z.B. lustige Zeitungen sind…

Und eine schöne Überschrift zum Thema zum Schluss:

„Ja, ja, da lernt man den höheren Blödsinn“

Sonntagsgruß
Adler

Der 1. Mai soll gestrichen werden.

Grün ??

Das ist im Allgemeinen die Streichfarbe.

hallo Adler,

„Das Lächeln im Kühlschrank“
„Die Frau beim Grübeln auf eigene Faust“
„Kleines Stolpern aber kein Sturz“
„Frau mit Kuh im Grünen“

was du hier aufgezählt hast, sind für mich sehr geistreiche sätze.
Js beispiele sind anders, möchtegern geistreich.

„Ja, ja, da lernt man den höheren Blödsinn“

großartig!

gruß,
cachoo

Hallo!

Ich weiß nicht mehr, ob sich das mal die Stuttgarter Zeitung oder die Stuttgarter Nachrichten (beide an und für sich seriös) erlaubt haben: (Über den damaligen Stuttgarter OB Manfred Rommel):

„Rommel: Eine blinde Sau“

Der Artikel dazu war ein ganz nettes Interview mit Rommel, in dem er unter anderem aus seiner Schulzeit erzählte. Anscheinend war er nicht in allen Fächern überragend und bekam mal von seinem Lehrer eine Arbeit mit den Worten zurück: „Au a blinde Sau findet mal a Eichele.“ (Schwäbisch für: „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.“)

Wenn wir gerade schon bei Stuttgart sind: Auf der Stuttgarter Einkaufsmeile, der Königstraße, gibt es einen Waffenladen, der allen Ernstes vor ein paar Jahren im Schaufenster den Werbeslogan hatte:

„Bei uns schneiden sie gut ab.“

Michael

Hi Anja,

Für mich sind das Assoziationen, die ich insofern gut finde,
weil sie von jedem sofort verstanden werden.

ja, hoffentlich :smile: Und an sich ist ja „mal“ ganz nett; zumindest dann, wenn es wirklich schmunzelnd gemeint ist. Aber wenn diese Bezüge nun dauernd auftreten finde ich es eher albern. So richtig geistreich, wie sie vielleicht in der Zeit sein mögen sind sie nämlich in den Tageszeitungen die ich kenne nicht.

Und jedes mal
wenn ich sowas lese frage ich mich kurz ob das ein Gag, witzig
oder Ernst sein soll.

Im besten Falle alles zusammen.

aber es nutz sich schnell ab. Da wirkt es auch mich nur noch blöd… Vielleicht sollte ich keine Zeitung mehr lesen, kaufe die eh nur wegen der Anzeigen…

Wenn die ‚Modehaus‘-Headline im Wirtschaftsteil steht (was zu
vermuten ist), lese ich sie sowieso nicht - weil mich der
Wirtschaftsteil nicht sonderlich interessiert…

Das mit dem Bahnhof stand gestern auf der Titelseite, ist also nicht nur auf den Wirtschaftsteil beschränkt.

„Das Lächeln im Kühlschrank“
„Die Frau beim Grübeln auf eigene Faust“
„Kleines Stolpern aber kein Sturz“
„Frau mit Kuh im Grünen“

Aha, diese Zusammenhänge begreife ich nun wieder nicht :wink: Sind das angelehnte, verfremdete Floskeln? Oder beziehen die sich gar auf dich? :smile:

‚Lustige Zeitungen‘ ???Weiß ja nicht, ob FAZ und Handelsblatt
z.B. lustige Zeitungen sind…

Eben, umso unpassender finde ich diesen Stil in klassischen Zeitungen. Lese ja keine Bild… :smile:

Schönen Maitanz noch,
J~

Hi,

wenn ich so billige formulierungen lesen oder hören muss. es
ist plump und
schlecht getextet.

ja, meiner Meinung nach mache ich etwas entweder gut oder gar nicht. Es spricht IMHO nichts gegen einfache Überschriften a la „Branche im Aufwind“ wenn es nicht grade die Luftfahrt gemeint ist :wink:

. man kann bei headlineformulierungen
durchaus auch auf
intelligente wortwahl kommen. das hat nix mit der knäppe des
textes zu tun.

Ebent…

es grüßt beipflichtend

Ich danke dir für deinen Zuspruch :smile:

Herzlichst,
J~

Hi,

Natürlich wird hier mit gängigen Floskeln gespielt. Es geht
schließlich bei einer Überschrift darum, den Leser zum Lesen
des Artikels zu verführen,

OK, vielleicht bin ich auch gar nicht (mehr) die Zielgruppe einer Zeitung. Einfachheit schreckt mich eigentlich nicht ab, aber wenn’s plump wird schalte ich um bzw. blättere weiter.

Wir dürfen ja nicht vergessen, dass hinter diesen
Überschriften ein Kampf um verkaufte Exemplare tobt und
zwischen den Journalisten um die eigene Position. Da wird
schon einmal tief in die Kiste mit den Klischees gegriffen und
Wortspiele bis zum Flachwitz ausgereizt.

Flachwitz trifft es ganz gut was ich meine :smile: Leider bleibt mir die Pointe oft auf halben Wege im Hals stecken

Dem Leser nützt das Ganze nur in zweiter Linie. Er sieht in
der Überschrift nur ein Schlaglicht, hört in
marktschreierischer Art nur einen Aspekt einer Meldung.

Aber würde es es nicht auch mit anderen Worten verstehen? „Der neue Bahnhof gefällt“ oder äquivalente, modernere Wortwahl würden IMHO bessere Effekte erziehlen.

Das zwangsläufig insgesamt schiefe Bild unserer Gesellschaft
wird dadurch vermittelt, die irrationale Angst vieler Leute
gefördert, Verbrechen und Gewalttaten seien „Normalität“.

Nunja, soweit bis zu einer Journalistenschellte würde ich jetzt nicht gehen.

Viele Sonnengrüße,
J~

Hi,
ein leider vor kurzem verstorbener Kolumnist einer österr. Tageszeitung hat in seiner Zeit als Lehrredakteur „bei Strafe verboten“ solcherlei Assoziationen zu schreiben.

Zitat aus Kurier vom 23.3.2006: An dieser Stelle möchte ich heute an „Kopfstücke“-Autor Herbert Hufnagl erinnern, der vor Kurzem posthum als „Bester Kolumnist“ ausgezeichnet wurde. Dieser grundfriedliche Mann konnte außerordentlich unfriedlich werden, wenn er bemerkte, dass Kollegen achtlos mit der deutschen Sprache hantierten oder diese in vorgefertigten Phrasen absonderten, ohne vorher ihr zu Rate Hirn zu ziehen.

Besonders heftig und häufig reagierte Hufnagl auf die in Zusammenhang mit Hunden reflexartig zum Einsatz gebrachte Wendung „auf den Hund gekommen“. Schon vor 15 Jahren verbot er in KURIER-Lehrredaktionen diese Phrase unter Strafandrohung mit dem Hinweis, sie sei abgenutzt und habe „sooo einen Bart“.
Zitat Ende

Du bist mit deiner Abneigung also in guter Gesellschaft, denn der erwähnte Kolumnist erfreute sich ob seiner ausgefeilten Sprache größter Beliebtheit und er hat sehr viel dazu beigetragen, dass sich der eine oder andere Zeitungsleser hin und wieder Gedanken über eine sinnvolle Verwendung der deutschen Sprache gemacht hat.

Mich regen solche aufs Auge gedrückten Lustigzismen enorm auf und ich frage mich immer, ob ich beim Zeitunglesen Informationen bekommen oder Witze geliefert haben möchte (über die ich dann nicht einmal lachen kann).

Auf der anderen Seite faszinieren mich intelligente, originelle Wortspielereien, vor allem auch bei Klassikern, aber anscheinend ist da ein qualitativer Unterschied (weil es mich bei Klassikern eben nicht aufregt).

Sei es, wie es sei: du bist nicht allein mit deinem Empfinden.

lg, Irene

Hi Irene,

Sei es, wie es sei: du bist nicht allein mit deinem Empfinden.

danke, dass lässt mich hoffen :smile:)

Viele Grüße,
J~

Hi,

es kann durchaus auch ungewollt zu, sagen wir, erheiternden Überschriften kommen.
Gestern stand bei uns in der Zeitung folgende Überschrift:
„Wir könnten mehr tun, wenn die Frauen schneller kämen“
Es handelte sich um einen Bericht über eine Tagung zur Krebsfrüherkennung. Der zuständige Redakteur hat offenbar ein wörtliches Zitat eines der Teilnehmer verwendet (die Anführungszeichen waren dabei), aber dann wohl doch nicht ganz zu Ende gedacht. Das war wie immer sicherlich der Hektik des Tagesgeschäfts geschuldet. Gerade dadurch kommt es wohl häufiger zu solchen Sachen.

Viele Grüße
WoDi