Hallo,
streng genommen kann der Begriff nur auf (bio-)chemische Vorgänge angewendet werden, die entweder innerhalb eines lebenden Organismus oder aber im Reagenzglas ablaufen können. Genau dann ist auch die Verwendung klar.
Leider wurde der Begriff im Laufe der Zeit ausgedehnt auf Experimente mit Zellen, wo also Zellen die Beobachtungseinheit sind. Zellen _sind_ lebending, können sich aber auch ihrerseits wieder in einen lebendigen Organismus befinden (es ist ja ein beträchtlicher Unterschied, was Zellen in Kultur und im lebenden Organismus so machen).
Wie so oft kommt es auch hier etwas auf den Kontext an:
Ist der betrachtete Kontext innerhalb eines lebenden Systems (das kann eine Zelle sein, aber auch ein Organ bzw. Organismus!), dann nennt man das in-vitro.
Ist der betrachtete Kontext außerhalb eines lebenden Systems (das kann eine Petrischale oder ein Reagenzglas oder sonst ein „nicht-lebendiges Reaktionsgefäß“ sein), dann nennt man das in-vitro.
Also, betrachte ich zB. ein chemische Reaktion, die normalerweise in einer Zelle abläuft, und ich messe zB. Reaktionskinetiken außerhalb der Zelle, zB. in einem Reaktionsgemisch in einer Küvette, dann ist das eine in-vitro-Messung. Schaffe ich es, diese Reaktion in der lebenden Zelle zu messen, dann ist das in-vivo, und zwar unabhängig(!) davon, ob die Zelle selbst nun in einer Kulturschale oder einem explantierten Organ oder einem ganzen Organismus ihr Dasein fristet.
Betrachtet man zB. das Migrationsverhalten von Zellen, dann ist die Beobachtung in Zellkultur in-vitro und erst die Beobachtung innerhalb eines intakten Gewebes kann man als in-vivo bezeichnen.
LG
Jochen