Folgendes ist mir zu Ohren gekommen und meine damit verbundene Frage konnte ich in unserem Bekanntenkreis bislang nicht klären:
Kann eine Zeugenaussage vor Gericht an die Stelle eines nicht existierenden schriftlichen Belegs treten, wenn es zum Beispiel um die Rückforderung von geliehenem Geld geht?? Die Aussage eines Zeugen, der beteuert, eine Äußerung von A mitgehört zu haben, aus der hervorgehe, daß A tatsächlich B Geld schulde??
Möglicherweise fehlen mir hier wichtige Informationen, ich erfuhr lediglich, in Frankreich sei so etwas nicht möglich, da werde ein schriftlicher Beleg verlangt, in Deutschland dagegen habe ein Gericht gegen den Schuldner entschieden, der nun an B den entsprechenden Betrag zahlen müsse trotz seiner Beteuerung, nie Geld entgegengenommen zu haben.
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Wäre so nicht einem Betrug Tür und Tor geöffnet???
Kennt sich da jemand aus?
MfG Gisela
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.
Na klar geht das. Schließlich ist auch ein mündlicher Vertrag gültig.
Allerdings wird eine falsch Zeugenaussage vor Gericht bestraft.
Kannst hierzu mal im Kriminalistikbrett nachsehn, da is das gerade thema.
Wäre so nicht einem
Betrug Tür und Tor geöffnet???
Genauso könnte man ja sagen, jeder kann jeden einer Straftat bezichtigen, die er gar nicht begangen hat…
Natürlich wäre das möglich, aber die ganze Sache müßte ja einer Befragung vor Gericht standhalten, also die Zeugen müßten sehr gte Nerven haben und die Geschichte 100%ig abgestimmt haben.
Was nicht heißen soll, dass sowas nicht vorkommt (leider).
M.
Kennt sich da jemand aus?
ich nicht aber rein vom hausverstand her würde ich sagen, daß das nicht so einfach geht. mir könnte ja alles mögliche angedichtet werden, was ich natürlich abstreite. dann steht aussage gegen aussage. und im zweifelsfall gehe ich immer unschuldig aus. und ohne handfesten beweis gibt es IMMER zweifel.
gruß datafox
Das ist falsch
dann steht
aussage gegen aussage. und im zweifelsfall gehe ich immer
unschuldig aus. und ohne handfesten beweis gibt es IMMER
zweifel.
Eine Aussage ist rechtlich gesehen ein Beweis. Und bloß weil Aussage gegen Aussage steht geht der Angeklagte noch lange nicht unschuldig aus(egal ob tatsächlich schuldig o nicht), da dem Richter das Recht der freien Beweiswürdigung zusteht, d.h. er entscheidet, wer glaubhafter klingt.
M.
Hallo!
Das ist eigentlich logisch. Es ist natürlich möglich, denn im Prozessrecht gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung und Unbeschränktheit der Beweismittel (der nebenbei bemerkt meistens von Verwaltungsbeamten nicht verstanden wird).
Jede Partei kann alle Beweismittel vorlegen, die ihre Behauptungen beweist oder beweisen soll. Wenn ich also behaupte, ich habe die Rechnung bezahlt, dann kann ich eine schriftliche Quittung vorlegen, aber auch eine Zeugenaussage beantragen. In der Praxis schaut das z.B. in einer Klagebeantwortung so aus:
"Der klagenden Partei habe ich den Kaufpreis von € 100,- bereits am 14.5.2000 in meiner Wohnung bar bezahlt.
Beweis: Quittung der klagenden Partei vom 14.5.2000
Zeuge Herr XY, p.A. der beklagten Partei
Parteieneinvernahme"
Gruß
Tom
Hallo!
Beweis: Quittung der klagenden Partei vom 14.5.2000
Zeuge Herr XY, p.A. der beklagten Partei
Parteieneinvernahme"
Erstmal Danke für die Auskünfte! Ja, das kann ich mir vorstellen: eine unterschriebene Quittung und ein Zeuge dafür, daß alles mit rechten Dingen zugegangen ist, also z. B. an der Quittung nicht manipuliert wurde o. Ä. Aber NUR ein Zeuge, der auch nicht bei der Geldtransaktion selbst anwesend war, sondern erst viel später und nur zufällig Zeuge einer Bemerkung des Beklagten wurde???
Ich tur mir schwer damit, das nachzuvollziehen.
MfG Gisela
Hallo!
Eine Aussage ist rechtlich gesehen ein Beweis. Und bloß weil
Aussage gegen Aussage steht geht der Angeklagte noch lange
nicht unschuldig aus(egal ob tatsächlich schuldig o nicht), da
dem Richter das Recht der freien Beweiswürdigung zusteht, d.h.
er entscheidet, wer glaubhafter klingt.
Eine gruselige Vorstellung!! Die Wahrheit zu sagen, das reicht also keineswegs: Wenn B es schafft, glaubwürdiger auszusehen, dann wäre A also der „Lügner“ und könnte nichts dagegen tun!!! Und jemand mit zweifelhaftem Lebenslauf, der vielleicht auch noch ungepflegt aussieht oder dem Alkohol zugesprochen hat, der kann die reine Wahrheit sagen, er lügt, wenn er gegen einen Menschen aus „ehrenwertem Hause“ antreten muß, praktisch automatisch!!???
MfG Gisela
Hallo!
Du darfst hier die Sachen nicht vermischen. Es ist dann im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu entscheiden, welchen Beweismitteln dann geglaubt wird und welchen nicht - das ist der Sinn der Sache. Es gibt keine zwingenden Beweisregeln (deshalb darf ja auch nur ein Richter entscheiden, der in der gesamten Verhandlung anwesend war und deshalb müssen auch Straf- und Zivilsachen immer mündlich verhandelt werden, damit eben ein Richter sich einen Gesamteindruck von der Sache machen kann). Zwingende Beweisregeln haben sich in der Praxis nicht bewährt, da die Sachverhalte in der Praxis halt nicht so 0-8-15 sind.
Gruß
Tom
Hallo Tom,
Du darfst hier die Sachen nicht vermischen.
was vermische ich? Du siehst, ich bin ahnungsloser Laie.
Rahmen der freien Beweiswürdigung zu entscheiden, welchen
Beweismitteln dann geglaubt wird und welchen nicht
Es spricht alles dafür, im Zweifelsfalle eine unterzeichnete Quittung über den entliehenen Betrag vorweisen zu können. Ansonsten riskiert eine der beiden Parteien, den Wettstreit um das glaubwürdigere Auftreten zu verlieren, ein Risiko, das sich nur für den rentiert, der sich einen unrechtmäßigen Vorteil verschaffen will.
Leider kann man sich keine Quittung ausstellen lassen darüber, kein Geld geliehen zu haben …
Gruß
Gisela
Hallo!
Jetzt muss ich hier eine Frage stellen: Du hast zumindest teilweise Recht, aber: wie soll ein Gericht im Nachhinein (außer den Parteien und Zeugen war ja niemand dabei!) den wahren Sachverhalt denn erforschen? Die Gerichte setzen idR alles daran, möglichst die Wahrheit herauszufinden, denn kein Richter möchte eine falsche Entscheidung treffen.
Ich gebe dir aber recht, die Beweiswürdigung ist eine total schwierige Angelegenheit (in der Gerichtspraxis sehr oft schwieriger als die Beurteilung der Rechtslage).
Gruß
Tom
Hallo Gisela,
hier geht ja einiges durcheinander und da muss wohl mal ein Profi helfen aufzuräumen.
In D gilt im Zivilprozess für die anspruchsbegründenden bzw. anspruchsvernichtenden Tatsachen der so genannte Strengbeweis. D.h. der Beweis kann nur durch die folgenden Beweismittel zugelassen werden
S Sachverständigengutachten (muss beantragt werden und wird dann vom Gericht in Auftrag an einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen beauftragt, nachdem die sich hierauf berufende Partei einen entsprechenden Kostenvorschuss eingezahlt hat)
A Augenschein (das Gericht nimmt ein Objekt, z.B. ein Foto eines Unfallortes oder eine zerbrochene Schale, in Augenschein, sieht es sich also an)
P Parteivernehmung (eine Seite beantragt die andere Partei wie einen Zeugen zu vernehmen)
U Urkunde (als Urkunde gilt nur ein Schriftstück, was den Aussteller erkennen ist und zum Beweis im Rechtsverkehr bestimmt ist)
Z Zeugen (Dazu wird aber nicht jeder,d en man aufbieten kann, der etwas zum Thema sagen kann, sondern wie bei allen Beweismitteln muss ein konkreter Beweisantrag dahinter stehen, der angibt, welche anspruchsbegründende oder anspruchsvernichtende Tatsache durch welche Fragestellungen an den Zeugen als Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung oder vom Hörensagen belegt werden sollen).
Ich habe die Anfangsbuchstaben getrennt geschrieben, weil unter Jurastudenten der Begriff SAPUZ hierzu eine Eselsbrücke ist (im Gegensatz zum Strafrecht wo es SAGUZ heißt, da es hier keine Parteivernehmung, sondern nur ein Geständnis gibt).
Die Beweismittel stehen darüber in einem gewissen Rangverhältnis, d.h. eine Urkunde geht zunächst einmal einer Zeugenaussage vor. D.h. wenn die eine Partei eine Quittung vorlegt, dass das Darlehen zurückgezahlt worden ist und ich will mich hiergegen mit einer Zeugenaussage verteidigen, dass in Wirklichkeit kein Geld zurückgezahlt worden ist, dann muss ich dies entsprechend qualifizieren, z.B. indem die Zeugenaussage dahin geht, dass die Quittung unter Drohung mit Gewalt abgenötigt wurde. Es reicht dann nicht aus einfach nur die Nichtzahlung auszusagen.
Gruß vom Wiz
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Hallo!
Du darfst hier die Sachen nicht vermischen.
was vermische ich? Du siehst, ich bin ahnungsloser Laie.
Die Beweismittel und die Beweiswürdigung. Das sind zwei verschiedene Dinge. Einmal geht’s darum, was ich im Prozess als Beweis vorlegen darf, das andere ist die Frage, welchen Beweisen der Richter dann glaubt.
Es spricht alles dafür, im Zweifelsfalle eine unterzeichnete
Quittung über den entliehenen Betrag vorweisen zu können.
Ansonsten riskiert eine der beiden Parteien, den Wettstreit um
das glaubwürdigere Auftreten zu verlieren, ein Risiko, das
sich nur für den rentiert, der sich einen unrechtmäßigen
Vorteil verschaffen will.
Ja eh - in der Regel wird es auch so sein, dass der Quittung geglaubt wird - da habe ich ja nichts anderes gesagt. Es wird aber Fälle geben, in denen man einer Zeugenaussage mehr glaubt, als einer widersprechenden Quittung. Alle Einzelfälle sind anders - mit Standardschemata funktioniert das bei Gericht nicht, da die Realität viel zu komplex ist. Es gibt halt nichts, was es nicht gibt und es gibt schon überhaupt keine absurden Fälle, die so absurd sind, dass sie nicht vor Gericht verhandelt werden, wie hier schon so manchmal fälschlicherweise in diesem Forum behauptet wurde.
Wenn dich die Sache interessiert, empfehle ich dir einmal Gerichtsverhandlungen zu besuchen. Am besten im Strafprozess, denn da wird das Urteil (mit der Beweiswürdigung) mündlich verkündet. Gerichtsverhandlungen sind äußerst interessant (und laufen so anders ab als in RTL *g*) und du wirst sehen, in welchen Fällen du die Beweise genauso würdigen würdest wie das Gericht oder anders.
Gruß
Tom
Nachfrage
Hallo!
Die Beweismittel stehen darüber in einem gewissen
Rangverhältnis, d.h. eine Urkunde geht zunächst einmal einer
Zeugenaussage vor.
Zu diesem Ergebnis wird man in der Beweiswürdigung wohl normalerweise kommen, aber dass Urkunden in Deutschland vom Gesetz her grundsätzlich einer Zeugenaussage vorgehen habe ich noch nicht gehört. Echte Privaturkunden haben nämlich keine Vermutung der Richtigkeit - ich kann daher die Richtigkeit der vom Gegner vorgelegten Urkunde bestreiten und zum Beweis eine Zeugenaussage anführen. Damit bin ich aber wieder ganz normal in der freien Beweiswürdigung. Eine gesetzliche Rangfolge gibt es erst dann, wenn ich die Richtigkeit der gegnerischen Urkunde anerkenne.
Damit es eine gesetzliche Rangfolge gibt, müsste die Richtigkeit einer echten Privaturkunde vermutet werden.
Gruß
Tom
Hallo,
hier geht ja einiges durcheinander und da muss wohl mal ein
Profi helfen aufzuräumen.
Ja, danke für die ausführliche Schilderung der Beweismittel, die in solchen Fällen zum Einsatz kommen. Als Laie kann ich leider nur schwer abschätzen, was ich alles nicht verstehe.
Rangverhältnis, d.h. eine Urkunde geht zunächst einmal einer
Zeugenaussage vor.
Es reicht dann nicht aus einfach nur
die Nichtzahlung auszusagen.
Scheint mir einzuleuchten: Ein Zeuge müßte dann glaubhaft machen, daß dieses Stück Papier wertlos ist.
Habe ich richtig formuliert: „glaubhaft machen“? „Aussagen“ kann nicht reichen, da ja als Zeugenaussage dem schriftlichen Beleg nachgeordnet.
Und der Richter entscheidet über die Glaubhaftigkeit des Zeugen gegenüber der Beweiskraft des Dokuments. Auf welcher Grundlage, wenn keine weiteren Beweise/Indizien greifbar sind?
Völlig aussichtslose Sache erst recht also für jemanden, der naturgemäß keinerlei schriftlichen Beleg dafür hat, Geld nie geliehen zu haben, wie in dem von mir geschilderten Beispiel.
Gruß,
Gisela
dem Richter das Recht der freien Beweiswürdigung zusteht, d.h.
er entscheidet, wer glaubhafter klingt.
naja anscheinend sehe ich zuviele serien wie law and order. deswegen ist mir das dort vorgeführte rechtssystem anscheinend geläufiger. wenn aussage gegen aussage steht, so wird es dargestellt, gibt es immer reasonable doubt, also einleuchtenden zweifel an der schuld des angeklagten, und dann ist freizusprechen. das ist gesetz: es DARF keiner verurteilt werden, sobald der leisteste zweifel auftritt. das urteil muß auch einstimmig sein. irgendwie einleuchtend oder? zum problem wird das prinzip dann bei einer vergewaltigung, wo es fast nie zeugen gibt und IMMER aussage gegen aussage steht. das bedeutet, daß ein ersttäter prinzipiell immer frei ausgehen würde, da es ja keine sonstigen beweise gibt und deswegen IMMER zweifel an der schuld besteht. ein schwieriger fall, in dem circumstantial evidence dann zum tragen kommt. naja wie gesagt… ich gucke zuviel fern
datafox
Hallo,
zum problem
wird das prinzip dann bei einer vergewaltigung, wo es fast nie
zeugen gibt und IMMER aussage gegen aussage steht. das
bedeutet, daß ein ersttäter prinzipiell immer frei ausgehen
würde, da es ja keine sonstigen beweise gibt und deswegen
IMMER zweifel an der schuld besteht.
Es gibt manchmal auch noch ein paar kleine Indizien…
Axel