Zeugnissprache

Hallo,

ich habe da mal eine Verständnisfrage, was die (offizielle)Geheimbenotung von Arbeitszeugnissen angeht.

Ein Arbeitszeugnis soll wohlwollend formuliert sein und darf dem Arbeitnehmer keine Nachteile für Folgebewerbungen entstehen lassen - richtig?

Wenn Das stimmt, wie kann dann eine Geheimbenotung (Skala von 1-6), rechtlich zulässig sein?
Dann müsste doch eigentlich ab der Geheimnote 5, ein rechtlicher Anspruch auf Abänderung bestehen - oder sehe ich Das falsch.

Herzlichen Dank!

Gruß
vom Haploid

Wohlwollend
Hi!

Versetze Dich mal in die Lage eines Arbeitgebers! Wenn der Gesetzgeber schon verbietet, die Wahrheit in klare Worte zu fassen, dann muss man sich halt etwas anderes einfallen lassen.

Und Formulierungen wie:

Er war bemüht … und stets sehr gesellig etc.

wirst Du im Zweifel vor Gericht als nicht wohlwollend interpretiert bekommen! Deshalb sin normalerwerise nur Zeugnisse bis zur „Note“ 4 im Umlauf…

Grüße
Guido

Hallo Guido,

Versetze Dich mal in die Lage eines Arbeitgebers! Wenn der
Gesetzgeber schon verbietet, die Wahrheit in klare Worte zu
fassen, dann muss man sich halt etwas anderes einfallen
lassen.

Der Gesetzgeber hat bei dieser Regelung doch sicherlich daran gedacht, dass ein Arbeitnehmer mit einem sehr schlechten Zeugnis kaum noch vermittelbar ist und damit nur der Allgemeinheit (Arbeitslosengeld/Sozialhilfe) zur Last fällt und der Willkür des Arbeitgebers ausgeliefert ist.
Eine Beurteilung des Arbeitgebers - im Gegenzug - ist ja nicht möglich.

Und Formulierungen wie:

Er war bemüht … und stets sehr gesellig etc.

wirst Du im Zweifel vor Gericht als nicht wohlwollend
interpretiert bekommen! Deshalb sin normalerwerise nur
Zeugnisse bis zur „Note“ 4 im Umlauf…

Bedeutet Das, dass vor Gericht, Klagen auf Abänderung eines Zeugnisses ab Note 5 stets erfolgreich sind?

Grüße
Guido

Gruß
vom Haploid

Beispiel
Hi!

Der Gesetzgeber hat bei dieser Regelung doch sicherlich daran
gedacht, dass ein Arbeitnehmer mit einem sehr schlechten
Zeugnis kaum noch vermittelbar ist und damit nur der
Allgemeinheit (Arbeitslosengeld/Sozialhilfe) zur Last fällt
und der Willkür des Arbeitgebers ausgeliefert ist.
Eine Beurteilung des Arbeitgebers - im Gegenzug - ist ja nicht
möglich.

Gehe mal zurück zur Schule! Da ist eine schlechte Bewertung (die auch in einem großen Bereicht der Willkür von Lehrern unterliegt) durchaus möglich - ohne, dass Du der Schule eine schlechte Bewertung zukommen lassen kannst!

Ein schlechtes Zeugnis muss ja auch nicht unbedingt Dein Kariereende bedeuten! Ich habe ein Zeugnis, dass eher Mittelmaß ist! Allerdings habe ich mir Referenzen von den damals von mir betreuten Kunden besorgt, die das wieder relativieren!

Bedeutet Das, dass vor Gericht, Klagen auf Abänderung eines
Zeugnisses ab Note 5 stets erfolgreich sind?

Da ist das böse Zeugniswort „stets“ :wink:
Ich stecke nicht in den Richtern! Aber ein Beispiel von mir:

Bei entsprechendem Anstoß verrichtete er seine Arbeiten den Anforderungen entsprechend

Er bemühte sich, stets pünktlich und zuverlässig zu sein

wurde rausgenommen! Wobei die Sache mit der Pünktlichkeit anhand meiner Zeiterfassungsdaten (die ich mir vorsorglich ausgedruckt hatte) auch als sehr bösartig von der eigentlich arbeitgeberfreundlichen Richterin gesehen wurde!!!

Danach bekam ich ein supergutes Zeugnis (habe ich selbst geschrieben). Es war aber auch der dritte Gütetermin wegen meiner dritten Klage (Geld und Steuerkarte waren vorher)… Ich hatte den Eindruck, dass die Richterin die Nase von uns voll hatte.

Ich denke, auf einen Versuch sollte man es immer ankommen lassen - was hat man zu verlieren?

LG
Guido

Hallo!

Also zusammenfassend könnte man sagen, es gibt hier wohl berechtigte Interessen beider Seiten, jeder hat irgendwie recht (wie so oft wenn man ein Gesetz machen will). Der Gesetzgeber hat da halt eine Interessensabwägung vorgenommen, die man auch eventuell anders sehen könnte.

In Österreich zB darf der Arbeitgeber zwar auch nichts Negatives ins Dienstzeugnis schreiben, muss aber auch nichts Positives schreiben es genügt: Herr X war von bis als beschäftigt.

Da ist die Abwägung ein bisschen anders getroffen worden.

Gruß
Tom

Ich sehe die Sache auch so:
Da war doch der Mitarbeiter tatsächlich ein „schwarzes Schaf“. Und der neue Arbeitgeber würde mirnichtsdirnichts „ins Messer laufen“.

Verpackt man also gewisse Hinweise, so ist der andere zumindest aufgeschreckt und wird vielleicht nachfragen.

… war beliebt bei allen Kollegen…: hat nie was gearbeitet, nur geratscht
… war stets bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben, zu erfüllen: ja, tätn hätt er schon wolln, nur können hat er net (weil er die Sache einfach nicht gelernt hat)
… hat sich stets sehr korrekt benommen…: Punkt fünf Uhr viel der Griffel aus Hand und weg war er…

Übrigens, auch Unternehmer/Arbeitgeber werden benotet:
… wenn eine Abteilung jedes Monat Mitarbeiter sucht …
… wenn, wie mir passiert, ein Mitarbeiter eines Autohauses um 10 Min vor 8 sagt: Wissn, wir werdn erst ab 8 bezahlt…

Dann wird der Unternehmer wahrscheinlich irgendwie einmal den Bach hinunter schwimmen.

Peter

Hallo Peter,

Ich sehe die Sache auch so:
Da war doch der Mitarbeiter tatsächlich ein „schwarzes Schaf“.
Und der neue Arbeitgeber würde mirnichtsdirnichts „ins Messer
laufen“.

Verpackt man also gewisse Hinweise, so ist der andere
zumindest aufgeschreckt und wird vielleicht nachfragen.

Der Unterschied besteht doch darin, dass ein Arbeitnehmer, nach einem Beschäftigungsverhältnis ein Zeugnis erhält, mit dem er sich weiter bewerben muss, der Arbeitgeber aber nicht, er kann etliche weitere Bewerber zum Bewerbungsgespräch einladen, die vorher nicht wissen können, dass der Arbeitgeber ein „schwarzes Schaf“ unter den AG ist.

Übrigens, auch Unternehmer/Arbeitgeber werden benotet:
… wenn eine Abteilung jedes Monat Mitarbeiter sucht …

Das kann ein Hinweis auf erhöhte Mitarbeiterfluktuation sein, ist aber keine Benotung.

… wenn, wie mir passiert, ein Mitarbeiter eines Autohauses
um 10 Min vor 8 sagt: Wissn, wir werdn erst ab 8 bezahlt…

Dann ist das schlechter Service, der auf den Arbeitnehmer zurückfallen kann, wenn der AG auf das Verhalten seines Mitarbeiters aufmerksam gemacht wird.

Dann wird der Unternehmer wahrscheinlich irgendwie einmal den
Bach hinunter schwimmen.

Wenn er nichts Dagegen unternimmt, kann er Probleme mit seinem Absatz bekommen, das ist wahr.

Peter

Gruß
vom haploid

Hey,

diese „Geheimsprache“ gibt es wohl wirklich, aber nicht jeder kennt oder will sie kennen. Ich hab mal ein Zwischenzeugnis, von einem Vorgesetzten, wegen Wechsel in der Führung (vorsichtshalber) beantragt. Das Zeugnis wies keinerlei Dinge, die ich deuten hätte können aus, klang aber wirklich positiv. Ich hab dann nachgefragt und mein Big-Boss meinte, dass er von dem Klamauk nix hält. Er verlässt sich auf sein eignes Beurteilungsvermögen. Fand ich echt stark.

Wenn ein Zeugnis allgemein sehr positiv klingt und eine Aussage nicht so dazu passt, dann würde ich einfach mal davon ausgehen, dass diese kein Zeugnis-Guru- ich glaube an verschlüsselungen- geschrieben hat.

Wenn natürlich die typische Zeugnissprache verwendet wird und dabei negative Verschlüsselungen verwendet werden… ist das herb.

Ein Arbeitszeugnis soll wohlwollend formuliert sein und darf
dem Arbeitnehmer keine Nachteile für Folgebewerbungen
entstehen lassen - richtig?

Das ist richtig, andererseits, ein Chef darf auch nicht schlimme Sachen verschweigen, sonst kann er in Regress genommen werden. Und aus diesem zweischneidigen Schwert hat sich diese Sprache entwickelt.

Wenn Das stimmt, wie kann dann eine Geheimbenotung (Skala von
1-6), rechtlich zulässig sein?

Eben deswegen hat sie sich entwickelt, es muss wohlwollend aber auch wahrheitsgetreu sein… ich denk grad mall an die Eier legende-Woll-Milch-Sau

Grüßles

Sarah