Zugunfall Buxtehude: Aufkleber und Bremmsweg

Moin,


kann mir jemand sagen, was da auf der Frontscheibe des verunfallten Triebwagens klebt? Diese orangenen Aufkleber meine ich.
Und kann jemand abschätzen, wie groß die Aufprallgeschwindigkeit in etwa gewesen sein mag? Mit „zugunfall“„buxtehude“ finden sich viele weitere Bilder und Videos dieses Unfalls, der Zug ist etwa eine Wagonlänge nach dem Aufprall zum stehen gekommen und dabei noch etwa 70km/h schnell gewesen sein. Ist das realistisch? Mir kommt das sehr schnell vor für den kurzen Bremsweg.

VG
J~

Hi,

Auf anderen Bildern sind diese Aufkleber (noch) nicht, dafür sieht die Scheibe beschädigt aus. Vielleicht sollten die Dinger ein weiteres Einreißen der Scheibe verhindern. Es ist übrigens kein Trieb-, sondern ein Doppelstockwagen mit Steuerabteil, sprich: Hinten schiebt eine Lok.

Grüße K

Nachtrag für alle „Wissbegierigen“

Laut Info der Pressestelle der Bahngesellschaft „Metronom“ hatte der Zug eine Fahrtgeschwindigkeit von 138 km/h und traf noch mit 40 km/h auf das Hindernis.

Die Bremsung erfolgt auf Sichtweite des Hindernisses bei 400 m.
Die erforderliche Bremsstrecke beträgt aber 600 m.

zum Ablauf, 7.41 h Notruf der Buszentrale trifft ein. Aufprall 7.43 h

es gab keine Möglichkeit mehr den Zugführer zu warnen.

und an diesem Übergang gibt es kein Signal, was bei Blockierung des Übergangs durch Fahrzeuge direkt in den Zug übermittelt wird. Nur in einer Leitstelle der DB gibt’s dazu ein optisches Signal.
Diese Meldung wurde aber erst um 7.45 h an die Leitstelle des Metronom gemeldet. Da war der Unfall bereits geschehen.

MfG
duck313

Servus,

zu dem rot/weißen Schachbrettmuster weiiß ich nichts, aber die Angabe zur Geschwindigkeit beim Aufprall ist sicherlich verkehrt. Bremswege von Schienenfahrzeugen, die nicht durch einen stehenden Bus abgebremst werden, kannst Du hier sehen: http://bahn-seminar.info/Fahrzeugtechnik/Bremsweg/ Dass der Triebwagen im Moment des Aufpralls den Bus mal eben wegräumte und selber weder verformt noch aus den Schienen geschubst wurde, zeigt, dass er noch eine gewissen Geschwindigkeit hatte. Aber mit 70 km/h im Moment des Aufpralls wäre er auch mit Rücksicht auf die durch den Bus aufgenommene Energie nicht so schnell zum Stehen gekommen.

„Erfahrungswissen“ ist ja herich große Mode hier herum - ich saß mal in einem 628er Triebwagen, als der einen Mercedes an einem Bahnübergang auf die Hörner nahm. Der Mercedes war ungefähr zwanzig Zentimeter vor den Pedalen ziemlich glatt abgeschnitten, dem Triebwagen hatte es bloß den Indusi-Magneten abgerissen (>> nicht abstellbares Warnsignal in hoher Tonlage!), sonst hatte er keinen Kratzer. Beim Aufprall war der Triebwagen vielleicht noch 20 - 30 km/h schnell (flottes Fahrrad), Bremsweg nach Aufprall war etwa zehn Meter.

Schöne Grüße

MM

Hallo!

Der Zug hat doch die ganze Zeit gebremst und zwar Gefahrenbremsung
Ich weiß nicht, ab wann eingeleitet, aber das waren einige 100 m, vielleicht sogar 500 m oder mehr.

Aus dem Video kann man die Restgeschwindigkeit kurz vor oder direkt beim Aufprall schlecht abschätzen.
Aber das werden vielleicht noch 20-30 km/h gewesen sein.
Dann der Aufprall der natürlich die Bremsung erheblich verkürzte !

Also noch 70 km/h ? Halte ich für ausgeschlossen, das würde ja bedeuten er hätte von seinem normalen Fahrttempo 120 km/h (?) noch kaum etwas abgebaut gehabt trotz der langen geraden Strecke und guter Sicht.
Ich würde annehmen, bei 70 km/h würde der Bus zerfetzt und der Triebwagen stark verformt/Scheibenbruch und vor allem mehr Personenschäden im Zug. Lokführer bestimmt

Aber das wird ja auch gerade von den Behörden ausgewertet(Fahrtenschreiber Zug)

Die Aufkleber ?
Die waren nicht vorher dran/Sichtbehinderung Lokführer), die sind nach Unfall aufgepappt worden würde ich mal sagen.
Was sie bedeuten?

MfG
duck313

Moin,

warum das? klingt erstmal unlogisch…

J~

Moin,

Du hier sehen: http://bahn-seminar.info/Fahrzeugtechnik/Bremsweg/1

bei den geschätzten 15m Restweg steht 20km/h. Passt also :smile:

typisch für den Volontär, den man zu so einem „gefundenen Fressen“ rausschickt,

die 70km/h las man bei mehreren Seiten. Ob die alle die selbe Quellen hatten, weiß ich natürlich nicht. :wink:

VG!
J~

Hallo,

zunächst einmal ein paar Klarstellungen.

Es handelt sich dabei um einen Lokbespannten Reisezug aus sogenannten
Dostos (Doppelstock-Reisezugwagen, der vom Steuerwagen aus gefahren wurde.

Planmäßig verkehren auf der Linie bei Buxtehude diese Züge mit 3 Dostos (davon 1 Steuerwagen) und einer Diesellok.
Hier ein Steuerwagen im Bild:
http://www.privat-bahn.de/metronom_10001.html

Da diese Fahrzeuge im allgemeinen über eine Magnetschienenbremse verfügen, dürfte die Angabe 70 Km/h durchaus zutreffend sein, da nach den Bildern ja der Zug Mitte 2 Wagen auf dem Überweg zum stehen kam.

Dazu:

Dass der Triebwagen im Moment des Aufpralls den Bus mal eben wegräumte
und selber weder verformt noch aus den Schienen geschubst wurde, zeigt,
dass er noch eine gewissen Geschwindigkeit hatte. Aber mit 70 km/h im
Moment des Aufpralls wäre er auch mit Rücksicht auf die durch den Bus
aufgenommene Energie nicht so schnell zum Stehen gekommen.

Das kann man so nicht sagen, denn genau wie bei Autos kommt es immer auf die Art der Kollision an.
Wie die Bilder deutlich zeigen,erfolgte der Hauptanprall wohl bei beiden Fahrzeugen an den stärksten Stellen,so das es ziemlich glimpflich ablief.

Wenn es anders passiert,siehe hier:
http://www.eisenbahn-unfalluntersuchung.de/SharedDocs/Publikationen/EUB/DE/Untersuchungsberichte/2010/021_Marsberg%20-%20Messinghausen.pdf?__blob=publicationFile&v=6

Servus,

wirkt denn die Mg-Bremse bei den Dostos der Metronom bei Geschwindigkeiten unter 50 km/h? Das etwas schnellere Runterbremsen von 70 auf 50 hätte hier den Kohl kaum fett gemacht.

Schöne Grüße

MM

Hi,

Sie wirkt. Beim 440er z. B. wird die Mg-Bremse erst ab unter 20 km/h nicht mehr aktiviert; nehme mal an, daß das beim Dosto ebenso ist (falls er denn eine hat, was bei der angegebenen HG von 160 km/h der Fall sein sollte).

Gruß K

Hi,

Was auch nicht besonders sinnvoll wäre, denn der Zugführer hätte dann den Lokführer informieren müssen.

Mit „Leitstelle der DB“ ist wohl der Fahrdienst gemeint. Dieser müßte den Zug per Nothaltauftrag (Zugfunk) stoppen, bevor irgendjemand anders informiert wird. Die Zeit war dafür wohl zu kurz, oder der Nothaltauftrag kam zu spät …

Gruß K

Hallo,

dazu:

Was auch nicht besonders sinnvoll wäre, denn der Zugführer hätte dann den Lokführer informieren müssen.

eher nicht, weil außer beim ICE und bei bestimmten Linien in der Regel der Tf (Triebfahrzeugführer)
der Zugführer ist.

dazu:

Mit „Leitstelle der DB“ ist wohl der Fahrdienst gemeint. Dieser müßte den Zug per Nothaltauftrag (Zugfunk) stoppen, bevor irgendjemand anders informiert wird. Die Zeit war dafür wohl zu kurz, oder der Nothaltauftrag kam zu spät

Nein, damit ist die zentrale Notfallleitstelle der DB AG gemeint.
Diese kann von allen und mit allen Rettungsleitstellen in Deutschland und mit einigen im angrenzenden Ausland direkt kommunizieren.
Die Arbeit ist auch fast die gleiche, nur das bei der DB anstelle von Straßennamen nach Strecken gefragt wird. Danach öffnen sich genau wie bei der Rettungsleitstelle weitere Abfragemenüs, um so gezielt zur Gefahrenstelle zu gelangen.
Über die Zugnummer kann dann der Disponent per Mausklick direkt mit diesem Zug kommunizieren, was natürlich Zeit für den Verbindungsaufbau braucht.

Servus,

mit der ein bissel näher an der Quelle abgezapften Nachricht von duck313 ist die Sache mit den „70 km/h“ ja wohl soweit geklärt - sonst hätte ich Dich jetzt gefragt, ob Du Dir eine Gefahrbremsung mit Einsatz der Mg-Bremse auf einem so kurzen Bremsweg vorstellen kannst, bei der nicht die Fahrgäste des Metronom, die es ja wohl auch gab, so durch die Gegend geflogen wären, dass die Rtw, die keine Schulkinder einpacken mussten, dann doch gut ausgelastet gewesen wären.

Es ist ja nicht bloß der Zug, den man da zum Stehen bringen muss, sondern ein Zug mit Leuten drin, die nicht angeschnallt sind.

Schöne Grüße

MM

Hi,

Hmm, ich denke, Du überschätzt da die Mg-Bremse etwas. Beim zitierten 440er macht die beim Vierteiler etwa 35 von 200 Bremshundertsteln aus. Bei den paar Schnellbremsungen, die ich bisher ausführte, hat es niemanden von den Füßen gezogen. Beispiel: Am Anfang meiner Karriere fuhr ich einen Haltepunkt zu schnell an und kam nur mit einer Schnellbremsung gerade noch vor dem Bahnsteigende zum Stehen. Hinten im „Gefahrgutraum“ hat das glaube ich niemand bemerkt. Eher bringt man Leute zum Umfallen, indem man nicht ruckfrei anhält ;-).

Beim Dosto mag das etwas anders sein, da er nur zwei Drehgestelle hat, die beide mit Mg-Bremsen ausgerüstet sind (beim 440er jeweils das erste und das letzte). Andererseits hat er weniger Bremsen …

Gruß K

Dank und Zusatzfrage

Moin,
ich danke allen Antwortern!
Auf Grund der Neuen Übersichtlichkeit® habe ich leider den Faden in der Diskussion verloren, aber gelesen haben ich (hoffentlich) alle Postings.

duck313 schrieb:
Die Bremsung erfolgt auf Sichtweite des Hindernisses bei 400 m.
Die erforderliche Bremsstrecke beträgt aber 600 m.

Einer dieser Doppelstockwagen ist 'glaub 27m lang und nach 1,5 Wagenlängen = 40m stand der Zug. Dann hätte er also ganz 160m durch den Aufprall eingespart? Hmm, dass kommt mir auch auf Grund meines oben abgeschätzten Massenverhältnisses von 150t/10t doch etwas sehr viel vor.

Aber meine eigentliche Zusatzfrage ist eine andere:
Wie ist das korrekte bzw tatsächliche Verhalten des Lokführers in einem solchen Fall? Er wird sich ja wohl selbst auch schützen bzw in Sicherheit bringen dürfen. Gibt es denn den „einen“, „finalen“ Schnellbremsauslöseknopf den man nur drücken muss und dann die Zeit bis zum Aufprall nutzen kann das Führerhaus zu verlassen? In dem bekannten Filmchen zu o.g. Unfall hört man, dass das Warnhorn etwa beim letzten Oberleitungsmast aufhört. Ist das der Zeitpunkt, als der Lokführer seinen Platz verlassen hat und deswegen nicht mehr auf die „Hupe“ drücken konnte?

VG!
J~

Servus,

je höher der Unterschied zwischen den Geschwindigkeiten, desto weniger wäre der Triebwagen verformt.

Schöne Grüße

MM

  • typisch für den Volontär, den man zu so einem „gefundenen Fressen“ rausschickt, wäre, dass versucht wurde, die etwas hölzern klingende Aussage eines Sachverständigen, „der Zug habe bei Einleitung der Gefahrenbremsung eine Geschwindigkeit von 70 km/h gehabt“ mit Leben zu füllen - oder was halt der Volontär darunter versteht.

Schöne Grüße

MM

Moin,

Aus dem Video kann man die Restgeschwindigkeit kurz vor oder direkt beim Aufprall schlecht abschätzen.Aber das werden vielleicht noch 20-30 km/h gewesen sein.Dann der Aufprall der natürlich die Bremsung erheblich verkürzte !

ja, so 20-30km/h finde ich auch eher die passende Größenordnung. Die Massen würde ich über den dicken Daumen auf ~150t Zug (Lok+ drei besetzte Doppelstockwagen) vs. 10t Hinterwagen des Busses abschätzen. Wäre der Zug noch 70 gefahren, hätten doch da die Fetzen nur so fliegen müssen.

VG
J~

Hi,

Es gibt hier keine besonderen Vorschriften, denn man kann in einem solchen Fall nicht viel mehr tun als eine Schnellbremsung einzuleiten.
In unseren Fahrzeugen bspw. gibt es rechts am Führerpult einen großen roten Knopf. Wenn man da draufhaut, wird eine Schnellbremsung ausgelöst, der Hauptschalter ausgeschaltet und der Stromabnehmer gesenkt.

Im Fall eines Falles, der hoffentlich nie eintritt, würde ich wohl reflexartig den Fahrbremshebel durchziehen, auf den roten Knopf hauen (wenn es die Zeit noch zuläßt) und dann die Flucht nach hinten antreten in der Hoffnung, daß niemand sein Gepäck vor der Führerstandstür geparkt hat. Auf den von uns befahrenen Strecken mit vielen Bahnübergängen gibts glücklicherweise wenig Kurven („Bögen“), sodaß man zumindest tagsüber den BÜ oft etliche hundert Meter vorher sehen kann.

Vielleicht ist Dir bei älteren Loks schon mal aufgefallen, daß im Maschinenraum nachts immer das Licht eingeschaltet ist. Der Grund ist auch hier die Beleuchtung des Fluchtweges.

Gruß K