Hallo,
der Kapitalismus hat das nur anstellen können, weil der Staat
sich seit Jahrzehnten in die Märkte einmischt und durch diese
Eingriffe dafür gesorgt hat, daß die Regeln des Kapitalismus
insofern nicht galten, als daß Risiken nicht richtig bezahlt
wurden.
Du gehst also davon aus dass, „wenn jeder an sich denkt, an alle gedacht wird“? Je weniger Regeln, desto besser die Entwicklung für die gesamte Gesellschaft?
Das glaube ich gerade nicht. Es braucht Spielregeln weil die Cleveren und die Skrupellosen die Ehrlichen und Schwachen sonst völlig über den Tisch ziehen.
Der Staat hat sich übrigens immer mehr zurückgezogen, er hat privatisiert, globalisiert und immer wieder zugunsten der Wirtschaft agiert, ohne dass die breite Masse davon profitiert hat. Profitiert haben die Anteilseigner, Shareholder value, nicht aber die Mitarbeiter, die den Erfolg von Unternehmen ihrerseits erarbeitet haben.
Risiken wurden durchaus bezahlt - aber nicht von denen, die sie eingegangen sind, sondern von denen, auf die die Verluste abgewälzt wurden. Die Managementetage hat ihr gutes Gehalt und die Boni kassiert, rausgeflogen sind die Arbeiter. Auch die Gewinne der Aktienanleger wurden regelmäßig durch Personalabbau etc. erwirtschaftet.
Hätten die Landesbanken in den
vergangenen 20 Jahren 25% EK-Rendite erzielt, hätten sie nun
genug Eigenkapital gehabt, um die Krise durchzustehen.
Woher sollen diese 25% kommen wenn die Wirtschaft nur um 3% wächst?
In Deutschland beziehen rd. 100.000 Menschen ein Einkommen von
> 250.000 Euro, 22.000 ein Einkommen von > 500.000 und knapp
10.000 ein Einkommen > 1 Mio. Das Gesamteinkommen der
letztgenannten Gruppe betrug 2008 rd. 26 Mrd., das der drei
Gruppen rd. 70 Mrd.
Die Frage ist, ob sie das wirklich erarbeiten oder ob hier Gewinne aus bereits vorhandenem Kapital einfließen. Die wirklich großen Vermögen wurden in den seltensten Fällen selbst verdient, sondern sind in der Regel vererbt / in der Familie vorhanden.
Die Einkommen…
derjenigen, die zwischen 20.000
und 25.000 bekamen. Die Einkommen derjenigen, die zwischen
15.000 und 125.000 erhielten, sumieren sich auf 843 Mrd.
… dürften aber tatsächlich durch tägliche Schufterei erwirtschaftet worden sein. Du erwähnst übrigens nicht, wieviele Menschen zu dieser Einkommensgruppe gehören.
Und wo bleiben diejenigen, die noch geringere Einkünfte haben? Das sind einige Millionen Hartz IV-Empfänger, Aufstocker und Rentner, die hier nicht berücksichtigt sind.
Vor diesem Hintergrund würde mich jetzt mal konkret
interessieren, was die paar Hanseln mit erorbitanten Einkommen
Deiner Ansicht nach leisten müßten, damit es der Gruppe der
„Normalos“ nennenswert besser ginge.
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Spitzengehälter auf ein Maß zurückdrehen, das akzeptabel ist. Wenn ein Konzernchef das 500-fache eines Facharbeiters in seinem Unternehmen verdient (und das 1000-fache eines Produktionshelfers), ist das einfach nicht mehr nachvollziehbar. Gutes Geld für viel Verantwortung, lange Arbeitstage, gute Ausbildung - alles OK. Mir geht es auch nicht um die konkreten Summen. Aber irgendwo gibt es ein Plausibilitätsproblem, an dem die Differenz nicht mehr nachvollziehbar ist.
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„Eigentum verpflichtet“, also entsprechend hohe Steuern auf große Vermögen. Ein Problem ist, dass der Spitzensteuersatz viel zu niedrig ansetzt, also bei einem guten Verdienst sind da viele Bürger dabei, denen es zwar gut geht, aber die nun auch nicht wirklich reich sind. Also hier eine deutliche Anpassung damit nicht jeder „etwas Besserverdienende“ behandelt wird wie ein Multimillionär.
Diese wiederum müssen deutlich mehr zahlen, denn sie können sich das auch leisten.
Es geht da weniger um Umverteilung von unten nach oben, sondern einfach eine leistungsgerechtere Verteilung.
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Ein gesellschaftliches Problem muss gelöst werden, nämlich dass die Industrialisierung immer weniger Menschen erfordert, um die gleichen Dienstleistungen und Produkte zu schaffen. Es ist utopisch immer nur an „Bildung“ zu appelieren, denn die Realität ist auch, dass Bildung vielen Familien kaum noch bezahlbar ist (Zusammenhänge zwischen Einkommenssituation der Eltern und den Bildungschancen ihrer Kinder sind nachgewiesen) und zum anderen die Gesellschaft immer einen gewissen „Bodensatz“ an Menschen haben wird, die von eher schlichtem Gemüt sind und bestenfalls einfache Aufgaben erledigen können.
Das kann man nicht lösen, indem man Menschen durch Hartz IV unter Druck setzt, denn das schafft weder Arbeitsplätze noch steigert es die Bildung.
Halten wir uns doch einen Moment mit den Tatsachen aus: die
Menschen werden immer älter, d.h. sie beziehen (ceteris
paribus) immer länger Rente und kosten damit Renten- und
Gesundheitskassen immer mehr Geld. Gleichzeitig wird die Zahl
der Einzahler immer geringer, weil einerseits die Zahl der
Arbeitslosen langfristig steigen wird und andererseits immer
weniger junge Beitragszahler nachrücken.
Kurz: die Ausgaben steigen und die Einnahmen gehen zurück. Die
Reserven der Sozialsysteme sind aus mehreren Gründen
mikroskopisch klein. Ist das die richtige Ausgangslage, um
mehr Auszahlungen zu fordern?
Die Auszahlungen müssen (können) nicht aus den Sozialkassen kommen, sondern das ganze System, wie Wertschöpfung stattfindet, wie die Gewinne verteilt werden etc., muss so justiert werden, dass sich Wohlstand für alle realisieren lässt. Es darf ruhig Reiche und Arme geben, wenn die Armen immer noch die Möglichkeit zu gesellschaftlicher Teilhabe haben. Das ist inzwischen aber nicht mehr gegeben, wer ins Prekariat abstürzt kommt kaum noch heraus und ist mit dem, was er dann zur Verfügung hat, nicht mehr wirklich in der Lage, soziale und Gesellschaftliche Teilhabe zu realisieren.
Um das Problem von der anderen Seite aufzuzäumen: gerade weil
Ackermänner so selten sind, sind sie nicht relevant und erst
recht nicht geeignet, die Probleme dieses Landes zu lösen. Du
kannst nicht das Einkommen eines Ackermanns nehmen, dieses zum
Standard erklären und auf der Basis spekulieren, wie man die
Lage der Bezieher niedriger und normaler Einkommen verbessern
könnte.
Es ist ja nicht einfach das Einkommen der Ackermänner, sondern eher die Tatsache, dass es zustande kommt indem man anderen in die Tasche greift. Solange sich das unter Teilnehmern abspielt, die etwas in der Tasche haben - OK. Blöderweise zahlt aber die Allgemeinheit die Zeche und es trifft besonders diejenigen, die für solche Spielchen kein Geld haben, die also nicht nur Geld, sondern auch ihren Job, ihre Chancen, ihre Grundlagen verlieren.
Auch wenn Du das explizit natürlich nicht geschrieben hast,
sagst Du das implizit, indem Du immer wieder die hohen
Einkommen weniger im Zusammenhang mit den Massen mit geringem
oder keinem Einkommen erwähnst. Die Einkommen jenseits der
250.000 Euro sind so selten, daß sie in Summe praktisch
bedeutungslos sind (außer für die Öffentlichkeitsarbeit).
Der Punkt ist weniger die Höhe des Einkommens / Vermögens an sich, sondern die Quelle, aus der das gespeist wird. Natürlich tut es einem Geringverdiener nicht weh, wenn ein Multimillionär schön verdient - solange dieser das Geld nicht letztlich bei den Geringverdienern abzieht. Das ist aber blöderweise der Fall.
Mal abgesehen davon, daß diese Gruppe ohnehin schon
überprotortional zum Steueraufkommen beiträgt,
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/oecd114.html
Gruß,
MecFleih