Hi,
ich komme ursprünglich aus einer Kleinstadt in Bayern, wohne jetzt aber schon seit einigen Jahren in München. Ist zwar immer noch in Bayern, aber ich bin total froh, umgezogen zu sein, denn ich hätte es in dem kleinbürgerlichen, stickigen Mief nicht mehr länger ausgehalten.
Meiner sexuellen Orientierung bin ich auch noch nicht ganz
sicher. Und da liegt das Problem. Homophobie ist in den
Berufsfeld des Elektrikers weit verbreitet. Du schwule Sau
gehört dort zum ganz normalen Alltag.
Homophobie ist am Land ohnehin ein größeres Problem als in Großstädten. Sie korreliert auch stark mit dem Bildungsstand der Menschen.
Wichtig ist es, deine Lebensprinzipien und Wertvorstellungen offen und ehrlich auszudrücken und dich nicht zu verbiegen und anzupassen an dieses Minderheiten feindliche Weltbild. Ich kenne die bayerische Denkart nur zu gut („Mia san mia“) und weiß, dass die Menschen – besonders am Land – dort oft sehr verklemmt, hinterwäldlerisch und eben tiefschwarz sind.
Natürlich kann ich verstehen, dass es dir nicht leicht fällt, aus der Reihe zu tanzen. Aber was ist der Preis der Integration? … Du wirst dadurch einer von ihnen.
Übrigens haben homophobe Männer oft selbst homoerotische Gefühle, die sie verdrängen, da sie sich nicht eingestehen wollen, sexuelles Interesse an Männern zu haben.
Zudem
kommt noch hinzu das ich später mit meinen Lohn (ca. 1200
Euro) gerade so meinen Lebensunterhalt bestreiten. Da es
wahrscheinlich ist das ich auf dem Land, in der Nähe zu meiner
Ausbildungsstädte Arbeit finde, weil uns viele
Praktikumsbetriebe übernehmen müsste ich regelmäßig in die
Stadt fahren. Wie soll ich mir das aber leisten können, wenn
ich später nur 50 Euro für private Dinge im Monat zur
Verfügung habe und das Bayernticket nur hin schon 25 Euro
kostet. Schon jetzt reicht es im Monat kaum da ich nur 100
Euro Taschengeld bekomme.
Wie kommst du auf 1200 EUR? Als ausgelernter Elektriker wirst du sicherlich mehr verdienen als 1200 EUR. Ich würde dir raten, nach der Ausbildung in eine Großstadt zu ziehen und dort zu arbeiten. Dies hat mehrere Vorteile: Du verdienst mehr (ok, das Leben dort ist auch teurer), du hast bessere Ausgehmöglichkeiten und kannst besser Kontakte zu anderen Schwulen knüpfen (z.B. in Gay Clubs, die es am Land gar nicht gibt), du bist anonym und Ressentiments gegenüber Schwulen gibt es dort seltener. Eigentlich bringt dir das Leben in der Großstadt nur Vorteile.
Ich bin schon ganz depressiv und habe mir über legt ob ich
mich vor dem Zug werfen soll oder so. Mit meiner Psyschologin
zusammen bin ich auch noch nicht wirklich weiter gekommen,
aber wir haben nur noch eine begrenzte Anzahl an Stunden.
Du bist noch jung und bist momentan in einer schwierigen Situation, da du in einem Umfeld lebst, das mit deinem Naturell nicht harmoniert. Mir ist es auch mal ein paar Jahre so gegangen und es waren die unangenehmsten Jahre meines Lebens. Aber das Leben ändert sich; es gibt Höhen und Tiefen. Sich vor dem Zug zu werfen ist wohl die schlechteste Lösung 
Was soll ich tun?
Kann ich auch in dem Beruf und auf dem Land meine sexuelle
Orientierung ausleben?
Naja, es geht natürlich schon rein rechtlich gesehen. Aber es kann gut sein, dass du angefeindet wirst deswegen. Wenn du selbstbewusst genug bist, würde ich dir raten, dich zu outen. Wenn du nicht selbstbewusst genug bist, dann würde ich mich eher nicht outen.
Ich habe 18 Jahre in einer bayerischen Kleinstadt gelebt mit 44.000 Einwohner und in diesen 18 Jahren noch NIE zwei Männer Hand in Hand durch die Straßen gehen sehen, geschweige denn ein küssendes männliches Pärchen. Das hab ich erst gesehen, als ich nach München gezogen bin, aber auch dort sind die Leute oftmals verhalten.
Viele Grüße
David