Zukunftspläne für den Irak (Diskussion)

Hallo,

in mittlerweile zwei Threads ist ja nun die Frage aufgekommen, wie die Zukunft des Iraks optimalerweise aussehen könnte. Da es in den jeweiligen Threads ursprünglich um andere Fragen ging, will ich meine Antwort nun hier geben:
Zunächst einmal muss man Wissen, das der Irak ein völliges Kunst-gebilde ist, das IMO schnellstmöglich in seine Bestandteile zerlegt werden muss. Eine europäische Analogie zur Bevölkerungssituation im Irak wäre folgende:
Man nehme die Hälfte Polens, Tschechiens und einen Großteil Deutschlands (allerdings ohne Häfen und das Ruhrgebiet) und füge noch einen kleinen Teil Frankreichs hinzu.
Niemand würde vermuten, dass dieser Staat (ohne extreme Repressionen seitens der Regierung) lange bestehen könnte. So ist aber die Situation im Irak!
Idealerweise, also vollkommen utopisch, müssten die Verhältnisse in der Region IMHO wie folgt neu geordnet werden:

  • Schaffung eines Kurdenstaates, der Teile der Türkei, Iraks, Irans und Syriens enthält.
  • Der Rest der Irak sollte in autonome Teilrepubliken aufgeteilt werden, die sich dann langsam neu orientieren können, z.b. könnten Teile langfristig eine Union mit Syrien anstreben, andere sich möglicherweise dem Iran anschließen.
  • Kuwait sollte entweder in den Südteil Iraks integriert werden oder einen entsprechenden „Solidaritätsbeitrag“ abführen, mit dem diverse Maßnahmen im Irak finanziert werden können.

Wenn sich dann, nach Jahren(!), zumindest das ethnische Tohuwabohu etwas gelegt hat, kann(!) man langsam damit anfangen Demokratische Strukturen in der Region einzuführen.

Grüße,

Anwar

Hi!

in mittlerweile zwei Threads ist ja nun die Frage aufgekommen,
wie die Zukunft des Iraks optimalerweise aussehen könnte.

Der irak hat in seiner heutigen Form keine Zukunft. Da stimme ich Deinen Ausführungen weiter unten zu.

Da
es in den jeweiligen Threads ursprünglich um andere Fragen
ging, will ich meine Antwort nun hier geben:
Zunächst einmal muss man Wissen, das der Irak ein völliges
Kunst-gebilde ist, das IMO schnellstmöglich in seine
Bestandteile zerlegt werden muss. Eine europäische Analogie
zur Bevölkerungssituation im Irak wäre folgende:
Man nehme die Hälfte Polens, Tschechiens und einen Großteil
Deutschlands (allerdings ohne Häfen und das Ruhrgebiet) und
füge noch einen kleinen Teil Frankreichs hinzu.
Niemand würde vermuten, dass dieser Staat (ohne extreme
Repressionen seitens der Regierung) lange bestehen könnte. So
ist aber die Situation im Irak!

Wer sollte diese Repressalien noch organisieren? Die Amerikaner haben ja offenbar die Schnauze voll und wollen schleunigst eine eigene irakische Regierung bilden bzw. diesen Prozess unterstützen.

Idealerweise, also vollkommen utopisch, müssten die
Verhältnisse in der Region IMHO wie folgt neu geordnet werden:

  • Schaffung eines Kurdenstaates, der Teile der Türkei, Iraks,
    Irans und Syriens enthält.

Das wäre für alle Beteiligten an der Kurdenproblematik der beste Weg. Seit 1000 Jahren terrorisieren die Brüder ihre Besatzer. Das sollte doch langsam zu denken geben…

  • Der Rest der Irak sollte in autonome Teilrepubliken
    aufgeteilt werden, die sich dann langsam neu orientieren
    können, z.b. könnten Teile langfristig eine Union mit Syrien
    anstreben, andere sich möglicherweise dem Iran anschließen.

…oder sie erklären sich untereinander den Krieg.

  • Kuwait sollte entweder in den Südteil Iraks integriert
    werden oder einen entsprechenden „Solidaritätsbeitrag“
    abführen, mit dem diverse Maßnahmen im Irak finanziert werden
    können.

Dazu müsste man Kuwait zunächst einnehmen.

Wenn sich dann, nach Jahren(!), zumindest das ethnische
Tohuwabohu etwas gelegt hat, kann(!) man langsam damit
anfangen Demokratische Strukturen in der Region einzuführen.

Dabei vergisst Du die Mentalität dort. Man kann nicht auf eine demokratische Historie zurückblicken.
Ich denke, Deine Kleinstaaten würden sich nur gegenseitig bekämpfen. Das wiederum würde die Situation dort viel zu sehr destabilisieren. Wir alle wollen schließlich unser Öl dort beziehen.

Warum also sind wir nicht alle so ehrlich und geben zu, dass ohne die Kontrolle über die Ölvorkommen im Nahen Osten die Versorgung nicht mehr lange sichergestellt sein wird?
Weshalb einigen wir (Europa) uns nicht mit den USA über eine Kolonialregelung für die gesamte Golfregion?
Wem das dort nicht passt, kann in andere, ressourcenmässig weniger interessante Länder ausreisen. alle anderen dürfen mit uns reich werden.

Grüße,

Mathias

Hallo Mathias,

Wer sollte diese Repressalien noch organisieren? Die
Amerikaner haben ja offenbar die Schnauze voll und wollen
schleunigst eine eigene irakische Regierung bilden bzw. diesen
Prozess unterstützen.

As war auch mehr eine in die Vergangenheit gerichtete Betrachtung (so hat der Irak ja bisher funktioniert).

Dazu müsste man Kuwait zunächst einnehmen.

Was nicht weiter schwierig ist. Ich glaube die Armee besteht aus 3 Truppentransportern und einem Panzer.

Dabei vergisst Du die Mentalität dort. Man kann nicht auf eine
demokratische Historie zurückblicken.
Ich denke, Deine Kleinstaaten würden sich nur gegenseitig
bekämpfen. Das wiederum würde die Situation dort viel zu sehr
destabilisieren. Wir alle wollen schließlich unser Öl dort
beziehen.

Ich habe auf gar keinen Fall die dortigge Mentalität vergessen. Ich sagte ja: Nach (vielen) Jahren kann man anfangen demokratische Strukturen einzuführen. Was allerdings den Krieg angeht, da irrst Du Dich. Arabische Staaten haben keine große Tradition der gegenseitigen Kriegsführung (eigentlich fällt mir - mit Ausnahme der Kuwait-Invasion) gerade gar kein innerarabischer Krieg ein.

Warum also sind wir nicht alle so ehrlich und geben zu, dass
ohne die Kontrolle über die Ölvorkommen im Nahen Osten die
Versorgung nicht mehr lange sichergestellt sein wird?

Weil es immer noch genug Doofe gibt, die es dann nicht merken.

Weshalb einigen wir (Europa) uns nicht mit den USA über eine
Kolonialregelung für die gesamte Golfregion?

Weil die Amis nicht teilen wollen und wir Weicheier sind.

Grüße,

Anwar

Hi Anwar,

was du schreibst, hört sich nach klassischem „Nation Building“ am Reißbrett an, wie es nach diversen Konflikten immer mal wieder betrieben wird. Die Frage ist, ob das was bringt.

Eine ähnliche Aufteilung nach weitgehend ethnischen Gesichtspunkten entwickelte sich in mehreren Kriegen im ehemaligen Jugoslawien oder beispielsweise im Verlauf des Auflösungsprozesses der Sowjetunion im Kaukasus. Allerdings sind damit diese Regionen noch keinesfalls befriedet, weil gleich mehrere neue Probleme entstehen. Mal ganz abgesehen davon, dass ethnische Zuordnungen imho sehr schwammige Kategorien sind, ist es nahezu unmöglich, ethnisch einheitliche Staaten aufzubauen. Die Siedlungsgebiete der einzelnen Volksgruppen sind viel zu kleinteilig bzw. zu vermischt, um eindeutige Grenzen ziehen zu können. Daraus folgt entweder eine immer weitere Aufspaltung (z. B. Jugoslawien-Mazedonien-Albaner in Mazedonien) oder die zwangsweise Schaffung ethnisch einheitlicher Territorien, im „harmlosesten“ Fall durch Deportation (z. B. Zypern). Dann wäre zu fragen, ob ethnische Kleinstaaten überlebensfähig wären, nicht zuletzt wirtschaftlich.

Mir erscheint da das Schaffen eines demokratischen Staats, in dem auf die Gleichberechtigung aller Volksgruppen geachtet wird, wesentlich attraktiver. Es müssten keine Grenzen neu gezogen werden, die das politische Gefüge der Region verschieben (Was würde die Türkei dazu sagen, wenn die Uno ihr plötzlich Gebiete entziehen wollte, um einen ethnisch einheitlichen Kurdenstaat zu schaffen? Was würde Israel von einem Gebietszuwachs Syriens halten?). Schutzrechte für Minderheiten oder Proporzregeln für die Besetzung von Ämtern sind ja durchaus machbar. Die Schweiz mit ihrem deutschen und französischen Teil ist sicherlich ein Paradebeispiel, das sich auf die Region nur sehr bedingt anwenden lässt, aber es gibt auch im Nahen Osten positive Ansätze. So scheint beispielsweise die Türkei, nicht zuletzt aufgrund des Drucks der EU auf einem guten Weg bei der Integration und Gleichberechtigung der Kurden zu sein.

Gruß

Volker