Zum heulen

Hallo Claus,

Sicherlich ist SH weit, sehr weit davon entfernt akzeptabel zu
sein. Aber von dieser Sorte Diktatoren gibt es diverse, auch
und gerade in der Region - aber Amerika schweigt (sind ja auch
Verbündete). Ein Diktator, der weg muss, ist scheinbar nur,
wer Diktator UND Feind der USA ist…

ich wollte damit ja auch nur darauf hinweisen, dass Saddam auch ein Problem für’s eigene Land ist. In keinem Fall wollte ich damit einen Alleingang wie diesen rechtfertigen.

Das will ich gar nicht bezweifeln - aber ist das wirklich eine
Rechtfertigung? Ich denke mal, dass auch kaum ein Iraker die
geplante anschließende Fremdverwaltung will…

Wir Deutschen haben sie wohl damals auch nicht gewollt. Trotzdem ist’s uns ganz gut bekommen.
Leider ist’s wahrscheinlich nicht übertragbar und ich sehe schon kommen, dass wir den selben Fehler wie in Afghanistan machen wo wir ja auch auf dem Präsentierteller wegen dies Wiederaufbaus sitzen.
Und rechtfertigen tut das so was nicht.

So zynisch es klingen mag: Das wirklich Schlimme ist für mich
nicht mal so sehr, dass es diesen Krieg geben wird, sondern
dass die USA und ihre Verbündeten sich hier so über die UN
hinwegsetzen. Wer einmal seine Frau schlägt, wird es wieder
tun - wer einmal ohne UN-Deckung einen solchen Feldzug
startet, wird es auch wieder tun. Und davor habe ich Angst…

Zumindest unter dieser Regierung.
Ja, dass ist auch das was mir persönlich Sorgen macht.

Gruß Ivo

Hallo Jörg,

ich habe mir noch keine abschliessende Meinung für oder gegen
einen Krieg gebildet. Aber gerade wegen der leitvollen
Erfahrung unserer Großeltern möchte ich eben, dass ein Volk
nicht von einem Diktator geknechtet wird. Wenn es denn so
einfach wäre Saddam und seine Clique allein zu töten wäre ich
der erste, der dieses befürwortet, ja sogar begrüßt. Du
schreibst von Deinen Großvätern. Der Mann mit dem Wahn war ja
wohl Hitler und nicht die Befreier USA, UK und UdSSR. Und
gerade deshalb bin ich für eine konsequente Verfolgung. Mein
Wunsch ist, dass JEDER Diktator sich irgentwann in Den Haag
befindet. Es ist ein langer Weg, aber ich finde dieses sollte
das Ziel internationaler Politik sein.

Selten war ich beim Lesen der Postings so einer Meinung mit Dir. Trotzdem steckt darin auch ein Widerspruch: Internationale Politik kann nicht die Sache eines Landes sein. Was hier stattfindet, ist der Alleingang eines Landes, das seine Interessen, nicht die Interessen der Welt vertritt. Das ist legitim. Die Frage ist aber, ob man gutheissen soll, dass dieses Land für die ganze Welt spricht und Entscheidungen fällt.

Alle Diktatoren der Welt nach Den Haag zu bekommen, ist leider zur Zeit Utopie. Das zeigte sich unter anderem in Chile, wo ein gewählter Präsident ermordet und durch einen Diktator ersetzt wurde und das wird sich wahrscheinlich in Kürze in Venezuela zeigen. Auch hier wird ein den USA nicht genehmer - aber dummerweise demokratisch gewählter - Präsident (wahrscheinlich mit Hilfe der USA) bekämpft. Ich schätze, in einigen Monaten ist Venezuela eine Militärdiktatur.

Was mein blödsinner Beitrag soll? Ich denke nur, dass man die Geschicke der Welt, auch in der Bekämpfung von Diktaturen, nicht in die Hände einer Supermacht legen sollte, die naturgemäss andere Interssen hat, als der ganzen Welt Frieden und Gerechtigkeit zu bringen. Im Moment sehe ich bei all den Problemen, mit denen die UNO zu kämpfen hat, keine Alternative zu einer internationalen Staatengemeinschaft.

Was die oft besprochenen Alternativen zum Krieg betrifft: ich kenne die Situation im Irak nicht und muss daher glauben, was andere sagen. Da gibt es drei Möglichkeiten:
Erstens: ich könnte Saddam Hussein und den irakischen Vertretern glauben. Persönlich halte ich die allerdings nicht für sehr glaubwürdig.
Oder ich glaube den US-Dreigestirn Bush / Rice - Powell - Rumsfeld. Die haben nach eigener Aussage schlagkräftige Beweise gegen den Irak, wollen sie aber nicht vorlegen. Statt dessen werden Daten vorgelegt, die sehr viel Spielraum für Interpretationen lassen, unvollständig oder reine Spekulation sind. Wenn die Beweise so schlagkräftig wären, könnte man sie ja den UN vorlegen, die dann den Beweis für die Schuld des Iraks finden könnten. Da das nicht geschah und auch der Verdacht der Fälschung von Beweisen im Raum steht, kann ich die Ansichten der USA nur als einseitig ansehen.
Die dritte Möglichkeit: ich schicke unabhängige Vertreter in den Irak (nennen wie sie UN-Inspektoren) und lassen die überprüfen, ob der Irak wie gefordert abrüstet oder nicht. Wenn ja, hat er die Resolutionen erfüllt, falls nicht wird sich niemand einem Militärschlag widersetzen.

Der Weg der USA, die UNO einfach zu übergehen und eigene Gesetze anzuwenden, nährt jedenfalls die Vermutung (die ich nicht zu x-tem Male durchkauen will), dass es Bush nicht um die Befreiung des irakischen Volkes sondern um andere Dinge geht. Dinge wie Rache, Oel, oder - am schlimmsten von alledem - den Versuch, eine neue Weltordnung einzuführen.

Drohen mit Gewalt ist sicher unumgänglich. Trotzdem muss für den Bedrohten die Möglichkeit bestehen, den Krieg durch eine Kursänderung vermeiden zu können. Diese Möglichkeit wurde Saddam Hussein aber nie wirklich gegeben.
Dass die Inspektoren vor Jahren aus dem Irak rausgeflogen sind, haben sie schliesslich zum Teil auch den USA zu verdanken. Natürlich war der Spionageskandal ein willkommener Grund für SH, die verhassten Beobachter zu entfernen. Trotzdem lässt sich Spionage durch neutrale UN-Beobachter durch nichts entschuldigen, auch nicht durch Gewohnheitsrecht.

Wirkliche Gerechtigkeit wird es nie geben, der momentane Kurs der Mächtigen bringt die Welt jedoch eher davon weg. Kurden werden auch in der Türkei verfolgt und ermordet. Das mildert die Verbrechen des Irak nicht, zeigt aber doch auf, dass es nicht egal ist, auf welcher Seite die Verbrecher stehen.

Als letzter Nachsatz: Ich finde das Vorgehen der Regierungen Deutschlands, Frankreichs (auch der Schweiz und sogar Oesterreichs) couragiert und vernünftig! Der UNO zu folgen ist eine Sache, dem Befehl aus Uebersee zu folgen eine andere.

Grüsse,

Bernd

Das Veto und sonstiger Schmu!
Hallo Jörg,

einerseits bin ich dafür das Veto generell abzuschaffen. Dann würden solche Abstimmungen auch Sinn machen.
Nur werden niemals alle Vetomächte dem zustimmen.

Andererseits frage ich mich wie demokratisch eine Abstimmung noch wäre, wenn es nur noch drauf an kommt wer welchem Land im Sicherheitsrat die meisten Gelder verspricht.

Gruß Ivo

Hallo Ivo,

Andererseits frage ich mich wie demokratisch eine Abstimmung
noch wäre, wenn es nur noch drauf an kommt wer welchem Land im
Sicherheitsrat die meisten Gelder verspricht.

so demokratisch wie Abstimmungen im Bundesrat.

Gruß
Christian

Hallo,

… tausende
Menschen umgebracht und zugerichtet werden, nur um einen
Diktator zu stürzen, …
Mir ist bei dem Gedanken an die Bevölkerung die diese
unheimliche Arroganz ausbaden soll echt zum heulen!

„Ja, das (dass 150 - 200 000 Menschen dabei umkommen) ist es wert.“ So (sinngemäß) Madeleine Albright, ehemalige Außenministerin bei Bush senior nach dem Golfkrieg vor 12 Jahren.
Noch Fragen?
Traurige Grüße, Stucki

Öhm…
ALso…

Madeleine Albright, ehemalige
Außenministerin bei Bush senior nach dem Golfkrieg vor 12
Jahren.
Noch Fragen?
Traurige Grüße, Stucki

Mag ja sein, daß ich mich irre, aber war der Aussenminister nicht James Baker?

Albright kam doch erst auf den Posten, als Clintons erster -Warren Christopher - nicht mehr wollte.

Ändert natürlcih nichts an der sehr fragwürdigen Aussage!

Viele Grüsse!
Denis

Öhm… hab’ mich vielleicht versehen

Mag ja sein, daß ich mich irre, aber war der Aussenminister
nicht James Baker?

Albright kam doch erst auf den Posten, als Clintons erster
-Warren Christopher - nicht mehr wollte.

Ändert natürlcih nichts an der sehr fragwürdigen Aussage!

Nein, das ist keine „fragwürdigen Aussage“, das ist eine „Entgleisung vor laufenden Fernseh-Kameras“ - so wurde es in der arte-Sendung, in der ich das gestern sah, bezeichnet.
Gut, dass es noch „Entgleisungen“ von solchen Leuten gibt, damit wir gelegentlich ihr wahres Gesicht sehen.
Gruß, Stucki

Nein, das ist keine „fragwürdigen Aussage“, das ist eine
„Entgleisung vor laufenden Fernseh-Kameras“ - so wurde es in
der arte-Sendung, in der ich das gestern sah, bezeichnet.
Gut, dass es noch „Entgleisungen“ von solchen Leuten gibt,
damit wir gelegentlich ihr wahres Gesicht sehen.
Gruß, Stucki

Hi,

auf eine Frage in der Talkschau, ob angesichts von 500.000 Kindern, die Opfer des Embargos waeren, es noch wert sei, dieses aufrechtzuerhalten, antwortete diese: „ja, das ist es uns wert“. Das war 1996 (?), auf jeden Fall in der Clinton-Aera.

Ciao Lutz

Hi,

Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich jeden abend den
Beschuss Sarajevos von serbischen Kriegstreibern im Fernsehen
gesehen habe. Ich habe mich geschämt, dass ich von schlimmem
Unrecht wusste und meine Regierung (im Anfang) nichts
unternommen hat.

Das waren nicht pauschal „serbische Kriegstreiber“, sondern Einwohner Bosniens und Umgebung, die Milizen bildeten gegen die Abspaltung von Jugoslawien und vor allem gegen die Islamisierung Bosnien-Herzegowinas. Das Material erhielten sie von desertierten Armeeangehoerigen und durch Waffenlieferungen interessierter Seiten (so sollen sich auch haebraeische Zeichen auf Geschossresten gefunden haben).

Dann haben wir im Kosovo Bilder der Gefangenen Moslems
gesehen, die nur noch Haut und Knochen waren.

Zum einen war das ein bosnisches Lager, und dann waren das auch keine Gefangenen, sondern Fluechtlinge. Das Kamerateam hatte sich fuer den Lagereffekt hinter den Drahtzaun eines Materialschuppens verschanzt, konnte aber keine „komprimitierenden“ Aussagen der unterernaehrten (es war Buergerkrieg) und wegen hoher Temperaturen halbnackten Maenner bekommen. Deshalb nur Bilder, keine Videos mit Ton.

Auch die Bevoelkerung in Deutschland wurde in aller demokratischen Offenheit gehirngewaschen. Wie jetzt auch wieder: Eine konsequente Anti-Kriegshaltung muesste den bedingungslosen Truppenabzug fordern, aber man meint ja: Saddam muss weg. Und wenn er nicht „freiwillig“ geht?

Warum gibt es keine militaerische Aktion gegen die Menschenrechstverletzungen in Nigeria, gegen den staatlichen Zerfall im Kongo, gegen den stummen Buergerkrieg in Brasilien?

Ciao Lutz