Zum Thema Billigflieger

Hallihallo,

ein interessanter Artikel den ich Euch nicht vorenthalten will:

„Wie kann Ryanair so günstige Tickets verkaufen?“

Ryanair bevorzugt Flugplätze wie Hahn und Weeze. Dort ist jede Fluggesellschaft willkommen. Allerdings bleibt es nicht bei der freundlichen Begrüßung: Ryanair führt knallharte Verhandlungen um Konditionen, denn die Airline muss Fluggäste, die eine lange Anfahrt haben, mit Billigpreisen locken.

Dass die Flugplatzbetreiber nicht nur günstige Konditionen und zeitlich begrenzte Marketing-Zuschüsse gewähren, kam erst nach und nach ans Tageslicht - bislang sind die Verträge öffentlich kaum zugänglich. Trotzdem klappt die Hilfestellung zwischen Carrier und Flughafen nicht immer: So klagte Air France gegen Ryanair, weil die Iren unrechtmäßigerweise ihre Flüge ab Straßburg mit öffentlichen Geldern subentionierten.
Nach der Niederlage vor Gericht zog sich der Billigcarrier zurück. Jetzt prüft die EU-Kommission die Verträge des belgischen Airport Charleroi, der wie Straßburg der öffentlichen Hand gehört. Hier könnten Zuschüsse als Subventionen gewertet werden. Mit 21 täglichen Flügen ist die Verlagerung des Geschäfts schwieriger als in Straßburg. Trotzdem droht Ryanair bei einer Niederlage mit dem Abzug.

Wettbewerber in Deutschland versuchen, Daten über den Charleroi-Vertrag zu sammeln. Sie vermuten dass dort ähnliche Konditionen vorliegen, wie sie in Lübeck gelten. Den „Lübecker Nachrichten“ wurde ein Forderungskatalog zugespielt, den Ryanair für die norddeutsche Basis aufgestellt haben soll:

  • Ryanair erhält fünf Euro pro Passagier
  • Pro neue Flugstrecke werden 300.000 Euro fällig
  • Pro stationierten Jet soll die Landesregierung eine Million Euro für die Crew-Ausbildung zahlen.
  • Kostenloser Platz für einen Flugzeughangar, kostenlose Büroräume
  • Zuschüsse für Übernachtungsmöglichkeiten der Crew.

„Das wären fast 20 Euro pro Passagier“, rechnet ein Airliner vor.

(FVW International nr. 29 vom 05.12.2003)


Bezahlen wir alle den Billigfliegerboom mit unseren Steuern?

Ich fasse es nicht. Das müsste ja eigentlich ein Fall für den Rechnungshof sein.

Bye
Rolf

Hi Rolf,

der „Aufschrei“ über die Geschäftspraktiken von Ryanair ist nicht neu. Allerdings finde ich ihn auch jedes Mal etwas „heuchlerisch“ - nicht auf Dich persönlich bezogen, sondern die generelle Empörung über Ryanair und andere No-frills-Airlines.

Ich finde es völlig legitim wenn Ryanair als Branchenprimus (und auch die anderen Billigflieger) mit einem Airport hart über die Konditionen des gemeinsamen Engagements verhandelt. Das machen andere Unternehmen genauso und jeder Verantwortliche wäre ein schlechter Geschäftsmann wenn er nicht versuchen würde soviel wie möglich für die eigene Firma „herauszuholen“.
Insofern kann ich immer nicht verstehen wieso man der Ryanair einen Vorwurf daraus macht wenn sie aus ihrer Sicht gute Konditionen auszuhandeln versucht und das gelingt.

Daß kleinere, ohne Carrier wie Ryanair brachliegene Airports in der Peripherie wie z. B. Hahn oder Straßbourg ein größeres Entgegenkommen zeigen (müssen) als große, eh schon überlastete Airports wie Frankfurt liegt auf der Hand. In vielen Fällen ermöglichen die Billigflieger solchen Flughäfen, oft ehemalige Militärplätze, die froh waren daß sie nicht gleich geschlossen wurden oder sich nur mit Mühe als Sportflugplätze oder Frachtairports halten konnten, einen „2. Frühling“. Es werden Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen, die Infrastruktur der gesamten Umgebung wird gestärkt und es kommen Passagiere, die sonst nicht in diese Gegend angereist wären und Geld ausgegeben hätten.
Wenn man also eine Kosten-Nutzen-Rechnung anstellt darf man diese Aspekte nicht unter den Tisch fallen lassen.

Ein weiterer Aspekt: Wieviele Euros zahlt jeder Bürger für ein marodes Bahnsystem mit andauernden Verspätungen, einer unsäglichen und von JEDEM vorraussehbar scheiternden Preisreform im letzten Jahr, für eine nicht zukunftsträchtige Kohleindustrie, für Arbeitslose in Gegenden, die nicht durch Ryanair belebt werden?

Wenn ungerechtfertigte und gesetzlich nicht haltbare Subventionen oder Vorteile vergeben werden, dann sollte der Rechnungshof in der Tat dagegen einschreiten. Solange aber alles rechtlich korrekt ist sehe ich nicht warum man sich so empört.

Ich kann mich auch nicht des Eindrucks erwehren daß hier immer sehr, sehr viele Interessen im Spiel sind, und jede Lobby versucht ihre Vorteile zu sichern:
Die renommierten Airlines verlieren Kunden an die Billigflieger, also „muß“ man natürlich etwas gegen die ach so schlimmen Konkurrenten ins Feld führen.
Die Bahn verliert Kunden und dazu Subventionen, also wird sie Haare in der Suppe der Billigfliegerei finden.
Ein Herr Minister Trittin wettert gegen Billigflieger wegen verstärktem Schadstoff-Ausstoß, er läßt aber ganz ohne schlechtes Gewissen „mal eben“ eine Challenger der Luftwaffe sinnlos nach Brasilien kommen (na gut, auf halber Strecke ließ man sie umdrehen weil die Sache bekannt und zu heiß wurde). Auf die Idee ein entsprechendes Flugzeug vor Ort zu chartern kamen offenbar weder er noch die ebenfalls grüne Ministerin Künast, die die Challenger ebenfalls in Brasilien nutzen wollte.
Billigflieger-Tickets werden bevorzugt im Internet anstatt im Reisebüro gebucht. Das kann selbigen nicht gefallen weil ihnen die Provisionen der Airlines für den Ticketverkauf verloren gehen.
Wer fliegt fährt die entsprechde Strecke nicht im Auto, kauft also auch kein Benzin - nicht im Sinne der Mineralölindustrie und nicht im Sinne des Finanzministers. Wieviel kassiert der nochmal, waren es nicht 75 Cent von jedem an der Tankstelle umgesetzten Euro? Der Autoindustrie kann’s auch nicht gefallen, denn die Autos verschleissen weniger und man braucht seltener zur Inspektion und kauft statistisch später einen Neuwagen.

Hinter der Empörung steckt oft eine Menge Verlogenheit…

Gruß,

MecFleih

Guten Morgen!

Da stimme ich Dir doch mal in allen Punkten zu :smile:

Für mich ist die Diskussion insofern aktuell dass in meiner Heimatstadt Memmingen gerade der alte Fliegerhorst zur Diskussion steht. Eine Interessensgemeinschaft ist dafür, die Andere dagegen.

Nun sollte ich als Touristiker ja eher für den Flughafen sein, als Anwohner eher dagegen und so sammle ich jedes Fitzelchen pro und contra.

Vielen Dank für Deine Ausführungen!

Rolf

Hallo Rolf,

Für mich ist die Diskussion insofern aktuell dass in meiner
Heimatstadt Memmingen gerade der alte Fliegerhorst zur
Diskussion steht. Eine Interessensgemeinschaft ist dafür, die
Andere dagegen.

Dann informiere Dich mal über den Baden-Airpark südlich von Karlsruhe. Ein ehemaliger kanadischer Militärflughafen, nach Abzug der Kanadier mit viel Aufwand in einen Zivilflughafen umgebaut und am Leben erhalten. Mehrfach drohte das Aus, weil die Gelder nicht reichten. Der Flughafen Stuttgart sollte Anteile übernehmen, hat er wohl auch. Die Region - Karlsruhe, Rastatt, die Wirtschaft dort - ist natürlich am Erhalt interessiert, die anliegenden Gemeinden aus naheliegenden Gründer weniger.

Nun sollte ich als Touristiker ja eher für den Flughafen sein,
als Anwohner eher dagegen und so sammle ich jedes Fitzelchen
pro und contra.

Die weiter vom Baden-Airpark entfernt wohnenden Menschen stört der Lärm natürlich nicht - ich gehöre dazu. Als ich letztes Jahr drei Wochen auf die Kanaren geflogen bin, habe ich eine halbe Stunde mit dem Auto von der Haustür bis zum Parkplatz gebraucht und drei Wochen für 22,50 Euro geparkt … in Frankfurt oder Stuttgart hätte das mindestens das 5-fache gekostet, wäre die Anfahrt mindestens 3-mal, mit der Bahn 10-mal so lang gewesen.
Übrigens: Der Flughafen Straßburg ist nur ein paar 10 km entfernt! Zusammenarbeit in der EU: Note „mangelhaft“!

Gruß und sammel man schön, 's ist halt schwierig, gebe ich zu …
Stucki