Zum Thema 'Ich bin stolz...'

Liebe Philosophen,

ich habe mich vor ein paar Tagen mit Freunden und Verwandten über das Thema „Stolz“ unterhalten.

Vorweg zu Definition: ich meine nicht jene Art von Stolz, wie sie in „eitel herumstolzieren“ steckt, sondern jenen Stolz, wie er in „ich bin stolz, ein Franke zu sein“, steckt.

Eben jenes war auch der Ausspruch, der zu Beginn der Diskussion meinen Argwohn weckte. Ich kann diese Art von Stolz nicht nachvollziehen und finde ihn sogar - im Extremfall - sehr gefährlich. Der „Stolz“ auf eine Abstammung oder eine Herkunft kann aus in meiner Sicht, wenn man ihn konsequent weiterdenkt, eine Quelle von gefährlichem Nationalismus sein, von Verallgemeinerungen auf Basis von Herkunft oder Zugehörigkeit zu einer Gruppe, von „Ehre verteidigen“, von „Blutrache“ und allerlei dergleichen.

Ich konnte meinen Widerwillen nur schwer beschreiben und versuchte ihn auf eine Formel zu bringen: „Man kann und darf nur auf etwas stolz sein, das man auch selbst geschaffen hat“. In diesem Fall fände ich Stolz nachvollziehbar, wie in „ich bin stolz auf das Baumhaus, das ich mit eigenen Händen gebaut habe.“
Über die eigene Herkunft dürfe man sich allenfalls *freuen*, aber man dürfe nicht *stolz* darauf sein, denn man habe ja schließlich nichts dazu beigetragen, es sei ein unverdienter Stolz.

Dann kam allerdings der Einwand: aber du bist doch auch stolz auf deine Kinder, oder?
Meine erste Reaktion (laut meiner eigenen Regel): ich darf auf *meine Erziehung* solz sein, die sich positiv in meinen Kindern niederschlägt. Aber ich kann nicht stolz auf *ihre Leistungen* sein. Denn es sind ihre und nicht meine Leistungen. So gesehen wäre also ein Stolz auf die Kinder nichts anderes als eine eigene Bauchpinselei.

Aber leider: so funktioniert es nicht. Denn ich *bin* stolz auf meine Kinder. Und auf meine Familie. Aber nicht, weil ich meine, dass es mein Verdienst wäre, sondern einfach, weil sie mich stolz und glücklich machen.

Möglicherweise ebenso, wie wohl offenbar eine Herkunft einen stolz und glücklich machen kann…?

Wie erklärt sich das? Wie lautet die „Regel“ zum Thema Stolz? Auf was „darf“ man stolz sein? Und warum fühlt es sich so irrational und geradezu falsch an, auf eine Herkunft stolz zu sein? Oder bin ich merkwürdig? Wo ist mein Denkfehler?

Bin gespannt auf rege Beteiligung,

Andreas

Hallo,
die buddhistische Sichtweise dazu ist, dass man zwei Arten von Stolz unterscheidet; einmal den (nicht zu empfehlenden) ausschließenden Stolz („Ich bin besser als Ihr“), der nur dazu führt, dass man ständig in schlechter Gesellschaft ist, und andererseits den (empfehlenswerten) Stolz, der sagt „Sind wir nicht alle toll?“.
Das ist eine bisschen andere Sichtweise als die hier allgemein übliche, aber ich finde sie sehr sinnvoll. Bringt Dich das weiter?
Beste Grüße!

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die buddhistische Sichtweise dazu ist, dass man zwei Arten von
Stolz unterscheidet; einmal den (nicht zu empfehlenden)
ausschließenden Stolz („Ich bin besser als Ihr“), der nur dazu
führt, dass man ständig in schlechter Gesellschaft ist, und
andererseits den (empfehlenswerten) Stolz, der sagt „Sind wir
nicht alle toll?“.

Hallo Schnickschnack,
Mâna, Dünkel oder Stolz, wird unter die 7 Neigungen (Anusaya), die 10 Befleckungen (Klesa) und die 10 Fesseln (Samyojana) gezählt. ‚Dünkel‘ trifft hier als Übersetzung besser, weil Mâna in seiner Grundform ‚Gleichheits-Dünkel‘ („Sind wir nicht alle toll?“) bedeutet. Überlegenheits-Dünkel, also was wir gewöhnlich unter Stolz verstehen („Ich bin besser als Ihr“), ist Atimâna. Es gibt allerdings auch noch eine dritte Form - den masochistischen Minderwertigkeits-Dünkel, Omâna („Ich bin der letzte Dreck!“).

Alle drei sind unterschiedliche Formen von Ich-Dünkel, Asmimâna - beruhen mithin auf dem grundlegenden kognitiven Irrtum von der Existenz eines Ich, einer Seele oder eines Persönlichkeitskerns. Es ist also nicht so, dass die eine Form von Mâna ‚gut‘ bzw. heilsam und die andere ‚schlecht‘ oder unheilsam wäre. Sie unterscheiden sich lediglich insoweit, als sie Asmimâna in unterschiedlicher Subtilität zum Ausdruck bringen. „Empfehlenswert“ ist nach meinem Verständnis der buddhistischen Lehre keine dieser Formen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hi,

es ist für Menschen durchaus normal, dass sei eine enge Bindung zur Familiengruppe und zum Stamm aufbauen. Warum soll also ein Franke nicht stolz darauf sein, Franke zu sein? Was schadet es?
irgendwie haben nur Deutsche ein Problem damit. Ein Franzose findet es in der Regel völlig ok, stolz zu sein Franzose zu sein. Ein Ami sowieso, und das gikt auch für die meisten anderen Staaten/Nationen/Völker/Stämme.

Etwas anderes, wäre es, wenn er sich zusätzlich z.b. über „arrogante“ Preussen oder „tumbe“ Bayern auszulassen und dadurch andere herabzusetzen.

A.

Hi,

ich würde die buddhistische Sichtweise auch eher mit „sind wir nicht alle“ als mit „sind wir nicht alle toll“ identifizieren. Unterscheidungen wie „gut“/„schlecht“ werden beim Buddhismus eher als Einheit der Gegensätze gesehen. Wenn jemand reich ist, ist er das nur im Verältnis zu jemand anderes, der weniger hat. Wenn wir einen Job ziemlich beschissen finden, würde ihn Jemand aus einem Entwickungsland ggf. als besonderg guten Job bezeichnen. Es sind also alles in unserem gehirn enrstehende, relative Begriffe, die nicht mit der tatsächlichen Realität identisch sind.

A.

Schopenhauer zum Thema ‚Ich bin stolz…‘
„Die wohlfeilste Art des Stolzes ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt.“

mal wieder ‚chinesisch‘
Hallo,

ich kann mal wieder nicht an mich halten (mir schwillt der Hals)

Für mich gänzlich und wirklich unverständlich, was alles in das simple Wort „Stolz“ hineininterpretiert wird.
Ich kann nur „stolz“ auf etwas sein, was ich selbst zu verantworten habe.

Damit kann ich nicht stolz auf meine Herkunft sein (schliesslich kann ich nicht für jene), also weder auf meine Familie (eines der ältesten deutschen Adelsgeschlechter), noch auf meine Nationalität, noch auf meine Rasse oder Hautfarbe…

Damit kann ich nicht stolz auf Leistungen anderer (alle, aber auch wirklich alle Menschen ausser mir selbst sind hier gemeint, also auch meine Kinder!) sein, auch wenn der Ursprung in mir bzw. meiner Handlungen liegt, z.B. sehr gute Schulleistungen meiner Kinder, dass sich meine Kinder in Gesellschaft anderer Menschen „benehmen“ können…

Ich habe grösste Schwierigkeiten den Begriff „Stolz“ auszufüllen - er sagt mir wirklich nicht viel.

Ich denke nicht, dass diese Denkweise/Empfindungsweise philosophisch ist.

Freundliche Grüsse
Anonym

Hallo Raymond,

mir ging und geht (?) es ebenso wie dir, deine Beschreibung entspricht ja exakt meiner ursprünglichen „Regel“.

Aber dann kommt jemand und fragt: „aber bist du nicht stolz auf deine Kinder oder stolz auf deine Familie“?

Und jetzt - wenn du Frau und Kinder hast umso eher - schaut man in sich hinein und stellt fest: ja, natürlich bin ich stolz auf sie.

Aber ist dieser Stolz wirklich nur der Stolz der geschwellten Brust, weil in Wahrheit bloß stolz auf die eigene „Leistung“ ist, die in irgendeiner Form dies zustande gebracht hat? Ich glaube nicht. Man fühlt sich stolz und glücklich. Aber in wiefern unterscheidet sich dann dieser Stolz von dem Stolz einer bestimmten Herkunft?

Dies war die Frage.

Gruß,

Andreas

Hi,

es ist für Menschen durchaus normal, dass sei eine enge
Bindung zur Familiengruppe und zum Stamm aufbauen. Warum soll
also ein Franke nicht stolz darauf sein, Franke zu sein? Was
schadet es?

Man kann sich darüber freuen. Aber doch nicht *stolz* darauf sein.
Welche persönliche Leistung liegt darin, in Franken und nicht in Bochum oder in einem Slum in Rio de Janeiro geboren zu sein? Und insbesondere bei einem jungen Menschen: welche Leistung liegt darin, dass Franken so toll ist, wie es ist?

Was es schaden kann, versuchte ich weiter oben in wenigen Worten zu assoziieren. Es kann dazu führen, dass ich mich von meiner Individualität, meiner eigenen Verantwortung, meiner eigenen Rolle und Leistungen löse und stattdessen die Leistungen (oder auch Fehlleistungen) anderer für mich selbst annehme: „Du hast mir nichts zu sagen, denn wir haben die beste Schulbildung bei uns in Bayern“, „Wir Franken sind so und so“, „Wir haben Juden getötet“, „Wir haben Deutschland aus Ruinen in einen Wirtschaftsboom geführt“, usw…
Wer daran persönlich beteiligt war, mag so etwas sagen, aber niemandem sonst steht soetwas zu.
Und ganz schnell sind es dann nicht nur „Wir Franken“, sondern auch „Der Russe“, „Der Ami“, „Der Schwarze“ usw.

Man muss den Gedanken nur konsequent genug weiterspinnt, dann lässt sich sehen, wie bei allem durchaus positivem Zugehörigkeitsgefühl auch ein Nährboden für gefährlich Irrationales entsteht.

Einem engen und glücklichen Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe möchte ich überhaupt nichts absprechen! Man kann ja durchaus froh und glücklich sein, eine bestimmte Herkunft zu haben, und diese auch lieben und in Taten und Worten unterstützen oder verteidigen. Aber „stolz“ darauf zu sein, ist in meinen Augen eben etwas anderes.

Es kann aus meiner Sicht nicht gesund sein, auf etwas *stolz* zu sein, das man nicht selbst verantwortet.

Vielleicht ist es weniger ein philosophisches als ein syntaktisches Problem?

irgendwie haben nur Deutsche ein Problem damit. Ein Franzose
findet es in der Regel völlig ok, stolz zu sein Franzose zu
sein. Ein Ami sowieso, und das gikt auch für die meisten
anderen Staaten/Nationen/Völker/Stämme.

Es ist nicht verwunderlich, wenn Deutsche diesbezüglich sensibel sind, ja ein regelrechtes Problem damit haben, denn die Geschichte zeigt uns ja, was aus einem überzogenem Nationalstolz erwachsen kann. Und dass andere Länder damit keine Probleme haben, ist nicht ganz richtig. Der rechts-nationalistische Gesinnung ist in Frankreich extrem weit verbreitet, und es wäre sicherlich auch falsch zu behaupten, dass der Nationalstolz in Amerika eine rein gesunde Ausprägungen hat.
Natürlich stellt sich die Frage, ob man sich in dieses Ländern daran stört und als Problem betrachtet wird.

Etwas anderes, wäre es, wenn er sich zusätzlich z.b. über
„arrogante“ Preussen oder „tumbe“ Bayern auszulassen und
dadurch andere herabzusetzen.

Das sehe ich auch so - aber genau das liegt ja nur einen Millimeter hinter der Schwelle.

Vielleicht ist dies die gesuchte Unterscheidung, wie sie auch weiter unten bei den Buddhisten diskutiert wird?

Andreas

eben nicht
Hallo Andreas,

ja, ich habe Deinen Text schon verstanden.
Ich verstehe die Frage des Fragestellers (aus Deinem Beispiel) nicht:

Aber dann kommt jemand und fragt: „aber bist du nicht stolz
auf deine Kinder oder stolz auf deine Familie“?

Ist mir tatsächlich gänzlich fremd und ich vermag diese Frage nicht nachzuvollziehen und muss deshalb eine Antwort (auf diese Frage selbst) schuldig bleiben. Mir ist, als spräche da jemand dann „chinesisch“.

Und jetzt - wenn du Frau und Kinder hast umso eher - schaut
man in sich hinein und stellt fest: ja, natürlich bin ich
stolz auf sie.

Nein, eben nicht.

Und daraus ergibt sich, dass ich diesem Gdankengang ebensowenig folgen kann:

Aber ist dieser Stolz wirklich nur der Stolz der geschwellten
Brust, weil in Wahrheit bloß stolz auf die eigene „Leistung“
ist, die in irgendeiner Form dies zustande gebracht hat? Ich
glaube nicht. Man fühlt sich stolz und glücklich. Aber in
wiefern unterscheidet sich dann dieser Stolz von dem Stolz
einer bestimmten Herkunft?

Es erscheint mir, nach wie vor, gänzlich „chinesisch“.

Seltsam, ja „seltsam“ erscheint es mir.
Ausgesprochen seltsam.

Freundliche Grüsse
Anonym

Hallo

Ich konnte meinen Widerwillen nur schwer beschreiben und
versuchte ihn auf eine Formel zu bringen: „Man kann und darf
nur auf etwas stolz sein, das man auch selbst geschaffen hat“.

Ich bin stolz darauf, dass ich „vernünftiger stolz“ bin
als die blöden Idioten, die auf Dinge Stolz sind, wo ich
grundsätzlich „stolz-sein“ aus Stolz ablehne.

Grüße

CMБ

:wink:

Hallo Raymond,

wenn ich nicht stolz auf meine Kinder und meine Familie wäre (wie es bei dir zu sein scheint), hätte ich mit der von mir selbst zurechtgeschusterten Regel:
„Man kann und darf nur stolz auf eigene Leistungen sein“
ja auch kein Problem.

Die Tatsache, dass ich allerdings sehr wohl stolz auf meine Familie bin (wohlgemerkt: nicht auf vorangegangene Generationen, sondern auf meine Kinder und meine Frau), brachte mich ja erst in die gedankliche Zwickmühle: wie entsteht hier Stolz, und in welcher Ausprägung scheint er gesund und natürlich und wo beginnt die die gefährliche Irrationalität.

Andreas

Hallo Schnickschnack,

vielleicht geht diese Sichtweise in die richtige Richtung, aber es löst den zentralen Konflikt aus meiner Sicht noch nicht.

Ohne Zweifel ist ausschließender Stolz („ich bin besser als ihr“) negativ. Diese Form versuchte ich jedoch von Anfang an als jenen „mit gewollener Brust umherstolzieren“ außen vor zu lassen.

Wie ist es im Fall einer Familie: Da kann man stolz darauf sein, was der Sohn für tolle Bilder malen kann. Oder man ist stolz darauf, wie erfolgreich die Ehefrau ist. Damit schließt man noch niemand aus, man freut sich über die Leistungen anderer ("sind wir nicht alle toll).

Aber wo passt dann folgendes hinein: „Ich bin stolz auf die Franken, weil sie so viele tolle Sachen auf die Beine stellen“ und in der Folge „ich bin stolz, ebenfalls ein Franke zu sein“?

Andreas

Die richtige Lücke zu finden…
…war gar nicht so leicht. Hier scheints bestens.

Hallo,
nachdem ich mir hier nun mehrfach die „Lehrmeinung“ zum Thema Stolz reingezogen habe, reizt es mich meine Meinung auch von mir zu geben.

OK,
Stolz - eigene Leistung
Freude - fremde Leistung

Aber warum fühle ich es dann nicht so?
Warum ist es für mich ein vollkommen anderes, unbeschreibliches Gefühl, wenn meine Tochter ein tolles Bild malt, als wenn ihre beste Freundin vielleicht sogar ein schöneres Bild malt?

Warum bekomme ich ein besonderes Gefühl, wenn der Goldmedaillengewinner einen deutschen Akzent hat wie ich?

Warum berührt es mich besonders positiv oder auch negativ, wenn Menschen anderer Nationen mir die Stereotypen meiner Nationalität (positiv wie negativ) darstellen?

Meine These. Identifikation.
Ich kann mich mit meinem Kind, meiner Familie, meinem Sprachraum, meiner Nationalität sehr viel eher identifizieren, mich einfühlen, nachfühlen, usw als zu Menschen, Gruppen, Nationen, die jeweils ausserhalb stehen.

Man nennt es Stolz.

Gruss D.K.

Ja
das hilft mir :smile:

Dankbare Grüsse
Anonym

Hallo D.K.,

interessanter Ansatz: sobald eine enge Identifikation stattfindet, fühlt man „Stolz“.

Erklärt, warum man stolz auf die eigenen Kinder ist.
Und in Bezug auf Franken: hier äußert sich also bloße „Identifikation“ mit Franken.
Soweit, so gut.

Warum klingt es in meinen Ohren dennoch außerordentlich falsch, wenn jemand sagt: „Ich bin stolz, Franke zu sein“?

Interessante Variante: „Ich bin ein stolzer Franke“. Aus meiner Sicht völlig ok und nachvollziehbar. Jemand ist Franke und eine stolze Person. Das ist aber auch ein anderer Bezug, der Stolz ist auf die Person gerichtet, nicht auf die Herkunft.

Ich stelle mir gerade wieder die Frage, ob es nicht einfach nur eine syntaktische Unschärfe ist, und ob Stolz nicht tatsächlich einfach das falsche Wort ist?

Haarspaltende(?) Grüße,

Andreas

„Die wohlfeilste Art des Stolzes ist der Nationalstolz. Denn
er verrät in dem Behafteten den Mangel an individuellen
Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst
nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen
teilt.“

Dazu fällt mir Epiktet ein:

Thörichter Stolz.

VI. Sei auf keinen fremden Vorzug stolz. Wenn das Pferd sich stolz erhebend spräche: wie schön bin ich! so könnte man sich das gefallen lassen. Wenn aber du selbst voll Stolz sprächest: welch ein schönes Pferd habe ich! so wisse, daß du auf die Vorzüge deines Pferdes stolz bist. Was ist nun aber dein? - Der Gebrauch deiner Vorstellungen! - Wenn du also von deinen Vorstellungen einen naturgemäßen Gebrauch machst, dann magst du stolz sein; denn alsdann bist du stolz auf einen Vorzug, der dir gehört.
(Epiktet: Handbüchlein der stoischen Moral,)

Gruß
Junktor

Hallo D.K.,

interessanter Ansatz: sobald eine enge Identifikation
stattfindet, fühlt man „Stolz“.

Erklärt, warum man stolz auf die eigenen Kinder ist.
Und in Bezug auf Franken: hier äußert sich also bloße
„Identifikation“ mit Franken.
Soweit, so gut.

Warum klingt es in meinen Ohren dennoch außerordentlich
falsch, wenn jemand sagt: „Ich bin stolz, Franke zu sein“?

Weil du kein Franke bist!?
Spass beiseite.
In der aktiven Aussage schwingt sowohl das vermeintliche individuelle Unvermögen, ein künstliches, auf Herkunft gebautes, Selbstbewusstsein und eine gewisse intolerante Grundhaltung gegenüber NichtFranken mit.
Dagegen ist Stolz eigentlich ein Gefühl, dessen aktives NachAussenTragen sich gegebenenfalls durch ein gefühlsschwangeres Lob oder einen Jubelschrei ausdrückt.

Interessante Variante: „Ich bin ein stolzer Franke“. Aus
meiner Sicht völlig ok und nachvollziehbar. Jemand ist Franke
und eine stolze Person. Das ist aber auch ein anderer Bezug,
der Stolz ist auf die Person gerichtet, nicht auf die
Herkunft.

Ich stelle mir gerade wieder die Frage, ob es nicht einfach
nur eine syntaktische Unschärfe ist, und ob Stolz nicht
tatsächlich einfach das falsche Wort ist?

Haarspaltende(?) Grüße,

Andreas

Hi,

In diesem Fall fände ich Stolz nachvollziehbar, wie in „ich
bin stolz auf das Baumhaus, das ich mit eigenen Händen gebaut
habe.“
Über die eigene Herkunft dürfe man sich allenfalls *freuen*,
aber man dürfe nicht *stolz* darauf sein, denn man habe ja
schließlich nichts dazu beigetragen, es sei ein unverdienter
Stolz.

das sehe ich auch so. Ich bin stolz, mein Diplom gemacht zu haben, schon einigen Mist im Leben verwunden zu haben, ohne völlig abgedreht zu sein, wenn ich bald vielleicht einen Job habe, bin ich stolz, das auch endlich geschafft zu haben. Aber Herkunft? Das war ja nicht mein Verdienst…

Dann kam allerdings der Einwand: aber du bist doch auch stolz
auf deine Kinder, oder?

Na und? Kannst du ja auch. Auch wenn es nicht dein Verdienst ist (was man diskutieren könnte *g*), dass sie z.B. gute Leistungen bringen in der Schule, kannst du doch sagen, dass du stolz darauf bist, wie sie sich in der Schule schlagen, wie sie ihr Leben meistern, oder nicht? Du bist stolz auf das, was sie machen. Du sagst ja nicht: Ich bin stolz, dass meine Kinder Franken (oder was war das noch) sind.
Ich finde, da liegt der Unterschied.

Stolz sein kann man auf Leistungen, die eigenen oder, in Form von Anerkennung, auf die anderer. Aber auf Dinge, zu denen niemand was kann, imho nicht.

LG,
Cess