Zusammenveranlagung und doppelte Haushaltsführung bei Lebensmittelpunkten in zwei verschiedenen EU-Ländern?

Hallo,
habe jetzt schon, gefühlt, das „halbe“ Internet abgesucht aber auf folgenden Sachverhalt noch nicht einmal annähernd eine Antwort gefunden. Vielleicht kann mir hier ja jemand weiterhelfen.

Ein Paar welches in zwei verschiedenen EU-Ländern lebt, arbeitet (und bei jeweils dort ansässigen Arbeitgebern beschäftigt ist) und dort jeweils eine Wohnstätte besitzt, heiratet. Beide sind Deutsche. Einer der Ehegatten, wohnhaft in Deutschland, kann, aufgrund seiner Arbeit, diese jeweils für eine gewisse Zeit im jeweiligen „Ausland“ nachgehen (mit Duldung des Arbeitgebers), muß aber nach einer bestimmten Zeit immer wieder für Kundenbetreuung nach Deutschland zurückkehren. Diese Zeit beträgt ca. 50% seiner normalen Arbeitszeit. Während des Aufenthaltes wird eine der beiden Wohnstätten zum Aufenthalt benutzt.

Daher die Frage:
Ist bei einer solchen Konstellation
a) eine steuerliche Zusammenveranlagung in Deutschland möglich und
b) sind, wenn dies nicht möglich ist, Kriterien für eine doppelte Haushaltsführung für den Ehemann in Deutschland gegeben?

Alles was ich gefunden habe, bezieht sich auf Deutschland bzw. Ehegatten in Arbeitsverhältnissen in Deutschland - aber nicht in zwei verschiedenen EU-Staaten. Wohlgemerkt, die „Arbeitsstätte“ ist immer noch in Deutschland, obwohl der Aufenthalt im EU-Ausland stattfindet.

Bin für jede Antwort dankbar.

Mit freundlichem Gruß
Verrissen

Hallo,

Ja.

Sie hängt davon ab, ob beide Eheleute in D unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, wer in D einen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt hat.

Aufwendungen für eine aus beruflichem Anlass bestehende doppelte Haushaltsführung können dann (ggf. zeitanteilig) geltend gemacht werden, wenn der Arbeitslohn des Ehegatten, der im Ausland arbeitet und in dieser Zeit auch dort wohnt, in Deutschland steuerpflichtig ist.

Um das zu beurteilen, muss man wissen:

  • Um welches Land geht es?
  • Wie viele Tage genau hält sich der Arbeitnehmer dort pro Kalenderjahr bzw. pro gleitendem Zeitraum von zwölf Monaten auf? Es geht hier tatsächlich um Tage, nicht um „ca. die Hälfte“.
  • Wer bezahlt in dieser Zeit den Arbeitslohn? „Duldung“ lässt vermuten, dass es einen anderen Arbeitgeber gibt?

Schöne Grüße

MM

Hallo Aprilfisch,

vielen Dank erst mal für die Antwort :smile:

Um dies zu präzisieren:
Ja, die Eheleute besitzen in Deutschland einen Wohnsitz bzw. eine Eigentumswohnung.
Die Ehefrau ist in D mit Zweitwohnsitz gemeldet.

Um welches Land geht es?
Wie viele Tage genau hält sich der Arbeitnehmer dort pro
Kalenderjahr bzw. pro gleitendem Zeitraum von zwölf Monaten auf? Es geht
hier tatsächlich um Tage, nicht um „ca. die Hälfte“.Wer bezahlt in dieser Zeit den Arbeitslohn? „Duldung“ lässt vermuten, dass es einen anderen Arbeitgeber gibt?
Das EU Land ist Griechenland.

Ich war noch nicht fertig - hab aber aus versehen abgeschickt.

Hier noch der Nachtrag:

Der „berufliche“ Anlass ist, das die Ehefrau ihre Arbeit, und Ihre Kinder, im EU-Ausland hat und nicht, wie der Ehegatte, nach „Belieben“ die Arbeit von anderen Standorten aus erledigen kann.

Und ja, der Arbeitslohn des Ehegatten ist in Deutschland steuerpflichtig.

Um welches Land geht es?
Das EU Land ist Griechenland.

Wie viele Tage genau hält sich der Arbeitnehmer dort pro Kalenderjahr bzw. pro gleitendem Zeitraum von zwölf Monaten auf? Es geht hier tatsächlich um Tage, nicht um „ca. die Hälfte“.
Dies ist nicht genau zu bestimmen, da die Anzahl an Tagen schwankt (z.B. aufgrund unterschiedlichen Aufenthaltes während der Feiertage, unterschiedlicher Flugdaten etc.). Die Angabe „ca. die Hälfte“ war schon eine richtige Angabe. Die Frage ist. Gibt es eine bestimmte Anzahl an Tagen zu beachten ab denen sich etwas ändert?

Wer bezahlt in dieser Zeit den Arbeitslohn? „Duldung“ lässt vermuten, dass es einen anderen Arbeitgeber gibt?
Nein, es gibt keinen zweiten Arbeitgeber für den Ehegatten. Die Arbeit wird lediglich von einer anderen Stelle - dem Wohnort der Ehefrau - verrichtet.

Mit freundlichem Gruß
Verrissen

Servus,

im Doppelbesteuerungsabkommen mit Griechenland ist vorgesehen, dass das Besteuerungsrecht in so einer Situation nur dann bei Deutschland bleiben kann, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr als 183 Tage innerhalb eines Steuerjahrs in Griechenland aufhält, sein Lohn nicht von einem griechischen Unternehmen oder einer festen Einrichtung des deutschen Arbeitgebers in Griechenland bezahlt wird und auch nicht bei einer in Griechenland steuerpflichtigen Betriebsstätte als Aufwand abgezogen wird.

Mit seinem für Arbeit in Griechenland bezogenen Lohn ist der Ehegatte also dort steuerpflichtig. Man kann es durch die Darstellung des Sachverhalts ein wenig beeinflussen, ob in Griechenland beschränkte oder unbeschränkte Steuerpflicht vorliegt. Nur eben gleichzeitig Zusammenveranlagung in Deutschland und unbeschränkte Steuerpflicht in Griechenland geht nicht; man muss also schauen, wo der Vorteil bzw. der Nachteil größer ist.

Ob bei den in Griechenland steuerpflichtigen Einkünften Aufwand für eine aus beruflichem Anlass gegründete doppelte Haushaltsführung abziehbar ist, richtet sich nach griechischem Steuerrecht, das ich überhaupt nicht kenne. Ich habe allerdings davon gehört, dass es dort seit ein paar Jahren nicht mehr genügt, eine kleine Ikone im Büro aufzustellen, um gänzlich steuerfrei arbeiten zu können, weil das Büro religiösen Zwecken dient.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

im Doppelbesteuerungsabkommen mit Griechenland ist vorgesehen, dass das Besteuerungsrecht in so einer Situation nur dann bei Deutschland bleiben kann, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr als 183
Tage innerhalb eines Steuerjahrs in Griechenland aufhält, sein Lohn
nicht von einem griechischen Unternehmen oder einer festen Einrichtung
des deutschen Arbeitgebers in Griechenland bezahlt wird und auch nicht
bei einer in Griechenland steuerpflichtigen Betriebsstätte als Aufwand
abgezogen wird.

Das ist nicht der Fall - diese Anwesenheit in GR beläuft sich auf nicht mehr als 180 Tage pro Kalenderjahr.

Mit seinem für Arbeit in Griechenland bezogenen Lohn ist der Ehegatte
also dort steuerpflichtig. Man kann es durch die Darstellung des
Sachverhalts ein wenig beeinflussen, ob in Griechenland beschränkte oder
unbeschränkte Steuerpflicht vorliegt. Nur eben gleichzeitig
Zusammenveranlagung in Deutschland und unbeschränkte Steuerpflicht in
Griechenland geht nicht; man muss also schauen, wo der Vorteil bzw. der
Nachteil größer ist.

Wenn ich es recht verstehe, ist mit dem oberen Passus sowieso eine Steuerpflicht in GR obsolet, richtig?
Damit wäre eine Zusammenveranlagung in D möglich obwohl die Ehefrau in GR bei einem griechischen Arbeitgeber arbeitet, richtig?

Ob bei den in Griechenland steuerpflichtigen Einkünften Aufwand für
eine aus beruflichem Anlass gegründete doppelte Haushaltsführung
abziehbar ist, richtet sich nach griechischem Steuerrecht, das ich
überhaupt nicht kenne. Ich habe allerdings davon gehört, dass es dort
seit ein paar Jahren nicht mehr genügt, eine kleine Ikone im Büro
aufzustellen, um gänzlich steuerfrei arbeiten zu können, weil das Büro
religiösen Zwecken dient.

Den verstehe ich noch nicht ganz. Die Ehefrau verdient in GR nur gering (ca. 8.000€/anno), während der Ehegatte in D ca 60.000€/anno verdient. Bei der doppelten Haushaltsführung geht es darum, ob die Reisen von D nach GR steuerlich beim deutschen Fiskus absetzbar sind. Wenn ich es richtig aus einigen Beiträgen im I-Net herausgelesen habe, dürfen Ehepaare die nicht dauernd zusammen wohnen, nicht schlechter gestellt sein als solche, die es tun. In diesem Fall halt eben durch „Pendeln“. Die Frage ist also, ob diese Aufwendungen steuerlich geltend gemacht werden können - z.B. durch doppelte Haushaltsführung (was in diesem Fall ja auch zutrifft).

Im Übrigen:
Vielen Dank, mit so einer ausführlichen Antwort hatte ich gar nicht gerechnet :raising_hand:

Mit freundlichem Gruß
Verrissen