Hallo MissMarple,
für die späte Antwort bitte ich Dich herzlich um Entschuldigung. Ich war ein paar Tage nicht zu Haus.
Ich habe mal Industriekaufmann gelernt, danach war ich noch einige Jahre im Ausbildungsbetrieb tätig und wurde arbeitslos.
Nachdem ich nichts neues gefunden habe und weil es schon immer mein Wunsch war, drängte ich das Arbeitsamt, mir eine Weiterbildung zu finanzieren. Das lief damals alles nur auf meine Initiative hin. Von selbst wären die nie im Leben auf die Idee gekommen, mich weiterzubilden, mich anderweitig zu vermitteln oder mir auch nur irgendwie zu helfen. Die verwalten nur und machen sonst gar nichts. Und wenn man Glück hat, bekommt man wenigstens sein Geld. Wenn man Pech hat, klappt selbst das nicht. Nun gut, ich bekam nach einer ganzen Weile hin und her meinen Willen und wurde zum IT-Netzwerkspezialisten weitergebildet. Fast ein Jahr lang. Kosten rund 50.000 Euro !!! Danach fand ich einen Job, aber nicht bei mir zu Haus, sondern am Arsch der Welt. Innerhalb der Probezeit (sechs Monate) wurde ich vor die Tür gesetzt und durfte erstmal meinen Arbeitgeber verklagen. Danach einen neuen Job zu finden, war fast schon ein Wunder, klappte aber ziemlich schnell über eine Zeitarbeitsfirma. Nach drei Monaten folgte eine Festanstellung beim Entleiher. Fast vorbildlich. Den Job machte ich ca. drei Jahre und wurde wieder arbeitslos. Danach habe ich nie wieder etwas in der IT gefunden, obwohl angeblich Personalmangel herrscht. Komisch!? Ich denke, es hängt damit zusammen, daß ich weder Abitur habe, noch studiert habe. Ohne Dipl.-Ing. oder Dr.-Titel ist man in der Branche das dumme Fußvolk, für die minderwertigen Tätigkeiten, die keiner machen will bzw. ist man am Ende ohne solche Titel kaum „vermittelbar“.
Wie dem auch sei, ich war ein Jahr arbeitlos, dann beantragte ich Hartz4 und bekam es nicht. Trotz Schulden war ich angeblich vermögend. Absoluter Witz. Ich bekam also kein Geld mehr und war nicht mehr krankenversichert. Zwangsläufig mußte ich bei einer Zeitarbeitsfirma anfangen für 500 bis 600 Euro netto MONATLICH, um überhaupt wieder eine Krankenversicherung zu haben. Dort durfte ich Mobiltelefone am Fließband verpacken. Keine Pausen. Um mich herum nur Ausländer.
Später fand ich wieder über Zeitarbeitfirmen etwas kaufmännisches. Dort habe ich mich inzwischen auf 1.000 Euro netto monatlich hochgearbeitet und dümpel seit Jahren äußerst unzufrieden vor mich hin.
Ich war hochqualifiziert in der IT und bekam, von dem Amt, welches mich für 50.000 Euro gefördert hat, später keinerlei Hilfe, einen neuen Job zu finden. Heute ist mein Wissen dermaßen veraltet, daß ich überhaupt keine Chance mehr in der IT habe. Das sollte Dir auch klar sein: IT bedeutet permanent Weiterbilden neben dem Job, an Deinen Wochenenden und in Deinem Urlaub und in der Regel auf Deine Kosten, weils Dein Arbeitgeber nicht zahlen will.
Kaufmännisch richtig gearbeitet habe ich auch nie wirklich, immer nur Bürohilfstätigkeiten. Von einer Zeitarbeitsfirma bekommt man ein Scheiß-Zeugnis und hat so auch keine Grundlage, überhaupt aus dem Sumpf herauszukommen. Das Geld fehlt an allen Ecken und Enden und ich kämpfe ums Überleben. So ist das in Deutschland. Ganz toll.
Erwarten darfst Du aus meiner Sicht gar nichts, sondern Du musst die Drängen, Dir eine Weiterbildung zu genehmigen. IT-Bereich kann ich Dir nicht empfehlen, wenn Du, wie gesagt, keinen akademischen Titel hast.
Ich kann mir gut vorstellen, dass wir viele Erzieherinnen brauchen, aber ich unterstelle mal, daß die keiner bezahlen will. Da solltest Du Dich wirklich gut informieren, ob da wirklich Bedarf ist und gute Chance bestehen und die müssen auch noch bestehen, wenn Du Deine Weiterbildung abgeschlossen hast.
Auf irgendwelche Sachen, die man im Radio hört oder in der Zeitung liest, würde ich mich nicht verlassen. Ich höre so oft, daß im IT-Bereich händeringend Fachkräfte gesucht werden. Dann hätte ich nie arbeitslos werden dürfen. Es ist auch nicht so, daß ich sonderlich alt bin. Ich bin Mitte 30.
Von dem Gedanken, in zehn Jahren beim gleichen Arbeitgeber zu sein oder in zehn Jahren den gleichen Job zu machen, würde ich mich verabschieden. Unsere Arbeitswelt sieht leider anders aus. Unsere Eltern hatten es früher leicht im Gegensatz zu uns.
Das schlimmste sind die Zeitarbeitsfirmen. Das hätten die Politiker niemals zulassen dürfen. Diese Firmen drücken die Gehälter in Grund und Boden, man hat keinerlei Arbeitsplatzsicherheit, etc.
Ich verdiene heute so wenig, daß ich später eine Rente bekommen werde und dann nicht werde davon leben können, obwohl ich mein ganzes Leben lang gearbeitet habe. Wir haben heute schon so viele Rentner, die 400 Euro Jobs machen müssen, um leben zu können, und jungen Menschen wiederum die Arbeit wegnehmen. Dieses ganze System wird irgendwann völlig kollabieren.
Ich hoffe, Dein Gespräch ist gut verlaufen und wenn nicht, daß die nächsten Gespräche besser werden. Du mußt wissen was Du willst und dann mußt Du denen auf dem Amt die Pistole auf die Brust setzen. Anders geht es nicht.
Liebe Grüße
Dreizehnter Apostel