Zweckentfremdete Verwendung strafbar?

Hallo,

meine Frage bezieht sich auf historische Holzrechte, wie sie mancherorts noch gültig sind. Demnach steht z.B. einer Gemeinde eine gewisse Menge Holz zu, die sie an ihre Bürger verteilen darf. Der einzelne Bürger wiederum erhält nach der Forstberechtigung nur Holz, wenn er einen Ofen und einen Bedarf nachweisen kann. Jetzt erhält Bürger A sein Holz, veräußert dieses aber weiter, obwohl es ihm laut Forstberechtigung verboten ist und er es ausschließlich zum Eigenbedarf verwenden darf.

Meine Frage lautet, nach welcher Rechtsgrundlage man hier eine strafbare Handlung unterstellen könnte, wenn das zum Eigenbedarf überlassene Holz zweckentfremdet wurde?

Vielen Dank im voraus
Feivel

Servus,

das dürfte eher ein schuld- als ein strafrechtliches Thema sein: Bürger A wird das unberechtigt erhaltene Holz zurückgeben bzw. (da er es ja nicht mehr hat) seinen Wert (der durch den Verkauf eindeutig belegt ist) erstatten müssen.

Ich täte da mal in §§ 812ff BGB schauen, was da passen könnte.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

Wahrscheinlich uralte Berechtigungen, entstanden lange bevor es das BGB gab.

Gibt es da irgendwas schriftliches, das man nachlesen kann? Oder nur mündliche Überlieferungen? Oder Gerüchte wie „mein Opa hat mir erzählt, dass Das und Jenes verboten ist“?

Dazu müsste man erstmal genau die Berechtigung dieser Person kennen um dann zu prüfen was sie durfte und was nicht.

Gruß
Jörg Zabel

Richtig - aus dem 17. Jh, also vor dem BGB entstanden. 1920 wurde das Recht „modern“ formuliert und der Vertrag zwischen Land und Gemeinde neu geschlossen. Geändert hat sich inhaltlich jedoch nichts. Berechtigt ist die Gemeinde, die das Holz vom Staatswald bezieht und gegen eine Pfennigsgebühr an ihre Bürger weitergibt, wenn ein Bedarf am eigenen Kamin nachgewiesen wird. Es darf aber nur für den eigenen Nutzen verwendet werden, also nicht verschenkt oder veräußert werden. Eine Zuwiderhandlung wird „mit den gesetzlichen Bestimmungen bestraft“. In den alten Urkunden wird eine Strafe jedoch nicht erwähnt, sodass ich nach wie vor eine passende Rechtsgrundlage suche.

So eine Regelung ist nicht bestimmt genug, um irgendeine „Bestrafung“ herbei zu führen. Ich sehe hier als einzige Sanktionsmöglichkeit den zuwider handelnden Bürger im nächsten Jahr von der Verteilung auszuschließen, weil er offenbar eben keinen eigenen Bedarf hatte.

Denken könnte man so ganz entfernt mal an einen Betrug im Sinne eines „Zweckverfehlungsbetrugs“, d.h. die Gemeinde wollte eine Leistung zugunsten die Berechtigten erbringen, und wurde über diese Berechtigung getäuscht (jedenfalls dann wenn das Holz nicht nur verkauft, sondern auch tatsächlich keine eigene Nutzungsmöglichkeit gegeben gewesen wäre).

Hallo,

Dazu würde ich aber gerne mal die wörtliche Formulierung sehen, nicht das, was ein Nutzer hier mit seinen eigenen Worten wiedergibt.

Gruß
Jörg Zabel

Dazu müsste ich eine schlechte 5-seitige Kopie der Urkunde einscannen. Ich denke aber, dass die wenigsten hier 300 Jahre altes Altdeutsch in dazu schlechter Qualität lesen werden können… vielleicht erfahre ich ja dennoch von der Idee?

Viele Grüße
Feivel

Tach,
der Holzabnehmer spiegelt falsche Tatsachen vor „Ich benötige das Holz für meine Feuerstelle“, er verfolgt damit das Ziel, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Das wären zwei von drei Tatbestandsmerkmalen des Betrugs.

Beim dritten tue ich mich etwas schwer. Wird hier jemandes Vermögen geschädigt?

Ja. Wer auch immer Eigentümer des eingeschlagenen Holzes ist (Gemeinde oder Landesforsten oder der Spital oder sonstewer), hat es nciht mehr, wenn er es der Gemeinde überlassen hat - im guten Glauben, diese überließe sein Holz nur denen, die es zum persönlichen Bedarf nutzen.

„Holz aus dem eigenen Wald nicht Haben“ ist Schadens genug, deucht mir.

Schöne Grüße

MM

Ja,

an so eine simple Überlegung dachte ich gar nicht.

Würdest du dann auch denken, dass die Tatbestandsmerkmale des Betrugs erfüllt sind?
Ich bin da immer etwas vorsichtig, weil in der öffentlichen Diskussion ja immer gerne (vor)schnell „Betrug“ geschrien wird, wenn einem was nicht in den Kram passt.

Servus,

das kann ich nicht beurteilen. Wenn das mit dem Betrug in der beschriebenen Situation „so einfach“ funktionieren würde, hätte @Wiz das genannt. Er wird seine Grinde haben, dass nicht.

Schöne Grüße

MM

Das Staatsvermögen des Landes könnte geschädigt werden. Indem das Holz mit der Absicht genommen wird, es anderweitig zu verwenden als vorgesehen, steht es dem Staat nicht mehr zum Verkauf am regulären Brennholzmarkt zur Verfügung. Das Holz aus dem alten Recht ist nämlich umsonst. Demnach wäre es also Betrug?

Ein „klassischer“ Betrug liegt hier mE nicht vor. weil der Holzeigentümer grundsätzlich bereit ist, jedem Holz kostenlos zur Verfügung zu stellen. Und die Sache mit dem „Zweckverfehlungsbetrug“ ist eine sehr heikle Geschichte. Daher habe ich das auch so vorsichtig formuliert, und mich insoweit auch über die etwas brüske Nachfrage hierzu geärgert.

Das sind immer Fälle, die sehr auf der Kippe stehen, und selbst gestandene Richter wissen offenbar nicht durchgängig mit dieser Rechtsfigur etwas anzufangen. So wollte mir mal jemand Anzeigen andrehen, deren Erlös angeblich für soziale Zwecke verwendet würde. Da ich die Masche kannte, kam es hier erst zu einer Rangelei, dann zur Anzeige, und schließlich zum Gerichtstermin, in dem ich dem Vorsitzenden erst einmal näher bringen musste, dass es bei solchen Anzeigen regelmäßig nicht vordergründig um den Gegenwert von Geld und Anzeige, sondern tatsächlich primär um die angeblich „gute Tat“ gehe.

D.h. man gibt das Geld für den Zweck, dass es sozialen Zwecken zugute kommt, und „nimmt die Anzeige mit“. Das hat dann auch zur Verurteilung geführt, und die Berufung hat der Mensch dann im Termin zurückgenommen (ich saß wieder als Zeuge vor der Tür).

Hier wird einerseits eine Bedingung für die Abgabe genannt, über deren Vorliegen hier offenbar getäuscht wurde. Es stellt sich für mich aber die Frage, ob in der heutigen Zeit wirklich genau dieser Zweck noch so entscheidend sein kann. Das sind Regelungen, die üblicherweise aus einer Zeit stammen, in der es darum, ging wirkliche Armut so zu bekämpfen und hierdurch Leben zu retten. Heute wird aber niemand mehr im Winter erfrieren, wenn er nicht auf dieses kostenlose Holz zurückgreifen kann. Insoweit ist das für mich eine Sache, „über die man nachdenken kann“, die aber nicht ansatzweise zwingend auch von einer größeren Zahl von im konkreten Fall berufenen Richtern so gesehen werden müsste.

Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Es ist also doch deutlich komplizierter als ich dachte. Es wäre sicher interessant, wenn es hierzu mal zu einem Verfahren käme (auch wenn ich es natürlich niemandem wünsche).

Zu dem ersten Absatz kann ich vielleicht noch ergänzen, dass der Holzeigentümer, also der Staat, das Holz ja geben muss, wenn das Recht eingefordert wird. Das Recht an sich steht zwar der Gemeinde zu, die es dann wiederum an die beantragenden Bürger (unter der gleichen Bedingung der Verwendung) abgibt, aber auch die Gemeinde muss Holz, welches - aus welchen Gründen auch immer - nicht zugeteilt werden kann, wieder an den Staat zurückführen. Insofern würden ja eigentlich der Betrug als auch die Zweckverfehlung in Frage kommen.