Zwei Wohnsitze - was gilt juristisch?

Guten Tag.
Folgender Fall:

Eine Mutter, die zeitlebens in Chile wohnt(e) hat alle paar Jahre ihre Tochter in Belgien besucht. Sie hat natuerlich einen chilenischen Pass, einen chil. Personalausweis und ihren Wohnsitz dort.

Weil sie schon so alt ist (85) hat ihre Tochter in Belgien fuer sie eien Krankenversicherung dort abgeschlossen. (so wie in D. AOK)

Das ging aber nur, weil die Mutter dort eien Wohnsitz (bei der Tochter) angemeldet hat und sie obendrein auch einen belgischen Personalausweis nun besitzt. (Keinen Pass natuerlich)

Darueber hinaus hat sie dort ein Konto, auf dem sie eine kleine Rente aus Argentinien erhaelt (dort ist ihr Mann vor langer Zeit gestorben).

Sie ist aber - wie erwaehnt - zu 95 Prozent wohnhaft und anwesend in ihrem Heimatland Chile. Sie hat dort auch Immobilien, bei denen sie ihre Mieteinnahmen auch in Chile verstuert.

(Von diesen Einkuenften weiss der belgische Staat aber nichts. Muesste er das?)

Die Frage ist nun: Hat die Mutter juristisch (und steuerlich?) ihren Wohnsitz in Chile oder (auch) in Belgien?

Gruss

Mike

Hallo Mike,

Da brauchst jemanden, der sich im belgischen und chilenischen Steuerrecht genau auskennt.

Zuerst ist die Frage, wie welches Land den Hauptwohnsitz definiert.

Dann gibt es zwischen Ländern auch noch Abkommen über die Doppelbesteuerung, darin kann festgelegt werden, dass z.B. Einkommen welches in einem Land erwirtschaftet und besteuert wird im anderen nicht nochmals versteuert werden muss.

Es wird schon kompliziert, wenn man als italienischer Staatsbürger in der Schweiz lebt und arbeitet und in Italien noch ein Häuschen hat …

MfG Peter(TOO)

Hallo Mike,

die Mutter wird gem. DBA Belgien-Chile wegen der viel engeren wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zu Chile als Resident Chiles betrachtet. Sie ist also in Belgien nur mit Einkünften aus Belgien (falls es welche gibt) beschränkt steuerpflichtig, soweit das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte gem. DBA Belgien-Chile beim Königreich Belgien liegt.

Hier zum Nachlesen: http://ccff02.minfin.fgov.be/KMWeb/document.do?method=view&nav=1&id=b6895361-ec6d-4d74-a7eb-5801f968b7ae&disableHighlightning=true#findHighlighted

Einen allgemeinen „juristischen“ Wohnsitz gibt es nicht; es kommt - wie ja auch beim Steuerrecht - auf den konkreten Zusammenhang an.

Schöne Grüße

MM

Danke.
Wenn Mama - nicht mehr die juengste - mal stirbt, wird dann auch nach chilenischem Recht Erbschaftssteuer erhoben, oder nach belgischem. Wobei die anderen „Erben“ in Deutschland wohnen…

Gruss
Mike

Servus,

das mit der ErbSt hatten wir doch schon mal?

Für die deutsche Erbschaftsteuer genügt es, wenn die Erben in Deutschland wohnen (Inländer im Sinn des ErbStG sind).

Mit Chile hat Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen betreffend ErbSt geschlossen; eine doppelte Besteuerung ist also nicht ausgeschlossen. Hier gibt es allerdings ziemlich komfortable Freibeträge (Kinder pro Kind 400.000 €, Enkel pro Enkel 200.000 €), so dass da auf der deutschen Seite vermutlich nicht so sehr viel passieren wird.

Außerdem ist die ausländische ErbSt auf die deutsche ErbSt anrechenbar, soweit sie sich auf den in D ErbSt-pflichtigen Vermögensanfall bezieht.

Belgien spielt bei den beschriebenen Verhältnissen für die Erbschaftsteuer keine Rolle.

Schöne Grüße

MM

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Danke MM!
Weswegen ich nochmal darauf kam:

Die Mutter hat ihren Wohnsitz im Flanderischen Teil von Belgien.

Unglaublich, dass in einem Land sogar unterschieliche Veranlagungsformen gelten!

Muss die Tochter in Belgien (oder ggf. auch die Geschwister in D.) mit
einer hohen Steuerlast rechnen, wenn die alte Dame mal stirbt?

Nach dem Text im Link oben
KOENNTE es so sein…

P.S.
Interessant finde ich, dass es fuer Erbschaftsangelegenheiten auch nochmal eines DBAs bedarf.

Gruss und Dank!

Mike

Servus,

derzeit hat sie ihn in Chile; wegen der Fiktion des Wohnsitzes in Belgien für die Krankenversicherung muss man halt schauen, was weniger kostet, und daran denken, dass andere nicht die Möglichkeit haben, für eine billige KV ihren Wohnsitz nach Belieben zu verlegen, und das Leben trotzdem auch hinkriegen - so musste der letzte Krankenhausaufenthalt meines Bruders vor dessen Tod in Ecuador eben aus seinem Vermögen und von der Familie bezahlt werden, weil die private Krankenversicherung als einzige Möglichkeit alles, was mit Herz und Kreislauf zu tun hat, ausschloss, so dass eben Intensivpflege und OP bei Schlaganfall von keiner Versicherung übernommen wurden. War dann gar nicht so sehr teuer, mit 30.000 Dollares war die Sache abzuhandeln.

Falls die Mutter den tatsächlichen Wohnsitz nach Flandern (so heißt der flämische Teil Belgiens) verlegen sollte, gilt auch dort, dass die belgische ErbSt auf die deutsche anrechenbar ist. Es wird dann die für Flandern für Angehörige in direkter Linie geltende ErbSt in Höhe von drei (bis 50.000 € pro Nase) bis 27 Prozent (ab 250.000 € pro Nase) fällig werden. Wegen der Anrechnung dann jedenfalls keine deutsche Erbschaftsteuer obendrauf, aber eben der ganze Zirkus mit Erklärung und Veranlagung, auch wenn unterm Strich dann Null stehen wird.

Schöne Grüße

MM

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Dass mit dem tod in Ecuador tut mir leid.
Aber richtig auch (Glueck im Unglueck), dass man da mit 30 000 Eus noch einigermassen gut weggekommen ist.

Zum Thema: Du schreibst „fiktiver“ Wohnsitz wegen der Krankenkasse. Aber das finde ich eben nicht unbedingt „fiktiv“, wenn die Mutter sogar einen Personalausweis dort hat. Deshslb hatte ich das Thema auch unter „Behoerden“ gestellt. Finde es eigentlich haarstraeubend, dass der belgische Staat das wegen der Krankenkasse das zuliess.

Gut, da muss die in Belgien lebende Tochter dann abwaegen, ob sich das wirklich fuer sie und Mutter rechnet…Krankenkasse gegen hohe Erbschaftssteuer. Und dann noch, weil die Mutter eigentlich nie wirklich dort ist.

Aber verstehe ich es richtig, dass die Erbschaftssteuer von Belgien (wenn sie dort tatsaechlich anfaellt) sich auf das gesamte Vermoegen der Mutter bezieht und damit auch fuer die in D. lebenden Nachkommen „abgezogen“ wird …

oder betrifft diese „belgische“ Steuer auch die in D. lebenden Miterben?

Grussssssssssssssssssssssss

Wäre ja mal interessant zu erfahren wie man es anstellt, für seine dauerhaft im Ausland lebende Mutter für die wenigen Tage/Wochen eines Besuchs sie anzumelden und einen P-Ausweis zu erhalten.

Sie könnte sich doch völlig legal viele Wochen/Monate in Belgien aufhalten und sich mit ihrem Chilenischen Pass ausweisen.

Schau mal in den Link von @Aprilfisch.
GruĂź
anf

Ja richtig. AAAABER sie waere dann nicht in der Krankenversicherung und ein Bankkonto fuer ihre kleine Rente aus Argentinien haette sie wohl auch nicht eroeffnen koennen.

Machen wir die Frage doch mal praktisch.

Nehmen wir an, das (spaeter) vererbte Gesamtvermoegen der Mama in Chile waere 300 000 Euro.

Jetzt gehen davon also nach belgischem Recht wohl (?) circa 30 % ab (Erbschaftssteurn).

Das heisst dann es bleiben fuer die Erben circa 200 000 uebrig, die fuer die Erben in D. steuerfrei waeren.

Doch da eben nach belgischem Recht zunaechst versteuert wird „fehlen“ den (eben auch den deutschen) Erben 100 000 Euro der urspruenglichen 300 000.

Wenn sie nicht nach belgischem Recht verstuert wuerde (was eben auch die Frage waere), dann haetten die deutschen Erben keinerlei Abzuege auf ihren Erbanteil.

Gruss

Mike

Klar.
Nur ich verstehe das ja noch nicht, warum es erforderlich wird, wenn Mutter in Chile lebt und in Belgien nur kurz zu Besuch ist.
Und von dauerhaft in Belgien bleiben habe ich ja nix gelesen.

Vielleicht gibt es in Chile keine passende Krankenversicherung?

Aber alles nur Vermutungen von meiner Seite, ich weiß da gar nichts. Im Gegenteil hat es mich schon gewundert., dass sowas überhaupt möglich ist - immerhin ist hier der Personalausweis nur ein Teil vom Reisepass und man kann beides nicht als Ausländer bekommen.
GruĂź
anf

Entschuldigung, wenn ich nochmal „nerve“.

Die Geschwister und Mutter ueberlegen nun, ob es nicht dann - wegen der belgischen Steuerproblematik - besser waere, dass die Mutter ihren Zweitwohnsitz von Belgien nach Deutschland verlegt.

Das hiesse dann, sie haette ggf.
deutshen Peronalausweis (falls ueberhaupt noetig?),
Zweitwohnsitz, Krankenkasse (mitversichert bei Tochter in D.) und ein Bankkonto wegen ihrer kleinen Rente aus Argentinien. Das dann alles in D. statt in Belgien.

Ich vermute, dann waeren wieder die 400 000 Euro Freibetrag relevant.

Danke fuer Hinweise

Mike