1. Hund + Wandern die Zweite, 2. Diagnose? (lang)

Hallo,

erstmal fürs Archiv, Hund und Wandern:
vor einiger Zeit hatte ich hier u.a. die Frage angesprochen, wieviel Wasser ich sinnvollerweise auf alpine Wandertouren für meine beiden Hunde (beide ca. 55cm hoch, 25kg schwer) mitnehmen sollte. Fürs Archiv hier nachträglich meine Erfahrung: mindestens 1 Liter pro Hund sogar in wasserreichen Gebieten hat sich für mich bewährt, ich habe unterwegs immer wieder angeboten, und beide Hunde haben sich reichlich sowohl aus Bergbächen als auch zwischendurch bei mir bedient und hatten es offenbar auch nötig. Auf Touren mit weniger „externer“ Wasserversorgung würde ich deutlich mehr mitnehmen.

Zum zweiten die Bitte um Brainstorming - wer hat sowas schonmal gesehen/ erlebt/ diagnostiziert… ?

Ein (relativ) kurzer Überblick über die Geschehnisse:
Maya, Kangalmix, ca. 5 1/2 Jahre, kastriert, 55cm hoch, 25kg schwer, brach am 3. Tag unseres Bergurlaubes innerhalb weniger Minuten auf ca. 2400m Höhe zusammen. Sie war trainiert, hat denke ich ausreichend Pausen und viel zu trinken bekommen, wir waren die meiste Zeit im Schatten unterwegs. In den ersten beiden Tagen haben wir eher Einlauftouren unternommen, also nichts allzu großes. Sie machte einen komplett fitten Eindruck. Außerdem war sie die ganze Zeit angeleint, hat also keine Extrastrecken zurückgelegt.

Zusammenbruch bedeutet: sie konnte den Kopf bis zum Hals normal bewegen, Schwanz war funktionstüchtig, alles andere von einer Sekunde auf die andere schlaff. Auch Murmeltierpfiffe konnten die begeisterte Jägerin nicht hochbringen, man hat gesehen, dass sie es versuchte, keine Chance. Ich hab gleich oben Puls geprüft (normal schnell, gut zu spüren, vielleicht etwas „härter“ als sonst), Schleimhäute waren rosa und blieben auch nicht weiß nach Druck. Weil es so ein Totalausfall war, hab ich auch an Bandscheiben o.ä. gedacht und den Stellreflex geprüft, der war überall vorhanden. Zur Sicherheit habe ich für den Fall von Überhitzung mit literweise kaltem Bergwasser den Hund gekühlt und mit Jacke vor Sonne geschützt.

Maya wurde auch mit Hilfe der Bergwacht runtertransportiert, ich bin zum nächsten Tierarzt. Dort lag sie 4 Tage am Tropf, hat Elektrolyte, Glucose, Kortison, Vitamin B1, Schmerzmittel, Penicillin bekommen (wenn ich alles richtig erinnere). Am zweiten Tag funktionierten die Stellreflexe noch, danach nicht mehr. Kein Muskeltonus an den Beinen, keine Reflexe z.B. Patella. Schmerzreflexe an den Pfoten am Anfang noch vorhanden, nach ca. 4 Tagen nicht mehr wahrnehmbar. Kreatinin am Anfang leicht erhöht, nach 2 Tagen normal. Anfangs etwas Blut im Urin, auch nach 2 Tagen normal. Hämatokrit innerhalb der ersten 4 Tage von ca. 46 auf 52 gestiegen, seitdem stabil auf 52. Alle anderen Werte (Differentialblutbild und Urintests) im Normbereich. Harnabsetzen funktioniert hauptsächlich kontrolliert, sie verliert aber auch ein wenig. Röntgenbilder der ganzen Wirbelsäule ohne Befund.

Am 4. Tag war sie soweit transportfähig, ich bin mit Hund am Tropf 10 Stunden über Nacht nach hause gefahren, 3 Stunden nach Ankunft zuhause war ich in meiner Tierklinik, die haben mich sofort nach Leipzig in die Uniklinik geschickt. Dort liegt sie seit Sonntag, keine Verbesserung bisher. Anscheinend hat sie wenigstens auch keine Schmerzen, geistig fit, freut sich wenn Pfleger und Ärzte kommen. Isst (von Anfang an) normal und gern. Trotz Physiotherapie baut sie deutlich Muskeln ab. Die hauptsächlichen Verdachtsdiagnosen waren Botulismus und Polyradikuloneuritis, wobei keins davon so richtig mit dem Krankheitsverlauf bei Maya zusammenpasst. Nach der Elektrodiagnostik heute schließen sie Botulismus aus. Gegen fibrokartilaginöse Embolie spricht der Umfang des Ausfalls, da hätte sie wohl an mehreren Stellen gleichzeitig so einen Infarkt haben müssen. Bei einer exertional rhabdomyolysis (da kenn ich nur den englischen Namen) hätte sie mittlerweile (10 Tage ist es jetzt her) wenigstens Anzeichen einer Besserung haben sollen.

Meine Frage: kennt jemand von Euch sowas? Gibt es noch irgendwas, Diagnosen/ einen Verdacht/ Erfahrungen, mit denen ich vielleicht sogar noch den (wie ich finde sehr kompetenten) behandelnden Arzt „füttern“ könnte?

Vielen Dank für Euer Wissen und Eure Ideen und natürlich fürs lange Lesen!
Anna

Hallo Anna,

erstmal herzhaftes Daumen und Pfotendrücken, dass es bald wieder besser geht.

Also, nur von der Ähnlichkeit her. Eine Hündin einer Freundin ist im Urlaub mal von einer Schlange gebissen worden, auch bei ihr haben mit der Zeit immer mehr Reflexe nachgelassen. Allerdings hat meine Freundin es mitbekommen als der Hund damals gebissen wurde und ist gleich in die Tierklinik gefahren bevor das Gift zu weit im Körper verteilt wurde. Dadurch konnte die Fortentwicklung ziemlich schnell gestoppt werden.

Wir haben allerdings nie darüber gesprochen ob das an
irgenwelchen Blutwerten oder so feststellbar ist. Die Ursache und die Einstichlöcher der Schlange waren ja auch für den Arzt klar. Ich meine mich zu erinnern, dass es sich damals um eine Kreuzotter gehandelt hat.

Ist nur so eine Idee, da ja der Hund damals sehr schnell behandelt wurde kann ich nicht sagen wie sich so ein Schlangenbiss über Tage entwickelt.

Grüße Ute

Hi Ute
wenn eine Kreuzotter beißt schwillt idR. die Bißstelle an.
Bei Nichtbehandlung wird idR. die Bißstelle so dick daß man sie mit bloßem Auge sehen kann da sich Lymphwasser bildet

Allerdings, wenn man wikipedia glauben soll und darf, dann
http://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzotter#Schlangengift

Zitat:smiley:er LD50-Wert des Giftes liegt für eine subkutane Injektion bei etwa 6,45 Milligramm pro Kilogramm Körpermasse und bei einer Injektion in ein Blutgefäß bei rund 0,55 Milligramm pro Kilogramm Körpermasse. Für einen Menschen von 75 Kilogramm Körpermasse bedeutet dies also, dass er den LD50-Wert bei der Injektion von 483,75 mg respektive 41,25 mg des Giftes erreichen würde, was dem Biss von in jedem Fall mehr als fünf Kreuzottern entspräche. Daher sind
Todesfälle aufgrund von Kreuzotterbissen unwahrscheinlich.

Rund um die Bissstelle sollte etwa eine Stunde später eine große Schwellung entstehen. Auf Grund von Nervengiften kann es zu Atemnot und Herzbeschwerden kommen. Der Biss einer Kreuzotter kann darüber hinaus auch zu Lähmungen führen. Wegen des blutzersetzenden Teils des Sekretes ist es möglich, dass die Zone nahe der Bissstelle bläulich aussieht. Normalerweise treten diese Symptome jedoch nicht auf und auch die Schmerzen des Bisses halten sich in Grenzen, so dass manche Leute überhaupt nichts davon merken, wenn sie gebissen werden.

Geht man davon aus daß hier ein Kangal vorliegt, ist die LD sicher ähnlich der des Menschen zu sehen

Was sein kann ist daß eine andere der Giftschlangen gebissen hat, oder sie sich z.b. mit einem Molch oder ähnlichem Tier angelegt hat.
Die Symptome lassen bei einem gesunden Hund nicht gerade auf einen internen „Defekt“ schließen.

Hierzu noch ein Hinweis: Aspisviper auch aus Wikipedia:

Als Symptome des Bisses bildet sich wie bei den anderen europäischen Vipern rund um die Bissstelle eine umfassende Schwellung und es kann auf Grund von enthaltenen Nervengiften (Neurotoxinen) zu Atemnot und Herzbeschwerden kommen. Der überwiegende Anteil des Viperngiftes wirkt hämotoxisch, es zerstört also vor allem Zellen des Blutes und die sie umgebenden Gewebe durch verschiedene Proteasen, wodurch es im Bereich der Schwellung zu bläulichen Verfärbungen durch Blutaustritt in das Bindegewebe kommt. Eine Behandlung im Krankenhaus mit einem unspezifisch bei allen europäischen Vipernarten wirkenden Antiserum ist meistens angebracht.

Red mal mit deinem Vet über eine evtl Vergiftung durch Biß.
Scheint das logischste zu sein.
Viel Glück
Steffen

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Hallo Anna!

Könnte es evtl. ein protrahierter (verzögerter) Verlauf von Guillain-Barré-Syndrom sein? Oder war es das, was du mit Polyradikuloneuritis meintest?
Das Barrè-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Myellinscheiden um die Nervenfasern zerstört werden. Die Reizweiterleitung funktioniert nicht und es kommt zu massiven, akuten Lähmungserscheinungen. Je nach Zielort der Erkrankung fallen unterschiedliche Nerven- und damit auch Muskelklassen aus. Die Krankheit ist schon beim Menschen sehr selten, beim Tier wahrscheinlich noch mehr.

Ich wünsche Euch beiden alles Gute und daß Maya bald wieder gesund ist!

Liebe Grüße

Archie

Hallo Steffen,

danke für diese Idee!

Red mal mit deinem Vet über eine evtl Vergiftung durch Biß.

hab ich heute getan. Er sagt, sie hätten auch in dieser Richtung überlegt, es würden allerdings die Symptome auch dazu nicht recht passen. Ich könnte mir vorstellen, dass ich so einen Biss auch mitbekommen hätte - immerhin war sie dank der Leine nie weiter als 1,5 bis max. 2m von mir entfernt… aber weil ich natürlich über jede weitere Möglichkeit, ihre Symptome zu erklären und damit vielleicht auch zu lindern bzw. zu heilen, froh bin, werde ich auch an der Bissvergiftungsmöglichkeit dranbleiben.

Der aktuelle Stand ist der, dass die Klinik im Augenblick wahrscheinlich keine weiteren sinnvollen diagnostischen Maßnahmen sieht. Übers Wochenende bleibt sie auf jeden Fall noch dort, am Montag hol ich sie - nach bisherigem Stand - nach Hause. Ich will ihr auf jeden Fall die Chance geben, sich in ihrer gewohnten Umgebung evtl. zu erholen; solange sie keine Schmerzen zeigt und sichtlich positiv gestimmt ist (isst gern, wedelt alle Leute an, liegt gern auf der Wiese), kriegt sie alle Pflege und Zeit, die sie nur braucht. Ich hab mir schonmal Bücher bestellt über Physiotherapie bei Hunden und werd mir gleich am Montag von einer Tierphysiotherapeutin noch einiges zeigen lassen, damit ich die verbleibenden Muskeln gut unterstützen kann. Außerdem hab ich heute einen Bollerwagen gekauft, mit dessen Hilfe ich ihr „Spaziergänge“ verschaffen kann - verschlechtern kann es sich dadurch wohl nicht, und so werden immerhin möglichst viele ihrer Sinne angeregt.

Lieben Gruß,
Anna

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Hallo Archie,

ja, das Barré-Syndrom war damit gemeint, wobei ich dachte, dass das Barré-Syndrom nur die akute entzündliche Form der Polyradikuloneuritis bezeichnet. Aber da bin ich wahrlich keine Expertin, da ist all mein „Wissen“ innerhalb der letzten Tage meist aus dem Internet angelesen. Momentan ist genau das - auch nach der Elektrodiagnostik - die „Lieblingsdiagnose“ der Klinik, wobei halt nach wie vor der in Büchern beschriebene Verlauf nicht so ganz zu Mayas Geschichte passt - immerhin war für mich absolut nichts vorher zu erkennen, keine beginnende Lahmheit in der Hinterhand, sie hatte nie Atembeschwerden, eine Seite spricht von einer „schnellen“ Entwicklung in seltenen Fällen innerhalb von 24 Stunden - bei Maya warens 5 Minuten. Nichtsdestotrotz - wie ich schon bei Steffen geschrieben hab, geh ich jedem Diagnosenverdacht nach, solange der Hund dabei offensichtlich guter Dinge am Leben teilnimmt.

Vielen Dank auch Dir,
liebe Grüße,
Anna

Hallo Anna!

Ich könnte mir vorstellen, daß Deine Hündin u.U. durch den Klimawechsel und die plötzliche große Höhe (2400m -> mangelnde Sauerstoffverworgung) zusätzlich in ihrer Muskelarbeit beeinträchtigt worden ist. Da konnte sie dann ganz plötzlich nicht mehr. Ich war mit meinen gerade im Allgäu und habe die Erfahrung gemacht, daß die fröhlich daher liefen, sich aber dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit hinwarfen um Pause zu machen. Die haben auch nicht gelahmt, getrödelt oder gemault - und waren am nächsten Tag auch gleich zur nächsten Tour bereit, aber auch sie haben den Höhenunterschied gemerkt.
Ich hoffe, es geht Maya bald besser und ihr findet eine geeignete Therapie!
Liebe Grüße

Archie

Hallo Anna,

wie geht es Deinem Hund denn jetzt?

Weiter oben im Forum haben schon Einige danach gefragt, und auch mich interessiert, ob und was bei den Untersuchungen jetzt herausgekommen ist und eben wie es Euch geht.

Wäre lieb von Dir, wenn Du Dich nochmal melden würdest

Gruß
Maja

Hallo Maja,

ich hab eben weiter oben Steffens Nachfrage gesehen und beantwortet - seit ich meine Hündin zuhause hab, bin ich deutlich seltener online, weil ihre Betreuung und der möglichst normal weiterlaufende Alltag für meine andere Hündin einfach viel viel Zeit kosten.
Aber danke fürs Nachfragen! Wenn ich dann doch mal wieder im Forum bin, seh ichs dann auch und antworte und freu mich, dass ihr an meinen kleinen Pflegefall denkt :wink:

Lieben Gruß,
Anna

Hallo Anna,

vielen Dank für Deine Rückmeldung!

*Daumendrück* Gute Besserung!

LG
Maja