Hat nicht (im Jahre 2003?) jemand prominentes (Dr. Rita
Süßmuth?) in einem Zeitungsartikel die vier Millionen
Ermordeten von Auschwitz auf ein paar hunderttausend reduziert
(wegen angeblicher Kapazitätsgrenzen)? Natürlich war das dann
eine Lüge, das weiß jeder normale Mensch.
Ist das angemessen bestraft worden?
Ich bitte um Aufklärung. Google scheint nichts davon zu
wissen, der Frau Professor scheint es gutzugehen. (Ich selbst
habe damals nicht in Deutschland gewohnt und es nur
gerüchteweise gehört.)
Im Jahr 2002 veröffentlichte Fritjof Meyer , 1966 bis eben 2002 Leitender Redakteur für Ost- und Außenpolitik beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel, einen Aufsatz ‚Die Opfer von Auschwitz. Neue Erkenntnisse durch neue Archivfunde.‘ Der Spiegel hatte die Veröffentlichung abgelehnt; sie erfolgte dann in der Zeitschrift ‚Osteuropa‘ (http://www.osteuropa.dgo-online.org/) 52. Jg., 5/2002, S. 631-641, laut Selbstauskunft eine „interdisziplinäre Monatszeitschrift zur Analyse von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Zeitgeschichte in Osteuropa, Ostmitteleuropa und Südosteuropa“. Herausgeber von ‚Osteuropa‘ ist die die ‚Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V.‘ (http://www.dgo-online.org/), deren Präsidentin wiederum noch heute Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., ist.
In seinem Aufsatz (http://www.holocaust-history.org/auschwitz/fritjof-m…) berechnete Meyer die Zahl der im Auschwitz ermordeten Juden mit ca. 500.000, die der durch Gas ermordeten mit 356.000 („Diese Überlegungen führen hier zu dem Ergebnis, daß in Auschwitz eine halbe Million Menschen ermordet wurden, davon etwa 356 000 im Gas“). Der Artikel löste eine wissenschaftliche Kontroverse aus (vgl. http://www.holocaust-history.org/auschwitz/fritjof-m…). Insbesondere hat der Historiker Franciszek Piper, Leiter des Auschwitz-Museums, Meyer gravierende methodische Fehler nachgewiesen. Leider steht dessen Kritik auf der oben verlinkten Seite nicht mehr zur Verfügung.
Natürlich wurde Meyers Arbeit von den üblichen kackbraunen Dumpfbacken aufgegriffen - zum einen, um sie für die Holocaustleugnung zu instrumentalisieren (idR durch entstelllende, aus dem Zusammenhang gerissene Zitate) und zum anderen, um Stimmung zu machen, indem einige von ihnen Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Fritjof Meyer, Rita Süßmuth und zwei leitende Mitarbeiter der Zeitschrift ‚Osteuropa‘ stellten. Strategie dieser Anzeige war natürlich, dass man damit Propaganda machen wollte, ein deutsches Gericht habe festgestellt, die Opferzahlen von Auschwitz würden übertrieben dargestellt. Offensichtlich sah man hier eine Möglichkeit, einen Präzedenzfall für künftige Strafverfahren in Sachen echter Holocaustleugnung oder -verharmlosung zu schaffen.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart stellte die Ermittlungen am 28.05.2003 ein (Az. 4 Js 75185/02), u.a. mit der Begründung, dass sich Fritjof Meyer „in seinem Aufsatz klar von jedweden Bestrebungen, den Holocaust und seinen Schrecken zu verleugnen oder zu bagatellisieren“ abgrenzt, „indem er am Ende seiner Ausführungen ausdrücklich darauf hinweist, dass das Ergebnis seiner Untersuchungen ‚die Barbarei nicht relativiere, sondern verifiziere‘“.
Persönliche Anmerkung: offen gesagt habe ich angesichts Deiner z.T. recht merkwürdigen Äußerungen im Brett Religionswissenschaft gewisse Zweifel daran, dass Dir dieser Sachverhalt tatsächlich so unbekannt ist, wie Du hier vorgibst.
Gruß,
Ralf