Ab wann entwickelt sich ein Dialekt

gitbt es Untersuchungen, die zeigen, ab wann (welche Entfernung und all das …) ein separater Dialekt / Mundart (?UNerschied??) entsteht?

Desweiteren suche ich ein Synonymbuch für den sexistischen Wortschatz, alles andere habe ich, nur das gibt es nicht!

Danke für die Tips!

Dialekte sind keine Entwicklungen,
sondern Stagnationen.

Hallo Dirk,
es könnte sein, dass deine Frage versucht, das Pferd von hinten aufzuzäumen.

Dialekte sind in der Regel keine eigenen Weiterentwicklungen, sondern Stagnationsformen.

Das Schweizerdeutsche z. B. hat die zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht. Darum gibt es dort noch das „Huus“ und das „Wiib“ statt das „Haus“ und das „Weib“.

Ähnliches lässt sich bei allen Dialekten zeigen.

Des weiteren kann man beobachten, dass Dialekte, die in eine isolierte Lage geraten, Stagnationsformen aufweisen.
Die „Donauschwaben“, die im 17./18. Jhdt. auswanderten, bewahrten die Dialektformen ihrer Zeit, während das „Schwäbische“, das im „Reich“ gesprochen wurde, durchaus Formen aufnahm, die der Entwicklung des Schriftdeutschen entsprachen.
Ebenso sprechen Pommerer, die nach Südamerika auswanderten, eine Dialektform, die im Verhältnis zum heutigen Pommerischen veraltet klingt.

Ich kann jetzt keine genaueren Angaben machen, da ich mich fern meiner Hausbibliothek aufhalte.

Gruß Fritz

sondern Stagnationen.

vielen Dank, das hört sich sehr interessant an!

Natürlich kann, wenn sich ein Dialekt erst einmal gebildet hat, innerhalb des Dialekts eine Entwicklung stattfinden.

Das Jiddische, eher eine eigene Sprache als ein Dialekt, kann da als Studienpbjekt gute Dienste leisten.

Entstanden aus dem Mittelhochdeutschen unter Einmengung von hebräischen Elementen nahm es, als die Juden vor den Verfolgungen in Westeuropa nach Osten abwanderten, dort polnische und russische etc. Elemente auf. Bemerkenswert ist dabei, dass das Jiddische deutsch mit hebräischen Buchstaben schreibt.

Dazu gibt das Buch von Salcia Landmann: Jiddisch - Abenteuer einer Sprache (ich zitiere aus dem Gedächtnis) viel und umfassend Auskunft.

Gruß Fritz

unterschied dialekt - sprache?
hi fritz

jiddisch wird immer als eigene sprache bezeichnet. warum? dabei ist doch komisch, daß ein österreischisch- oder bayrisch-sprecher und ein jiddisch-sprecher sich bestens unterhalten können, während ein österreichisch-sprecher in hamburg schon im supermarkt verzweifelt, weil dort keiner weiß, was sackerl, grünzeug, karfiol, semmeln und erdäpfel sind…

wo ist die grenze von dialekt und sprache?

hi lehitraot,

es gibt Sprachwissenschaftler, die dem Jiddischen nicht den Status einer eigenen Sprache zugestehen, sondern es als einen Dialekt des Deutschen betrachten. Daher auch meine vorsichtige Formulierung „eher eine Sprache als ein Dialekt“.
Doch scheint mir, dass sowohl die Struktur und die Grammatik und vor allem der Wortschatz des Jiddischen so viel Eigenständigkeit aufweist, dass es gerechtfertigt ist, es als eigene Sprache zu begreifen. Solange die Juden im deutschsprachigen Raum lebten, war es sicher gerechtfertigt, es als deutschen Dialekt zu betrachten. Seit die Juden nach Osten gezogen und ihre Sprache den Kontakt zum Deutschen verloren hatte, machte es eine eigenständige Entwicklung mit, die rechtfertigt, das Jiddische als eigene Sprache zu beschreiben.

Verzeih, wenn ich zweifle, dass

ein österreischisch- oder bayrisch-sprecher und ein jiddisch-:sprecher sich bestens unterhalten können,

wenn es über das „jüdelnde“ Erzählen von Witzen hinausgeht. Da gibt es doch mehr Schwierigkeiten bei einer Diskussion.

Dazu ein längerer Witz aus Salcia Landmanns Sammlung:
Ein Ungar klagt einen Juden wegen Ehrbeleidigung an. Der Jude habe ihm „Chuzpe“ vorgeworfen. Der Richter jedoch kennt das Wort gar nicht und bittet den Juden, es zu erklären. Der Jude erklärt den Begriff für unübersetzbar. Endlich bequemt er sich, Chuzpe mit „Frechheit“ zu übersetzen. „Allerdings fügt er hinzu, „ist es keine gewöhnliche Frechheit, sondern Frechheit mit Gewure.“
Der Richter:“ Was ist Gewure?"
„Gewure - das ist Kraft.“
„Chuzpe ist also eine kräftige Frechheit?“
„Ja, und nein. Gewure ist nicht einfach Kraft, sondern Kraft mit Ssechel.“
„Und was ist Ssechel?“
„Ssechel - das ist Verstand.“
„Also ist Chuzpe eine kräftige, verstandesvolle Frechheit.“
„N-Nein. Ssechel, Herr Richter, das ist nicht einfach Verstand. Es ist Verstand. Es ist Verstand mit Taam.“ (Geschmack, Nuance, Charme, Schliff.)
„Schön - und was ist Taam?“
„Ja - sehen Sie, Herr Richter: Taam ist eben etwas, was man einem Goi (Nichtjuden) nicht erklären kann.“

Die Schwierigkeiten eines

österreichisch-sprecher in hamburg

fallen kaum ins Gewicht, da die unterschiedlichen Benennungen - mit ein wenig guten Willen und geringer - leicht aus der Wortbildung und der Etymologie erschlossen werden können.

Vielleicht konnte ich meine Meinung etwas klarer machen.
Gruß Fritz

Da
gibt es doch mehr Schwierigkeiten bei einer Diskussion.

na ich meinte schon eine normale unterhaltung. eine erzählung zum beispiel. das geht sehr gut. deutsche haben da echt schwierigkeiten. wegen des klanges meine ich, und auch typisch süddeutsche wörter (sack statt tüte, grünzeug statt gemüse).

Vielleicht konnte ich meine Meinung etwas klarer machen.

ja! den unterschied verstehe ich glaube ich. :smile:

Hallo Lehi,

wo ist die grenze von dialekt und sprache?

Das ist einer der großen Diskussionspunkte unter Linguisten. Es gibt keine festen Regeln, an die man sich da halten kann. Der Unterschied in Wortschatz und Grammatik ist ein Kriterium, aber weder das einzige noch das immer Wichtigste. Es spielen auch kulturelle und politische Argumente mit hinein - Z.B. wird alles, was von einem Staat als „Nationalsprache“ anerkannt wird, als Sprache betrachtet, auch wenn es nach linguistischen Kriterien eher ein Dialekt wäre.

Oft sind jedenfalls die Linguisten verschiedener Meinung, und da, wo soe es nicht sind, beruht die Einteilung oft auf einer Konsensentscheidung.

Vielleicht keine befriedigende Antwort, aber eine zutreffende :smile:

Bezüglich Jiddisch wird im Ethnologue sogar von zwei Sprachen gesprochen, nämlich West-Jiddisch (in Deutschland) und Ost-Jiddisch (in Israel und Lettland). Die beiden Varianten sind demgemäß nur unter Schwierigkeiten miteinander verständlich.

Gruß Kubi