Kannst Du diesen Satz näher erläutern? Vor allem den Teil rund um offensichtlich. Ich meine, es gibt ja ein paar tausend Artikel, Bücher, Studien usw. zu dem Thema. Da wäre es schon aufgrund der schieren Zahl sehr wahrscheinlich, dass wenigstens ein Autor - möglicherweise sogar nur versehentlich - mal die Wahrheit trifft. Woher kommt also Deine Erkenntnis, dass es bisher keine Erkenntnisse gab und das sogar offensichtlich?
Eine unbelegte Behauptung, die aber natürlich wunderbar im Einklang mit dem steht, was man den Leuten im Osten seit wenigstens 30 Jahren erzählt. Dass die PDS/Linke daraus nur wenig politisches Kapital schlagen konnte, liegt schlicht und ergreifend daran, dass sie es versäumt hat, a) Hass zu säen und b) Schuldige zu benennen (von den Wessis abgesehen, die sich mit der Zeit aber als offensichtlich harmlos herausstellten).
Und nun die dritte unbelegte Behauptung. Gehen wir der Sache auf den Grund: woraus besteht Vermögen in Deutschland im Allgemeinen?
- Guthaben und Wertpapiere
- Immobilie
- Rentenansprüche
Das restliche Vermögen ist a) kaum relevant und b) praktisch nicht messbar, weil es für Autos, Gemälde, Gold, Silber und Briefmarken keine belastbaren Statistiken geben kann. Außerdem wird in den Statistiken der 3. Punkt, der aber tatsächlich der relevanteste und in den meisten Fällen auch größte ist, nicht berücksichtigt. Bleiben also 1. und 2.
Müssen wir uns darüber, warum 1. und 2. im Osten im Schnitt kleiner ausfallen, ernsthaft unterhalten bzw. meinst Du ernsthaft, dass die Politik daran schuld ist, dass die Immobilien im Osten so viel weniger wert sind? Oder daran, dass die Menschen im Osten seit Kriegsende nur an die 35 Jahre Zeit hatten, Vermögen (inkl. des geerbten) anzuhäufen, die im Westen aber 80 Jahre? Und ja: ich weiß, dass das eine verkürzte Darstellung ist, aber blöderweise war die Ostmark halt weniger wert als die D-Mark und dass viele Ostdeutsche einen Großteil ihres D-Mark-Vermögens 1990/1991 in westdeutsche Autos und andere vergängliche, wenn auch langlebige Wirtschaftsgüter investierten, war rückblickend betrachtet einem Vermögensaufbau bzw. -erhalt auch nicht so zuträglich.
Kommen wir aber noch einmal zur Ausgangsthese:
Diese Aussage ist natürlich offensichtlich Unsinn. Natürlich gibt es dort jemanden, der Vermögen besitzt. Im Grunde besitzen dort sogar alle Vermögen. Das geht sogar so weit, dass das Pro-Kopf-Vermögen der armen Hälfte der Haushalte im Osten bei ziemlich genau 50% des Pro-Kopf-Vermögens der gleichen Gruppe im Westen liegt.
Aber das ist ja im Grunde kackegal, nicht wahr? Es ging ja nicht um Tatsachen, sondern um möglichst eingängige Formulierungen. Was übrigens einer der wichtigsten Gründe für den Erfolg der afd im Osten ist: den Leuten wird seit wenigstens 30 Jahren wahrheitswidrig erzählt, dass sie abgehängt und ignoriert werden und aus diesem Geschwätz, dass im Grunde die Kernbotschaft der PDS/Linke war, hat die afd ihre Erfolgsrezept abgeleitet: „ihr werdet abgehängt und ignoriert und die da oben [=Politiker, Medien, Wissenschaftler], die Ausländer, Juden, Homosexuellen, Grünen, Windräder und die Gendersternchen sind schuld und wenn wir die alle rausschmeißen, einsperren, umbringen, abreißen und abschaffen, werden aus Euch ungebildeten Trotteln ruckzuck reiche Genies.“
Und diese ganze Geschichte ist deshalb so witzig, weil diejenigen, die über die niedrigsten Einkommen verfügen, tendenziell die Linke wählen, während die afd-Wähler zwar auch tendenziell eher zu den Geringverdienern zählen, diese sich aber vor allem durch einen Faktor von den Linke-Wählern unterscheiden: Angst - insbesondere Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg. Diese Angst wiederum resultiert vor allem daher, mit Migranten um Arbeitsplätze, Wohnungen und Sozialleistungen konkurrieren zu müssen und da wiederum die afd am stärksten dort gewählt wird, wo es am wenigsten Migranten gibt, kann diese Angst nicht aus gesicherten Erkenntnissen oder aus Beobachtungen resultieren, sondern nur daraus, dass man irgendwelchen Leuten geglaubt hat, die ihnen diese Angst eingeredet und den Schuldigen benannt haben.
Jetzt müssen wir nur noch darauf kommen, welche Partei seit 2015 herumläuft und den Leuten erzählt, sie müssten Angst vor Migranten haben, die ihnen Arbeitsplätze, Wohnungen und Sozialleistungen wegnehmen.