Also… (lang)
Hi Werner,
endlich jemand, der mich versteht, bzw. es wenigstens versucht hat. Ich gebe zu, Rhetorik ist nicht meine Stärke, ich hatte eigentlich jenseits von Referaten nie etwas damit zu tun bzw. keine Gelegenheit, sie irgendwie zu verbessern.
Das mag bescheuert klingen, aber ich habe heute Nacht von diesen Diskussionen hier geträumt und darüber nachgedacht, wie ich das, was ich eigentlich ausdrücken will, rüberbringen könnte. Aber manchmal fällt mir einfach nichts ein.
Das alles ist ja eigentlich nur daraus entstanden, dass ich betonen wollte, dass ich NICHT Gläubig im konventionellen Sinne bin, und deshalb gegen Atheismus oder sowas sei, denn dieser Vorwurf klang für mich aus der ersten Antwort heraus.
Du hast recht, es ist für mich Geschichte, ich bin jetzt 20 und habe logischerweise nicht mehr sonderlich viel davon mitbekommen, ich fühle mich nichtmal richtig deutsch, da meine Familie über Generationen hinweg durch die Welt tingelt.
Ich versuchte mich möglichst neutral mit dem Nationalsozialismus auseinander gesetzen, doch jenseits der geschichtlichen Daten gelingt mir das kaum, da der NS soetwas grundsätzlich abscheuliches und widerwärtiges für mich ist, dass ich in mir schon einen Widerstand aufbaue.
Das kann man Ignoranz nennen, wenn man lustig ist. Aber ich ignoriere nicht, ich bin strikt dagegen.
Ich war in Theresienstadt, und das war ein sehr einschneidendes Erlebnis für mich, vor allem, weil es zeigt wie falsch Geschichte oft interpretiert werden kann. Es ist vielen, auch meinem damaligen Geschichtslehrer, z.B. nicht bekannt, dass es in Theresienstadt eine Gaskammer gibt, und dass darin Leute umgebracht wurden.
Wahrscheinlich weil es außer dem Befehl zum Bau einer solchen keine Dokumente mehr gibt. Das erscheint mir unlogisch, so ist auf jedem Plan das Krematorium eingezeichnet, aber nur selten die Gaskammer.
Sie ist aber da, und mit ihr die eingefurchten Wände, gezeichnet von menschlichen Händen. Wenn man dort hindurch geht, kann man die Schreie der Opfer noch hören, die Ausweglosigkeit, wenn man durch die winizgen Zellen geht, die zuletzt stetig überbelegt waren.
Und grade weil in Theresienstadt nicht nur Juden, sondern auch politische Gegner niedergemacht wurden, und grade weil ich aufgrund meiner Orientierung, auch wenn diese noch freier sein mag als gänzlich Homosexuelle, doch nicht wertungsfrei bin, möchte ich darauf hinweisen das nicht *nur* Juden verfolgt wurden.
Es ändert nichts, an der Schrecklichkeit des Holocaust, doch er ist bekannt, und wer ihn dementiert ein Vollidiot (und das ist sanft ausgedrückt), aber es ändert nichts daran, wenn man bedenkt, dass es auch andere waren, die verfolgt wurden, dass auch diese Opfer nicht vergessen werden dürfen, das liegt mir am Herzen.
Ich hatte eigentlich nicht beabsichtigt, mit meinem Kommentar so weit in die Materie des 3. Reiches einzudringen, doch nun wo es dahin kam, wollte ich es nicht so stehen lassen, und ja, ich fühlte mich dann doch sehr missverstanden.
Mehr als das, Datafox Kommentar hat mich wütend gemacht. Warum? Wegen seiner puren Akzeptanz und Gleichgültigkeit. Ich lasse mir gerne vorwerfen, dass es lange her ist und für mich nicht wirklich da, gut.
Aber wenn mir jemand sagt, man könne doch einfach mit dem, was man ist, aufhören, dann ist mir das unbegreiflich.
Homosexuelle sind auch heute nicht so akzeptiert wie sie sein sollten, und ich habe mich immer dafür eingesetzt, seit ich mich überhaupt politisch äußere.
Aber auch wenn es „nur“ eine sexuelle Orientierung ist, und auch wenn es dann „nur“ um Bisexuelle geht, kann man das nicht irgendwo verstecken, und wenn, ist das genauso Tortur wie alles andere.
Was wäre denn, wenn sich eine Bisexuelle dann ausgerechnet in eine Frau verliebt? Sie soll es dann also einfach lassen und eine "verschlossene Bisexuelle " sein?
Das ist, als würde man einem verfolgten Schwarzen sagen „Ja mach es doch wie Michael Jackson!“ oder einem geistig Behinderten „Ja schalt doch dein Hirn ein!“.
Nur weil Homosexualität heute von den meisten zum Glück nicht mehr als Krankheit angesehen wird und nur weil man es nicht sofort von außen sieht, heißt das nicht, dass man es einfach ändern oder abschalten kann, und das hat mich jetzt zuletzt zutiefst aufgeregt.
Tut mir Leid, dass nicht alles so angekommen ist, wie ich es zu sagen glaubte.
Ich wollte wirklich nur darstellen, dass meine Äußerungen nicht auf einem inneren irgendwie begründeten Hass auf den Atheismus beruhen, sondern auf meinen Erfahrungen, worunter auch Lehrerfahrungen zählen. Mehr wollte ich damit nicht wirklich sagen.
Mir schien es einfach falsch, mich nur auf die Inquisition zu beziehen, und auch wenn ich wie erwähnt mich nicht so deutsch fühle wie es andere vielleicht tun, schwirrt mir dieses Thema der Verfolgung doch immer im Kopf herum.
Der Zwinkersmiley war darum dort, weil ich es einfach als lustig empfand, als Gläubige bezeichnet zu werden, bzw. dahin vermutet, nur weil ich schlechte Erfahrungen mit Atheisten gemacht habe- als ob das nicht möglich wäre!
Ein trauriger Smiley wäre für mich zu ernst gewesen, dann hätte ich mich so gesehen, als würde ich mich als Opfer hinstellen, und das wär nun wirklich überzogen, lächerlich und evtl. diffamierend und respektlos gewesen.
So sehe ich das jedenfalls.
Dass ich mit 50 Jahren nicht weit genug zurück gegriffen habe, stimmt natürlich, da habe ich nicht lange genug nachgerechnet, aber manchmal hänge ich zeitlich noch woanders rum, im Kopf mein ich.
Auch wenn man heute noch oft genug nachgerufen bekommen „Sowas wie dich hätte man früher noch vergast!“, und das ist echt zum kotzen.
lg
Kate
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