Alternative zum Gym/ Selbstbewusstsein

Liebe Experten!

Meine Nichte ist 18 und wiederholt gerade die Klasse 12 auf dem Gymnasium.
Sie hat große Schwierigkeiten in der Schule mitzumachen und macht überhaupt keine Hausaufgaben - nicht weil sie nicht könnte, sondern weil es sie einfach nicht interessiert.

Nun ist sie ein sehr verschlossenes Mädchen und auch für ihr Alter nicht so reif wie andere. Sie hat nicht viel Selbstbewusstsein, ist unsicher und hat wenig Ahnung von sich, von ihrem Leben, sie weiß nicht, was sie mal werden will und wie es ihr überhaupt geht.
Die Eltern sind geschieden, die Trennung vor 4 Jahren hat ihr enorm zugesetzt und sie noch stiller gemacht, der Vater tritt nicht mehr in Erscheinung, die Mutter arbeitet nun Vollzeit. Immerhin hat sie Freunde, geht aber wenig raus und spielt sehr viel am Computer.

Klar, sie könnte einen Psychotherapeuten brauchen, aber in der Gegend dort ist einfach nichts zu machen.

Von allen, mit denen ich rede, höre ich immer nur „Sie muss fleißiger werden, sie muss sich zusammenreißen, sich muss dies, sie muss das“.
Das stimmt irgendwo, löst aber in meinen Augen nicht das Problem: Das dieses Kind nicht weiß, was es in dieser Welt soll, wo sein Platz ist.
Dabei ist sie echt schlau, hat großes handwerkliches Geschick und findet oft total smarte Lösungen für viele Probleme. Aber eben nicht in der Schule.
Diese Probleme hatte ich selbst, als ich noch zur Schule ging, nur dass ich ein anderer Typ war.

Ich finde, dieses ganze Müssen hilft nicht, wenn sie nicht kann!

Mit erhöhtem Druck kann man bei ihr nichts erreichen (das war die einzige Gegenwehr gegen ihren narzisstischen Vater). Ich finde sie braucht Unterstützung, Motivation - aber nichts was sie fertig macht und ihr Horrorszenarien ausmalt, wenn sie nicht bald mal funktioniert.

Wir überlegen nun, was es als Alternativen zum Gymnasium gibt. Ich glaube, dass Menschen manchmal erst später das Abi machen können und sich an der Abendschule oft leichter tun - obwohl es anstrengender ist. Sofern es das Abi sein muss.

Eine Lehre, wo sie der kleine Stift ist, der nur herumgescheucht wird, wird sicher nicht dazu beitragen, dass aus ihr eine Erwachsene wird, die weiß, wo sie hin will.

Über ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr weiß ich sowenig, d.h. ich kenne kaum Leute, die das gemacht haben.

Was wisst ihr darüber? Wie schätzt ihr diese Lage ein?

Bitte nicht gleich wieder alles verurteilen. Ich suche hier wirklich Hilfe und Unterstützung.

Danke und lieben Gruß

Diva

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Gibt es eine Lehre, wo sie nicht „der kleine Stift“ ist? (Wahrscheinlich sind damit viele Handwerksberufe raus.)

Hi Jörg!

Sie lebt in einer sehr kleinen Stadt, wo die Auswahl nicht sehr groß ist. Eine eigene Wohnung in einer anderen Stadt traue ich ihr noch nicht zu, kann sich meine Schwester auch nicht leisten. Und sie hätte dann keine Freunde vor Ort. Ich glaube, das würde ihr nicht helfen.

Wir haben durchaus überlegt, ob sie hier bei mir am Mittelrhein was machen könnte und in meiner Nähe leben. Ich glaube aber, dass das für ihre persönliche Entwicklung schwer wäre und ich weiß auch nicht, ob ich nicht zu sehr glucken würde.

Aber ja: Ein Betrieb, in dem sie mal Praktikum gemacht hat, hatte ihr eigentlich gut gefallen und die hätten sie sofort genommen (Prototypenbau).
Ist nur eben 150 km von zuhause weg.

Danke und lieben Gruß
Diva

Mein Bauch meldet mit gerade, dass es keine Lösung geben wird, denn

Vielleicht lese ich deswegen aus Deinem Beitrag nur Gründe, warum es nicht funktionieren kann und wird, denn

Lauter Gründe, die „zum Scheitern auffordern“.

Andererseits:

Wie ist sie an diesen Betrieb und dieses Praktikum gekommen? Wie lange war das Praktikum und wie hat sich sich dabei gefühlt? Warum war es unterm Strich positiv?

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Ich war selbst ein schlechter Schüler an einer für mich ungeeigneten Schule mit dem Konflikt, zwischen dort doch bitte Abitur machen zu sollen, aber lieber heute als morgen dort weg zu wollen, da es eben nicht passte und es nur Negativerlebnisse gab, und meine Talente jenseits der Schulnoten niemand interessierten. Es hat mich viel Energie gekostet, meine Eltern damals so weit zu bringen, dass sie akzeptiert haben, dass ich mit der 10. Klasse abgehen wollte, und ich gegen Widerstand in der Schule dann auch ein dreiwöchiges Praktikum machen durfte (was damals dort nicht vorgesehen war, da die Schüler dor schließlich alle zu studieren hatten).

Es war dann genau dieses Praktikum, das mir dann ein vollkommen anderes Bild von mir selbst vermittelt und mich - entgegen dem eigentlichen Sinn der Veranstaltung - dann doch motiviert hat, den Weg über Abitur und Studium zu gehen. Und zwar nicht, weil mir der dann leichter als der Weg einer Ausbildung erschienen wäre, sondern weil man mir im Praktikumsbetrieb sofort hohe Wertschätzung für all die Dinge entgegen gebracht hat, die ich bereits konnte, die ich mit Leichtigkeit erlernte, an denen ich zudem viel Spaß hatte, und die sicherlich auch Karriere und ordentliches Geld in die Tasche bedeutet hätten. Das schaffte nicht nur für sich genommen endlich überhaupt eine Perspektive, sondern das schaffte eben auch eine Perspektive als problemlose Alternative, falls ich es doch weiter auf der Schule versuchen und dabei scheitern würde, und dass ich unabhängig von Abitur und Studium einen tollen vorgezeichneten Weg hätte, mit dem ich ebenfalls zu Ansehen kommen könnte. Und es ist bezeichnend, dass ich heute trotz Studium und zwei Staatsexamen immer noch viel in Dingen tätig bin, in denen ich schon als Jugendlicher ein Talent, aber nie eine Ausbildung hatte.

Ich denke heute, dass für Kinder in so einer Situation nichts schlimmer ist als Perspektivlosigkeit, übersteigerte Anforderungen von Eltern und das Fehlen von Erfolgserlebnissen. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen gilt für unsere Kinder daher: „Wir wollen nicht mehr und nicht weniger von Euch, als dass ihr glücklich werdet!“ Ob mit Abitur und Studium oder einem anderen Schulabschluss und einer Ausbildung, jenseits des klassischen Ausbildungssystems, in Stufen oder mit Unterbrechungen, … ist dabei vollkommen egal. Und wir sehen auch die Talente jenseits der Schulfächer als wertvoll an.

Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Man muss sie nur sehen/braucht Eltern die sie sehen, wo man sie selbst vielleicht nicht sieht. Und nichts ist schlimmer, als Sprüche wie: „Wenn Du so weiter machst, landest Du in der Gosse/kannst Du froh sein, als Straßenkehrer einen Job zu finden.“

Unser Großer hat als jüngster Teilnehmer und einziger Gymnasiast am Zukunftstag in der Autowerkstatt überzeugt, weil er sich traute anzupacken und Zusammenhänge verstand, hat ein Jahr später in der Küche Anerkennung bekommen und zuletzt ein Praktikum im Stahlbau zur vollsten Zufriedenheit der Mannschaft dort hinter sich gebracht. Da könnte er überall morgen einen Ausbildungsplatz bekommen. Seine Begeisterung für IT und Co. haben wir immer gefördert und ihm hierfür Anerkennung gezollt. Solche Erfahrungen stärken enorm, wenn es mal in der Schule einen Hänger gibt. Wobei der Junior aktuell auf ein spitzenmäßiges Abi zugeht, und danach vermutlich studieren wird.

Aber wenn das nicht geklappt hätte: Wir wäre stolz auf einen Auszubildenden gewesen, der Autos reparieren, oder den Weg geht, den der Papa damals um Haaresbreite in der Gastronomie gegangen wäre. Vielleicht wäre dann etwas später ein Meistertitel dazu gekommen, danach vielleicht doch noch ein Studium, … alles egal, solange er dabei glücklich geworden wäre.

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Da stimme ich Dir vollkommen zu. Da ist einfach im Umfeld nicht das richtige Mindset/die Qualifikation vorhanden, mit einer solchen Situation angemessen umzugehen, sondern da dreht sich die Negativspirale.

Gerade die räumliche Trennung vom so belasteten Umfeld würde ich Chance auf einen unbelasteten Neuanfang sehen. Gleichzeitig aber davon abraten, dass @DropDeadDiva hier die Ersatz-Mama spielt. Und wenn sie darüber mal nachdenkt, wird sie wissen, wie ich das meine, und was ich damit meine.

Und wenn die Nichte mal alleine auf weiter Flur steht (nicht falsch verstehen, man soll sie nicht aussetzen und im Stich lassen, sondern ihr nur die Möglichkeit geben, mal Selbstverantwortung übernehmen zu können und zu müssen), dann wird sie schnell feststellen, dass sie sich zwangsläufig um gewisse Dinge selbst kümmern muss, wenn niemand da ist, der sie ihr gleich wegreißt und ihr damit zeigt, dass man sie ihr nicht zutraut.

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Hi Wiz!

Ich weiß genau, was du meinst und deine Geschichte erinnert mich auch ein bisschen an meine eigene.

Weil meine Nichte so viele praktische Talente hat, bin ich auch zuversichtlich, dass sie mal einen tolle Beruf finden wird.

Momentan mache ich mir einfach die größeren Sorgen wegen ihrer Persönlichkeitsentwicklung (das klingt doof). Sie ist total schüchtern und irgendwie auch unselbständig, hat kein Selbstbewusstsein, weiß nicht, wer sie ist, was sie will. Am liebsten würde sie sich den ganzen Tag in ihre Computerspiele verkriechen (und dass da schon ein Suchtanteil erkennbar ist, ist wirklich nicht zu leugnen).

War denn dein Jüngster auch so völlig in sich gekehrt und hatte kein Selbstbewusstsein? Oder hatte er nur keine Lust auf Schule?
Bei mir war es so, dass Schule mich unendlich angeödet hatte, ich aber tausend Freunde hatte und jeden Tag irgendeinem anderen Hobby nachgegangen bin.

Ich weiß auch nicht genau, was für Antworten ich mir erhoffe. Sollen wir sie in eine Lehre nötigen oder lieber über einen Psychotherapeuten Hilfe suchen?

Danke für deine Geschichte!
Ich glaube auch daran, dass die Schule nichts über den späteren Erfolg im Beruf und die Lebenszufriedenheit aussagt.

Liebe Grüße
Diva

Hi Wiz!

Ja, ich merke selbst, dass ich im „ja, aber“-Modus bin.
Für mich ist es schwer mir vorzustellen, wie man diesem Kind Mut und Motivation mitgeben kann, sich mehr zuzutrauen.

Ja, das verstehe ich sehr gut. Sie hatte das Praktikum bei dem Prototypenbauer damals weiter weg gemacht und beim besten Freund von meiner Schwester und mir gewohnt. Mit dem versteht sie sich gut und der holt ganz andere Seiten an ihr raus.
Jetzt kommt mein Aber: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie irgendwo allein wohnt. Ich traue ihr das nicht zu und wenn dann keine Leute mehr vor Ort sind, weiß ich echt nicht, wie es ihr damit gehen wird.
Ihrer jüngeren Schwester würde ich das sofort zutrauen.

Oh ja, das wäre echt fatal. Ich merke selbst, dass das nicht gut wäre.

Auch da sagst du etwas Wahres.

Vielleicht wäre es hilfreich, wenn sie irgendwohin kommt, wo sie in einem Wohnheim mit anderen wohnt. Das könnte ich mir als sanfteren Einstieg in ein eigenes Leben und in die Berufswelt vorstellen.

Danke für deine Antwort!

Gruß, Diva

Und warum kann dieser Mensch sie nicht bei ihrer Ausbildung in dieser Firma „unterstützen“? Er scheint für sie doch eine Vertrauensperson zu sein. Vielleicht möchte er genau so gern helfen, wie wir es hier versuchen.

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Mein Großer hatte keine besonderen Probleme jenseits Pubertät und Corona Begleiterscheinungen. Da hatten wir kurz mal die Aussicht auf eine Ehrenrunde. Die brauchte es dann aber doch nicht. Er war zwar auch immer ein eher ruhiger Vertreter, und zu Corona gab es da auch mal eine Phase mit intensivem Zocken. Aber wer wollte es den Kindern verdenken. Nach Corona hat sich das wieder geteben. Und die erste Freundin ist jetzt auch viel spannender hier vor Ort als virtuell.

Die richtigen Probleme hatte ich damals. Und die ständigen Negativerlebnisse haben damals auch dazu geführt, dass ich mich oft verkrochen habe. Man kann sich schließlich schlecht vorstellen, dass andere einen mögen, wenn man sich selbst nicht mag und man im schulischen Umfeld ohnehin als der Looser gilt.

Deshalb wäre bei deiner Nichte mE ein Wechsel des Umfeldes vielleicht ganz gut. Da wäre sie dann ein unbeschriebenes Blatt. Wie sieht es denn mit einem Freund aus? Sohnemanns Freundin hat es auch nicht so ganz leicht. Aber der scheint die Beziehung und das etwas andere Umfeld hier ganz gut zu tun.

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Hi DDD

Du hast schon viele gute Ideen bekommen :slightly_smiling_face: ich habe auch noch eine.

Die Tochter einer Freundin hatte ein ähnliches Umfeld wie deine Nichte. Sie hat dann
erst Orthopädiemechanik gelernt - den Meister gemacht und damit Orthopädiemechanik studiert … Eben weil sie einen äußerst hellen Tüftelkopf hat und eine sehr soziale Ader, aber in den üblichen Handwerksbetrieben wegen ihrer Zurückhaltung untergegangen wäre, hatte sie sich dafür entschieden

Dadurch dass dort eben eher Menschen mit einem sozialeren Mindset aufschlagen, ist der Ton deutlich weniger rauh

Gruß h

Wer ist wir? Wenn in dem „Wir“ die Nichte dabei ist, gut. Was sagt sie denn dazu?
Wenn „wir“ deine Schwester, du (und deine Glucke) und ggf. noch jemand anderes sind, die junge Frau aber außen vor ist, ist das schlecht.

Das wäre sowieso schlecht, weil es um ihr Leben geht. Es wäre noch schlechter, weil sie inzwischen volljährig ist und richtig ungünstig wird es, wenn sie unsicher ist und wenig Selbstbewusstsein hat, orientierungslos ist. Vor diesem Hintergrund ist eigentlich egal, was du machst. DASS du es tust, vorbereitest und ihr dann als gekochte Gerichte auf dem Tablett servierst, von denen sie sich (wenn es hoch kommt) dann eines aussuchen darf, ist schon ein ungünstiger Ansatz.

Man merkt dir viel Wohlwollen an. Es ist auch schön, dass du so viel Positives siehst. Auch gut ist, dass du die „Glucke“ in dir ausgemacht hast und im Zaum halten willst.

Dass du sehr viele Abers eingebaut hast, mit denen du die positiven Möglichkeiten, die du aufgezählt hast, ein stückweit selbst torpedierst, ist ja schon geschrieben worden. Streich die ganzen Abers mal weg und nimm diese Beispiele als Optionen. Dabei würde ich das Praktikum etwas abstrahieren: Es war offensichtlich eine positive Erfahrung, die ich auch erst einmal „nur“ so werten würde. Ob daraus eine Ausbildung werden kann und wird, ist eine Stufe höher. Vielleicht ist es auch die Tür zu etwas anderem.

Wenn du eine Gesprächsbasis zu der jungen Frau hast, würde ich ein Gespräch anbieten. Anbieten meint: Sie kann auch ablehnen. Diese Haltung ist auch wichtig für das Gespräch. Es wäre ja erst einmal gut, rauszubekommen, wo sie überhaupt steht. Vielleicht ist sie ja mit ihren Gedanken schon viel weiter und hat nur noch nicht den Weg gefunden, darüber zu kommunizieren. Wenn so viel Druck um sie herum ist, wäre das nicht verwunderlich.

Wenn du weißt, wo sie steht (nicht Wissen, was man machen will, ist auch ein Standort), kann man darauf aufbauen. Du kannst ihr dann Unterstützung anbieten. Auch hier ist wichtig, dass es nur Angebot ist und sie vermittelt bekommt, dass es völlig OK ist, das abzulehnen. Das Angebot zur Unterstützung ist wieder im Kontext zu sehen, Bevormundung zu vermeiden. Man kann also bspw. gemeinsam zu einer Ideensammlung schreiten.

Wobei das u.U. für ein erstes Gespräch schon zu viel ist. Eine Standortbestimmung wäre ja schon einmal ein riesiger Schritt.

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Vielleicht noch ein Nachtrag. Vergiss die Sache mit der Computerspielsucht. Abgesehen davon, dass einiges von dem, was du geschrieben hast, eher dagegen spricht…denk nicht einmal dran. Erwähne es nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass du falsch liegst, ist sehr hoch. Dafür ist die Chance riesig, viel Porzellan zu zerdeppern, wenn sie von deinem Verdacht etwas mitbekommt.
Das könntest du auch bei Bedarf in Richtung deiner Schwester kommunizieren.

Ja, ich hatte überlegt, dass wir auf jeden Fall ihn mal zu Gesprächen dazuholen. Und vielleicht ist er tatsächlich dafür offen.

Danke dir

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Das kann ich gut verstehen.
Meine Nichte ist einfach total verschlossen und kann gar nichts antworten, wenn man sie nach ihren Wünschen, Träumen, Vorstellungen von der Zukunft fragt. Selbst wenn ich sie frage, wie es ihr geht, kommt nur „normal“. Bei allem, was in der Familie passiert ist, halte ich sie für traumatisiert. Und da es so schwer ist mit ihr darüber zu reden, finde ich kaum andere Ansätze.

Vielleicht ist unser bester Freund tatsächlich die beste Überlegung. Er hat es auch einfach drauf, sie machen zu lassen. Das kann ich einfach nicht so.

Danke für deine Anmerkung. Was spricht denn deiner Meinung nach dagegen, dass es schon eine Computerspielsucht ist?

Ihre Mutter hat nach der Trennung eine Ausbildung gemacht und war jeden Tag fast 12 Stunden außer Haus, musste abends weiter lernen.
Meine Nichte ist in diesen 3 Jahren häufig nicht zur Schule gegangen.
Sie hat, wie ihre Schwester sagt, dann lange geschlafen und den Rest des Tages am Computer gesessen, oft bis nachts um 2 Uhr.

Ich verstehe, dass das auch für meine Schwester schwer kontrollierbar war und es ihr auch kaum möglich war, ihr Alternativen anzubieten. Wir haben dann unseren besten Freund „engagiert“ (gegen Bezahlung, weil er zu Corona kein Geld verdiente), einmal wöchentlich was mit den Kindern zu unternehmen. Das war ne gute Idee.

Immerhin hat sie eine Clique, mit der sie was macht, aber sie macht absolut keine Hausaufgaben und es sieht danach aus, dass sie die 12.Klasse so nicht schaffen wird.

Wir überlegen, auch mal die Jungs einzuladen und mal zu gucken, ob die nicht zusammen lernen wollen, vielleicht mit ner Nachhilfekraft. Einige von den Jungs aus ihrer Clique sind auch nicht so fleißig mit Hausaufgaben.

Wenn die sich treffen zocken sie auch meistens.

Was also spricht deiner Meinung nach dagegen, dass sie zuviel am Computer spielt? Wie würdest du damit umgehen?

Danke dir!!

Gruß, Diva

…dass „wir“ ihn zu Gesprächen dazuholen. Heisst wieder: wer ist wir? S.u.

Was spricht denn deiner Auffassung nach dafür? Immerhin hast du ja bereits diagnostiziert.
Was gegen eine Sucht spricht? Sehr viel. Sie hat soziale Kontakte und pflegt diese auch. Sie geht ihrer Tagesstruktur nach. Die Nutzungszeiten an sich sind zwar lang, aber nicht extrem.
Überhaupt spricht ausser viel Computerspiel eigentlich nichts für eine Sucht. Dieses Kriterium ist aber nur eines unter mehreren und erlaubt, ausdrücklich nach den Diagnosekriterien(!), keinen Umkehrschluss.

Insgesamt fällt mir auf, dass dein Eingangsstatement besser war, reflektierter. Deine folgenden Beiträge sind möglicherweise weniger kontrolliert, das ist jetzt nur eine Vermutung. Aber auf mich wirken deine Folge-Antworten erdrückend, wenn man nicht wüsste, dass es um eine erwachsene junge Frau geht, könnte man meinen, du schreibst über eine Zehnjährige.

Wir holen ihn zu den Gesprächen hinzu. In den Gesprächen mit dir…
Mal Butter bei die Fisch. Wie viele Gespräche hat es denn über das Thema gegeben? Aus ihrer Perspektive! Das schließt die Gespräche mit der Mutter ein. Wer ist an den Gesprächen beteiligt?

So vernünftig es zunächst klingt, wenn dieser Freund einen Bezug hat. Ihr macht alles, was an Gesprächsbasis noch existiert, kaputt, wenn ihr, Plural, ihn zu einem Gespräch dazuholt! Das klingt nämlich vielen Gesprächen, die bisher Zwei gegen Eine gelaufen sind, und weil das nicht fruchtet, holt ihr noch jemanden dazu, Drei gegen Eine. Alle druff.

Zumal du zwar einerseits zwar viel Verständnis aufbringst, aber die Konsequenz ziehst, sie de facto zu entmündigen. So wird das nichts mit dem Selbstbewusstsein.

Solange du dich nicht einmal äußerst dazu, was in welcher Form an „Gesprächen“ und sonstigen Interaktionen zum Thema (ich fürchte da u.a. Etwas in Sachen Spielkonsum und das bezogen auf die letzten 3 Jahre) wirklich gelaufen ist, bin ich mit jedem Rat vorsichtig, der Aktion bedeutet.

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Und noch ein Nachtrag. Bitte nicht „traumatisiert“. Auch das ist in mehrfacher Hinsicht nicht gut. Man kann durch Ereignisse auch belastet sein und unter den Folgen leiden, auch mit Krankheitswert, und das ist deshalb keine Traumatisierung. Der Begriff ist fachlich und sollte es auch sonst bleiben vorbehalten Ereignissen und Erfahrungen, die ein bestimmtes Mass erreichen.
Die inflationäre Verwendung hilft niemandem! Sie hilft weder den Betroffenen, weil deren wirkliche Situation nicht gesehen wird. Noch hilft sie, nein sie schadet sogar sehr, jenen Menschen, die wirklich unter Traumafolgen zu leiden haben.

Servus,

das hier:

klingt so, als sei dieser Betrieb durchaus nicht der einzige, der da in Frage käme, und als sei die Kandidatin sehr gut für eine Berufsausbildung geeignet, die vergleichsweise etwas höhere Ansprüche stellt (z.B. Elektriker, Elektroniker). Wie Du selber ja auch sagst:

„Arbeiten lernen“, d.h. Disziplin, Zähigkeit, Zielstrebigkeit, auch Frustrationstoleranz, wird sie viel leichter, wenn sie eine Möglichkeit hat, aus der aktuellen Soße auch räumlich rauszukommen, und wenn sie in einem Zusammenhang steht, wo sie als Person respektiert wird (mit allen positiven und negativen Aspekten, d.h. auch dafür grade stehen muss, wenn sie was verbummelt hat).

Auch eine eigene Bude wäre da nicht verkehrt, finde ich - wo eben alles, was man tut, und alles, was man nicht tut, mit unmittelbaren Folgen verbunden ist. Es ist ja nicht schlimm, wenn man mal das Fenster gekippt lässt - nur, dass man das dann eben später auf der Heizungsabrechnung sieht…

Schöne Grüße

MM

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